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Staats- und Regierungsformen: Herrschaft über das Volk

Warum ordnen sich Menschen einer Staatsgewalt unter?

Weil ein Staat seinen Bürgern Sicherheit gewährt. Gleichzeitig sorgt der Staat dafür, dass alle die bestehende Rechtsordnung beachten. Personen, die dagegen verstoßen und andere schädigen, werden von staatlicher Seite aus verfolgt – der einzelne Bürger kann diese Verantwortung also an den Staat abgeben, der sie durch seine Institutionen ausübt.

Der griechische Philosoph Aristoteles (384–322 v. Chr.) war der Ansicht, dass Menschen nur in einer geordneten Gemeinschaft wie der eines Staates ihre individuellen Fähigkeiten entfalten könnten und dass nur der Staat ihnen ein »gutes«, also geregeltes Leben garantiere.

Welche Staatsformen werden unterschieden?

Die gebräuchlichste Unterteilung der Staatsformen ist die nach der Anzahl der Herrschenden.

Schon Aristoteles nahm diese Unterteilung vor, fügte jedoch noch hinzu, welchem Zweck die jeweilige Herrschaftsform – dem Nutzen aller oder nur dem Nutzen der Herrschenden – diente. Zu den Staatsformen, die allen Bürgern gleichermaßen dienen, gehören die Monarchie (Herrschaft des Einzelnen), die Aristokratie (Herrschaft der Besten) und die Politie (Herrschaft der Masse). Die Staatsformen, aus denen lediglich die Herrschenden einen Nutzen ziehen, sind nach Ansicht Aristoteles' die Tyrannis (Herrschaft eines Einzelnen), die Oligarchie (Herrschaft der Reichen) und die Demokratie (Herrschaft der Menge zum Wohl der Armen).

Was trennt eine Monarchie von einer Republik?

Bei der Einteilung der Staatsform in Republik und Monarchie, die auf den italienischen Schriftsteller und Staatstheoretiker Niccolò Machiavelli (1469–1527) zurückgeht, bedeutet Monarchie die Herrschaft einer Person. Dagegen verstand Machiavelli die Republik als Herrschaft vieler Menschen.

Inzwischen wird der Begriff »Republik« allgemein für alle Staatsformen verwendet, die keine Monarchien sind. So bezeichnete sich die demokratisch-pluralistische Bundesrepublik Deutschland ebenso als Republik wie die DDR, die wegen ihrer autokratischen Regierungsstrukturen im Sinne Machiavellis keineswegs als Herrschaft vieler Menschen bezeichnet werden konnte.

Sind Monarchien heute anders als früher ?

Ja. Die »modernen« Monarchen der demokratischen Welt nehmen vor allem repräsentative Aufgaben wahr und entsprechen in ihrer Rolle etwa der eines Bundes- oder Staatspräsidenten in republikanischen Staaten.

Bis ins 18. Jahrhundert hinein herrschte in den Staaten Europas die absolute Monarchie vor. Diese Regierungsform, in welcher der Monarch uneingeschränkt die Staatsgewalt ausübte, wurde im 19. Jahrhundert von der konstitutionellen Monarchie abgelöst: Verfassungen schränkten von nun an die königliche Macht ein, Parlamente erhielten verbriefte politische Mitwirkungsrechte.

Wann ist ein Staat demokratisch?

Kennzeichnend für die Demokratie ist, dass die Macht vom Volk ausgeht und dass alle Bürger die gleichen Rechte besitzen. Das deutsche Grundgesetz sagt in Artikel 20 Absatz 2: »Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus«. Macht und Herrschaft liegen also bei allen Bürgern bzw. den durch sie legitimierten Staatsorganen. Dieser Grundsatz des modernen demokratischen Staats ist heute Kernpunkt aller demokratischen Verfassungen.

In einer Demokratie sind die Bürger insofern an Entscheidungsprozessen beteiligt, als sie in einer Wahl darüber abstimmen, wer (in der Regel eine Partei bzw. in einem Präsidialsystem auch eine Person) sie in der nächsten Legislaturperiode im Parlament (in der Regierung) vertritt. Kennzeichnend ist, dass es sich um allgemeine (alle Staatsbürger ab einem gewissen Alter dürfen teilnehmen), freie (nicht manipulierte) und geheime Wahlen handelt. Hinzu kommt, dass es in einer Demokratie stets eine Form von Gewaltenteilung gibt, um Machtmissbrauch zu verhindern, und dass jedem Bürger bestimmte Grundrechte zugesichert werden.

Was ist ein konstitutionelles System?

Konstitutionelle Systeme sind Demokratien und daher der Gewaltenteilung verpflichtet. Das Gegenteil wäre ein autokratisches System, in dem der Herrscher (Autokrat) seine Herrschaft unabhängig von der Zustimmung der Beherrschten in seiner Person vereinigt und ausübt.

Jedes Staatsorgan bzw. die staatlichen Funktionsträger in einem konstitutionellen System haben spezielle Aufgaben und sind von den anderen Gewalten unabhängig. Die Machthaber werden vom Bürger in Wahlen lediglich für eine gewisse Zeit bestimmt. Alle Mitglieder des Gemeinwesens – egal ob Bürger, König oder Geistlicher – sind der gleichen Verfassung, denselben Grundsätzen und Gesetzen unterworfen.

Übrigens: Neben den parlamentarischen Republiken wie Deutschland gehören auch parlamentarische Monarchien, z. B. Großbritannien, sowie Präsidialrepubliken wie die USA zu den konstitutionellen Systemen. Unterschieden werden der Mehrparteienstaat, in dem die Parteien wechselnde Koalitionen bilden, und der Zweiparteienstaat, in der eine Partei die Regierung, die andere die Opposition stellt.

Was kennzeichnet einen autokratischen Staat?

In vielen autokratischen Systemen dienen Wahlen nur dazu, die bestehenden Machtverhältnisse zu bestätigen. Eine Gewaltenteilung besteht oft nur auf dem Papier; die Macht wird zumeist auf einen Herrscher (absolute Monarchie) oder auf wenige Personen konzentriert. Die Einparteienherrschaft ist ebenfalls ein Kennzeichen autokratischer Staaten, beispielsweise die Staats- bzw. Einheitspartei in den (ehemaligen) sozialistischen Staaten.

Welche autokratischen Systeme gab es im Laufe der Geschichte?

Ein autokratisches System war z. B. der im Mittelalter vorherrschende Feudalismus, bei dem ein Lehnsherr seinen Untergebenen gegen bestimmte Leistungen gewisse Rechte oder Schutz zusicherte. Im Spätmittelalter und in der frühen Neuzeit dominierte der autokratische Ständestaat, bei dem die sog. Stände (z. B. Adel und Geistliche) an Legislative und Exekutive beteiligt wurden und zudem in gewissen Bereichen ganz eigenständig Macht ausüben durften.

Zur Zeit des französischen Königs Ludwig XIV. (1638–1715) herrschte der Absolutismus, bei dem der Monarch uneingeschränkt regierte. Seit der Französischen Revolution (ab 1789) und vor allem im 20. Jahrhundert entstanden mehr und mehr parlamentarische bzw. demokratische Regierungssysteme. Nach dem Zusammenbruch der sozialistischen Staaten hat die Zahl der autokratischen Systeme deutlich abgenommen; die meisten der ehemals von Einheitsparteien regierten Länder haben sich inzwischen eine Verfassung (Konstitution) gegeben.

Sind totalitäre Staaten immer Diktaturen?

Ja, kennzeichnend für einen totalitären Staat ist eine diktatorische Staatsführung, in der eine Person oder eine Gruppe (z. B. eine Partei) uneingeschränkte Macht ausübt; die gesamte öffentliche Gewalt konzentriert sich in einem totalitären Staat auf die Regierung, und es gibt auch keine Gewaltenteilung.

Die Staatsführung vertritt und verbreitet eine Ideologie, die für alle Mitglieder der Gesellschaft bindend ist – wer sich dagegen auflehnt, wird verfolgt. Wenn überhaupt Wahlen stattfinden, sind diese in der Regel manipuliert, oder die Wähler werden bei »falscher« Wahlentscheidung bedroht. Als totalitäre Staaten gelten vor allem Hitlerdeutschland und die Sowjetunion Stalins.

Was sagt die Philosophie über den Staat?

Der Staatsbegriff wurde im Laufe der Geschichte von den verschiedensten Philosophen immer wieder betrachtet, am prominentesten von den griechischen Philosophen Platon und Aristoteles. In Deutschland taten dies u. a. die Philosophen Immanuel Kant (1724–1804) und Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831).

Kant befürwortete einen Staat, der die Freiheit der Bürger zu sichern habe. Zudem forderte er ein verbindliches Rechtssystem für alle Bürger: Alle Handlungen müssten so ausgerichtet sein, dass die Freiheit des Einzelnen die Freiheit des Anderen nicht einschränke. Hegel war der Ansicht, der Staat solle die Verkörperung der Sittlichkeit sein. Seine Auffassung basierte auf der Annahme, dass Geschichte ein Prozess zur Selbstverwirklichung des Geistes sei, der sich mit der bürgerlichen Gesellschaft vollende.

Wie ist ein islamischer Staat aufgebaut?

Im Gegensatz zum Christentum gibt der Islam zahlreiche Empfehlungen für den Aufbau eines politischen Gemeinwesens, also eines Staates, und regelt etliche Bereiche des gesellschaftlichen Lebens. So hat er auch eine eigene Rechtsordnung, die Scharia. Allerdings schreibt der Koran, das heilige Buch des Islams, keine besondere Staatsform vor, sondern verlangt nur, dass die Religionsausübung und das Leben nach islamischen Grundsätzen durch den Staat gefördert werden. Eine islamische Präsidialrepublik besteht in Iran seit der Revolution durch den Religionsführer Ayatollah Chomeini (1902–89) im Jahr 1979. Die Macht teilen sich der vom Volk gewählte Präsident und der islamische Revolutionsführer. Es gibt einen Wächterrat, der alle Gesetze daraufhin überprüft, ob sie mit islamischem Recht vereinbar sind.

Gibt es den idealen Staat?

Darüber hat sich der antike griechische Philosoph Platon (427–347 v. Chr.) Gedanken gemacht. Für ihn war ein Idealstaat ein Staat, der allen Bürgern ein geordnetes, sittlich gutes Leben ermöglichen sollte. Bürger in einem solchen, streng hierarchisch gegliederten Staat (bei Platon »Politeia« genannt) waren aber nicht alle Menschen: Ausländer, Frauen und Sklaven besaßen in diesen Überlegungen – wie in der Realität der antiken griechischen Stadtstaaten überhaupt – keine Rechte.

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