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Genetischer Fingerabdruck: Dem Verbrechen auf der Spur

Was wird beim genetischen Fingerabdruck untersucht?

Das menschliche Erbgut, die DNA. Als reale Grundlage für die Untersuchung dienen Körperzellen eines Verdächtigen, die beispielsweise aus Speichel oder Hautschuppen stammen können.

Das DNA-Molekül ist aus einzelnen Bausteinen aufgebaut, den sog. Basenpaaren, deren Anordnung den genetischen Code bildet. Das gesamte genetische Material eines Lebewesens besteht aus etwa 6 x 109 Basenpaaren, die in rund 50 000 bis 100 000 Genen organisiert sind. Die Gene bestehen aber nicht ausschließlich aus Bereichen mit genetischem Code. Im Gegenteil: Die codierten Bereiche machen nur knapp zwei Prozent der gesamten DNA einer Zelle aus. Die restlichen 98 Prozent sind praktisch funktionslos, man spricht auch von »Junk-DNA«. Und gerade hier zeigt unsere Erbinformation eine erstaunliche Variabilität. Jeder Mensch hat innerhalb des Junk-DNA-Bereichs Muster von Basenpaaren, die für ihn typisch sind und ihn von anderen Personen unterscheiden. Anhand dieser Muster – des genetischen Fingerabdrucks – ist er eindeutig zu identifizieren.

Welche DNA-Mengen werden benötigt?

Die Empfindlichkeit der DNA-Analyse ist wirklich bemerkenswert: Eine DNA-Menge von rund 20 Zellen, also etwa 100 Pikogramm (das entspricht einem zehn Billionstel Gramm), reicht normalerweise aus, um ein zuverlässiges DNA-Profil zu erstellen. Dabei spielt es auch kaum eine Rolle, wie alt oder denaturiert die Proben sind, da selbst die kleinsten Fragmente in den meisten Fällen noch zuverlässige Ergebnisse liefern. Biotechnische Grundlage der DNA-Analyse ist die sog. Polymerase-Kettenraktion, mit der sich selbst kleinste Mengen DNA vermehren lassen, ohne dass dabei die Struktur der Moleküle verändert wird.

Wie zuverlässig ist die DNA-Analyse?

Sehr. Durch die Kombination mehrerer DNA-Bereiche bei der Untersuchung kann eine Verwechslung von Personen praktisch ausgeschlossen werden. Falsch-positive Ergebnisse werden damit so gut wie unmöglich, d. h., das Risiko, einen Verdächtigen zu Unrecht zu beschuldigen, wenn seine DNA mit den Spuren des Tatorts übereinstimmen, geht gegen null. Nach dem heutigen Wissensstand liegt die Wahrscheinlichkeit, dass zwei Personen in acht untersuchten DNA-Bereichen das gleiche Profil aufweisen, bei 1 zu 2,5 Milliarden.

Was passiert mit den gewonnenen Daten?

Sie werden in einer Datenbank gespeichert, wo sie für kriminaltechnische Ermittlungen zur Verfügung stehen. Die rechtlichen Grundlagen dafür schuf der Bundesgerichtshof im September 1990, als er den genetischen Fingerabdruck als Beweismittel in Strafprozessen zuließ. Strenge Richtlinien gewährleisten dabei einen optimalen Datenschutz. So können DNA-Analysen nur auf richterliche Anordnung durchgeführt werden. Proben von Personen werden in den Labors anonymisiert, analysiert und in der Datenbank abgespeichert; damit ist sichergestellt, dass DNA-Profil und Name der Person getrennt bleiben. Die Proben und die daraus isolierte DNA dürfen für keinen anderen Zweck (auch nicht für Forschungszwecke) benutzt werden.

Seit 1998 wird in Deutschland sukzessive eine DNA-Datenbank (DNA-Analyse-Datei, DAD) aufgebaut, in der DNA-Profile aus Spuren von ungeklärten Kriminalfällen und Muster von Tatverdächtigen und Straftätern gesammelt und verglichen werden. Bislang sind in dieser Datei des Bundeskriminalamts die DNA-Profile von rund 25 000 Personen und etwa 38 000 Tatortspuren von ungeklärter Herkunft gesammelt, täglich kommen 300 neue Datensätze hinzu.

Übrigens: Aus dem DNA-Profil lassen sich keinerlei Informationen über konkrete Erbeigenschaften einer Person gewinnen, also auch keine Informationen über Erbkrankheiten oder genetische Defekte, die eventuell zu Krankheiten führen könnten. Dennoch machen in den Medien zuweilen Schlagworte wie »der gläserne Mensch« oder »die totale Überwachung« die Runde – zu Unrecht.

Wie und wozu wird die DNA-Analyse eingesetzt?

Zur Aufklärung von Verbrechen und zur Identifizierung von Personen. Durch den Abgleich von DNA-Profilen konnte in den letzten Jahren eine Vielzahl von Morden, Vergewaltigungen und Einbruchserien aufgeklärt werden.

Die DNA-Analyse kann aber nicht nur eingesetzt werden, um eine verdächtige Person zu überprüfen, sondern auch dann, wenn aus einem großen Personenkreis (1000 oder mehr Menschen) ein potenzieller Täter ermittelt werden soll. In diesem Fall wird die DNA über sog. Speicheltests gewonnen, bei denen den Probanden mittels Wattestäbchen einige Zellen der Mundschleimhaut entnommen werden. Aus ihnen wird die DNA isoliert und ein Profil der Person erstellt.

Ein Beispiel für den erfolgreichen Einsatz der Methode ist der Fall der 11-jährigen Christina N., die im Sommer 1998 ermordet wurde. In dem bislang umfangreichsten Gentest in Deutschland mussten rund 18 000 Männer antreten und ihren Speichel abgeben, aus dem dann das jeweilige DNA-Profil erstellt wurde. Auf diese Weise konnte der Täter schließlich überführt werden.

Wussten Sie, dass …

mithilfe des genetischen Fingerabdrucks nachgewiesen wurde, dass Thomas Jefferson (1743 bis 1826), dritter Präsident der USA, mindestens ein Kind mit einer Sklavin gehabt hat? Die charakteristischen Basenpaarmuster vererben sich nämlich nach den Mendel'schen Gesetzen weiter. Der genetische Fingerabdruck lässt sich daher auch zur Analyse von Verwandschaftsbeziehungen einsetzen.

Was ist eigentlich der genetische Fingerabdruck?

Er wird gebildet durch bestimmte, von Mensch zu Mensch variierende (und somit charakteristische) Basenpaarmuster innerhalb der sog. Junk-DNA – DNA-Abschnitte, die keinen genetischen Code tragen und somit nicht für den Aufbau der für uns lebenswichtigen Eiweißmoleküle und für die Vererbung zuständig sind. Obwohl in diesem Sinne funktionslos, sind diese Abschnitte für den genetischen Fingerabdruck von entscheidender Bedeutung. Denn in ihnen finden sich an bestimmten Stellen kurze Sequenzen mit einer Länge von 2 bis 5 Basenpaaren, die in gleicher Abfolge 8 bis 25 Mal hintereinander wiederholt, also repetiert werden; deshalb bezeichnet man sie als repetitive Sequenzen oder STRs (vom Englischen »Short Tandem Repeats«). Das, was von Mensch zu Mensch variiert, was also jeden Menschen eindeutig kennzeichnet, sind Größe und Anzahl der STRs. Ziel einer DNA-Analyse ist die Bestimmung der STRs. Übrigens: Eindeutiger wäre es, nicht vom »genetischen Fingerabdruck« zu sprechen, sondern vom »DNA-Fingerabdruck«, denn die STRs befinden sich ja, wie angemerkt, außerhalb der Abschnitte mit genetischem Code.

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