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Religion im alten Ägypten: Totenkult und gottgleicher Pharao

Was war das Kennzeichen ägyptischer Religion?

Vor allem der Totenkult. Wie sich am Beispiel der berühmtesten Bauwerke Ägyptens, der Pyramiden, zeigt, nahm er einen hohen Stellenwert im religiösen Leben ein. Daher wurde auf den Bau von Grabmälern und Tempeln große Sorgfalt verwendet. Da sie für die Ewigkeit bestimmt waren, baute man sie – im Gegensatz zu den Wohnbauten der Lebenden – aus Stein. Fast unser ganzes Wissen über die ägyptische Religion stammt aus den Reliefs, Hieroglyphentexten und Wandmalereien der Gräber und Tempel.

Wie hat man sich den Totenkult vorzustellen?

Die mit dem Totenkult verbundenen Vorstellungen und die ägyptische Seelenlehre erscheinen uns oft recht widersprüchlich. So liegt das Reich der Toten im Westen, wird aber auch in die Unterwelt verlegt, die der Sonnengott in der Nacht mit seiner Barke durchquert und so erleuchtet. Diese Nachtfahrt der Sonne erklärt, warum es nachts dunkel ist.

Wichtig für das Weiterleben im Jenseits war die Unversehrtheit des menschlichen Körpers. Diesem Ziel diente die sorgfältige Mumifizierung und nicht zuletzt die aufwändige Gestaltung der Grabanlagen, etwa der Pyramiden und Felsgräber. In diesen Zusammenhang gehört auch die Auffassung vom Wesen des Menschen, das nicht nur die körperliche Gestalt umfasst, sondern zu dem auch verschiedene seelische Aspekte wie der Ka (Lebenskraft) und der Ba (Erscheinungsbild) gehören, die in Verbindung mit dem mumifizierten Körper das Weiterleben im Jenseits garantierten.

Welche Gottheiten kannten die Ägypter?

Eine enorme Anzahl. Viele Götter Ägyptens waren als Schutzherren einer bestimmten Stadt nur von regionaler Bedeutung. Ihnen gegenüber standen die im ganzen Land verehrten Gottheiten. Seit dem Alten Reich kam dem falkenköpfigen Gott Horus, dessen Augen als Sonne und Mond galten, als Himmelsgott eine besondere Stellung zu. In enger Verbindung zu ihm stand der Sonnengott Re, der mit Horus zu Re-Harachte (»Horus im Horizont«) verschmolz. Der Hauptkultort des Re war Heliopolis und im Alten Reich erlangte die Sonnenverehrung einen hohen Stellenwert; zahlreiche Sonnenheiligtümer wurden errichtet.

Ein ausgesprochen rätselhafter Gott ist Seth, der in der Gestalt eines nicht definierbaren, vielleicht eselartigen, Tieres dargestellt wurde. Er war ein Gott der Wüste, des Sturms und des Unwetters und der Widersacher und Bruder des Horus. Eine zentrale Rolle spielt er im Mythos von Tod und Wiedergeburt des Osiris. Dieser war der Gott des Totenreiches und der Vegetation. Seine mythische Ermordung durch Seth und die anschließende Wiederauferstehung (siehe nächste Doppelseite) waren zentrales Thema der ägyptischen Religion und symbolisierten den Kreislauf der Natur sowie die Wiedergeburt der Toten im Jenseits. Dort wird jeder Tote (sofern die richtigen Vorbereitungen getroffen wurden) wiedergeboren und damit wesensgleich mit Osiris.

Ein weiterer Gott mit starker Beziehung zum Totenreich war der schakalköpfige Anubis, der Herr der Totenstadt. Ebenfalls einen Bezug zum Jenseits, nämlich zum Totengericht, hatte der in Hermopolis verehrte Gott Thot mit der Gestalt eines Ibis oder eines Pavians. Er galt als weiser Gott, als Bringer von Wissenschaft und Schrift und als ihr Schutzherr.

Unter den weiblichen Gottheiten ragt Isis, die Gattin des Osiris und Mutter des Horus, hervor. Sie war sowohl Himmelsgöttin als auch Schutzherrin der Begräbniszeremonie. Daneben galt sie als Beschützerin der Ehe und der Kinder und darüber hinaus als zauberkundig. Sie war die (göttliche) Mutter eines jeden Pharaos, galten diese doch als Verkörperung des Horus. Ihr nahezu gleichgestellt war Hathor, die »Himmelskuh«, die in Kuhgestalt oder mit Kuhhörnern dargestellt wurde. Sie beschützte König und Königin, aber auch alle weiblichen Tätigkeiten. In ihrem Kult spielten Musik und Tanz eine große Rolle.

Warum gab es in Ägypten tierähnliche Götter?

Weil Menschen der Vorzeit in Tieren oft göttliche Eigenschaften bewunderten. Da die Religion Ägyptens tief in der Vorgeschichte wurzelte, verweisen viele ihrer Merkmale auf diese Tradition. So war der Falke das Symbol des Himmels und der Sonne, im Löwen spiegelte sich die Wildheit wider und die Kuh symbolisierte die gebärende Muttergöttin. Später nahmen dann Göttergestalten neben anderen Eigenschaften auch Merkmale bestimmter Tiere an.

Welche Rolle spielte der Pharao?

Er war der oberste Priester und besaß einen göttergleichen Status. Seit dem Alten Reich wurde der Pharao mit Horus identifiziert, ab der 4. Dynastie galt er gleichzeitig als Sohn des Re, später Amun-Re. In dieser göttlichen Stellung herrschte er über das Land und war der Garant der kosmischen Ordnung (Ma'at). Somit war er auch religiöses Oberhaupt des Landes und sorgte für die Einhaltung der den Göttern geschuldeten Riten und Opfer. Im architektonischen Aufbau der dafür vorgesehenen Tempel spiegelt sich die ganze Symbolik der ägyptischen Weltordnung wider. So symbolisiert die mit Sternen bemalte Decke das Himmelsgewölbe und die großen Säulensäle – etwa in Abydos – die mit Osiris verbundene Vegetation, das Papyrusdickicht. Der außerhalb des Tempels angelegte künstliche Teich steht für den Ur-Ozean.

Wie wirkten Ägyptens Kulte in der Geschichte nach?

Die religiösen Vorstellungen der Ägypter wirkten in hohem Maße auf die griechische und die römische Welt ein, was besonders in den Jenseitsvorstellungen der griechischen Orphiker und der Verbreitung des Isis-Kultes über das ganze Römische Reich deutlich wird.

Die altägyptische Ikonografie blieb sogar bis ins Christentum erhalten: In den frühen koptischen Darstellungen der Jungfrau Maria mit dem Kind erkennen Kunsthistoriker viele Merkmale der Darstellung der Isis mit dem Horusknaben.

Wussten Sie, dass …

man die ägyptische Frühgeschichte in drei Phasen einteilt? Dem Alten Reich (2755 bis 2255 v. Chr.) folgte das Mittlere Reich (2134 bis 1784 v. Chr.) und diesem das Neue Reich (1570–1070 v. Chr.).

eine besonders kämpferische Gottheit weiblich war? Die löwenköpfige Göttin Sachmet (»die Mächtige«) war wild und gefährlich und unterstützte den Pharao im Kampf gegen seine Feinde. Ihr friedlicheres Pendant bildet die Katzengöttin Bastet.

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