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Getreide: Brot und mehr

Welches ist weltweit das wichtigste Brotgetreide?

Saatweizen (Triticum aestivum). Er hat in vielen Ländern der Welt die ursprünglich angebauten Getreidesorten verdrängt. Von dieser Art existieren über 10 000 unterschiedliche Sorten und Rassen, die gemeinsam etwa 90 Prozent des weltweit angebauten Weizens stellen. Aus Weizen kann Mehl mit hervorragender Backfähigkeit hergestellt werden – der wichtigste Grund, weshalb Weizen das bedeutendste Brotgetreide ist. Zudem sind Korn und Mehl gut lagerfähig, was sich schon die Völker der Antike zunutze machten: Sie legten Kornkammern an, in denen sie große Vorräte für Notzeiten horteten. Das Korn ist nicht wie bei vielen anderen Getreidearten von einer Spelze fest umschlossen, sondern fällt beim Dreschen nackt heraus. Auch der Hartweizen (Triticum durum) gehört zu diesen sog. Nacktweizen, deren äußeres Kennzeichen ist, dass sie keine Grannen tragen. Hartweizen wird vor allem in Ländern mit mediterranem Klima kultiviert und macht nahezu den Rest des gesamten Weizenanbaus aus. Dank seines hohen Klebergehalts können aus Hartweizen neben Brot auch Nudeln ohne Eier als Bindemittel hergestellt werden – weshalb er auch den Namen »Makkaroni-Weizen« trägt.

Übrigens: Eine Vorform des Saatweizens (Triticum aestivum) wurde am Nordrand der Alpen entdeckt: der Dinkel oder Spelz (Triticum spelta). Obwohl er bespelzte Körner trägt und deshalb zum Entfernen der Spelzen ein zusätzlicher Arbeitsschritt erforderlich ist, gewann Dinkel in den letzten Jahren als Brotgetreide wieder an Beliebtheit.

Wie wurde Roggen zur Nutzpflanze?

Seine Entdeckung als Brotgetreide verdankt der Roggen aller Vermutung nach dem Weizen, in dessen Begleitung er häufig auftrat. Dabei dürfte aufgefallen sein, dass Roggen wenig Ansprüche an den Boden und die Witterung stellt. Er gedeiht selbst auf sandigen Böden, verträgt Nässe ebenso wie Trockenheit und Winterkälte. Dieser Robustheit verdankt er vermutlich seine Entwicklung zur Kulturpflanze.

Wie Weizen und Gerste stammt auch der Roggen aus dem Vorderen Orient. Noch heute kommen dort wilde Roggenarten als Unkräuter in Weizenfeldern vor. Vermutlich breitete sich der Roggen so zusammen mit den anderen Getreidearten aus. Aber dort, wo Weizen schlecht gedieh, oder in Jahren mit ungünstiger Witterung, konnte das »Unkraut« auf dem Feld die Oberhand gewinnen und wurde statt des erwünschten Getreides geerntet und verarbeitet.

Die ersten Reinkulturen gab es in Osteuropa etwa 1000 v. Chr. Seit dem Mittelalter und bis ins letzte Jahrhundert hinein war Roggen in Mittel-, Nord- und Osteuropa die Hauptbrotfrucht. Erst seit den 1960er Jahren macht ihm der Weizen diesen Rang streitig. Die größten Roggenproduzenten sind heute die Länder der ehemaligen Sowjetunion sowie Polen und Deutschland.

Wodurch unterscheiden sich Sommer- und Wintergerste?

Durch die Aussaatzeiten, die im Frühjahr bzw. im Spätherbst liegen, sowie durch das Aussehen der Ähren. Sommergerste wird im März oder April ausgesät. Sie ist selbst bei niedrigeren Temperaturen bereits nach drei bis fünf Monaten erntereif und daher hervorragend für Gegenden mit kurzen Sommern oder den Anbau in großer Höhe geeignet. Wintergerste dagegen benötigt mehr Zeit und mehr Wärme, um zu reifen. Sie bildet pro Ähre mehr Körner aus, die allerdings etwas kleiner bleiben als bei der Sommergerste. Wintergerste wird im September ausgebracht und im Sommer des folgenden Jahres geerntet.

Übrigens: Die Saatgerste mit ihren Varietäten ist durch jahrtausendelange züchterische Arbeit entstanden. Ausgangspunkt war die Wildgerste (Hordeum spontaneum), die mit einer anderen Gerstenart (Hordeum agriocrithon) gekreuzt wurde; aus der neu gewonnenen Art entstanden dann durch wiederholte Einkreuzungen weitere Arten.

Was macht Hafer als Lebensmittel so wertvoll?

Sein hoher Gehalt an Mineralstoffen. Daneben enthält Hafer einen großen Anteil an Linolsäure, so dass bereits 100 Gramm Hafer ein Drittel des Tagesbedarfs an essenziellen Fettsäuren decken. Von besonderer Bedeutung ist Hafer für Diabetiker, denn seine Kohlenhydrate können teilweise auch ohne Insulin vom menschlichen Körper verwertet werden.

Als bekannteste Heilpflanze unter den Getreidearten hilft Hafer unter anderem bei Magen-Darm-Erkrankungen, senkt Bluthochdruck, wirkt beruhigend und schlaffördernd und steigert allgemein die körperliche Leistungsfähigkeit. Der römische Geschichtsschreiber Plinius berichtete im 1. Jahrhundert n. Chr., dass die Germanen ausschließlich Hafer zu Brei verarbeiteten, während die Römer für ihren »puls«, ihren Getreidebrei, Weizen oder Gerste verwendeten. Vom Mittelalter bis zum Beginn der Neuzeit waren Roggen und Hafer in Mitteleuropa die wichtigsten Getreidearten. Als Nahrungsmittel für Menschen verlor der Hafer erst an Bedeutung, als sich Mitte des 18. Jahrhunderts die von Christoph Kolumbus aus der Neuen Welt mitgebrachte Kartoffel in der europäischen Landwirtschaft auszubreiten begann: Die Pellkartoffel löste schließlich den Haferbrei als einfache Grundmahlzeit breiter Bevölkerungsschichten ab.

Seit wann trinken die Menschen Bier?

Bereits im 3. Jahrtausend v. Chr. sollen in Mesopotamien 40 Prozent der Getreideernte in die Bierherstellung geflossen sein. Seit alters dient Gerste nicht nur zur Herstellung von Brot oder anderen Nahrungsmitteln, sie wurde auch schon lange als Rohstoff für Getränke genutzt – und der beliebteste Gerstensaft ist ohne Zweifel das Bier.

Bereits die Sumerer kannten verschiedene Biertypen, nämlich starkes, feines, dunkles und helles. Die alten Ägypter schätzten das Gebräu aus Gerste ebenfalls; sie versetzten es mit diversen geschmacksgebenden Zutaten wie Datteln oder Weinraute. Aromatisierende und/oder rauschverstärkende Kräuter wie Thymian, Koriander, Wermut oder Sumpfporst waren auch bei den Bierbrauern im mittelalterlichen Europa beliebt. Diesen wilden Mixturen setzte man zunächst in Bayern ein Ende: 1516 wurde das Reinheitsgebot erlassen, nach dem nur Gerste, Hopfen und Wasser als Bierrohstoffe erlaubt sind. Aber es gibt auch Ausnahmen, sonst hätten wir heute weder Weißbier (aus Weizen gebraut) noch Berliner Weiße (die aus Gerste und Weizen entsteht).

Übrigens: Lange, bevor die Gerste als Bierfrucht entdeckt wurde, gab es bereits Biere, die wie bei heutigen Naturvölkern aus Wurzeln oder Nüssen gebraut wurden.

Wie entstehen Haferflocken?

Durch Dämpfen, Trocknen, Walzen und Schneiden von Haferkörnern. Für die Flockenherstellung wird das gereinigte Rohgetreide zunächst gedämpft und dann gedarrt, also bei geringer Hitze langsam getrocknet. In einem nächsten Schritt werden die Körner der Größe nach sortiert und zwischen speziellen Mahlsteinen entspelzt, aber nicht geschält. Das heißt, die Randschicht und der Keimling des Korns bleiben erhalten. Anschließend durchläuft ein Teil der Kerne das Walzwerk, ein anderer Teil wird vor dem Walzen geschnitten, eine dritte Partie wandert erst in die Mühle und dann durch die Walze. Dank dieser unterschiedlichen Verfahren entstehen »kernige«, »blütenzarte« oder »zart schmelzende« Haferflocken, die beispielsweise als Müslibeimischung, zum Binden von Suppen oder Soßen, zum Auflockern von Gebäck und Frikadellen oder als Panade für Fisch und Fleisch eingesetzt werden können.

Warum sind Haferflocken so lange haltbar?

Weil durch das Trocknen der Flocken bei langsamer Hitze bestimmte Enzyme inaktiviert werden. Obgleich in der Vollwertküche auch ganze und geschnittene Haferkörner verwendet werden, etwa für Grütze, machen die verschiedenen Arten von Flocken den größten Anteil an den Haferprodukten für die menschliche Ernährung aus.

Für die Flockenherstellung wird das gereinigte Rohgetreide zunächst gedämpft und dann gedarrt. Im feuchten Dampf beginnt die Stärke zu quellen, während die im nächsten Produktionsschritt folgende trockene Hitze Enzyme inaktiviert, die bei einem anderen Herstellungsverfahren das Getreideprodukt schnell ranzig werden lassen und ihm einen bitteren Geschmack verleihen würden. Darüber hinaus verleiht Rösten den Haferkörnern ein leicht nussiges Aroma.

Welche heilende Wirkung hat Gerste?

Gerste enthält beispielsweise einen hohen Anteil an Kieselsäure, die günstig auf Nervensystem und Bindegewebe wirkt und auch in der Vollwerternährung als wertvoller »Vitalstoff« gilt. Auch der Gehalt an Mineralien in der Gerste ist hoch, besonders an Magnesium, das für die Unterstützung der Herzfunktion notwendig ist. In den Randschichten des Gerstenkorns ist das wichtige Vitamin B1 in verhältnismäßig hoher Konzentration zu finden. Schließlich hat Gerste auch einen hohen diätetischen Wert für die Leber.

Es verwundert also wirklich nicht, dass bei einer so alten Kulturpflanze wie der Gerste auch heilkräftige Eigenschaften entdeckt wurden. In früheren Zeiten galt Gerste, in Form von Brei oder Asche, sogar als hilfreiches Mittel gegen Geschwüre.

Wussten Sie, dass …

Mutterkorn eine Erkrankung von Roggen und Triticale mit dem Pilz Claviceps purpurea ist? Dieser befällt die Fruchtknoten der Grasblüten; statt eines Korns wächst dann ein bis zu vier Zentimeter langes, festes schwarzes Gebilde heran: das Mutterkorn, die Überwinterungsform des Pilzes.

Hafer das einzige heimische Getreide ist, dessen Blütenstand keine Ähre, sondern eine Rispe ist? Die zwei- bis dreiblütigen Ährchen hängen locker an verzweigten Rispenästen.

Was sind Einkorn und Emmer?

Zuchtformen des Weizens, entstanden aus Wildformen, die bereits vor etwa 8000 Jahren in Kultur genommen wurden. Die Auslese und damit die Bevorzugung von Formen, die einen höheren Ertrag und bessere Ernteeigenschaften versprachen, muss früh begonnen haben: Archäologen fanden in den Resten menschlicher Siedlungen aus dem 6. und 7. Jahrtausend v. Chr. bereits Körner einer Kulturform, des Einkorns (Triticum monococcum), das wahrscheinlich von der Wildform Triticum boeoticum abstammt und auf dem Balkan entstand. Das wichtigste Getreide der ersten Ackerbaukulturen in Mitteleuropa, die sich um 3000 v. Chr. entwickelten, war dagegen der Emmer (Triticum dicoccum), eine weitere Kulturform, die in Mesopotamien aus dem Wildemmer (Triticum dicoccoides) hervorgegangen war. Bei Emmer und Wildemmer sind die Spelzen fest mit dem Korn verwachsen.

Wussten Sie, dass...

Gerste auch ein Ziergras ist? Wegen ihrer auffallend langen, golden schimmernden Grannen hat die Mähnengerste (Hordeum jubatum) den Weg in manchen Ziergarten gefunden.

man Weizen und Roggen kreuzen kann? Das Ergebnis der Züchtungsanstrengungen war Triticale (Triticum x Secale). Er wird oft dort angebaut, wo Weizen nur schlecht gedeiht; denn er besitzt einerseits die Robustheit und das Ertragspotenzial von Roggen und andererseits die vielfältigen Verwendungsmöglichkeiten von Weizen.

Grünkern keine eigene Getreideart ist? In milchreifem Zustand geerntete, dann langsam gedörrte und entspelzte Dinkelkörner gelangen als Grünkern in den Handel, der in Form von Grieß, Graupen oder Mehl als Suppeneinlage beliebt ist.

Ist der Buchweizen mit dem Weizen verwandt?

Nein, Buchweizen (Fagopyrum esculentum) gehört zu den Knöterichgewächsen. Für die menschliche Ernährung spielte er in unseren Breiten aber eine wichtige Rolle. Er war die Brotfrucht der armen Leute, die auch noch auf mageren Sand- und Heideböden, auf trockengelegten Moorböden und im rauen Klima der Mittelgebirge gedieh.

Die einjährige Pflanze hat pfeil- oder herzförmige, wechselständige Blätter und wird bis zu 60 Zentimeter hoch. Die weißlich-rosafarbenen Blüten stehen in einer Rispe zusammen. Unverkennbar sind die Nussfrüchte des Buchweizens. Ihre Form erinnert an Bucheckern und verlieh der Pflanze ihren Namen. Das nahrhafte Mehl enthält über 70 % Kohlenhydrate und etwa 10 % Eiweiß. Als reines Brotgetreide ist es aber nicht geeignet, weil ihm das Klebereiweiß fehlt. Buchweizenmehl wird daher zu Grütze, Brei, Pfannkuchen und haltbaren Fladen verarbeitet, zuweilen auch Brotgetreide beigemischt.

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