Lexikon
Mathematịk
[
die; griechisch mathema, „Wissenschaft“
]ursprünglich Bezeichnung für Wissenschaft überhaupt, entstand aus praktischen Problemen des Zählens, Messens, Rechnens und geometrischen Zeichnens. Auch heute ist es noch eine wichtige Aufgabe der Mathematik, mathematische Modelle zur Beschreibung von natur-, wirtschafts- und sozialwissenschaftlichen Erscheinungen bereitzustellen, die der numerischen Behandlung durch Computer zugänglich sind.
Unabhängig von der Frage nach der möglichen Verwendbarkeit als Modell beschäftigt sich die Mathematik mit (algebraischen, geometrischen und Ordnungs-)Strukturen und ihrer axiomatischen (Axiom) Begründung, mit Arithmetik (auch Zahlentheorie und Kombinatorik), mit Geometrie (auch Topologie) und ihren Teilgebieten, mit dem weiten Gebiet der Analysis (z. B. Infinitesimalrechnung), mit Wahrscheinlichkeitstheorie und Statistik, mit Numerik und Informatik, mit Mengenlehre und mathematischer Logik, neuerdings auch mit der Frage nach Ordnung und Chaos (Chaostheorie).
Darüber hinaus hat D. Hilbert eine intensive Grundlagenforschung der Mathematik als Grenzgebiet zur Philosophie ausgelöst, die sich um die Klärung widerspruchsvoller Begriffsbildungen in der Mathematik, aber auch um Fragen der Berechenbarkeit und Entscheidbarkeit bemüht.
Schon diese überaus kurz gefasste Liste verschiedenartiger und sich teilweise überschneidender Teilgebiete mathematischer Forschung (die sich weiter differenzieren ließe) lässt deutlich werden, dass ein Ordnen der Mathematik von den Inhalten her („reine“ und „angewandte“ Mathematik) nicht mehr möglich ist. Vielmehr wird die Einheit in der Vielfalt der Mathematik heute mit der durchgängigen Verwendung einheitlicher Methoden und Begriffe (wie z. B. Gruppe, Vektor, Funktion, Abbildung, Algorithmus, Variable) hergestellt.
Geschichte
Mathematik: Zeittafel zur Geschichte
v. Chr. | |
um 3000 | In Ägypten gibt es Zahlenzeichen bis 100 000; die Babylonier kennen das Sexagesimalsystem |
um 1750 | Der Papyrus Rhind (Ägypten) wird geschrieben; er enthält u. a. die Rechentechnik der Multiplikation, der Division und der Bruchrechnung |
um 450 | Die Pythagoreer erkennen, dass √2 (bei der Berechnung der Diagonale eines Quadrats) keine Zahl im üblichen Sinn ergibt |
um 300 | Euklid sammelt und systematisiert das mathematische Wissen seiner Zeit in seinem Werk „Elemente“; Archimedes berechnet den Kreisumfang und Kreisinhalt durch Grenzwertbetrachtung |
um 200 | Apollonius von Perge vollendet die Kegelschnittlehre der Antike |
n. Chr. | |
um 700 | Das Zeichen Null (0) wird in Indien in die Mathematik eingeführt; es erlaubt das Positionsrechnen |
850 | Al Chwarismi schreibt seine „Algebra“ |
1202 | Leonardo von Pisa verwendet arabische Ziffern im kaufmännischen Rechnen |
1518–1550 | A. Ries(e) veröffentlicht die ersten deutschen Rechenlehrbücher |
1545 | G. Cardano veröffentlicht die Formel zur Lösung kubischer Gleichungen |
1630 | P. de Fermat arbeitet über Zahlentheorie und Flächenberechnungen |
1637 | R. Descartes begründet die Methode der analytischen Geometrie |
1640 | B. Pascal verfasst eine Abhandlung über Kegelschnitte |
1665/66 | I. Newton arbeitet über die Grundlagen der Differenzial- und Integralrechnung |
1672–1693 | G. W. Leibniz entwickelt die Grundlagen der Differenzial- und Integralrechnung sowie der Determinantenrechnung |
1701 | J. Bernoulli veröffentlicht seine Arbeit über Variationsrechnung |
1738 | D. Bernoulli veröffentlicht eine mathematische Arbeit zur Hydrodynamik |
1743 | L. Euler löst die lineare Differenzialgleichung n-ter Ordnung mit konstanten Koeffizienten |
1755 | J. L. Lagrange arbeitet über Variationsrechnung sowie Differenzialgleichung der Minimalflächen |
1796 | C. F. Gauß konstruiert das regelmäßige 17-Eck mit Zirkel und Lineal |
1799 | C. F. Gauß gibt den ersten einwandfreien Beweis des Fundamentalsatzes der Algebra |
1810 | J. B. J. Fourier arbeitet über trigonometrische Reihen |
1812 | P. S. Laplace veröffentlicht seine „Theorie der Wahrscheinlichkeiten“ |
1827 | A. F. Möbius, Mitbegründer der neueren Geometrie, veröffentlicht sein Hauptwerk „Der baryzentrische Kalkül“ |
1830 | E. Galois schreibt seine Arbeit über Auflösbarkeit algebraischer Gleichungen |
1854 | G. Boole arbeitet über Grundlagen der mathematischen Logik; B. Riemann schreibt „Über die Hypothesen, welche der Geometrie zugrunde liegen“ |
1872 | F. Klein veröffentlicht das so genannte Erlanger Programm |
1874 | G. Cantor begründet die Mengenlehre |
1879 | K. Weierstraß arbeitet über die analytischen Funktionen mehrerer komplexer Variablen |
1882 | F. Lindemann beweist die Transzendenz der Zahl π |
1887 | R. Dedekind schreibt „Was sind und was sollen die Zahlen?“ |
1889 | G. Peano stellt 5 Axiome des Aufbaus des Systems der natürlichen Zahlen auf |
1899 | D. Hilbert bringt sein grundlegendes Werk „Grundlagen der Geometrie“ heraus |
1907 | L. E. J. Brouwer begründet den Intuitionismus |
1910 | B. Russell und N. Whitehead beginnen mit der Veröffentlichung der „Principia mathematica“ |
1920–1930 | E. Noether erkennt die Bedeutung der algebraischen Strukturen und wird zur Mitbegründerin der modernen Algebra |
1925/26 | H. Weyl arbeitet über die Darstellungstheorie von Gruppen |
1928 | J. von Neumann liefert bahnbrechende Arbeiten über die Spieltheorie |
1931 | K. Gödel veröffentlicht den nach ihm benannten Vollständigkeitssatz |
1934 | Nicolas Bourbaki (Pseudonym für eine Gruppe von Mathematikern) beginnt die Grundzüge der Mathematik auf mengentheoretischer Grundlage darzustellen |
1948 | N. Wiener veröffentlicht sein berühmtes Buch über Kybernetik |
1954 | A. A. Markow veröffentlicht seine Theorie der Algorithmen |
1972 | R. F. Thom entwickelt die Katastrophentheorie (Stabilität geometrischer Formen in der Natur) |
1976 | K. Appel und W. Haken lösen das berühmte „Vierfarbenproblem“ |
1982 | B. B. Mandelbrot veröffentlicht sein Hauptwerk „Die fraktale Natur der Geometrie“ |
1983 | G. Faltings beweist die Mordell'sche Vermutung, ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Lösung des Fermatproblems |
1993 | A. J. Wiles beweist den Fermat'schen Satz |
1998 | Mathematiker der Universität von Michigan lösen das Kepler'sche Problem |
2002 | W. Tucker beweist die fraktale Struktur der exakten Lösung der Lorenz-Gleichungen (Lorenz-Attraktor); P. Mihailescu beweist die Catalan’sche Vermutung, nach der die Gleichung xp–yq = 1 nur eine ganzzahlige Lösung hat: 32–23 = 1 |
2009 | Die 47. Mersenne’sche Primzahl wird gefunden: 242 643 801–1 |
Die zeichnende Geometrie, die seit den Griechen keine Fortschritte gemacht hatte, erfuhr in der Renaissance eine bedeutsame Entwicklung durch die Malerei, die die Gesetze der Perspektive erforschte (F. Brunelleschi, Leonardo da Vinci, A. Dürer). Die moderne (projektive) Geometrie wurde im 17. Jahrhundert durch G. Desargues und B. Pascal begründet. Von großer Bedeutung waren die kritischen Untersuchungen von Gauß über das Parallelenaxiom und die im Anschluss daran geschaffenen verschiedenen nichteuklidischen Geometrien. F. Klein führte den Gruppenbegriff als Ordnungsprinzip in die Geometrie ein.

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