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Vom Barock zur Klassik – die Geburt der modernen Literatur

Nach Renaissance und Reformation steht das Barock im Zeichen der Glaubensspaltung. Die Aufklärung bedeutet nochmals einen Positionswechsel: In Opposition zu kirchlicher und absolutistischer Autorität vollzieht sich die geistige Emanzipation des bürgerlichen Individuums, dessen Kultur allmählich die höfische Tradition abzulösen beginnt. Die europäischen Nationalliteraturen profilieren sich nun stärker und intensivieren ihren geistigen Austausch.

Während das Barock, abgesehen von den Meisterwerken Miguel de Cervantes' und Schelmenromanen wie Grimmelshausens »Simplicissimus«, in der Prosa kaum Großes hervorbringt, bedeutet es eine Blütezeit von Drama und Lyrik. Die Dramatiker William Shakespeare und Molière haben Werke von zeitloser Gültigkeit geschaffen. Die hochartifizielle Dichtung des Barock, repräsentiert unter anderem durch John Miltons »Paradise Lost«, wird wegweisend für die moderne Lyrik.

Die Aufklärung findet, beginnend in England, literarischen Niederschlag in den Satiren von Jonathan Swift. In Frankreich setzt sich Voltaire als philosophisch orientierter Schriftsteller durch. Bedeutendster Vertreter der literarischen Aufklärung in Deutschland ist der Dramatiker Gotthold Ephraim Lessing. Daneben entfaltet sich – von England ausgehend – eine »empfindsame« Parallele der Aufklärung, die in Frankreich von Jean-Jacques Rousseau aufgegriffen wird und die noch wirksam ist in Goethes Erfolgsroman »Die Leiden des jungen Werthers«, der zugleich Positionen des Sturm und Drang formuliert.

Die Klassik ist in Deutschland fast synonym mit dem Wirken Goethes und Schillers in Weimar. Aus der Kant'schen Philosophie und antiken Vorbildern entwickelt sie ein ästhetisches Programm des Guten, Wahren und Schönen. Als herausragendes Werk entsteht, neben Schillers Dramen, Goethes »Faust«, mit einem neuen Leitbild menschlichen Strebens und praktischer Humanität.

Shakespeares Hamlet: Der berühmteste Monolog des Welttheaters

Wann schrieb Shakespeare seine Tragödie?

Als »The Tragicall Historie of Hamlet, Prince of Denmark« 1602 in London mit triumphalem Erfolg auf die Bühne kam, stand William Shakespeare (1564–1616) vor dem Zenit seiner Karriere als Theaterdichter. »Hamlet«, mit 4000 Versen sein längstes Stück, eröffnete den Reigen seiner großen Tragödien (»Othello«, »König Lear«, »Macbeth«), deren Stoff mittelalterlichen Quellen entlehnt ist.

Welche Handlung hat das Stück?

Anlässlich des Todes seines Vaters kehrt der dänische Prinz Hamlet an den Hof in Helsingör zurück. Seine Mutter Gertrud hat den vermutlichen Mörder ihres Gemahls Claudius geheiratet und zum König gemacht. Hamlet wird vom Geist des Verstorbenen zur Rache angestachelt. Um seine Widersacher zu täuschen, stellt sich Hamlet wahnsinnig. Der misstrauische Claudius versucht vergeblich, ihn mit einer Intrige zu beseitigen. Der Prinz entlarvt ihn mit einem Trick als Königsmörder, zögert indes, ihn zu töten. Während eines Streits mit seiner Mutter ersticht er den Hofmeister Polonius, den er für Claudius hält. Polonius' Tochter Ophelia, die Hamlet liebt, verfällt dem Wahnsinn und ertränkt sich. Ihr Bruder Laertes, von Claudius beauftragt, Hamlet mit einem präparierten Dolch zu töten, vertauscht versehentlich die Waffen und stirbt. Gertrud leert unabsichtlich den Hamlet zugedachten Giftbecher und gesteht sterbend Claudius' Täterschaft. Hamlet richtet ihn und dann sich selbst mit der blanken Klinge.

Was charakterisiert die Figur Hamlet?

Hamlets Zaudern bringt den Gang der Handlung kaum voran, am Ende erfüllt er beinahe zufällig seine Mission: Er ist ein introvertierter Zweifler, der dem Gebot der Blutrache die Hoffnung auf höhere Gerechtigkeit entgegensetzt und schließlich an einer korrupten Welt scheitert, die solch integre Absicht nicht zulässt.

Um dieses Problem von Schein und wahrem Sein geht es nicht nur im bekanntesten seiner sieben langen Monologe. Hamlet ist ein Wanderer zwischen den Welten (schon in der ersten Szene angedeutet durch das Meeresufer, später durch die Begegnung mit den Totengräbern auf dem Friedhof); auch durch seinen vorgespiegelten Wahnsinn agiert er in einer Doppelrolle. Sein Außenseitertum wird durch markante Kontrastfiguren hervorgehoben: durch den skrupellosen Machtmenschen Claudius, den geschwätzigen Heuchler Polonius, den naiven Laertes, den heldischen Fortinbras und den stoischen Freund Horatio, seinen einzigen Verbündeten neben Ophelia.

Wen liebt Hamlet?

Seine Beziehungen zu Frauen sind problembelastet. Die Mutter verdammt er als Hure, die reine »schöne Nymphe« Ophelia verstößt er aus Zorn über ihre Hörigkeit gegenüber dem Vater und einem diffusen Ekel vor dem weiblichen Geschlecht. Aus Enttäuschung über seine Mitmenschen gerät er, »von des Gedankens Blässe angekränkelt«, in eine Art Starre, ein unschlüssiges und untätiges »Bereitsein«.

Wie wurde das Drama rezipiert?

Hier sei »eine große Tat auf eine Seele gelegt, die der Tat nicht gewachsen ist«, heißt es in Goethes Roman »Wilhelm Meisters Lehrjahre«, voller Respekt vor einem sensiblen Helden im Konflikt mit einer Welt, die der erlösenden Perspektive noch entbehrt.

In der faszinierenden Titelfigur liegt wesentlich der enorme Erfolg dieser Tragödie begründet, die mit ihrer Länge von sechs Stunden fast ein dramaturgischer Fehlschlag zu nennen ist. Die erste vollständige Aufführung erfolgte 1899 in Stratford, die deutschsprachige Premiere war 1773 in Wien. Vor allem in Deutschland wurde die Gestalt Hamlets populär, sie galt lange Zeit als ideale Verkörperung deutschen Wesens. Erst Friedrich Nietzsche empfand sie als das Beispiel eines Charakters, »bei dem das Lebendige zu Schaden kommt und zuletzt zugrunde geht, sei es nun ein Mensch oder ein Volk oder eine Kultur«.

Mit seiner Kritik am lähmenden Wankelmut Hamlets griff Nietzsche aber zu kurz, denn dieser rührt aus einer Haltung, die das moderne Weltverständnis prägte: Wahrheit ist nur in absurdem Gewand erfahrbar und bietet keine verlässliche Basis für menschliches Handeln.

Wie kam der Bürgermeistersohn aus der Provinz nach London?

William Shakespeare wurde 1564 im englischen Stratford upon Avon geboren. Über sein Leben ist relativ wenig bekannt. 1582 heiratete er Ann Hathaway, mit der er insgesamt drei Kinder hatte.

Vermutlich Ende der 1580er Jahre wurde er Schauspieler und zog mit einer reisenden Theatertruppe nach London. Unter anderem mit Auftritten vor der englischen Königin Elisabeth I. erwarb er sich ein nicht unerhebliches Vermögen, mit dem er in seinem Geburtsort Besitz erwerben konnte. 1597 wurde er Mitinhaber des Globe-Theaters und hatte auch mit seinen Dramen zunehmend Erfolg.

1603 übernahm King James die Patronage über Shakespeares Truppe, die sich in The King's Men umbenannte. 1609 erwarb die Truppe das – im Gegensatz zum Globe überdachte – Blackfriar's Theatre.

1610 verkaufte der Dramatiker die Anteile an den Theatern und kehrte vermögend nach Stratford zurück, wo er 1616 starb.

Wussten Sie, dass …

»Hamlet« die Umarbeitung einer älteren Vorlage ist? Diese Praxis war zu Shakespeares Zeit am Theater üblich.

Shakespeare auch als Verfasser von Sonetten berühmt wurde?

die Autorschaft der Werke Shakespeares umstritten ist? Als eigentliche Autoren werden verschiedene Zeitgenossen von Christopher Marlowe bis zu Königin Elisabeth I. diskutiert.

Cervantes' Don Quijote: Von der Parodie zum Sittengemälde

Warum schrieb Cervantes seinen Roman?

Cervantes hatte mit »Don Quijote« (1605/1616) zunächst nur eine Parodie der zeitgenössischen Ritterromane im Sinn, einer echten Unterhaltungsindustrie. Die bekanntesten Titel werden im Buch explizit genannt – als Lieblingslektüre des einfachen Landjunkers (Hidalgo).

Ist Quijote ein Ritter?

Er möchte jedenfalls einer sein. Unter dem Eindruck der Geschichten über kühne Recken, schöne Edelfräulein, Riesen und Drachen fasst er den Entschluss, selbst ein fahrender Ritter zu werden. Schon bei den Vorbereitungen wird das Lächerliche und Unzeitgemäße des Unterfangens offenbar: Als klangvollen Heldennamen wählt er das Wort für Beinharnisch (quijote), weitere Rüstungsutensilien bastelt er sich mühsam aus altem Plunder zusammen. Der Name seines Pferdes, Rosinante, ist von augenzwinkernder Bedeutung: »allen Rossen vorangehend« bzw. »vorher war's ein Gaul« (rocín, »Gaul«, antes, »vorher«). Als Knappen verpflichtet er den fresslustigen Bauern Sancho Pansa (panza, »Bauch«), den Ritterschlag erhält er von einem Burgfräulein, das in Wahrheit eine Prostituierte ist.

Dieser Widerspruch von verblendeter Weltsicht und tatsächlichen Verhältnissen verursacht die meisten Abenteuer des Don Quijote: Wie schon die Windmühlen hält er ein anderes Mal Weinschläuche für Riesen oder wütet mit dem Schwert in einer Schafherde, die in seiner Einbildung zum feindlichen Heer wird. Nach dem Muster der Ritterbücher verpflichtet er sich zum Dienst an einer Dame und stilisiert eine Dorfschöne zur Idealgeliebten. Die Gestalt der Dulcinea del Toboso wurde legendär.

Welche Rolle spielt Sancho Pansa?

Den entscheidenden Reiz gewinnt Miguel de Cervantes' Roman aus dem wunderbaren Kontrast der beiden Hauptfiguren in Physiognomie, Charakter und Sprache. Von den Prügeln, die sein Herr Don Quijote gewöhnlich als Quittung für seine irrwitzigen Aktionen bezieht, bekommt Sancho Pansa reichlich ab; im Ganzen erweist er sich als munterer Gefährte. Wie der »Ritter von der Traurigen Gestalt« vom Mutterwitz seines Knappen profitiert dieser von der Bildung des unglücklichen Titelhelden, eines im Grunde sanftmütigen, ehrbaren Mannes. Nach zahlreichen schmerzlichen Erfahrungen ist Don Quijote von seinem Wahn geheilt und beschließt, ein Dasein als Schäfer zu führen.

In welchem Umfeld spielt die Geschichte?

Cervantes entfaltete die opulente Ereignisfülle des Romans vor einem farbigen Panorama Spaniens an der Wende zum 17. Jahrhundert. Der geniale Erzähler erweiterte dabei die geplante Literatursatire zu einem Sittengemälde mit lebensechten Typen und Genreszenen. Vor allem das Milieu der einfachen Bevölkerung schilderte er mit großer Plastizität und zuweilen ziemlich drastischer Komik. Auch die Kulisse der teilweise wildromantischen, teilweise öden Landschaft der Mancha wird ungewohnt detailliert geschildert.

Wie erfolgreich war der Roman?

Der erste Teil des »Don Quijote« erschien 1605 und wurde ein triumphaler Erfolg. Noch im selben Jahr tauchten der Ritter und sein Knappe als Masken in einem Festumzug in Valladolid auf. Bei einer Fürstenhochzeit im Jahr 1613 in Heidelberg gab es einen Don Quijote als komischen Turnierritter. Das Buch wurde bald auch ins Englische und Französische übersetzt; der frühesten deutschen Fassung (»Don Kichote de la Mantscha. Das ist: Juncker Harnisch aus Fleckenland«, 1648) folgte allerdings erst 1799/1800 mit Ludwig Tiecks Version eine kongeniale Nachdichtung. Den Romantikern galt das Werk vor allem durch seinen Sprachwitz, seinen poetischen Gehalt und die Kombination verschiedener Erzählformen (beispielsweise eingestreute Novellen) als vorbildlich, später sah man in ihm den Beginn des modernen Prosaromans.

Wussten Sie, dass …

Cervantes bei seinem Kampf gegen die Türken die rechte Hand verlor?

der Schriftsteller während seiner algerischen Kriegsgefangenschaft drei erfolglose Fluchtversuche unternahm?

das von Don Quijote bewunderte Rittertum in der dargestellten Zeit des Romans bereits ein Anachronismus ist?

der wichtigste Literaturpreis der spanischsprachigen Welt Cervantes' Namen trägt?

Lebte der Schriftsteller ebenso abenteuerlich wie seine Figur?

Cervantes stammte wie der Held seines Romans aus dem niederen Landadel in der Nähe von Madrid und führte ein äußerst bewegtes Leben. Wegen eines blutigen Ehrenhandels zur Flucht ins Ausland gezwungen, wurde er 1571 in der berühmten Seeschlacht von Lepanto gegen die Türken schwer verwundet. Nach weiteren Kämpfen in spanischen Diensten war er später fünf Jahre in algerischer Gefangenschaft, bis ihn der Trinitarier-Orden freikaufen konnte.

Mit dem Schäferroman »Galatea« (1585) hatte Cervantes ersten literarischen und kommerziellen Erfolg, geriet jedoch bald wieder in Existenznöte. Als Steuereintreiber veruntreute er Staatsgelder und landete im Gefängnis. Dort begann er 1598 mit der Niederschrift des »Don Quijote«, der auch zum finanziellen Erfolg für den Autor wurde. Kluger Umgang mit Geld gehörte jedoch nicht zu den Talenten Cervantes' und so starb er 1616 in Madrid als armer Mann.

Grimmelshausens Simplicissimus: Ein Schelmenroman

Warum wurde der »Simplicissimus« ein großer Erfolg?

Für die überwältigende Resonanz auf das 1668 erschienene erste Buch des »Simplicissimus« war sicher auch die Zugkraft des Genres verantwortlich: der aus Spanien stammende Schelmenroman, eine satirisch gefärbte Lebensgeschichte aus dem Munde eines naiv-gewitzten Helden aus den unteren Bevölkerungsschichten. Der Erfolg war so groß, dass Hans Jakob Christoffel von Grimmelshausen (1621–1676) noch im selben Jahr eine Fortsetzung nachlegte und in späteren Werken mehrmals an seinen Titelhelden anknüpfte.

In welcher Zeit spielen die »Abenteuer des Simplicius«?

Die fünf Bücher des »Simplicissimus« spielen in der von Willkür und Gewalt gezeichneten Epoche des Dreißigjährigen Kriegs (1618 bis 1648). Noch als Kind wird Simplicius (»der Einfältige«) durch marodierende Soldaten vom Hof der Eltern vertrieben. Von einem Eremiten notdürftig erzogen, findet er als eine Art Hofnarr Unterschlupf beim Stadtkommandanten von Hanau. Dieser fragwürdigen Idylle bereiten wieder fremde Truppen ein Ende. Simplicius rettet seine Haut in Frauenkleidern, lebt eine Zeit als Knecht im Kloster und landet selbst beim Militär. Nach anfänglichen Erfolgen gerät er in Gefangenschaft und wider Willen in eine Ehe. Ein langjähriges Wanderleben schließt sich an, das ihn bis Paris und Moskau führt und in unterschiedlichste Berufe, vom Quacksalber bis zum Räuber. Nach einem erotischen Zwischenspiel und einem letzten Versuch, als Soldat Karriere zu machen, lässt er sich als Bauer nieder – und erfährt von seiner adligen Abstammung.

Was waren die literarischen Paten des Romans?

Dass Grimmelshausen so großen Wert auf Ereignisfülle und drastische Komik legte, ist dem Einfluss der zeitgenössischen Schwankliteratur zuzuschreiben. Neben Jörg Wickrams »Rollwagenbuechlin« (1555) standen hier auch Klassiker der Narrenliteratur Pate, wie Sebastian Brants »Narrenschiff« (1494) oder die Werke von Hans Sachs (1494–1576). Der »Simplicissimus« gilt dabei nicht nur als vollendetste deutsche Version des Schelmenromans, sondern auch als eines der herausragenden deutschsprachigen Prosawerke der ganzen Epoche.

Trägt der Romanheld autobiografische Züge?

Ja, denn auch Grimmelshausen stammte aus einfachen Verhältnissen und geriet als Jugendlicher in die Kriegswirren der Zeit. Er versuchte sich in diversen Berufen, bevor er im letzten Lebensjahrzehnt als Schultheiß im Badischen zur Ruhe kam. In diesem Dezennium entstand das gesamte literarische Werk vom »Satyrischen Pilgrim« (1667) bis zu den »Simplicianischen Schriften«, darunter der Kurzroman »Trutz Simplex: Oder Ausführliche und wunderseltzame Lebensbeschreibung der Ertzbetrügerin und Landstörtzerin Courasche« (1670), der Bertolt Brecht zu seinem berühmten Schauspiel »Mutter Courage und ihre Kinder« (1939) anregte.

Wo führte der Autor die Leser hinters Licht?

Grimmelshausen ließ es augenzwinkernd so erscheinen, als sei er so einfältig wie sein Held, was natürlich nicht stimmte. Er eignete sich – vermutlich in den Bibliotheken seiner Dienstherren – eine auch im »Simplicissimus« präsente umfassende literarische Bildung an. Mit einer Mischung von Dichtung und Wahrheit band er seinen Lesern einen Bären auf, nicht anders als Simplicius seiner Mitwelt.

Woher kam der Schelmenroman?

Er geht zurück auf die sehr erfolgreiche Gattung der spanischen novela picaresca (pícaro, »Schelm«) des 16. Jahrhunderts, die sich am Vorbild der antiken und der mittelalterlichen Satire orientiert. Neben deftig-komischen (»Lazarillo de Tormes«, anonym 1555) erfuhr sie auch anspruchsvollere Ausprägungen wie in Cervantes' »Don Quijote« (1616), und sie wirkte fort auf Autoren wie Alain René Lesage (»Gil Blas de Santillane«, 1715–1735) und Daniel Defoe (»Moll Flanders«, 1722).

Wussten Sie, dass …

die liebenswertskurrile Titelgestalt des »Simplicissimus« 1896 zum Namenspatron der profiliertesten satirischen Zeitschrift der Kaiserzeit und der Weimarer Republik avancierte?

auch der Name des legendären Münchner Kabaretts »Alter Simpl« an Grimmelshausens Helden angelehnt ist?

Molières eingebildeter Kranker: Der berühmteste Hypochonder

Worum geht es im »Eingebildeten Kranken«?

Kurz zusammengefasst, geht es in der Komödie um menschliche Schwächen. Der Held ist der von dubiosen Quacksalbern traktierte Argan. Mit wahnhafter Hypochondrie terrorisiert er alle Hausgenossen und will sogar seine Tochter an einen Mediziner verheiraten, um den Arzt gleich in der Familie zu haben. Der trockene Pedant Diafoirus vermag jedoch das Herz Angéliques, die innerlich längst einem anderen gehört, nicht zu erwärmen.

Was bringt die Wende im Geschehen?

Zum Glück findet sie zwei Verbündete: Während ihr Onkel Béralde Argan mit vernünftigen Argumenten bearbeitet, bringt das Dienstmädchen Toinette ihn, als Arzt verkleidet, mit der Androhung von Amputationen zur Besinnung. Als Argan sich auf ihre Veranlassung hin schließlich tot stellt, muss er betroffen den Jubel seiner Gattin Béline zur Kenntnis nehmen, die sein Ableben seit langem sehnlichst erwartet.

Die Tränen seiner Tochter wiederum rühren ihn so sehr, dass er sie von der Verlobung mit Diafoirus freispricht. Die zentrale Pointe besteht darin, dass der von seiner Verblendung Geheilte nun selbst das Studium der Medizin aufnimmt. In der abschließenden Ballettszene mit der Promotionsfeier Argans persiflierte Molière, der die Äskulapjünger bereits in »Arzt wider Willen« (1666) aufs Korn genommen hatte, deren akademischen Dünkel.

Was war das Typische an Molières Komödien?

Im Zentrum der Charakterkomödien des französischen Dramatikers und Schauspielers Molière (1622–1673) steht eine Zentralfigur mit einer Marotte, von der sie am Ende oft fast zufällig erlöst wird. Der im Jahr 1673 in Paris uraufgeführte »Eingebildete Kranke« vereint dieses Schema der Charakterkomödie mit der Ballettkomödie, deren Handlung durch Gesangs- und Tanzeinlagen aufgelockert wird. Molière, der eigentlich Jean Baptiste Poquelin hieß, entwickelte diese eigens für den französischen Hof (»Der Bürger als Edelmann«, 1672). Der »Eingebildete Kranke« beschloss dabei nach »Der Misanthrop« (1667), »Der Geizige« (1668) und »Tartuffe« (1670) die Reihe seiner großen Charakterkomödien.

Übrigens: Die Arbeit an seinem letzten Stück, »Der eingebildete Kranke«, vollbrachte Molière als todkranker Mann – und starb nach vier Aufführungen an einem Blutsturz.

Warum war Molières Stellung am Hof prekär?

Als sich Molière 1658 am Hof König Ludwigs XIV. etabliert hatte, musste er ein gewagtes Spiel spielen, wenn er neben allgemeinen menschlichen Schwächen auch die Torheiten am Hof des Sonnenkönigs aufs Korn nahm; hing doch von der Gunst des Königs nicht nur Molières persönliche Stellung, sondern auch die Existenz seines Ensembles ab. »L'art est de plaire« (»Das Stück muss gefallen«) – wurde dieser Anspruch nicht erfüllt, fiel die »königliche Theatertruppe« schnell in Ungnade, was Molière schließlich ein Jahr vor seinem Tod widerfuhr, als der Komponist Jean-Baptiste Lully, zuvor für die Musik seiner Ballettkomödien verantwortlich, ihn in der Gunst des Königs überholte und zum Leiter des Musiktheaters bestellt wurde.

Wie entstand Molières berühmte Theatertruppe »Comédie Française«?

Schon im Jahr 1680 entstand aus dem Zusammenschluss des bereits 1643 von Molière in Paris gegründeten »Illustre-Théâtre« mit anderen Kompagnien die berühmte Institution der »Comédie Française«. Unter der Leitung Molières bot diese Truppe alles vom unterhaltsamen Einakter über die pointierte Farce bis hin zum klassischen fünfaktigen Versdrama. Meisterhaft beherrschte der Theaterleiter Molière die Klaviatur einer effektsicheren Bühnendynamik und die Zeichnung lebensechter Figuren wie der des Argan im »Eingebildeten Kranken«, der auch nach drei Jahrhunderten noch höchst publikumswirksam und zudem eine Paraderolle für jeden Schauspieler ist.

Übrigens: Johann Wolfgang von Goethe meinte: »Ich kenne und liebe Molière […] und unterlasse nicht, jährlich von ihm einige Stücke zu lesen. Es ist nicht bloß das vollendete künstlerische Verfahren, was mich an ihm entzückt, sondern vorzüglich auch das liebenswürdige Naturell.«

Was unterschied Molières Dramen von denen seiner Zeitgenossen?

Das französische Drama stand zur Zeit Molières noch ganz im Zeichen der aristotelischen Poetik mit dem Prinzip des Erhabenen, der Einheit von Zeit, Ort und Handlung und einer fünfaktigen Struktur. Anders als seine Kollegen Pierre Corneille (1606–1684) und Jean Racine (1639–1699) sah Molière diese Regeln weniger streng. Die Komödie galt ihm nicht als minderwertige Gattung und die Legitimation des Lachens durch belehrende Elemente nicht als wesentlich.

Wie wurde Molière zum Dichter zeitloser Charakterkomödien?

Molière wurde als Jean-Baptiste Poquelin vermutlich am 14. Januar 1622 in Paris geboren und erhielt auf einer Jesuitenschule eine umfassende Bildung. Nach einem Jurastudium in Orléans verlegte er sich zunächst auf die Schauspielerei und begründete 1643 in Paris das »Illustre-Théâtre«. Nachdem dieses Unternehmen zwei Jahre später scheiterte, zog er mit einem Wandertheater durch Frankreich und verfasste die ersten seiner 32 (erhaltenen) Stücke, die noch weitgehend am Vorbild der italienischen Commedia dell'Arte orientiert waren (»Der Zwist der Verliebten«, 1656). 1658 kam er zurück nach Paris, wo er sich mit seiner Truppe am Hof etablieren konnte: Mit der »Schule der Frauen« (1662) und anderen Stücken zog er den Beifall der Hofgesellschaft und Ludwigs XIV., aber auch die Kritik der traditionellen Dramatiker, darunter Corneille – mit dem er befreundet war –, auf sich. Molière starb am 17. Februar 1673 in Paris.

Defoes Robinson Crusoe: Drei Jahrzehnte Einsamkeit

Welches Schicksal erleidet der Titelheld?

Die Hauptfigur aus Daniel Defoes (um 1660 bis 1731) Roman »Das Leben und die seltsamen Abenteuer des Robinson Crusoe« (1719, deutsch 1720), ein deutschstämmiger Kaufmannssohn aus York, strandet während einer Überfahrt nach Afrika als einziger Überlebender auf einer unbewohnten Insel. Er hat Glück im Unglück: Aus dem Schiffswrack kann er lebenswichtige Dinge wie Werkzeug und Waffen retten. Mit primitiven Mitteln richtet er sich eine Behausung ein und umgibt sie zum Schutz vor Raubtieren mit einem Palisadenzaun. Nun durchläuft er typische Entwicklungsstadien menschlicher Zivilisation: Zunächst Jäger und Sammler, gelingt es ihm später, wilde Ziegen zu zähmen, Obst und Getreide zu kultivieren und Brot zu backen.

Wie wendet sich Robinsons Schicksal?

Die jahrelange Einsamkeit macht Robinson schwer zu schaffen. Beendet wird sie ausgerechnet durch die Landung einer Gruppe von Kannibalen, die auf der Insel ein Festmahl abhalten, bei dem gefangene Feinde verspeist werden. Robinson rettet eines ihrer Opfer und hat fortan einen ebenso nützlichen wie gelehrigen Gefährten, den er nach dem Tag seiner Ankunft »Freitag« nennt. Die nächste Wendung seines Schicksals ergibt sich durch das Eintreffen eines Schiffs, dessen Kapitän er davor bewahrt, von der meuternden Mannschaft ausgesetzt zu werden. Zum Dank nimmt dieser ihn mit zurück in die Heimat, nach 28 Jahren, zwei Monaten und 19 Tagen unfreiwilligen Inseldaseins.

Welche zeittypischen Denkweisen finden sich?

Während die nüchterne, detailgenaue Darstellung des Geschehens, die ihren Ursprung in Defoes journalistischer Praxis hat, neu in der Erzählprosa war, ist das rationalistisch-moralische Argumentationsmodell hinter der abenteuerlichen Geschichte traditionell: Wer tatkräftig sein Los meistert und sich vertrauensvoll in die göttliche Vorsehung fügt, den wird sie belohnen. Sogar mit irdischem Wohlstand, wie es Robinson im zweiten und dritten Teil (1719/20) widerfährt. Defoe vertrat hier konsequent die Weltsicht des puritanischen Christentums seiner Epoche.

Weniger optimistisch als beim Individuum zeigt sich Defoe hinsichtlich der ethischen Perfektionierung des Kollektivs: Die auf Robinsons Insel zurückbleibenden Meuterer scheitern an der Gründung eines idealen Inselstaates, was nicht zuletzt am beständigen Kampf gegen die Kannibalen liegt. Freitag seinerseits verkörpert als Urbild des »edlen Wilden« das Vertrauen in die natürliche Würde der unverdorbenen Kreatur, ein zivilisationskritischer Gedanke zu einer Zeit, als Sklaverei noch gang und gäbe war. In solchen Geschäften ist Robinson nämlich unterwegs, als er seinen legendären Schiffbruch erleidet – so erhält seine Schicksalsgemeinschaft mit dem Schwarzen eine besondere Pointe.

Wie wurde der Roman aufgenommen?

Defoes »Robinson Crusoe« wurde zu einem enormen Erfolg, der allerdings vorwiegend auf den gekürzten, vereinfachten Bearbeitungen für die Jugend basiert. Diese erlaubten ein von pädagogischen Anreizen nur mäßig getrübtes Schwelgen in Spannung und Exotik. Den Anfang in Deutschland machten in den Jahren 1779/80 sowohl Johann Karl Wezels »Robinson Krusoe. Neu bearbeitet« als auch Joachim Heinrich Campes »Robinson der Jüngere«. Wirkungsgeschichtlich erlitt Daniel Defoes »Robinson Crusoe« also ein ähnliches Schicksal wie etwa Jonathan Swifts »Gullivers Reisen« (1726) oder James F. Coopers »Lederstrumpf« (1823–1841). Andererseits fand das Motiv des »edlen Wilden« vielfältigen literarischen Niederschlag, der von Werken Jean-Jacques Rousseaus über Mary Shelleys »Frankenstein« aus dem Jahr 1818 bis hin zu Karl Mays »Winnetou«-Romanen reicht.

Welches neue Genre etablierte Defoe?

Daniel Defoe zählte zu den ersten Schriftstellern, die dem Roman ein authentisches Geschehen zugrunde legten, und begründete zugleich das Genre der fiktiven Autobiografie. »Robinson Crusoe« steht am Anfang einer langen Reihe populärer Seefahrer- und Inselabenteuer auf Papier und Zelluloid. Zu diesen literarischen und filmischen Werken zählen etwa Robert Louis Stevensons im Jahr 1899 erschienene »Schatzinsel« und die »Meuterei auf der Bounty«, die auf einer wahren Begebenheit des Jahres 1789 basiert.

War Defoe auch ein Abenteurer?

Sein Leben hätte als Vorlage für einen Roman getaugt. Er wurde vermutlich Anfang 1660 in London als Daniel Foe geboren. Der Sohn eines Schlachters erhielt eine presbyterianische Erziehung. 1685 floh er aus politischen Gründen nach Frankreich, kehrte aber bald zurück und verdingte sich wieder als Kaufmann, bevor er 1692 pleiteging. Dieses Ereignis markierte aber auch den Beginn seiner publizistischen Laufbahn, da er sich jetzt intensiv mit politischen und wirtschaftlichen Themen beschäftigte. Mit zunehmendem Erfolg fügte er seinem Namen das aristokratische »De« hinzu. Er verbreitete Flugblätter, veröffentlichte mehrere Zeitschriften und satirische Artikel. Zu seinen bedeutendsten literarischen Werken zählt neben dem »Robinson« von 1719 »Moll Flanders« von 1722. Defoe starb am 26. April 1731 in London.

Wussten Sie, dass …

Daniel Defoe zu seinem Roman durch den seinerzeit Aufsehen erregenden Fall des Seemanns Alexander Selkirk angeregt wurde, der mehrere Jahre mutterseelenallein auf einer Insel im Pazifik zubrachte?

Defoes Inselabenteuer eine wahre Flut von »Robinsonaden« auslöste? Rund 80 solcher Erzählungen erschienen allein Mitte des 18. Jahrhunderts.

Gullivers Reisen von Jonathan Swift: Eine gnadenlose Satire

In welcher Tradition steht »Gullivers Reisen«?

Der Ire Jonathan Swift (1667–1745) bezog sich mit seinem 1726 erschienenen vierteiligen Roman kritisch-parodistisch auf die Literaturform der Reiseberichte, die zu seiner Zeit populär waren. Oft als Tatsachenschilderung ausgegeben, glänzten sie vor allem durch fantastische Ausschmückung. Dass »Gulliver« sofort großen Anklang bei Lesern aller Schichten und Altersstufen fand, verdankte der Roman denn auch weniger dem satirischen Elan Swifts, als dem Erfindungsreichtum des Autors, der alle Vorläufer in den Schatten stellte. Der arglose Gulliver (dessen Name auf das englische »gullible«, auf Deutsch »leichtgläubig« anspielt) gerät auf seinen Reisen in immer irrwitzigere Gegenden der Welt, was sein Vertrauen in die Normalität und schließlich in das Gute im Menschen untergräbt.

Welche Stationen besucht der Held auf seiner Reise?

Erste Station ist nach einem Schiffbruch eine entlegene Insel: Als er am Strand aus tiefem Schlaf erwacht, sieht er sich mit unzähligen feinen Schnüren gefesselt – und bemerkt höchst erstaunt die winzigen Wesen, die das bewerkstelligt haben: die Einwohner von Liliput. Nachdem deren anfängliches Misstrauen zerstreut ist, kann er sich als Jahrmarktsattraktion frei im Land bewegen und fungiert sogar als Berater des Kaisers.

Die abnormen Größenverhältnisse erfahren bei Gullivers nächstem Abenteuer einen fatalen Perspektivwechsel: Gelang es ihm in Liliput zum Beispiel, einen Palastbrand durch beherztes Urinieren zu löschen, muss er sich im Reich der Riesen, Brobdingnac, sogar vor Insekten fürchten. Doch nicht nur Gefahren machen den Aufenthalt dort unangenehm. Wirkten nämlich die puppenhaft kleinen Geschöpfe Liliputs für ihn possierlich, so sieht er sich nun mit bis zum Ekel überdeutlichen körperlichen Details konfrontiert. Andererseits schätzt er, was den Charakter angeht, die gutmütigen Kolosse höher als die streitsüchtigen Winzlinge.

Auf welche Teile beschränken sich die meisten Ausgaben des Romans?

Viele Ausgaben von »Gullivers Reisen« beschränken sich auf die ersten beiden Teile, die auch von jugendlichen Lesern leicht aufgenommen werden können. Nicht minder interessant sind jedoch die weiteren Stationen: die Fantasiereiche Laputa, Balnibarbi, Luggnagg und Glubbdubdrib oder die Pferderepublik der Houyhnhnms (deren Name das Wiehern nachahmt). Die Bewohner der fliegenden Insel Laputa sind über – teils absurden – wissenschaftlichen Forschungen, etwa dem Gewinn von Sonnenstrahlen aus Gurken, sozial völlig apathisch geworden. Bei den Houyhnhnms wiederum herrschen edle Rösser über degenerierte Menschen. Mit der Fantastik steigert sich auch von Mal zu Mal die Schärfe des satirischen Witzes.

Worauf zielt der scharfzüngige Spott?

Nur in Ausnahmefällen weist der Witz konkrete Zeitbezüge auf. Wichtiger war Swift die Entlarvung allgemeiner menschlicher Schwächen, von denen auch der naive Titelheld nicht ausgenommen ist: In allen seinen Abenteuern lernt er nur wenig hinzu, und vor dem Kaiser von Liliput prahlt er mit militärischen Errungenschaften seiner eigenen Zivilisation.

Die bekannteste Episode mit politischer Pointe ist der Krieg im Zwergenland, der über der Frage entbrennt, ob man ein gekochtes Ei am stumpfen oder spitzen Ende aufschlägt. Dem musterhaften Staatswesen der Riesen stehen in Liliput absurde Gebräuche gegenüber: Dort erlangt man eine Qualifikation für politische Ämter durch Meisterschaft im Seiltanzen oder andere akrobatische Fähigkeiten. Doch auch die Pferde sind keineswegs nur positive Leitbilder, verweisen sie doch in rigoroser Engherzigkeit Gulliver des Landes.

War Swift Moralist oder Menschenhasser?

Die Kritik stempelte Swift als Menschenhasser ab, da er den Menschen als erbärmliche Kreatur vorführte und (durch den Mund des Riesenkönigs) die Engländer als »schädlichste Rasse« des Erdballs bezeichnete. Swift begegnete dem Vorwurf in einem Brief an den Schriftsteller Alexander Pope: Er habe lediglich zeigen wollen, dass der Mensch kein wahrhaft vernünftiges Wesen sei. Drei Jahre später provozierte der Satiriker seine Zeitgenossen mit einem »Bescheidenen Vorschlag, wie man verhindern könnte, dass die Kinder der Armen ihren Eltern oder ihrem Land zur Last fallen«: Man solle sie mästen und den Reichen als wohlschmeckendes Mahl bereiten.

War Swift ein Utopist?

Ja, denn »Gullivers Reisen« knüpfen an die Tradition der Utopie an, den literarischen Entwurf eines idealen Staatswesens. Die Wirkungsabsicht von Platons »Politeia« und späterer Beispiele – etwa Thomas Morus' »Utopia« (1516), Tommaso Campanellas »Sonnenstaat« (1602/03) oder Francis Bacons »New Atlantis« (1627) – verkehrte Swift allerdings parodistisch ins Gegenteil und nahm damit tendenziell negative Utopien der Moderne vorweg, wie George Orwells »1984« (1949).

Warum musste sich Jonathan Swift hinter Pseudonymen verstecken?

Swift prangerte in seinen Satiren die Missstände im von England regierten Irland an, weswegen er Repressalien fürchten musste und oft anonym oder unter einem Pseudonym publizierte. Das Licht der Welt erblickte Jonathan Swift am 30. November 1667 in Dublin. Ab 1682 besuchte er die dortige Universität, wo er bereits durch seinen kritischen Geist auffiel. Er übersiedelte nach England, arbeitete als Privatsekretär, studierte in Oxford. 1698 nach Irland zurückgekehrt, nahm er eine Stelle als anglikanischer Priester an. Seine bekannteste Satire ist neben »Gullivers Reisen (1726) das äußerst sarkastische »Ein bescheidener Vorschlag« (1729). Swift starb am 19. Oktober 1745 als Dekan von St. Patrick's in Dublin.

Voltaires Candide: Eine satirische Odyssee

Gegen wen richtet sich die Satire des »Candide«?

In »Candide oder der Optimismus« (1759) griff Voltaire (1694–1778) den deutschen Mathematiker und Philosoph Gottfried Wilhelm Leibniz (1646–1716) an, weil dieser seinen aufklärerischen Prinzipien nicht entsprach. Voltaires satirischer Roman nimmt dessen 1710 erschienene »Théodicée« (Abhandlung zur Rechtfertigung Gottes, über die Güte Gottes, die Freiheit des Menschen und den Ursprung des Übels) aufs Korn, die sich gegen die Behauptung richtet, das Vorhandensein von Übel und Unrecht in der Welt sei nicht mit der Existenz Gottes in Einklang zu bringen. Leibniz widerlegt die These, Gott hätte eine gerechtere Welt schaffen können, indem er sie einfach umkehrt – zur später fast formelhaft erstarrten Sentenz: Die Welt, in der wir leben, sei »die beste aller möglichen Welten«. Dieser Leibniz'sche Optimismus rief den Protest von Voltaire hervor, der doch der Welt, so wie sie war, ausgesprochen skeptisch gegenüberstand und sie verbessern wollte.

Wie verpackte Voltaire seine Botschaft?

Seinen philosophischen Anspruch, den er mit »Candide oder der Optimismus« verfolgte, kleidete Voltaire in die populäre Form des Abenteuerromans. Der Titelheld mit dem symbolträchtigen Namen – das lateinische candidus bedeutet rein, heiter, gutgläubig – wird haarsträubenden Situationen ausgesetzt, die er allesamt besteht: voller Naivität, mit unerschütterlichem Glauben an die optimistische These von der »besten aller möglichen Welten«, die die Handlung allerdings boshaft konterkariert: Dem armen Candide wird übel mitgespielt!

Was widerfährt dem treuherzigen Helden?

Im westfälischen Schloss des Barons von Thundertentronck und seiner dicken Gattin, der »besten aller überhaupt möglichen Baroninnen«, wird Candide aufgezogen, im Geiste der »Metaphysico-theologo-cosmologo-nigologie« des Hofmeisters Pangloss, »mit der ganzen Treuherzigkeit, die seinem Alter und Wesen eigen« ist. Wegen seiner Zuneigung zur Haustochter Kunigunde wird Candide verjagt, von einem Land ins nächste verschlagen, erlebt Sturm, Schiffbruch und Erdbeben, fällt in die Hände von Piraten, trifft auf Gier, Grausamkeit, Feigheit und Undank. Mehrmals begegnet er der geliebten Kunigunde, um sie wieder zu verlieren, aber auch dem unverbesserlichen Optimisten Pangloss, der ihm mit unwiderlegbarer Logik – ein deutlicher Seitenhieb auf den Logiker Leibniz! – ständig aufs Neue beweist, dass trotz allen Elends alles zum Besten steht.

Bleibt Candide bis zum Schluss Optimist?

Leider ja. Sein Diener Cacambo führt Candide nach Eldorado, ins Paradies der Einfältigen, wo Gold und Edelsteine als Kiesel herumliegen. Candide entsendet ihn mit den Schätzen, um die entführte Kunigunde loszukaufen. Später begegnet er dem gelehrten Manichäer Martin, der als geborener Pessimist – und Gegenpol zu Pangloss – in der Welt nur ein böses Prinzip am Werke sieht.

In Konstantinopel trifft Candide schließlich die alt und zänkisch gewordene Kunigunde wieder, die er selbst freikaufen muss, ebenso Cacambo, der unter die Piraten fiel und zum Sklaven wurde. Auch der gehenkte Pangloss hat sich unter merkwürdigen Umständen eingefunden – ein Zeichen, dass Optimismus nie untergeht! Candide heiratet die hässliche Geliebte und bezieht mit ihr eine kleine Meierei. Eine bessere Welt hat er nicht gefunden.

Wogegen richteten sich Voltaires Attacken?

Voltaire war ein Skeptiker, der alles Irrationale, mit dem logischen Verstand nicht Vereinbare ablehnte. Er hasste Aberglauben, Tyrannei und Intoleranz, zeigte allerdings selbst wenig Toleranz, wenn es um andere Meinungen ging. Dieser Mann war ein entschiedener Kämpfer für Aufklärung und Gedankenfreiheit und seine Waffe war das Wort. Er handhabte seine Waffe mit Eleganz und Esprit, scheute aber auch nicht vor dem Todesstoß durch gnadenlosen Spott zurück. Zweimal landete Voltaire im Gefängnis, weil er sich durch seine verbalen Attacken Mitglieder des Hochadels zu Feinden gemacht hatte. Mehrmals musste er Paris verlassen, auf der Flucht vor kirchlichen und weltlichen Autoritäten.

Wussten Sie, dass …

Voltaires »Candide« 1759 anonym erschien? Es wurde aber bald als Werk Voltaires erkannt, verdammt, missverstanden und auf den Index gesetzt, aber auch hoch gerühmt, häufig zitiert und interpretiert.

der Roman des französischen Schriftstellers später von so berühmten Künstlern wie Daniel Nikolaus Chodowiecki, Alfred Kubin und Paul Klee illustriert wurde?

Wie wurde Voltaire zu einem Wegbereiter der Französischen Revolution?

Der französische Schriftsteller und Philosoph Voltaire zählt zu den bedeutendsten Repräsentanten der Aufklärung. Als François-Marie Arouet am 21. November 1694 in Paris geboren, wurde der Sohn eines Notars im Jesuitenkolleg erzogen. Er verfasste Abhandlungen zu Themen der Ökonomie, Politik, Philosophie, Geschichte, Kunst und Literatur. Ähnlich breit gefächert ist sein literarisches Werk, das Dramen, Epen, Erzählungen und Romane umfasst. Geradezu schwärmerisch konnte der oftmals bissige Voltaire in seinen Briefen an den Preußenkönig Friedrich den Großen werden, mit dem er in den Jahren 1736 bis 1778 Hunderte von Briefen austauschte, er hielt sich aber auch mit konkreten politischen Einschätzungen nicht zurück. Voltaire starb am 30. Mai 1778 in Paris.

Lessings Nathan der Weise: Appell an religiöse Toleranz

Was wollte Lessing mit seinem Drama bewirken?

Die Abfuhr, die Lessings Versdrama »Nathan der Weise« schon vor gut 200 Jahren dem Dogmatismus in Glaubensfragen erteilte, unterstreicht die Absurdität religiös motivierter Gewalt unserer Tage. Das Echo, das der Titelheld seinem Appell wünscht, erscheint so aktuell wie eh und je: »Möcht auch doch die ganze Welt uns hören.«

Gotthold Ephraim Lessing (1729–1781) hat die Uraufführung seines dramatischen Vermächtnisses 1783 in Berlin nicht mehr erlebt, lediglich den Erfolg der Buchausgabe von 1779. Das thematische Zentrum des Stücks, das in Jerusalem zur Zeit der Kreuzzüge angesiedelt ist, ist die problematische Koexistenz dreier großer monotheistischer Weltreligionen mit Alleingeltungsanspruch.

Wie geraten die drei Religionen in Konflikt?

Bei der Rückkehr von einer Reise erfährt der reiche Jude Nathan, dass seine Tochter Recha beim Brand des Hauses von einem christlichen Tempelritter gerettet wurde. Aus religiösem Ressentiment weist dieser jeden Dank zurück. Später wird er von Sultan Saladin gefangen genommen und zum Tode verurteilt, doch im letzten Augenblick aufgrund seiner frappierenden Ähnlichkeit mit Assam, dem verstorbenen Bruder des Sultans, begnadigt.

Warum sind die Beziehungen zwischen den Figuren so kompliziert?

Wegen der Verwandtschaftsverhältnisse. Die tatsächlichen Beziehungen zwischen den Angehörigen der einzelnen Religionen werden in einer komplexen Handlung fortentwickelt und aufgedeckt: Der Tempelritter ist Assams Sohn, somit ein Neffe des Sultans und zugleich der Bruder Rechas (die er inzwischen liebt), die einst als Waise von Nathan aufgenommen wurde.

Eine zusätzliche Pointe stellt die Geldnot Saladins dar, die Nathan diskret behebt. Seine wahre souveräne Haltung entfaltet er jedoch bei der Erzählung der »Ringparabel«, die alle Animositäten unter den Beteiligten zum Verstummen bringt.

Wer inspirierte den Charakter Nathans?

Unmittelbares Vorbild für die Hauptfigur des Dramas war der Philosoph Moses Mendelssohn (1729–1786), Großvater des Komponisten Felix Mendelssohn Bartholdy und Vorkämpfer für die Emanzipation der Juden in Deutschland, die damals im Zuge einer aufgeklärt-liberalen Politik erste Fortschritte verzeichnete. Zugleich setzte mit den legendären Berliner Salons von Rahel Varnhagen und Henriette Herz der prägende Einfluss assimilierter Juden auf das deutsche Geistesleben ein, den später Heinrich Heine (1798 bis 1856) und viele andere fortführten.

Was veranlasste die Entstehung des Dramas?

»Nathan der Weise« entstand im Zusammenhang mit Lessings Polemik gegen die protestantische Orthodoxie. Per Kabinettsbeschluss hatte sein Dienstherr, der Herzog von Braunschweig, eine Fortsetzung des Streits mit dem Hamburger Pastor Goeze unterbunden, der um die »Wolfenbütteler Fragmente«, eine religionskritische Schrift des Orientalisten Samuel Reimarus, entbrannt war. Mit »Nathan« suchte Lessing, Goeze und dessen Parteigängern auf »seiner alten Kanzel, dem Theater«, zu begegnen. Den aktuellen Konflikt wandte er dabei ins Allgemeingültige, als Exempel für den Konflikt zwischen einer doktrinären und einer freisinnigen Religiosität.

War der Dichter ein Verfechter der Aufklärung?

Der aus Sachsen gebürtige Pfarrerssohn Gotthold Ephraim Lessing zählte, gemeinsam mit den Freunden Friedrich Nicolai und Moses Mendelssohn, zu den produktivsten Köpfen der Aufklärung in Deutschland. Letzte Station seines unsteten Lebens, das er vorwiegend in Leipzig und Berlin verbrachte, war eine Stelle als herzoglicher Bibliothekar in Wolfenbüttel.

Lessings wichtigster Essay war, neben dem Traktat »Über die Erziehung des Menschengeschlechts« (1777/ 1780), die »Hamburgische Dramaturgie« (1767–1769) – ein wegweisender Entwurf für ein deutsches Nationaltheater. In der Komödie »Minna von Barnhelm« (1772) versah Lessing das bürgerliche Drama erstmals mit einem konkreten Zeitbezug, und in der Tragödie »Emilia Galotti« (1778) löste er es endgültig aus dem Bannkreis des Rührstücks. Der von Lessing im »Nathan« eingeführte Blankvers, der reimlose fünfhebige Jambus nach dem Vorbild Shakespeares (»Es eifre jeder seiner unbestochnen / Von Vorurteilen freien Liebe nach«), löste den französischen Alexandriner als bevorzugtes Versmaß des deutschen Dramas ab.

Was machte den sächsischen Pastorensohn zum Aufklärer?

Als Sohn eines evangelischen Pfarrers im sächsischen Kamenz geboren, studierte Lessing in Leipzig Medizin und Theologie. Der patriarchale Erziehungsstil seines Vaters machte den Sohn zu einem der vielen rebellierenden Pastorensöhne und prägte sein Verhalten gegenüber väterlichen Autoritäten bis zum Streit mit dem Hamburger Pastor Goeze, dem sich die Entstehung des »Nathan« mit verdankt.

1748 zog Lessing nach Berlin und machte dort die Bekanntschaft der wichtigsten Aufklärer, darunter Voltaire, Moses Mendelsohn, Friedrich Nicolai und Johann Georg Sulzer. Nach einigen Jahren in Breslau arbeitete er seit 1767 als Dramaturg am Nationaltheater in Hamburg. 1770 wurde er Bibliothekar an der Herzog-August-Bibliothek in Wolfenbüttel und machte sich in der Folge auch als Herausgeber einen Namen. 1776 heiratete er die Witwe Eva König, die bereits 1778 im Kindbett starb. 1781 erlag Lessing einem Hirnschlag.

Wussten Sie, dass …

der Leipziger Student eine Affäre mit einer Schauspielerin gehabt haben soll?

der Dramatiker sein Studium in Leipzig abbrach,weil er vor seinen Gläubigern fliehen musste?

sich Lessing wegen seines notorischen Geldmangels ebenso eifrig wie erfolglos an Lotterien beteiligte?

Goethe das »Wirtshausleben«, das Lessing in Breslau geführt haben soll, kritisierte?

nach dem Bankrott des Hamburger Nationaltheaters auch das nächste Projekt Lessings, ein Autorenverlag, in Konkurs ging?

der Dramatiker wie viele seiner Kollegen Mitglied einer Freimaurerloge wurde?

Rousseaus Bekenntnisse: Erinnerungen eines Individualisten

Warum waren Rousseaus Memoiren brisant?

Bereits erste Lesungen aus dem Manuskript in halb privatem Kreis lösten einen Skandal aus, da der französische Schriftsteller und Philosoph Jean Jacques Rousseau (1712 bis 1778) nicht mit aggressiven Ausfällen gegen prominente Zeitgenossen sparte – oft waren dies ehemalige Freunde, mit denen er inzwischen verfeindet war. Angeregt durch seinen Verleger, schrieb Rousseau von 1764 bis 1770 seine Lebensgeschichte nieder. Er bestimmte allerdings aus Rücksichtnahme gegenüber den Angegriffenen, dass das Buch nicht vor 1800 zu veröffentlichen sei; sein Verleger missachtete indes diese Anweisung und brachte das Werk schon 1782 und 1788 in vier Bänden heraus.

Handelt es sich um einen sachlichen Bericht?

Nein, das ursprünglich als Generalbeichte in der Tradition der »Confessiones« des Augustinus geplante Werk entwickelte sich teilweise zu einer eitlen, rührseligen Selbstbespiegelung. Rousseau stellte sich, seiner These der »Denaturation« folgend, als genialen und integren Menschen dar, der an widrigen Umständen gescheitert sei. Er selbst hielt seine Erinnerungen für »das einzig naturgetreue Abbild eines Menschen, das es gibt und das es je geben wird«.

Der erste Teil der Erinnerungen (Buch 1–6) rekapituliert die Jugendjahre des späteren Philosophen, während derer er sich in verschiedensten Berufen herumschlug, etwa als Graveur und Notenkopist arbeitete. Der zweite Teil (Buch 7–12) beschäftigt sich mit seinem Leben in Paris. Breiten Raum nehmen seine Beziehungen zum anderen Geschlecht ein, wie die erst spät legalisierte Liaison mit der Wäscherin Thérèse. Die fünf gemeinsamen Kinder gab der innovative Erziehungstheoretiker ins Heim – beileibe nicht der einzige Widerspruch im Leben des unruhigen Geistes, der stets unentschieden zwischen Selbstherrlichkeit und Verzweiflung schwankte.

Welche neuen Ideen beinhaltet das Werk?

Ungeachtet dieser Schwächen ist Rousseaus Autobiografie ein hochinteressantes Zeugnis des damals entstehenden Individualitätskultes. Der Autor setzte gegen die Vorherrschaft gesellschaftlicher Regeln das Prinzip des unabhängigen Ichs mit dem Grundtrieb der »Selbstliebe« (amour de soi), die er deutlich von der egozentrischen »Eigenliebe« (amour-propre) abgrenzt. Von größtem Einfluss waren solche Gedanken auf das Menschenbild und das Kunstverständnis der Frühromantik. Rousseaus Parteinahme für die Sinnlichkeit als Gegenkraft zur intellektuellen Erfahrung wurde dort ebenso fruchtbar wie seine Naturschwärmerei: Detaillierte Landschaftsbeschreibungen gehören zu den beeindruckendsten Passagen der »Bekenntnisse«.

In welcher Weise hat Rousseau die Geistesgeschichte geprägt?

Die Nachwirkung von Jean-Jacques Rousseaus literarischem Schaffen war äußerst vielfältig. Der politische Gehalt seiner Werke trug maßgeblich zur Entwicklung eines modernen Demokratieverständnisses bei. Seine Theorien zur Willensbildung und zur Legitimation von Herrschaft beeinflussten das politische Denken bis weit über die Französische Revolution hinaus. Seine pädagogischen Ansätze fanden beispielsweise bei Fröbel und Pestalozzi Anklang, während sich das literarische Vorbild zum Beispiel in Goethes »Leiden des jungen Werthers« und dem autobiografisch geprägten Künstlerroman der Romantik erkennen lässt. Und nicht zufällig gehört Rousseau zur Bildungslektüre des (noch unschuldigen) Monsters in Mary Shelleys berühmtem, 1818 erschienenem Roman »Frankenstein.«

Wussten Sie, dass …

das Genre der literarischen Lebensbeschreibung durch den Ich-Kult des 18. Jahrhunderts seine moderne Ausprägung erfuhr, woran Rousseau maßgeblichen Anteil hatte? Ein berühmtes Beispiel aus Deutschland sind die Lebenserinnerungen des Arztes Johann Heinrich Jung-Stilling (1835). Angeregt wurden sie durch Goethe, der wiederum mit »Dichtung und Wahrheit« (1813–1833) einen Glanzpunkt setzte.

Wie verlief die intellektuelle Entwicklung Rousseaus?

Der calvinistischen Kreisen Genfs entstammende Jean-Jacques Rousseau wurde am 28. Juni 1712 geboren. Er konvertierte früh zum Katholizismus und kam 1742 mit dem Philosophen Denis Diderot in Kontakt, der ihn mit Beiträgen für seine »Encyclopédie« beauftragte. Rousseaus eigentliche publizistische Karriere begann 1750 mit dem Aufsatz »Über Kunst und Wissenschaft«, in dem er erstmals zivilisationskritische Thesen formulierte. 1756 überarbeitete Rousseau seine geschichtsphilosophische Schrift »Vom Gesellschaftsvertrag«, die Gedankengut der Französischen Revolution vorwegnahm. Der große Wurf als Schriftsteller gelang ihm 1761 mit dem Roman »Julie oder Die neue Heloïse«, gefolgt 1762 von »Emil oder Über die Erziehung«. Die politische Brisanz seiner Schriften führte wiederholt zu Verboten und zwang Rousseau vorübergehend sogar ins Exil. Ab 1768 lebte er wieder in Frankreich, wo er am 2. Juli 1778 im ländlichen Refugium von Ermenonville bei Paris starb.

Schillers Räuber: Protest gegen eine repressive Gesellschaft

Welche Bedeutung haben »Die Räuber« in der Literaturgeschichte?

Friedrich von Schillers (1759–1805) erstes Schauspiel »Die Räuber«, entstanden 1777–1780, ist dem Sturm und Drang zuzuordnen. Diese kurze Epoche zwischen 1767 und 1785 bekam ihren Namen durch Friedrich Maximilian Klingers gleichnamiges Schauspiel von 1776. Eingeleitet wurde sie durch Herders Rückbesinnung auf die Volkspoesie und die Dramen Shakespeares. Ein »kraftgenialischer« Menschentypus und das Ideal einer »natürlichen« Gesellschaftsordnung, wie sie Goethes »Götz von Berlichingen« (1773) und dessen Roman »Die Leiden des jungen Werthers« (1774) prägten, verbanden den ästhetischen Ansatz zum Teil mit politischen Akzenten. »Die Räuber« kam 1782 in Mannheim auf die Bühne und hatte sensationellen Erfolg.

Worum geht es in »Die Räuber«?

»Die Fabel des Stückes«, so Schiller in einer Selbstrezension, »ist ohngefähr folgende: Ein fränkischer Graf, Maximilian Moor, ist Vater von zween Söhnen, die sich an Charakter sehr unähnlich sind. Karl, der ältere, ein Jüngling voll Talenten und Edelmut, gerät in Leipzig in einen Zirkel lüderlicher Brüder, stürzt in Exzesse und Schulden, muss zuletzt mit einem Trupp seiner Spießgesellen fliehen.« Mit »heimtückischer schadenfroher Gemütsart« erreicht nun der jüngere Bruder Franz, dass der Erstgeborene enterbt wird. Einzig die geliebte Cousine Amalia hält weiter zu Karl. Während der Verstoßene fortan als Hauptmann einer Räuberbande sein Unwesen treibt, spinnt Franz sein Netz von Intrigen weiter. Beider Aktivitäten setzen eine Kette von Katastrophen in Gang, die im Tod des Vaters münden, in Franzens Selbstmord und die Ermordung Amalias durch Karl, der sich anschließend der Justiz und somit seiner Hinrichtung ausliefert.

Was verweist auf den Sturm und Drang?

Schiller verknüpft in den »Räubern«, die sich sprachlich am empfindsamen Roman orientieren, das Märchenmotiv der feindlichen Brüder mit dem biblischen Stoff vom verlorenen Sohn. Die sehr bewegte Handlung, die auch Anleihen bei der Trivialliteratur nicht scheut, glänzt durch farbige Charakterzeichnungen. Im Gegensatz zu dem kalten Zyniker Franz (der »Canaille«) verkörpert Karl den im Grunde edlen Verbrecher mit »verirrtem Herzen« – in seinem vehementen Freiheits- und Tatendrang zugleich der Idealtyp des genialischen Rebellen, wie er auch aus anderen Dramen des Sturm und Drang geläufig ist.

Wie legt Schiller seine Charaktere an?

Der Räuber Karl Moor ist ein Ungeheuer mit edlem Charakter, das die eklatanten Mängel der – nur vermeintlich untadeligen – bürgerlichen Gesellschaft aufdeckt, repräsentiert von der integren, aber schwachen Vaterfigur. Der böse Räuber als tragische Figur – nicht zuletzt auf dieser effektsicheren Anlage der Hauptrolle beruht die anhaltende Resonanz, die den »Räubern« (vertont in Verdis Oper »I Masnadieri«, 1847) zuteil wurde.

Das Motiv des gegen eine verlogene Gesellschaft opponierenden Herzens prägte, mit gemilderten Affekten, auch die weiteren Jugenddramen Schillers (»Die Verschwörung des Fiesco zu Genua«, 1783; »Kabale und Liebe«, 1784). Die in den »Räubern« enthaltene Kritik am Despotismus wiederum führte zum endgültigen Zerwürfnis mit seinem Dienstherrn Herzog Karl Eugen von Württemberg. Der junge Regimentsmedicus floh 1782 aus Stuttgart, um sich ganz der Literatur zu widmen.

Wie wurde Schiller zum Mitbegründer der Weimarer Klassik?

Der auch in politischen Dingen ungestüme Gestus des jungen Dichters, der sich von einem Parteigänger der Französischen Revolution zu deren entschiedenem Kritiker wandelte, wich später einem versöhnlicher gestimmten Idealismus, wie er auch in seinen berühmten Balladen (etwa »Die Kraniche des Ibykus«) zu Tage tritt. Mit Johann Wolfgang von Goethe entwickelte er im letzten Lebensjahrzehnt das ästhetisch-ethische Konzept der Weimarer Klassik. In »Die Schaubühne als moralische Anstalt« (1802) und anderen Schriften setzte er sich theoretisch mit den Aufgaben des Theaters auseinander, mit der »Wallenstein«-Trilogie (1798/99), mit »Maria Stuart« (1800) und »Die Jungfrau von Orleans« (1801) und »Wilhelm Tell« (1804) wies er ihm neue Wege. Ein geniales Gespür für Handlungsführung, Szenenanlage und Charaktere machte ihn zu einem der bedeutendsten deutschen Dramatiker. Die literarische Laufbahn Schillers gestaltete sich mit ihren gesundheitlichen und finanziellen Problemen aber weit schwieriger als die Goethes.

Übrigens: In seinem Geburtsort Marbach am Neckar wurde im Jahr 1903 das Schiller-Nationalmuseum eingerichtet, 1955 das Deutsche Literaturarchiv.

Wussten Sie, dass …

der Anschlagzettel zur Uraufführung der »Räuber« ankündigte: »Der Zuschauer weine heute vor unserer Bühne – und schaudere – und lerne seine Leidenschaften unter die Gesetze der Religion und des Verstandes beugen«? Das Drama löst das noch heute beim Publikum aus.

sich Goethe und Schiller 1788 bei ihrem allererersten Treffen in Rudolstadt nur wenig zu sagen hatten? Erst 1794 sprang der intellektuelle Funke über.

Wie verlief Friedrich Schillers Weg nach Weimar?

Friedrich Schiller kam am 10. November 1759 in Marbach am Neckar zur Welt. Er besuchte die Militärakademie »Hohe Karlsschule« in Stuttgart, wo er 1780 ein Medizinstudium abschloss. Bereits während dieser Zeit arbeitete er an den »Räubern«. Schiller besuchte 1782 die Uraufführung des Stücks in Mannheim, obwohl ihm der württembergische Herzog dies untersagt hatte. Er wurde daraufhin 14 Tage in Haft genommen und erhielt Schreibverbot. Schiller floh aus Stuttgart. Bis 1785 arbeitete er für das Theater in Mannheim, wo 1784 »Kabale und Liebe« und »Fiesco« uraufgeführt wurden. Ab 1789 lehrte Schiller Geschichte an der Universität Jena. 1794 begann die Zusammenarbeit von Schiller und Goethe, 1799 übersiedelte Schiller nach Weimar, wo er am 9. Mai 1805 starb.

Goethes Faust: Charaktertragödie und Menschheitsdrama

Was regte Goethe zu seinem berühmten Drama an?

Johann Wolfgang von Goethe beschäftigte sich sechs Jahrzehnte mit dem »Faust«. Durch das Volksbuch und das Puppenspiel um die »Historia von D. Johann Fausten« früh mit dem Stoff des Teufelspaktes vertraut, regte ihn im Jahr 1772 der Prozess um die Frankfurter Kindsmörderin Susanne Margarethe Brandt zur Gretchen-Handlung im ersten Teil der Tragödie an. Goethe sah vielleicht sogar die Hinrichtung der Verurteilten, die glaubte, unter dem Einfluss des Teufels zu stehen.

Während der so genannte »Urfaust« (um 1774) noch von einem »titanischen« Konzept der Titelfigur geprägt war, stand das spätere Werk unter dem mäßigenden Einfluss der von Friedrich Schiller mitbegründeten Weimarer Klassik. Der 1808 abgeschlossene erste Teil wurde erstmals 1829 aufgeführt, der 1825 bis 1831 entstandene zweite Teil hingegen erst postum veröffentlicht (1833). Die erste vollständige Inszenierung beider Teile fand 1876 in Weimar statt.

Welche Wirkung hatte das Drama?

Der »Faust« wurde eines der einflussreichsten Werke der Bühnengeschichte. So komponierten etwa Hector Berlioz (»Fausts Verdammnis«, 1846) und Charles Gounod (»Margarethe«, 1858) Faust-Opern. Der expressionistische Filmregisseur F. W. Murnau schuf im Jahr 1926 eine erfolgreiche Stummfilmadaption und Gustaf Gründgens drehte 1960 seine maßstabsetzende Verfilmung der Inszenierung des Dramas mit Will Quadflieg als Faust, Gründgens selbst spielte den Mephisto.

Worum wettet Mephisto mit Gott?

Die der Handlung des ersten Teils (1808) vorangestellten Szenen – Zueignung, Vorspiel auf dem Theater und Prolog im Himmel – führen als wichtigstes Motiv die Wette um Fausts Seele zwischen Gott und Teufel ein (»Was wettet ihr? Den sollt ihr noch verlieren«).

In der Anfangsszene im Studierzimmer rekapituliert der Doktor Faust sein vergebliches Trachten, das Weltgeheimnis mithilfe von Wissenschaft und Magie zu entschlüsseln. Seinen Entschluss, sich umzubringen, revidiert er zwar unter dem Eindruck der Glocken, die das Osterfest einläuten; nach dem Osterspaziergang wird er sich aber wieder des Zwiespalts von Intellekt und Sinnlichkeit bewusst: »Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust.« Diesen Konflikt verspricht nun Mephistopheles durch das Angebot unbegrenzter sinnlicher Lebenserfahrung zu lösen – gegen das Unterpfand der Seele. Der mit Blut besiegelte Pakt erhält durch eine Zusatzklausel, die Faust fordert, wieder den Charakter einer Wette: »Werd' ich zum Augenblicke sagen: / Verweile doch! Du bist so schön! / Dann magst du mich in Fesseln schlagen, / Dann will ich gern zu Grunde gehn!« Daraus erwächst der wesentliche Spannungsbogen des Dramas.

Welche Rolle spielt Gretchen?

Nach teils burlesken (in Auerbachs Keller), teils unheimlichen Szenen (die künstliche Verjüngung Fausts in der Hexenküche) setzt der zweite zentrale Handlungsstrang ein: die Liebestragödie um Gretchen. Faust erscheint das einfache Geschöpf als Inkarnation des weiblichen Idealbildes, das Mephisto ihm in einem Zauberspiegel zeigte. Fatal wirkt sich dessen Beistand bei der Verführung der Unschuldigen aus: Ein ihrer Mutter verabreichtes Schlafmittel wirkt tödlich, Faust tötet ihren Bruder im Duell, Gretchen ertränkt verzweifelt das gemeinsame Kind und endet auf dem Schafott. Doch nur scheinbar siegt das Prinzip des Bösen: Gretchen ist »gerettet«.

Wer gewinnt die Wette?

Zuletzt ist es doch Gott. Der zweite Teil des »Faust« (1833), ein monumentales Alterswerk von – wie es Goethe selbst einmal einschätzte – »inkommensurabler« Motiv- und Ereignisfülle, ist eher philosophisches Panoptikum als bühnenwirksames Schauspiel.

Ein langer und bunter Reigen unterschiedlichster Szenen – Kaiserpfalz, klassische Walpurgisnacht, Arkadien –, der in Fausts Begegnung mit der antiken Göttin Helena und schließlich im Tod und der Erlösung des Titelhelden gipfelt, kreist um das Problem der Synthese von romantischem Schaffensdrang und dem Formideal der klassischen Antike. Am Ende steht dann die Apotheose der in sich vollendeten, aber nicht zielgebundenen Tätigkeit: »Wer immer strebend sich bemüht, / Den können wir erlösen.« Wiederum besiegt die göttliche Gnade den »Geist, der stets verneint«, und macht Mephistopheles zum Verlierer.

Wie wurde der Stürmer und Dränger zum gefeierten Dichterfürsten?

Johann Wolfgang Goethe, 1749 in Frankfurt a. M. geboren, kam nach dem Jurastudium in Leipzig und seit 1770 in Straßburg, wo ihn die Liebe zu Friederike Brion zu stürmischen Gedichten inspirierte, auf Einladung des Herzogs Carl August 1775 als juristischer Berater, später als Minister nach Weimar. Hier bändigten dessen Mutter Anna Amalia, vor allem aber die gebildete und im höfischen Leben erfahrene Charlotte von Stein den jungen Stürmer und Dränger.

Deren Liebe und den Staatspflichten entzog sich Goethe auf seiner Italienreise 1786–1788, nach der er sich in Weimar fast nur noch der Kunst – eigenen Schöpfungen sowie der Leitung des Hoftheaters – zu widmen hatte. Er holte die wenig standesgemäße Christiane Vulpius in sein Haus, die er erst 1806 heiratete. Bis zu seinem Tod wurde Weimar – vor allem dank Goethes produktiver Freundschaft mit Schiller – zum Mekka aller geistig Interessierten.

Wussten Sie, dass …

bereits ein im väterlichen Haus vorhandenes Puppentheater die Leidenschaft des Dichters für die Bühne weckte?

Goethes Drama aus 11000 Versen besteht?

Goethe den zweiten Teil des Dramas zum größten Teil diktierte?

das Modell des Teufelspakts in der Literaturstets eine große Rolle spielte? Noch Thomas Manns Roman »Doktor Faustus« baut auf diesem Modell auf.

Kleists Friedrich von Homburg: Konflikt von Verstand und Gefühl

Wie machte sich der Prinz von Homburg schuldig?

Beflügelt von einer Traumvision in der vorangegangenen Nacht, hatte der Prinz von Homburg, General in Diensten des Großen Kurfürsten, mit seiner Kavallerie voreilig in die Schlacht eingegriffen, was entscheidend zu ihrem günstigen Ausgang beitrug. Mit dieser eigenmächtigen Handlung hatte er indes die militärische Disziplin verletzt und war zum Tode verurteilt worden. Nun muss er einen weit härteren individuellen Kampf bestehen: Zunächst überzeugt, es handle sich bei seiner Verurteilung nur um eine Formalität, wird er angesichts des für ihn bestimmten Grabes des Ernstes der Situation bewusst und fleht um sein Leben. Natalie, eine Nichte seines Dienstherrn, erwirkt eine Begnadigung unter der Voraussetzung, dass der Prinz sich vor dem Kriegsgericht erfolgreich verteidigt.

Kann die Hinrichtung abgewendet werden?

Ja, die rechtzeitige Reue verhindert das Schlimmste. Zum Richter über sein eigenes Tun aufgerufen, sieht er endlich seine Verfehlungen (Eigensucht und »Übermut«) sowie die Notwendigkeit ihrer Bestrafung ein und plädiert selbst für seine Hinrichtung. Diese Läuterung macht wiederum den Weg frei für ein glückliches Ende: Der Große Kurfürst kann nun Milde gegenüber dem General walten lassen, bekränzt ihn gar mit dem Lorbeer des Siegers und belohnt ihn mit der Hand seiner Nichte – wie es der Prinz zuvor geträumt hatte.

Heinrich von Kleists (1777–1811) im Jahr 1811 entstandenes Schauspiel um die moralische Brisanz eines persönlichen »Fehlverhaltens« mit positivem Effekt bezieht seine dramatische Spannung zum größten Teil aus der Frage, ob der »Delinquent« verhindern kann, dass das gegen ihn verhängte Todesurteil vollstreckt wird.

Handelt es sich um ein trockenes Lehrstück?

Nein, schon der märchenhafte Schluss mit seinen komödiantischen Anklängen macht deutlich, dass Kleists Drama keineswegs nur eine nüchterne Parabel um »Kriegszucht« und Gehorsam birgt. Wie schon in dem Lustspiel »Der zerbrochene Krug« wird die juristische Diskussion höchst lebendig in Szene gesetzt, und die Besinnung des Helden auf das Regulativ des Verstandes bedeutet eben keine Geringschätzung des Gefühls, hat es ihm doch ursprünglich in »somnambulem« Zustand das Ziel gewiesen.

Was sind zentrale Motive in den Werken Kleists?

Die Macht des Unbewussten – Ohnmacht, Schlaf und Traum – ist eines der zentralen Motiv in Heinrich von Kleists Dramen (»Penthesilea«) und Erzählungen (»Die Verlobung in St. Domingo«); ebenso ist es das von starken Emotionen bewegte, gegen die sozialen Zwänge aufbegehrende Individuum (»Das Käthchen von Heilbronn«), dessen Wert für die Gemeinschaft Kleist positiv einschätzt. Das Spannungsverhältnis von Spontaneität und Affektkontrolle, unter dem Kleist selbst zeitlebens litt, ist auch das Thema seines berühmten Aufsatzes »Über das Marionettentheater« (1810), wo er einerseits die Zerstörung unschuldiger »Grazie« durch die Selbstreflexion beklagt, andererseits für Bändigung und Lenkung des Triebhaften plädiert.

Was wollte Kleist mit seinem Drama bewirken?

Kleist benutzte in »Prinz Friedrich von Homburg« den historischen Fall als Modell, um für Reformbestrebungen in der preußischen Armee Partei zu nehmen. Als langjähriger Angehöriger eines Potsdamer Garderegiments kannte er die Verhältnisse beim Militär aus eigener Anschauung. Das Widmungsexemplar des Dramas für die liberal gesinnte Prinzessin Marianne von Preußen, eine mögliche Fürsprecherin, gelangte jedoch erst nach Kleists Tod in ihre Hände, und erst 1821 kam das Stück auf die Bühne (im Wiener Burgtheater).

Wussten Sie, dass …

Kleist zu seinem letzten Bühnenstück durch eine tatsächliche Begebenheit angeregt wurde? Trotz des Sieges in der Schlacht bei Fehrbellin 1675 kam Friedrich von Hessen-Homburg wegen Befehlsmissachtung vor ein Kriegsgericht, wurde aber begnadigt.

der Suizid Kleists zu einem Mythos der deutschen Literaturgeschichte wurde?

Warum nahm Heinrich von Kleist sich das Leben?

Möglicherweise hat das vergebliche Bemühen um eine Aufführung von »Prinz Friedrich von Homburg« den letzten Anstoß zu dieser Tat gegeben; Parallelen zur Todessehnsucht des Prinzen sind unübersehbar. Der romanhafte Tod des Dichters wurde zu einem Mythos der deutschen Literaturgeschichte: Am 21. November 1811 schied der 34-Jährige gemeinsam mit seiner schwärmerisch verehrten Freundin Henriette Vogel am Ufer des Kleinen Wannsees freiwillig aus dem Leben.

Der am 18. Oktober 1777 in Frankfurt an der Oder geborene Offizierssohn hatte zunächst eine militärische Laufbahn eingeschlagen, 1799 aber abgebrochen. 1810 erschienen der erste Band mit Erzählungen und »Das Käthchen von Heilbronn«. Zu Lebzeiten brachte es Kleist nur zu mäßigem literarischen Erfolg.

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