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Schnecken: Mit und ohne Haus
Warum gehören Schnecken zu den Weichtieren?
Weil ihr eigentlicher Körper weich ist und, wenn überhaupt, nur durch das Gehäuse geschützt ist. Die Schnecken (Klasse Gastropoda) sind mit 110 000 Arten die am stärksten besetzte Weichtierklasse. Sie leben meistens im Meer, es gibt aber auch Süßwasserformen und einige Arten haben das Land erobert. Meeresschnecken tragen ihre Kiemen entweder vor dem Herzen (Vorderkiemer), wie z. B. die meisten marinen Gehäuseschnecken, oder dahinter (Hinterkiemer), so etwa die marinen Nacktschnecken. Bei Süßwasser- und Landschnecken ist die Mantelhöhle in eine Lunge umgewandelt (Lungenschnecken). Die meisten Schnecken sind mit einer Schale ausgestattet, die gewöhnlich spiralig zu einem Gehäuse – dem Schneckenhaus – gewunden ist, in das sie sich bei Gefahr zurückziehen.
Viele Vorderkiemer können den Eingang überdies durch einen Deckel verschließen. Es gibt auch napfartige oder flache Schalen, und zuweilen ist das Gehäuse völlig rückgebildet. Kopf und Gehirn sind gut entwickelt; die Fühler tragen an der Spitze Linsenaugen. Die meisten Schnecken weiden mit ihrer Raspelzunge (Radula) Pflanzenwuchs ab, doch es gibt auch räuberische Formen.
Wie kommt die Schnecke in ihr Schneckenhaus?
Gar nicht, denn ihr Gehäuse ist ein Körperorgan und wächst von innen heraus. Schneckengehäuse bestehen aus Kalk (Calciumcarbonat), der von einer dünnen organischen Membran überzogen ist, die das Gehäuse bei Wasserschnecken vor der Auflösung schützt. Abgeschieden wird das stets einschalige Gehäuse vom Mantel. Da Eingeweidesack und Mantel spiralig gewunden sind, sind es die Schneckenhäuser ebenfalls; die Gehäusewand, die im Inneren zusammenstößt, bildet eine Spindel, die sog. Columella. An dieser Spindel setzt der Spindelmuskel an, der die einzige feste Verbindung zwischen Schneckenkörper und Gehäuse darstellt. Dieser kräftige Muskel besteht aus mehreren Strängen und entspringt im Kopf-Schlund-Bereich sowie im Fußbereich. Zieht er sich zusammen, wird der Weichkörper ins Gehäuse gezogen, wo er vor Feinden und Witterungseinflüssen gut geschützt ist.
Da das Schneckenhaus im Laufe des Lebens mit seiner Bewohnerin mitwächst, verlagert sich auch die Ansatzstelle des Spindelmuskels an der Spindel immer weiter nach unten.
Haben Nacktschnecken ihr Haus verloren?
Im Prinzip schon, allerdings nicht als Individuen, sondern als Art. Im Laufe der Evolution der Landlungenschnecken hat sich das Gehäuse äußerlich vollständig zurückgebildet – daher die Bezeichnung Nacktschnecken; nur unter dem Mantelschild am Rücken findet man noch einen Schalenrest. Besonders verbreitet ist bei uns die 15 Zentimeter lange Rote Wegschnecke (Arion rufus). Sie ist wie ihre Verwandten eine reine Pflanzenfresserin und kann bei massenhaftem Auftreten in Gemüsebeeten und Gewächshäusern schwere Schäden anrichten. Sogar Bäume erklimmt sie und lässt sich an einem selbst produzierten Schleimfaden wieder herab; mechanische Barrieren kann sie also problemlos überwinden. Zwei weitere Vertreter des gefräßigen Trios sind die Große Schwarze Wegschnecke (Arion ater) und die Gartenwegschnecke (Arion hortensis).
Wie werde ich Nacktschnecken im Garten wieder los?
Die Mittel, um Nacktschnecken im Garten zu bekämpfen, sind vielfältig. Als umweltverträglich gelten das Absammeln und das Einfangen in »Bierfallen«. Ersteres ist mühsam, Letzteres hat den Nachteil, dass der Biergeruch die Schnecken aus der ganzen Nachbarschaft zur »Party« lockt. Spezielle Schneckenzäune sind eine weitere Möglichkeit, die gefräßigen Raspler von Gemüse und Salat abzuhalten.
Chemische Bekämpfungsmittel, die meist als »Schneckenkorn« vertrieben werden, enthalten – wie etwa das Limex-Schneckenkorn – in der Regel Metaldehyd, eine höchst wirksame, aber nicht unbedenkliche Chemikalie. Sie entzieht dem Schneckenkörper Wasser. Alternativ werden Schneckenmittel (Molluskizide) mit dem Wirkstoff Eisen-III-Phosphat angeboten (Ferramol-Schneckenkorn), der den Schnecken den Appetit verderben soll.
Warum sind die Mäntel vieler Könige rot bzw. purpur gefärbt?
Weil dieser Farbstoff früher äußerst kostbar war. Schon die alten Phönizier in Tyrus benutzten Absonderungen aus den Drüsen bestimmter Schnecken zum Färben: Während die Purpurschnecke (Trunculariopsis trunculus oder Murex trunculus) ein lichtes Purpur lieferte, färbten sich die Sekrete von Brandhorn (Murex brandaris) und Rotmund-Leistenschnecke (Thais haemastoma) im Sonnenlicht purpurviolett.
Im alten Rom trugen Mitglieder der kaiserlichen Familie und des Adels purpurgefärbte Gewänder. Purpur war äußerst wertvoll: Für ein einziges Gramm benötigte man rund 10 000 Schnecken, wovon die riesigen Schalenfelder bei Tyrus und der berühmte Monte Testaceo (Schalenberg) bei Tarent beredtes Zeugnis ablegen. Noch heute erinnern die Purpurmäntel der Kardinäle an die einstige Bedeutung des Purpurs, auch wenn dieser Farbstoff inzwischen chemisch hergestellt wird.
Können Fadenschnecken explodieren?
Die Ordnung der Fadenschnecken (Ordnung Aeolidioidea) kann tatsächlich als letztes Mittel der Verteidigung gegen Fraßfeinde explodieren. Diese marinen Nacktschnecken ernähren sich ausschließlich von Nesseltieren. Deren gefährliche Nesselkapseln nutzt die Schnecke für ihre eigene Feindabwehr: Sie wandern in die Rückenanhänge der Schnecke und bilden dort eine explosionsbereite Batterie. Schnappt ein Fisch eine derart »geladene« Fadenschnecke, so speit er sie sofort wieder aus.
Kann man Schnecken essen?
Ja, bei manchen Feinschmeckern gelten sie sogar als Delikatesse, etwa Weinbergschnecken in Baden und der Pfalz. Seit der Antike stehen Schnecken auf der Speisekarte, im Mittelalter wurden sie als Fastenspeise in Klostergärten gezüchtet. Heute werden Weinbergschnecken kommerziell für den Verzehr gehalten; in der freien Natur stehen sie bei uns unter Schutz.
Wussten Sie, dass …
die meisten Schnecken nur mit einer Schale ausgestattet sind, Muscheln dagegen immer mit zweien?
das Porzellan den glänzenden Schalen von Schnecken seinen Namen verdankt? Als Marco Polo Ende des 13. Jahrhunderts das erste chinesische Porzellan nach Europa brachte, erinnerte es seine Landsleute an die von ihnen »porcellana« genannten Schnecken.
Muschelgeld eigentlich Schneckengeld heißen müsste, da es sich dabei um Gehäuse der Kaurischnecke (Cypraea moneta) handelt?
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