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Ein Jahr ChatGPT: So hat der Chatbot die Welt verändert

Den KI-Textroboter ChatGPT gibt es jetzt seit rund einem Jahr. In dieser Zeit hat er nicht nur eine krassere Erfolgsgeschichte als das iPhone hingelegt, sondern auch zahlreiche Debatten über Fluch und Segen Künstlicher Intelligenz ausgelöst. Doch was genau hat ChatGPT innerhalb eines Jahres alles bewirkt? Wie viele haben mit dem Programm schon einmal herumprobiert? Und wie sieht die Zukunft von Alltags-KI aus?
AMA, 06.12.2023
Symbolbild ChatGPT

© Userba011d64_201, GettyImages

Künstliche Intelligenz – vor einem Jahr dürften diesen Begriff zwar bereits einige gekannt haben, doch was genau er bedeutet und wie KI ihren Alltag beeinflusst, das war für die meisten wahrscheinlich noch nebulös. Als dann aber die Firma OpenAI Ende November 2022 den KI-basierten Chatbot ChatGPT auf den Markt gebracht hat, änderte sich alles. Manche sprechen sogar davon, dass zu diesem Zeitpunkt eine neue Ära der Menschheitsgeschichte eingeläutet wurde.

Ein „iPhone-Moment“ für die Künstliche Intelligenz

ChatGPT ist für den Zweig der Künstlichen Intelligenz das, was das iPhone einst für die Smartphone-Industrie war. Zwar gab es auch vor dem iPhone schon internetfähige Handys mit Touchfunktion, aber trotzdem war es Steve Jobs, der diese Innovation schließlich in die Mitte der Gesellschaft brachte. Und auch vor ChatGPT existierten bereits allerhand Anwendungen von Künstlicher Intelligenz: vom Navigationsgerät im Auto bis hin zu Gegnern in Videospielen, die variabel auf die eigenen Kampf-Moves reagieren.

Doch es war schließlich ChatGPT, das Künstliche Intelligenz aus ihrer Hightech-Blase herausgeholt und mitten in unseren Alltag katapultiert hat. Mit ChatGPT können nun nicht mehr nur hochgebildete IT-Experten die Vorzüge von Künstlicher Intelligenz nutzen, sondern ebenso der Durchschnittsmensch. Wie sehr ChatGPT damit ins Schwarze getroffen hat, zeigen auch seine Nutzerzahlen. Vergangenes Jahr hat es gerade einmal fünf Tage gedauert, bis eine Million Nutzer das Programm ausgetestet hatten. Zum Vergleich: Das iPhone hat diese Millionenmarke seinerzeit „erst“ nach 74 Tagen geknackt.

In der Masse angekommen

Hierzulande haben mittlerweile 37 Prozent schon einmal mit ChatGPT herumprobiert und 85 Prozent haben immerhin schon einmal davon gelesen oder gehört, wie eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des TÜV-Verbandes ergeben hat. Die Nutzer sind dabei zwar vorrangig jung, aber nicht ausschließlich. Sie alle eint, dass sie den Chatbot aus ganz unterschiedlichen Gründen bemühen. Laut Forsa-Umfrage wollen sich 52 Prozent der Anwender einfach unterhalten lassen, etwa indem sie ChatGPT darum bitten, ein witziges Gedicht zu schreiben. 44 Prozent nutzen ChatGPT und andere KI-Roboter für Recherchen, 40 Prozent für das Erstellen von Texten und 26 Prozent, um damit Fotos und Videos zu bearbeiten.

Aufgrund seiner vielseitigen Fähigkeiten ist ChatGPT für viele mittlerweile auch ein wichtiger Assistent bei schulischen und beruflichen Aufgaben. Während manche Schüler sich von dem Chatbot zum Beispiel beim Zusammenfassen von Klausurinhalten oder dem Schreiben von Aufsätzen helfen lassen, nutzen Unternehmen ChatGPT etwa im Kundenservice. Aufgrund seiner menschenähnlichen Kommunikations-Fähigkeiten kann die KI den Kunden in vielen Fällen selbstständig dabei helfen, Probleme zu lösen, oder zumindest dabei, den richtigen menschlichen Ansprechpartner zu finden. 

Einige Branchenexperten sehen gerade auf dem Arbeitsmarkt großes Potenzial für Anwendungen wie ChatGPT. Sie gehen sogar davon aus, dass der Chatroboter den Fachkräftemangel abfedern kann, indem er verschiedene Routine-Aufgaben übernimmt, die sonst viel Zeit in Anspruch nehmen. So könnten Unternehmen mit weniger Personal klarkommen und wären nicht mehr darauf angewiesen, Stellen zu besetzen, für die sie ohnehin nur wenige Bewerbungen erhalten. Branchen, in denen körperliche Arbeit im Vordergrund steht, profitieren hingegen nicht so stark von der aktuellen KI-Revolution.

Parteiische Datenkrake mit Populismus-Potenzial?

Doch ChatGPT und vergleichbare Anwendungen sind längst nicht perfekt und stehen häufig in der Kritik. So sorgen sich einige Berufsgruppen – darunter Drehbuchautoren und Grafikdesigner – zum Beispiel darum, in Zukunft von Künstlicher Intelligenz ersetzt zu werden. Außerdem stehen intelligente Chatroboter im Verdacht, politisch nicht neutral zu sein sowie nicht immer vertrauenswürdige Antworten auszuspucken, wenn man ihnen eine Frage stellt. Das liegt auch daran, dass es schwer, wenn nicht sogar unmöglich ist, ins „Hirn“ von Künstlichen Intelligenzen zu schauen. Nicht einmal ihre Entwickler wissen so genau, wieso ChatGPT und Co. tun, was sie tun.

Hinzu kommen einige rechtliche und ethische Ungereimtheiten. So ist es bislang etwa nur äußerst schwammig geregelt, was mit vertraulichen Personen- oder Firmendaten geschieht, die man ChatGPT für das Erledigen von Aufgaben übermittelt. Und auch im Bereich der Urheberrechte und Fälschungen bewegen sich von Chatbots oder anderen Künstlichen Intelligenzen erstellte Inhalte oft in einer Grauzone. Da zum Beispiel künstlich generierte Bilder häufig täuschend echt aussehen, lässt sich mit ihnen auch Stimmung in der Bevölkerung machen. So sorgte etwa ein vermeintliches Bild vom Parteitag der Grünen kürzlich für einen großen Shitstorm. Es zeigte dutzende, chaotisch herumliegende Pizza-Kartons. Bis die Partei das Missverständnis aufklären konnte, war der Imageschaden längst angerichtet.

KI immer noch in den Kinderschuhen

All diese Faktoren tragen dazu bei, dass die Mehrheit der Deutschen ChatGPT aktuell noch skeptisch gegenübersteht. 78 Prozent der von Forsa Befragten sehen derzeit nicht abschätzbare Risiken in der Technologie, 56 Prozent vertrauen KI-Inhalten nicht automatisch und 83 Prozent wünschen sich einen gesetzlichen Rahmen für KI-Anwendungen. Mit dieser Forderung ist die deutsche Bevölkerung längst nicht allein. Selbst führende KI-Größen wie Tech-Milliardär Elon Musk und OpenAI-Mitbegründer Sam Altman riefen dieses Jahr in einem offenen Brief dazu auf, dass ihre Branche stärker reguliert werden muss. Manche fürchten durch selbstbewusste KI gar eine Ausrottung der Menschheit. 

Aktuell stecken ChatGPT und Co. allerdings noch in den Kinderschuhen, auch wenn das für viele Branchenfremde nicht so wirken mag. Doch Wolfgang Nagel, Direktor des Zentrums für Informationsdienste und Hochleistungsrechnen (ZIH) an der TU Dresden, geht davon aus, dass wir mit ChatGPT gerade einmal bei Version 0.1 der KI-Revolution angekommen sind, was einem extrem frühen Entwicklungsstadium entspricht. Zwar hätten wir uns seit dem Erscheinen von ChatGPT womöglich bereits bis hin zu Version 0.25 oder 0.3 gesteigert, doch bis zur ausgereiften Version 1.0 sei es trotzdem noch ein langer Weg.

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