die Zucht des Maulbeerspinners (
Seidenspinner) zur Gewinnung von Seide. Die Seidenraupenzucht wird besonders in China (nachweisbar seit 3000 v.
Chr.), Japan, Indien, Italien und Griechenland betrieben. Die Weibchen des ursprünglich in Ostasien heimischen Falters legen in wenigen Tagen 300
–700 Eier an den Zweigen des Maulbeerbaums
(Morus alba) ab. In der Seidenraupenzucht lässt man die Tiere die 1
–1,5 mm langen Eier in kleinen Pappkäfigen ablegen und bewahrt sie einige Zeit bei einer Temperatur von 0
–1°C auf (das Ei ist das Stadium der Überwinterung und braucht deshalb zu seiner Entwicklung niedrige Temperaturen). In Brutöfen entwickeln sich die Eier bei langsam ansteigenden Temperaturen, und nach 10
–15 Tagen schlüpfen die Raupen. Sie werden in gleichmäßig temperierten Häusern in Zuchtkästen gehalten und auf durchlöchertem Papier
(Betten) mit frischen Blättern des Maulbeerbaums gefüttert. Die Raupen sind nach 30
–35 Tagen verpuppungsreif. Zur Verpuppung stellt man Spinnhütten aus Stroh oder Papier über die Betten. Die Raupen fertigen ein aus Außen-, Mittel- und Innenlage bestehendes Konkongespinst. Nach dem Verpuppen tötet man die Tiere durch heißen Dampf. Die Seidenraupenzucht ist besonders durch die Pebrinekrankheit gefährdet.
Seide.
Maulbeerspinner: Kokon
Kokon des Maulbeerspinners
Für den Puppenkokon, aus dem die Seide gewonnen wird, spinnt die Maulbeerspinnerraupe einen bis 3000 m langen Faden, das ist zehnmal so viel wie bei der Wildform. Unten sehen wir einen fertigen Kokon, oben einen während des Entstehens.
© RCS Libri & Grandi Opere SpA Milano/Il mondo degli animali
Wie Justinian an die Raupen kam
Wie Justinian
an die Raupen kam
Die Einführung der
Seidenraupenzucht unter Justinian I.) schildert der
byzantinische Historiker und Zeitgenosse Prokopios (* um 500, †
um 562):
In diesem Jahre (552)
erfuhren einige Mönche, die aus Indien gekommen waren, es sei Kaiser
Justinianus darum zu tun, dass die Rhomäer [Römer] die
Seide nicht mehr von den Persern kaufen müssten. Sie begaben sich zum
Kaiser und versprachen, die Seidenfrage so zu regeln, dass die Rhomäer
die Seide nie mehr von den feindlichen Persern oder von irgendeinem anderen
Volke einhandeln müssten... Als der Kaiser sie unablässig ausfragte...,
sagten die Mönche, daß eine Art von Raupen Produzenten der Seide
seien, wobei die Natur ihre Lehrmeisterin sei und sie zu ununterbrochener
Arbeit zwinge. Allerdings sei es unmöglich, die Raupen lebend hierher
zu transportieren, wohl aber gehe es ganz leicht und mühelos mit dem
Produkt. Das Produkt einer jeden dieser Raupen seien zahllose Eier. Diese
Eier bedecken die Leute lange Zeit, nachdem sie so gelegt sind, mit Mist,
wärmen sie auf diese Art genügend lange und bringen sie so zum Leben.
Als die Männer dies erzählt hatten, versprach ihnen der Kaiser,
sie reich zu beschenken und überredete sie dazu, ihre Worte durch die
Tat zu bekräftigen. Sie aber begaben sich wiederum nach Serinda [Ceylon?]
und brachten die Eier nach Byzanz. Dann führten sie auf die oben geschilderte
Art ihre Verwandlung in Raupen durch, nährten sie mit Blättern des
Maulbeerbaumes und führten von da an die Seidenproduktion für alle
Zukunft im Rhomäerreich ein.