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Sind Rothaarige anders?

Unsere Haar- und Hautfarbe wird von Farbpigmenten in unserem Körper bestimmt: Das bekannteste Pigment beim Menschen ist das Melanin, das in spezialisierten Hautzellen hergestellt wird - den Melanozyten. Das Melanin kommt in zwei Varianten vor, dem Eumelanin und dem Phäomelanin. Für braune und schwarze Farben ist das Eumelanin zuständig. Dieser Farbstoff sorgt auch für Sonnenbräune. Bei blonden Menschen wird allgemein weniger Melanin gebildet, so dass die Haarfarbe entsprechend hell ist. Und Rothaarige haben kaum Eumelanin, sondern hauptsächlich das seltene orangerote Phäomelanin.
Den Genen zu verdanken
Wer welche Haarfarbe hat, hängt von den Genen ab. Denn in unserem Erbgut ist auf Chromosom 16 gespeichert, wie viel Eumelanin oder Phäomelanin ein Mensch im Körper hat. Die genetische Information gibt dabei vor, welche und wie viel Pigmente die Melanozyten produzieren sollen. Durch fünf bestimmte Mutationen kommt es dazu, dass die Melanozyten weniger braunschwarzes und stattdessen vermehrt das seltene, rote Pigment herstellen. Rothaarige Menschen tragen solche Genvarianten in sich.
Dabei gilt: Die rote Haarfarbe wird rezessiv vererbt. Das bedeutet, dass auch dunkelhaarige und blonde Menschen die Erbanlagen für rote Haare in ihren Genen tragen können. Weil aber die Veranlagung für das dunkle Melanin dominant ist, wird dies meist überdeckt. Aber auch wenn dieses Merkmal nicht zum Zuge kommt, können diese Menschen die Erbanlage dafür an ihre Kinder weitergeben. Dadurch können selbst zwei Dunkelhaarige rothaarige Kinder zeugen, wenn beide eine Genvariante für rotes Haar in sich tragen und diese an den Nachwuchs vererben.
Woher stammen die roten Haare ursprünglich?
Aber seit wann gibt es die Mutationen für rote Haare? Die Vorfahren des modernen Menschen stammen aus Afrika und hatten ursprünglich dunkle Haut und schwarzbraune Haare. So waren sie gut gegen die aggressive Sonnenstrahlung auf ihrem Kontinent geschützt. Denn das Eumelanin absorbiert aufgrund seiner chemischen Struktur 50 bis 75 Prozent der UV-Strahlung.
Bald aber wanderten Gruppen dieser Urmenschen auf der Suche nach einer neuen Heimat Richtung Norden. Dort scheint die Sonne deutlich weniger und auch nicht so intensiv. Der eigentlich sinnvolle Sonnenschutz wurde zum Nachteil, denn die stark pigmentierte Haut filterte bei der selteneren Sonnenstrahlung zu viel UV-Licht heraus. Das Problem: Wir Menschen brauchen das UV-Licht, um in unserem Körper Vitamin D herzustellen. Bekommen die Hautzellen aber nicht genug davon, fehlt es uns an dem lebenswichtigen Vitamin.
Menschen mit einer Mutation, die zu weniger Eumelanin und deshalb hellerer Haut führte, hatten also eine größere Chance in den sonnenarmen Regionen zu überleben als zuvor in Afrika . So setzte sich die Mutation für die helle Haut – und die entsprechenden roten Haare – im Laufe der Evolution in den nördlichen Gebieten durch.
Und das sehen wir bis heute, denn in den nördlichen Staaten wie Wales, Schottland und Irland gibt es immer noch deutlich mehr blonde und eben auch rothaarige Menschen mit einer Genvariante für eben diese Haarfarbe – dort ist etwa jeder Zehnte rothaarig.
Gefahr bei roter Haarfarbe
Während die Menschen mit der hellen Haut und roten Haarfarbe in sonnenarmen Regionen mehr Vitamin D bilden können, hat das wenige Eumelanin auch einen Nachteil: Das rötliche Phäomelanin, das Rotschöpfe stattdessen vermehrt in der Haut haben, reagiert sehr empfindlich auf Licht und bietet kaum Schutz vor starker Sonnenstrahlung. Menschen mit der typisch hellen Haut der Rothaarigen werden kaum braun.
Da es Rothaarigen an dem natürlichen Hautschutz fehlt, bekommen sie im Sommer schnell Hautreizungen und einen Sonnenbrand. Wiederholte Sonnenbrände können das Risiko für Hautkrebs steigern. Deshalb haben Menschen mit heller Haut und Haarfarbe ein 70-fach höheres Risiko, irgendwann an Hautkrebs zu erkranken. In den Sommermonaten sind sie infolgedessen auf mehr Sonnenschutz angewiesen als Dunkelhaarige.
Haarfarbe mit Nebeneffekt
Aber Rothaarige sind nicht nur gegenüber der Sonne empfindlicher, ihre Genvariante führt zu noch einem weiteren Nebeneffekt: Forscher konnten zeigen, dass Rotschöpfe mit diesen besonderen Erbanlagen möglicherweise Schmerz anders wahrnehmen als ihre dunkelhaarigen Mitmenschen. Beispielsweise fanden sie heraus, dass rothaarige Frauen empfindlicher auf Kälte- und Hitzereize reagieren. Gleichzeitig sprechen sie auf ein bestimmtes Schmerzmittel, ein Morphin, sensibler an.
Gegenüber Narkosemitteln wie Lidocain, das oft bei Zahnbehandlungen angewendet wird, sind Rothaarige Vermutungen zufolge aber wiederum unempfindlicher. Und auch auf mechanische Reize wie Nadelstiche oder Druck reagierten die rothaarigen Testpersonen weniger stark. Warum Rotschöpfe aber bei Hitze- und Kältereizen durchschnittlich mehr Schmerz spüren als andere, dafür aber Stiche sogar besser aushalten, ist bislang nicht geklärt. Forscher untersuchen noch, wie ein für die Farbstoffproduktion zuständiges Gen auch das Schmerzgeschehen beeinflussen kann.
Und was unterscheidet sie noch?
Und es gibt noch mehr Besonderheiten, die Rothaarige betreffen. So bekommen sie beispielsweise im Schnitt schneller blaue Flecken als Menschen mit anderer Haarfarbe. Und auch ihre Haarstruktur unterscheidet sich: Rotschöpfe haben im Vergleich zu anderen Farbvarianten sehr dicke aber mit 90.000 vergleichsweise wenige Haare auf dem Kopf. Braun- und schwarzhaarige Menschen haben im Schnitt 100.000, blonde sogar bis zu 150.000 Kopfhaare - dafür aber oft dünnere.
Letztlich ist es auch nicht selten, dass Rothaarige selbst im Alter ihre rote Haarfarbe nicht verlieren: So gilt, dass ihre Farbpigmente länger halten und sie mit geringerer Wahrscheinlichkeit ergrauen. Statt grau werden die Haare meist lediglich heller bis silberweiß.