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Hasen und Kaninchen: Mümmelmann und Co.

Woran erkennt man, ob Hasen sich paaren wollen?

Bei den Weibchen der Feldhasen sieht man es am Schwanz, denn ein heißes Weibchen zeigt seine Bereitschaft durch Heben des unterseits auffällig weißen Schwanzes an, wodurch außerdem Düfte aus den Afterdrüsen verteilt werden. Meist liefern sich gleich mehrere Männchen mit der Häsin eine wilde Verfolgungsjagd, bei der sie nach und nach alle bis auf den Stärksten oder Geschicktesten abhängt. Der Eisprung erfolgt erst ein paar Stunden nach der Paarung – selbst wenn die Häsin bereits trächtig ist, dann aber nur, falls eines der beiden Gebärmutterhörner noch nicht mit Embryonen belegt ist. Nach einer Tragzeit von etwa sechs Wochen kommen in einer flachen Mulde bis zu sechs behaarte, bezahnte und sehende Junge zur Welt, die zwei bis drei Wochen gesäugt werden. Je weiter im Norden die Tiere leben, desto weniger Würfe – dafür mit meist mehr als zehn Jungen – gibt es pro Jahr.

Leben in unseren Stadtparks Hasen oder Kaninchen?

Meistens sind es Wildkaninchen, die die städtischen Grünanlagen bevölkern, oft zahlreicher, als uns lieb sein kann. Deshalb dürfte es etliche Großstadtkinder geben, die noch nie bewusst einen Europäischen Feldhasen (Lepus europaeus) in freier Wildbahn gesehen haben. Dabei sind die heftigen Boxkämpfe, die konkurrierende Rammler oder (noch) paarungsunwillige Weibchen mit ihren Verehrern austragen, ein unvergessliches Schauspiel. In der Rammelzeit von Januar bis Oktober fliegen auf Feldern und Wiesen die Fetzen, wenn die ansonsten einzelgängerischen, bis zu sieben Kilogramm schweren und 48 bis 70 Zentimeter langen Tiere sich auf die Hinterbeine stellen und einander mit den Vorderpfoten beharken, wilde Luftsprünge vollführen oder einander jagen.

Legen Feldhasen Wege an?

Ja, denn Feldhasen haben feste Reviere, in denen sie immer wieder dieselben Wechsel oder Pässe benutzen, die sie von Bewuchs freihalten; dem Volksmund sind diese als »Hexenstege« oder »Bilwisschnitte« bekannt. (Ein Bilwis ist im deutschen Volksglauben ein dürrer, bösartiger Naturgeist.) Feldhasen graben keine Baue, sondern ruhen in flachen Erdmulden, den sog. Sassen, die sie gegebenenfalls mit den Vorderpfoten vertiefen. Diese Lagerplätze sollen ihnen ringsum freie Sicht bieten und vor starker Zugluft geschützt sein. Nähern sie sich ihrer Sasse, drehen sie, bevor sie abrupt hineinspringen, mehrere »Ehrenrunden«, um ganz sicher zu sein, dass sie nicht verfolgt wurden.

Schlafen Hasen mit offenen Augen?

Nein, das ist nur ein Märchen. Das Gerücht, Hasen schliefen mit offenen Augen, rührt vom geduckten, aber keineswegs schläfrigen Stillhalten in der Sasse her, wenn sich ein potenzieller Feind nähert. Kommt man dem Versteck aber näher als etwa drei Meter, so hechtet der Feldhase mit Riesensprüngen davon. Dank seiner kräftigen Hinterläufe kann er zwei Meter hohe und sieben Meter weite Sätze machen und bis zu 70 Stundenkilometer schnell sprinten. Um Verfolger zu verwirren und abzuhängen, schlägt er die sprichwörtlich gewordenen Haken, kreuzt seine eigene Fährte und durchwatet oder durchschwimmt sogar Wasserläufe.

Gibt es Hasen, die Wintervorräte sammeln?

Ja, Pfeifhasen legen an geschützten Stellen Heumieten für den Winter an. Einige Arten trocknen die gesammelten Pflanzenteile vorher in der Sonne, sammeln sie bei Regengefahr ein und breiten sie dann anschließend wieder aus.

Diese in der Gattung Ochotona versammelten Arten teilen sich in zwei Gruppen auf, die sich in ihren Lebens- und Ausdrucksweisen stark unterscheiden: Die einen wohnen einzelgängerisch zwischen und unter Felsbrocken, graben keine Baue, verteidigen große Reviere und haben ein beschränktes Pfeiflautrepertoire. Die anderen legen im weichen Boden Gemeinschaftsbaue an, suchen die Nähe ihrer Artgenossen und kommunizieren erheblich vielseitiger.

Die tagaktiven Pfeifhasen oder Pikas lieben die Kälte: Werden z. B. Nordamerikanische Pikas (Ochotona princeps) eine halbe Stunde einer Temperatur von 25 °C ausgesetzt, gehen die Tiere ein. Pfeifhasen werden 12 bis 28 Zentimeter lang und 50 bis 400 Gramm schwer.

Was haben Kaninchen mit dem Landesnamen »Spanien« zu tun?

Die Bezeichnung »Spanien« kam dadurch zustande, dass phönizische Seefahrer das Europäische Wildkaninchen (Oryctolagus cuniculus) zunächst mit den Klippschliefern ihrer Heimat verwechselten. Deshalb nannten sie das neu entdeckte Land »Küste der Klippschliefer« – »i-shephan-im« –, woraus später »Hispania« wurde. Vor rund 3000 Jahren lebten Kaninchen fast ausschließlich in Spanien. Mit der Rodung der Wälder und im Schlepptau des Menschen haben sich die bis zu zwei Kilogramm schwer werdenden Tiere mit den etwa acht Zentimeter langen Ohren über ganz Europa verbreitet. Portugiesische Seefahrer brachten sie nach Madeira, auf die Azoren und die Kanarischen Inseln, die Normannen führten sie im 12. Jahrhundert in England und Irland ein. Im 19. und 20. Jahrhundert siedelten Jagdfreunde sie in Australien, Neuseeland und Südamerika an, wo die Verbreitung der vermehrungsfreudigen und gefräßigen Tiere katastrophale Auswirkungen auf die heimische Tier- und Pflanzenwelt hatte.

Kaninchen fressen so ziemlich jede Pflanze in fast jedem Stadium, am liebsten junge Gräser und Knospen, aber auch Blätter, Rinde, Früchte und sogar Pilze. Die Weibchen werden mit acht bis zehn Monaten geschlechtsreif und werfen fünfmal im Jahr vier bis sechs Junge.

Lassen sich Feldhase und Wildkaninchen kreuzen?

Nein. Feldhasen und Wildkaninchen können, entgegen früheren Behauptungen, nicht zusammen Nachkommen haben: Das Wildkaninchen hat nur 24 Chromosomen, der Feldhase dagegen 48. Außerdem unterscheiden sich die Arten in ihrem Körperbau und vor allem im Verhalten sehr deutlich: Das Wildkaninchen gräbt – außer in urbaner Umgebung, wo es künstliche Hohlräume nutzt – Erdbaue, lebt gesellig und bringt Nesthocker zur Welt. Das Gruppenverhalten erweist sich als ebenso flexibel wie die Ernährung: In harten Böden bevorzugt das Wildkaninchen alte Tunnelsysteme, deren Eingänge an wenigen Stellen gehäuft liegen, so dass die Tiere sich notgedrungen große Bereiche ihrer Reviere teilen.

In weichen Sandböden sind die Baue gleichmäßiger verteilt; die Territorien überschneiden sich weniger und werden von den Weibchen gegen Konkurrentinnen verteidigt. Das Futter wird überwiegend in der Nähe der Baue gesucht, die Losung an festen Toilettenplätzen abgesetzt. Die insgesamt bis zu 45 Meter langen Bausysteme bestehen aus Röhren mit etwa 15 Zentimetern und Wohnkesseln von 30 bis 60 Zentimetern Durchmesser. Neben einem Haupteingang, der an einem wegen der ständigen Nutzung unbewachsenen Erdhügel zu erkennen ist, gibt es zahlreiche unauffällige Schlupflöcher.

Warum sind Kaninchen als Haustiere so beliebt?

Dafür gibt es mehrere Gründe: Hauskaninchen werden aus Liebhaberei, wegen des Fells oder des Fleisches sowie zu Versuchszwecken gehalten. Dabei entstanden ausgefallenste Züchtungen wie der Englische Widder mit seinen über 20 Zentimeter langen Schlappohren und das langhaarige Angorakaninchen, das dreimal im Jahr geschoren wird und dabei jeweils 700 bis 800 Gramm Wolle erbringt.

Vermehren sich Kaninchen »wie die Karnickel«?

Ja, denn die erwachsenen Weibchen sind von Januar oder Februar bis Juli praktisch ständig trächtig. Die Tragzeit ist mit 28 bis 31 Tagen deutlich kürzer als bei den Feldhasen, und schon kurz nach der Niederkunft gerät die Mutter erneut in Hitze und lässt sich decken. Die Kleinen werden in separaten Wurfbauen abgesetzt, deren Kessel mit Gras, Moos und weichen Bauchhaaren gut ausgepolstert sind.

Die Fürsorge der Mutter beschränkt sich auf ein bis zwei kurze Besuche im Schutz der Nacht, bei denen die Jungen gesäugt werden. Bei hoher Bestandsdichte lassen sich viele Weibchen mit einer niedrigen sozialen Rangstufe zwar decken, ihre Embryonen werden aber ab dem zwölften Tag der Schwangerschaft wieder vollständig resorbiert.

Können Kaninchen klettern?

Ja, zumindest das kleinste aller Kaninchen, das Zwergkaninchen (Brachylagus idahoensis). Es klettert – ungewöhnlich für Kaninchen – gerne auf Sträucher und warnt seine Artgenossen trotz seiner unsozialen Lebensweise bei Gefahr durch Schreie. Im Winter legt das Zwergkaninchen Gangsysteme unter dem Schnee an; im Sommer wirft das Weibchen bis zu dreimal je etwa sechs Junge.

Das kletternde Zwergkaninchen ist in Teilen von Idaho, Oregon, Kalifornien, Utah, Montana sowie in Washington zu Hause. Es wird nur etwa 25 Zentimeter lang und höchstens 470 Gramm schwer, hat ein kurzes Gesicht, relativ kurze Ohren, einen buschigen Schwanz und dichtes, weiches Fell, das im Sommer rotbraun und im Winter grau ist. Die nachtaktiven Tiere leben einzelgängerisch in großen, selbst gegrabenen Bauen und halten sich am liebsten in Beifußbeständen auf.

Warum fressen Hasen ihren eigenen Kot?

Weil die ausschließlich pflanzliche Kost von Hasentieren vor allem im Winter wenig Vitamine und Nährstoffe enthält.

Um diese möglichst effektiv zu verwerten, produzieren Hasen zwei Sorten Kot: zum einen harte Kügelchen, die abgesetzt werden, zum anderen den weichen Blinddarm- oder Vitaminkot, den sie direkt nach dem Ausscheiden wieder verzehren und im Magen zwischenlagern, wo er sich später mit der frischen Kost vermischt.

Wussten Sie, dass …

die Schneidezähne der Hasen ein Leben lang nachwachsen?

Hasen ihre Nahrung nicht mit den Vorderpfoten festhalten können?

weltweit insgesamt zwölf Kaninchen- und Hasenarten als gefährdet, stark gefährdet oder vom Aussterben bedroht eingestuft werden?

die Gehirne der Hauskaninchen etwa 22 Prozent kleiner sind als die der Wildtiere?

Ist der Hase ein Angsthase?

Nein. Das natürliche Fluchtverhalten des Hasen wurde in früheren Zeiten als Feigheit missdeutet, weswegen es etliche Redewendungen gibt, die diese vermeintliche negative Eigenschaft des Hasen aufgreifen: »Angsthasen« oder »Hasenfüße« ergreifen gerne das »Hasenpanier«, wobei Panier eine alte, mit »Banner« zusammenhängende Bezeichnung für den Schwanz ist, den das Tier bei der Flucht in die Höhe reckt. Der Hase hat aber auch anderweitig seine Spuren im Volksmund hinterlassen: »Viele Hunde sind des Hasen Tod«, denn bei vielen Verfolgern helfen ihm auch seine wirren Zickzackmanöver (»Wer weiß, wie der Hase läuft?«) nicht mehr.

Sind Hasen Nagetiere?

Nein, weder Hasen noch Kaninchen gehören zur großen Säugerordnung der Nagetiere, sondern bilden zusammen die eigenständige Ordnung der »Hasentiere« (Lagomorpha). Die beiden Ordnungen unterscheiden sich außer im Knochenbau, besonders an Schädel und Hinterbeinen, v. a. in der Anzahl der Nagezähne: Hasentiere haben acht, Nagetiere nur halb so viele.

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