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Arthur Schopenhauer: Pessimistischer Blick auf die Welt

Was prägte Schopenhauers Jugend?

Der Tod des Vaters. Arthur Schopenhauer wurde am 22. Februar des Jahres 1788 als Sohn eines wohlhabenden Exportkaufmanns in Danzig in gutbürgerlich-kultivierte Verhältnisse hineingeboren. Auf Wunsch des Vaters begann er eine kaufmännische Lehre, um irgendwann in die väterlichen Fußstapfen zu treten. Doch als der Vater 1805 starb, vermutlich durch seine eigene Hand, wurde seine Handelsfirma liquidiert. Die Mutter Johanna Henriette Schopenhauer zog mit der kleinen Tochter Adele nach Weimar, wo sie einen literarischen Salon, in dem auch Johann Wolfgang Goethe verkehrte, unterhielt und sich als Schriftstellerin mit Romanen, Novellen und Reisebeschreibungen einen gewissen Namen machte.

Der 17-jährige Arthur Schopenhauer brach in dieser schwierigen Situation seine kaufmännische Lehre ab. Der junge Mann war in der Folge ganz auf sich allein gestellt. Und so sollte es auch sein Leben lang bleiben. Der spätere große Denker heiratete nie, sah auf das weibliche Geschlecht herab und bezeichnete Frauen als »läppisch«.

Wie gestaltete sich seine berufliche Laufbahn?

Schopenhauer studierte zunächst Medizin, dann Philosophie. 1813 promovierte er in Jena und beendete 1818 – im Alter von nur 30 Jahren – sein Hauptwerk »Die Welt als Wille und Vorstellung«, das 1819 beziehungsweise 1859 in der Endfassung erschien.

Ab 1820 war er zeitgleich mit Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770–1831), aber ohne dessen Erfolg, an der Universität Berlin als Privatdozent tätig. Wegen der Cholera-Epidemie zog er 1831 nach Frankfurt am Main. Dort lebte er zurückgezogen als Privatgelehrter und starb am 21. September 1860. Zu seinen wichtigsten Werken gehören »Über die vierfache Wurzel des Satzes vom zureichenden Grunde« (1813), »Über den Willen in der Natur« (1836), »Die beiden Grundprobleme der Ethik« (1841) und »Aphorismen zur Lebensweisheit« (1851).

Welche Vorbilder hatte der Philosoph?

Arthur Schopenhauer selbst sah sich in der Nachfolge des großen Immanuel Kant. Beiden Philosophen ging es um nicht weniger als die Erklärung der Welt. Gibt es etwas, das hinter unseren subjektiven Vorstellungen, Wahrnehmungen und Eindrücken steckt? Kann man die Welt überhaupt verstehen? Während Kant nach langen philosophischen Überlegungen absolute Erkenntnis verneinte, war Schopenhauer durchaus davon überzeugt, zum Absoluten vordringen zu können. Allerdings nicht durch Rationalität, nicht durch das denkende, sondern durch das körperliche Ich. Wie dies machbar sei, legte er in seinem Hauptwerk »Die Welt als Wille und Vorstellung« (1819) dar.

Was ist die treibende Kraft hinter allem?

Nach Schopenhauer ist es der Wille. Die Welt ist demnach nur Vorstellung und Erscheinung. Der Wille als treibende Kraft steht in direktem Zusammenwirken mit allen Objekten, denn er ist an Triebe und Reflexe gekoppelt. Er ist allgegenwärtig: im Menschen, im Tier, in der Pflanzenwelt, in der unbelebten Natur und im Kosmos.

Wie schätzt der Pessimist die Liebe ein?

Die Liebe ist nach Schopenhauer nur als ein Täuschungsmanöver der Natur zu verstehen. Alle menschlichen Bestrebungen und Handlungen werden allein durch den Erhaltungstrieb des Willens gesteuert. Gefühle verdecken lediglich den biologischen Arterhaltungstrieb. So ist die ganze Welt die Entfaltung dieses Urwillens, aber – und dies ist das pessimistische Moment in Schopenhauers Philosophie – eines ziel- und zwecklosen Willens, der nur seine Gier befriedigen will. »Keine auf der Welt mögliche Befriedigung könne hinreichend sein Verlangen stillen, seinem Begehren ein endliches Ziel zu setzen und den bodenlosen Abgrund seines Herzens auszufüllen«, beschreibt Schopenhauer das Wesen der Welt.

Abgründe tun sich auf, das Leben ist sinnlos, besteht nur aus Leiden und Unglück. Wie aber kann man unter diesen Bedingungen überhaupt existieren?

Gibt es einen Ausweg?

Kann man den Willen besiegen? Ja und nein: Kurzfristig mag das gelingen, durch die Versenkung in die Kunst, vor allem in die Musik, denn sie ist die zweckfreie, willenlose Betrachtung der Welt. Die endgültige Lösung von der Welt an sich bringt jedoch nicht der Selbstmord, den Schopenhauer ablehnt, sondern die Askese, die höchste Form des Nichtseins. Nur durch Entsagung kann man nach Schopenhauer den absoluten Willen brechen und einen Hauch von Freiheit im Nirvana finden.

Wie hält es Schopenhauer mit der Religion?

Einen Gott, Glück oder Zufriedenheit gibt es bei Schopenhauer nicht mehr. Sein Blick auf die Welt offenbart einen bis dahin unbekannten Pessimismus. Schopenhauer übte mit seiner Philosophie im 19. Jahrhundert großen Einfluss etwa auf Richard Wagner oder Friedrich Nietzsche aus, der später die Idee des Weltwillens in seinem Werk »Der Wille zur Macht« weiterentwickelte.

Was verbindet Schopenhauers Philosophie mit Freud?

Sigmund Freud (1856–1939), der Begründer der Psychoanalyse, bescheinigte Schopenhauers Philosophie vom Willen die Verwandtschaft mit seiner eigenen Theorie. Schopenhauers unbewusster Wille sei quasi identisch mit den seelischen Trieben in der Psychoanalyse. Der Mensch ist bei Schopenhauer nicht so sehr ein Vernunft-, sondern vor allem ein körperliches Wesen. Seine Darstellung des Willens als innere Kraft, die sich der rationalen Erkenntnis entzieht, aber dennoch in ganz ausdrücklicher Weise »leibhaftig« alles Handeln und Wirken bestimmt, weist große Ähnlichkeiten mit Freuds Auffassung vom Unbewussten auf.

Wussten Sie, dass …

die Mutter des Philosophen die erste Deutsche war, die ihren Lebensunterhalt mit Schreiben verdiente?

der Philosoph nach dem Tod seines Vaters zunächst von seinem Erbe leben konnte, ohne einen Brotberuf ergreifen zu müssen?

Schopenhauer trotz seiner Misogynie lange Jahre ein Verhältnis mit der Opernsängerin Caroline Medon hatte?

der Misanthrop immer in Gesellschaft eines Pudels lebte? Starb dieser, schaffte er sich gleich wieder einen ähnlich aussehenden an.

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