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Nationalsozialismus und Zweiter Weltkrieg – Europa in Trümmern

Die zwölf Jahre dauernde Epoche der nationalsozialistischen Diktatur belastet Deutschland bis heute mit der Hypothek der beiden größten Verbrechen der Weltgeschichte: Der staatlich organisierte millionenfache Völkermord an den Juden und die Entfesselung des Zweiten Weltkrieges waren ein alle Gesetze der Humanität außer Kraft setzender Rückschritt in die Barbarei.

Der Nationalsozialismus mit Adolf Hitler als »Führer« war in der Weimarer Republik als Glaubens- und Kampfbewegung angetreten, Deutschland wieder als Weltmacht und zugleich als Garant für die Vorherrschaft der »germanischen Rasse« zu etablieren. Seinen raschen politischen Aufstieg verdankte Hitler auch der Unterstützung durch einflussreiche Persönlichkeiten aus der Politik, der Industrie, den Banken und der Presse, die ihn für ihre Ziele zu instrumentalisieren versuchten.

Einmal an der Macht gelang es ihm, sich in einem rasanten Tempo alle politischen und gesellschaftlichen Kräfte zu unterwerfen. Ihre Gefolgschaft sicherten sich die neuen Machthaber durch Scheinlegalität, offenen Terror und den verführerischen Anschein des nationalen und wirtschaftlichen Aufstiegs. Jegliche Opposition gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft wurde durch heftige Repressionsmaßnahmen bekämpft.

Zu den Voraussetzungen für die dunkelste Zeit der deutschen Geschichte und die größte Katastrophe des 20. Jahrhunderts gehört jedoch auch die Bereitschaft der meisten Deutschen, die verbrecherische Politik hinzunehmen beziehungsweise sie willig zu vollstrecken.

1933 Machtergreifung Hitlers
1939 Das Deutsche Reich eröffnet den 2. Weltkrieg – Deutscher Angriff auf Polen
1941 Japanischer Luftangriff auf Pearl Harbor – Kriegseintritt der USA
  Überfall auf die Sowjetunion
1942 Beginn der systematischen Judenermordung
1943 Deutsche Kapitulation vor Stalingrad
1944 Alliierte landen in der Normandie
1945 Die Rote Armee erobert Berlin
  Kapitulation der Wehrmacht
  Atombombenabwurf auf Hiroshima und Nagasaki

Machtergreifung und Machtetablierung: Errichtung der NS-Diktatur

Ging die »Machtergreifung« legal vor sich?

Ja, die von den Nationalsozialisten propagandistisch als »Machtergreifung« bezeichnete Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933 entsprach formal den Anforderungen der Weimarer Verfassung. Die Staatsgeschäfte wurden aber in die Verantwortung eines Mannes gelegt, dessen Absicht es war, die demokratische Verfassungsordnung zu beseitigen. Konservative Kreise erhofften von der Einbeziehung der Nationalsozialisten eine Regierung auf breiter Massenbasis, stark genug, die wirtschaftliche und soziale Krise autoritär zu lösen. Sie unterschätzten jedoch die Wirksamkeit der Doppelstrategie – Legalität und Gewalt, Propaganda und Terror –, mit der die Nationalsozialisten binnen kurzem eine zentralistische Einparteiendiktatur errichteten.

Was taten die Nationalsozialisten zur Festigung ihrer Macht?

Neben Hitler gehörten anfangs zwar nur zwei weitere Nationalsozialisten dem neuen Kabinett an. Diese beiden, Wilhelm Frick und Hermann Göring, verfügten aber über die Polizeigewalt im Reich und im größten Land (Preußen). Zu den ersten Amtshandlungen Hitlers gehörte die Auflösung des Reichstags, die Ausschreibung von Neuwahlen und eine Notverordnung des Reichspräsidenten, mit der Hitler gegen die oppositionelle Presse vorgehen und Versammlungen verbieten konnte.

Am 27. Februar 1933 brannte das Reichstagsgebäude. Der am Tatort festgenommene niederländische Kommunist Marinus van der Lubbe bekannte sich zu der Brandstiftung, doch ist seine alleinige Urheberschaft bis heute umstritten. Wenige Tage vor den Reichstagswahlen am 5. März 1933 nutzten die Nationalsozialisten die Situation: Hitler erwirkte beim Reichspräsidenten die »Verordnung zum Schutz von Volk und Staat«, durch die praktisch alle Grundrechte der Weimarer Verfassung aufgehoben wurden. Die in Preußen zur Hilfspolizei aufgewertete Parteiarmee der NSDAP, die SA, richtete erste Konzentrationslager ein, in denen sie politische Gegner willkürlich in »Schutzhaft« hielt.

Wer ebnete Hitler den Weg zur Alleinherrschaft?

Bürgerliche Parteien wurden zu Steigbügelhaltern. Die NSDAP errang bei der Reichstagswahl nicht die absolute Mehrheit (43,9%). Erst mit den Deutschnationalen (DNVP; 8%) konnte sie eine Koalitionsregierung bilden. Der neue Reichstag trat nur zusammen, um der Regierung die gesetzgebende Gewalt – auch zur Änderung der Verfassung – zu übertragen: Die notwendige Zweidrittelmehrheit für das so genannte Ermächtigungsgesetz (»Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich«) erhielt Hitler durch die Zustimmung der bürgerlichen Parteien. Gegen das Gesetz stimmten allein die SPD-Abgeordneten, soweit sie nicht – wie alle Reichstagsmitglieder der KPD nach dem Reichstagsbrand – schon verhaftet oder untergetaucht waren.

Wie wurden die Staatsorgane gleichgeschaltet?

Mit dem Ermächtigungsgesetz verfügte Hitler über das entscheidende Instrument zur weiteren Machtkonzentration und Fortführung der Gleichschaltung der Gesellschaft. Fortan konnte die Regierung ohne Zustimmung von Reichstag, Reichsrat und Reichspräsident Gesetze erlassen und international Verträge schließen. Kurze Zeit später verdrängten von Hitler eingesetzte »Reichsstatthalter« (meist die NSDAP-Gauleiter) die gewählten Regierungschefs der Länder (»Zweites Gesetz zur Gleichschaltung der Länder« vom 7. April 1933) und am ersten Jahrestag der »Machtergreifung« (30. Januar 1934) trat die nationale Zentralverwaltung an die Stelle des bundesstaatlichen Systems der Weimarer Republik.

Das Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 ermöglichte die Entlassung missliebiger Beamter. Die Mitgliedschaft in der NSDAP wurde damit zum Hauptkriterium für Berufung und Beförderung. Durch Sondererlasse und Einrichtung von Sondergerichten wurden ganze Rechtsbereiche der regulären Justiz entzogen und der nationalsozialistischen Pseudorechtlichkeit unterworfen. Als selbsternannter »oberster Gerichtsherr« (3. Juli 1934) maßte sich Hitler alle Kompetenzen der Judikative an.

Wie wurde die Gesellschaft gleichgeschaltet?

Die Gewerkschaftsbewegung setzte der nationalsozialistischen Machteroberung keinen nachhaltigen Widerstand entgegen. Der Vorstand des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) gab nach den Wahlen im März eine Loyalitätserklärung ab. Die Zerschlagung der Gewerkschaften fand am 2. Mai statt, ihre Mitglieder wurden in die »Deutsche Arbeitsfront« zwangsüberführt. Löhne und Arbeitsbedingungen wurden von nun an durch die neu geschaffene Institution des staatlichen »Treuhänders der Arbeit« geregelt.

Vom Ermächtigungsgesetz, das die parlamentarischen Parteien funktionslos gemacht hatte, war es nur ein logischer Schritt zur Errichtung des Einparteienregimes. Die KPD war die erste Partei, die verschwand. Die Sozialdemokraten wurden im Juni verboten. Die anderen Parteien lösten sich selbst auf, so dass Mitte Juli nur noch die NSDAP als einziger politischer Willensträger blieb. Im Dezember 1933 wurde die faktische Einheit von Partei und Staat auch per Gesetz erklärt.

Was führte zur Vollendung der totalitären Herrschaft?

Der letzte Unsicherheitsfaktor, die SA-Führung unter Ernst Röhm, fühlte sich bei der Verteilung der Pfründe übergangen und stellte sich in Rivalität zur konservativen Reichswehr. Hitler plante daraufhin die Entmachtung der SA, um die Reichswehrführung für die Übernahme des Amtes des Reichspräsidenten hinter sich zu haben. Damit hatte er auch den Oberbefehl über die Reichswehr inne.

Unter dem Vorwand, einem Putschversuch Röhms zuvorzukommen, initiierte Hitler am 30. Juni 1934 eine Mordaktion, die von der SS mit Unterstützung der Reichswehr durchgeführt wurde. Als Reichspräsident Hindenburg am 2. August 1934 starb, übernahm Hitler dessen Amt als »Führer und Reichskanzler«. Mit der Vereidigung der Reichswehr auf seine Person und nicht auf Vaterland oder Verfassung vollendete er nach anderthalb Jahren die Errichtung des totalitären Führerstaates.

Wussten Sie, dass …

die Gewerkschaftsbewegung Hitler deshalb so wenig Widerstand entgegensetzte, weil sie tief gespalten war? Darin rivalisierten kommunistische, sozialdemokratische und christliche Organisationen.

unter den insgesamt mehreren hundert Menschen, die Hitlers Mordaktion gegen die SA zum Opfer fielen, auch Hitlers Vorgänger im Amt des Reichskanzlers, General von Schleicher, war?

Judenverfolgung: Von der Ausgrenzung zum Massenmord

Ermordete Juden  
Polen 3000000
Sowjetunion 1100000
Ungarn 569000
Rumänien 287000
Baltische Staaten 210000
Deutschland und Österreich 191000
Tschechoslowakei 149000
Niederlande 100000
Frankreich 77000
Insgesamt 5683000–5900000
   
Ermordete in KZ (ohne Vernichtungslager)  
1933–1939 139000
1940–1942 365000
1943–1945 676000
Insgesamt 1180000
   
Ermordete in Vernichtungslagern  
Auschwitz 1100000–1600000
Belzec 600000
Chelmno 300000
Majdanek 250000
Sobibor 250000
Treblinka 870000
Insgesamt 3370000–3870000
   
Ermordete bei Menschenversuchen 7000
   
Euthanasieopfer 100000–150000

Was war die mörderische Konsequenz der NS-Rassenideologie?

Der Unrechtscharakter des nationalsozialistischen Regimes fand seinen brutalsten Ausdruck in der beispiellosen »Endlösung der Judenfrage«, der über die Hälfte der in Europa lebenden Juden zum Opfer fiel. Judenverfolgungen hat es im Laufe der Geschichte immer wieder gegeben, niemals jedoch in einer solch verbrecherischen Dynamik, umfassenden administrativen und technischen Durchführung und mörderischen Konsequenz. Opfer der Rassenpolitik und Ziel physischer Ausrottung wurden auch Ethnien, die ebenfalls als »minderwertig« betrachtet wurden, wie Sinti und Roma, Polen und Russen sowie für unheilbar erklärte »Erbkranke«, die einem Sterilisations- oder dem so genannten Euthanasieprogramm zum Opfer fielen.

Schon das NSDAP-Programm von 1920 hatte die Ausschließung der Juden von der deutschen Staatsbürgerschaft und ihre Entfernung aus den öffentlichen Ämtern gefordert, weil sie nicht »deutschen Blutes« seien. Und in seiner Programmschrift »Mein Kampf« von 1925 hatte Adolf Hitler angekündigt, bei Übernahme der Macht das Judentum aus dem deutschen Volksleben »auszumerzen«.

Wie ging die Entrechtung der Juden vor sich?

Maßnahmen zur Verdrängung jüdischer Bürger aus dem öffentlichen Leben setzten bald nach der »Machtergreifung« ein, die nach Hitlers Worten »die größte germanische Rassenrevolution der Weltgeschichte« einleiten sollte. Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten vor allem vonseiten der SA mündeten am 1. April 1933 in einen offiziellen »Judenboykott«. Er betraf vor allem jüdische Geschäfte, Arztpraxen und Anwaltskanzleien. Als wichtigste »legale« Grundlage für die Diskriminierung von Juden diente bis 1935 das »Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums«. Dessen »Arierparagraph« schrieb die Entlassung von Beamten »nichtarischer Abstammung« vor – auf Betreiben von Reichspräsident Hindenburg waren Frontkämpfer des Ersten Weltkrieges zunächst ausgenommen.

Weitere Gesetze und berufsständische Vorschriften, die den Arierparagraphen aufnahmen, beschränkten zunehmend zum Beispiel jüdischen Juristen, Ärzten und Apothekern die Zulassung oder die weitere Ausübung des Berufs. Die Reichskulturkammer, eine Zwangsorganisation aller Kulturschaffenden, sorgte dafür, dass das Kulturleben »judenrein« wurde. Als Folge des vorwiegend rassistisch-agitatorischen und bürokratischen Terrors setzte eine starke Emigrationswelle ein.

Welche Folgen hatten die »Nürnberger Gesetze«?

Die am 15. September 1935 erlassenen »Nürnberger Gesetze« machten alle Juden zu Menschen minderen Rechtes. Im »Reichsbürgergesetz« hieß es: »Reichsbürger ist nur der Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes, der durch sein Verhalten beweist, dass er gewillt und geeignet ist, in Treue dem deutschen Volk und Reich zu dienen.« Juden wurden ihrer politischen Rechte beraubt (wie Wahlrecht, Bekleidung öffentlicher Ämter).

Das »Blutschutzgesetz« griff ins Privatleben ein und verbot unter Androhung harter Strafen »Rassenschande«, das heißt Eheschließungen und außerehelichen Geschlechtsverkehr zwischen Juden und Angehörigen »deutschen und artverwandten Blutes«. Die Juden waren nun völlig der Willkür der NS-Rassenpolitik ausgeliefert, deren – formal legale – Umsetzung dem Innenminister unterstand. Als Jude galt, wer drei jüdische Großeltern hatte oder als »Mischling ersten Grades« (»Halbjude«) zugleich der jüdischen Glaubensgemeinschaft angehörte oder mit einem »Volljuden« verheiratet war. Bis 1943 legten insgesamt 13 Ausführungsgesetze die Maßnahmen zur Isolierung und Verfolgung der Juden fest.

Was geschah während der Reichspogromnacht?

Das Attentat eines 17-jährigen Juden auf einen deutschen Botschaftsangehörigen in Paris bot den willkommenen Anlass für eine im ganzen Reich organisierte drastische Eskalation der Judenverfolgung. In der von den Nationalsozialisten zynisch als »Reichskristallnacht« bezeichneten Gewaltorgie (9./10.11.1938) zerstörten Trupps von SA, SS und Hitler-Jugend 8000 Geschäfte, brannten etwa 170 Synagogen nieder, ermordeten bis zu 100 jüdische Bürger und verschleppten Tausende in Konzentrationslager. Als »Strafgeld« für das Attentat zogen die Behörden von Juden insgesamt 1,5 Mrd. Reichsmark ein. Den Juden wurden nun weitere Rechte genommen: Dazu gehörten das Verbot, Kulturveranstaltungen zu besuchen, räumliche und zeitliche Aufenthaltsbeschränkungen (»Judenbann«) und der Verweis aller jüdischen Kinder von den Schulen. Auch jüdische Zeitungen und Organisationen wurden verboten.

Wie wurden die Juden ihrer Existenz beraubt?

Es folgte die systematische Ausschaltung der Juden aus dem Wirtschaftsleben. Mit Rücksicht auf den wirtschaftlichen Wiederaufbau hatte das Regime in den ersten Jahren hierauf verzichtet. Die Berufsverbote wurden ausgeweitet, durch »Arisierung« wurden die jüdischen Bürger faktisch ihrer Vermögenswerte enteignet – die Eigentümer mussten ihren Besitz zu einem vom Staat festgesetzten Preis, der nur einen Bruchteil des Verkehrswertes ausmachte, verkaufen und konnten auch nicht über den Verkaufserlös frei verfügen.

Konnten sich Juden vor der Ermordung retten?

Von den rund 500000 Juden, die 1933 in Deutschland lebten, verließen bis Ende 1938 rund 180000 das Land. Zuvor hatten sie eine hohe »Reichsfluchtsteuer« zu entrichten, die von mittellosen Juden oft nicht aufgebracht werden konnte und die sie daran hinderte zu emigrieren – in anderen Fällen fehlte ein Einwanderungsland, das bereit gewesen wäre, sie aufzunehmen. Im Jahr 1939 wanderten rund 80000 Juden aus.

Wann begann der Massenmord?

Die Besetzung Polens im September 1939 bot den Nationalsozialisten die Möglichkeit, die »Lösung der Judenfrage« in Deutschland zu beschleunigen. Im Herbst 1941 begann die systematische Deportation der noch rund 170000 in Deutschland verbliebenen Juden nach Polen, wo spezielle Gettos und Konzentrationslager eingerichtet wurden.

Mit Beginn des Krieges radikalisierte sich die Judenpolitik weiter im Deutschen Reich. Zugleich überzogen SS- und Polizeieinheiten systematisch alle eroberten Gebiete mit Judenverfolgung. Ein großer Teil der drei Millionen in Polen lebenden Juden wurde zunächst in Gettos gepfercht, wo unmenschliche Lebensbedingungen herrschten. Ende des Jahres 1941 erfolgten die ersten massenhaften Ermordungen von Juden aus den Gettos von Minsk und Riga – entweder durch den Einsatz von speziell umgebauten Lastkraftwagen, in deren Laderaum Auspuffgase eingeleitet wurden, oder durch Erschießungsaktionen.

Was beschloss die Wannsee-Konferenz?

Die so genannte Wannsee-Konferenz in Berlin am 20. Januar 1942 gilt als Schlüsselereignis für die Umsetzung der Vernichtungspolitik. Unter Leitung von Reinhard Heydrich, Chef des Reichssicherheitshauptamtes, der Sicherheitspolizei und des Sicherheitsdienstes (SD) der SS, wurden die Maßnahmen zur »Endlösung der Judenfrage« festgelegt. Alle Juden ganz Europas – Heydrich ging von rund 11 Mio. Menschen aus – sollten erfasst und in Vernichtungslager im Osten deportiert werden. In den Lagern sollten die Juden in »Arbeitseinsätzen« auf »natürliche Weise« dezimiert werden, die verbleibenden sollten eine »entsprechende Behandlung« erfahren.

In den Vernichtungslagern, in denen die Menschen hauptsächlich durch Kohlenmonoxid, das Blausäurepräparat Zyklon B oder Massenerschießungen getötet wurden, fielen auch unzählige nichtjüdische Menschen dem nationalsozialistischen Rassenwahn zum Opfer, unter ihnen bis zu einer halben Million Sinti und Roma und in Kriegsgefangenschaft geratene Polen und Russen. Eingespannt in das europaweite Netz des Völkermords an den Juden während des Zweiten Weltkrieges waren Hunderttausende von Mitgliedern der SS und Polizei, Beamte, aber auch Teile der Industrie und des Militärs.

Was steckte hinter dem Euthanasieprogramm?

Die von den Nationalsozialisten als Sterbehilfe (griechisch Euthanasie = »schöner Tod«) ausgegebenen Tötungen zielten auf die rassenideologisch motivierte Vernichtung von so genanntem lebensunwerten Leben unheilbar Kranker oder geistig Behinderter. Zur Verhinderung »erbkranken Nachwuchses« wurden ab 1934 etwa 360000 Menschen zwangssterilisiert. Seit Anfang 1939 fielen als »lebensunwert« selektierte Kinder, wenige Monate später auch Erwachsene unter das Euthanasieprogramm.

Seit 1942 wurden KZ-Häftlinge vielfach Opfer medizinischer Experimente, die vor allem dazu dienen sollten, Erkenntnisse für die Kriegführung zu gewinnen (zum Beispiel durch Versuche zur Überlebensfähigkeit unter extremen Bedingungen), Behandlungsmethoden, Medikamente bzw. Giftstoffe zu testen oder »rassenbiologische« Forschung zu betreiben. Diese grausamen und überwiegend auch wissenschaftlich unsinnigen Versuche führten in den meisten Fällen zum Tod der Opfer. Oft wurden sie anschließend umgebracht. Ungezählte Häftlinge – etwa 7000 Fälle sind dokumentarisch belegt – kamen durch Menschenversuche ums Leben. Als einer der eifrigsten und grausamsten Mediziner, die solche Experimente durchführten, gilt Josef Mengele, der als Selektionsarzt in Auschwitz beschäftigt war.

Was verfügten die »Nürnberger Gesetze« vom 15.9.1935?

»Gesetz zum Schutze des deutschen Blutes und der deutschen Ehre«

§ 1 (1) Eheschließungen zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes sind verboten. Trotzdem geschlossene Ehen sind nichtig, (…).

(2) Die Nichtigkeitsklage kann nur der Staatsanwalt erheben.

§ 2 Außerehelicher Verkehr zwischen Juden und Staatsangehörigen deutschen oder artverwandten Blutes ist verboten.

§ 3 Juden dürfen weibliche Staatsangehörige deutschen oder artverwandten Blutes unter 45 Jahren in ihrem Haushalt nicht beschäftigen.

§ 4 (1) Juden ist das Hissen der Reichs- und Nationalflagge und das Zeigen der Reichsfarben verboten.

(2) Dagegen ist ihnen das Zeigen der jüdischen Farben gestattet. Die Ausübung dieser Befugnis steht unter staatlichem Schutz.

§ 5 (1) Wer dem Verbot des § 1 zuwiderhandelt, wird mit Zuchthaus bestraft.

(2) Der Mann, der dem Verbot des § 2 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis oder mit Zuchthaus bestraft.

(3) Wer den Bestimmungen der §§ 3 oder 4 zuwiderhandelt, wird mit Gefängnis bis zu einem Jahr und mit Geldstrafe oder mit einer dieser Strafen bestraft.

§ 5 Der Reichsminister des Innern erlässt im Einvernehmen mit dem Stellvertreter des Führers (…) die zur Durchführung und Ergänzung des Gesetzes erforderlichen Rechts- und Verwaltungsvorschriften.

Welchem Zweck dienten die Konzentrationslager?

Konzentrationslager dienten zur Einsperrung, Ausbeutung und Ermordung von Menschen aus politischen, rassischen, religiösen und anderen Gründen. Erste KZ wurden schon im März 1933 eingerichtet. Außer politischen wurden bald weitere Häftlinge eingewiesen: neben Juden und »Zigeunern« auch »Berufs- und Gewohnheitsverbrecher«, »Asoziale«, Homosexuelle, Zeugen Jehovas.

Vor Kriegsbeginn 1939 zählten die KZ 21400 Häftlinge. Danach wuchsen die Häftlingszahlen explosionsartig an, vor allem in den besetzten Gebieten. Ab Mitte 1942 dienten eigens zu diesem Zweck im Generalgouvernement Polen errichtete Vernichtungslager der systematischen Ermordung von Juden im Sinne der »Endlösung der Judenfrage« (Auschwitz, Belzec, Chelmno, Majdanek, Sobibor, Treblinka). In den anderen KZ beutete die SS die Häftlinge als Zwangsarbeiter aus. Unmenschliche Arbeits- und Lebensbedingungen in den KZ führten zu einer extrem hohen Todesrate unter den Häftlingen.

Wie viele Opfer forderte die NS-Herrschaft?

Zu den Opfern liegen nur unvollständige, ungenaue oder widersprüchliche Angaben vor. Die Zahlenangaben stellen daher häufig Schätzungen dar und können nur eine Vorstellung von der Größenordnung vermitteln:

Der Staat Hitlers: Mörderische Diktatur

Auf welchen Fundamenten ruhte der NS-Staat?

Die totalitäre Machtentfaltung stützte sich vor allem auf drei Säulen: die persönliche Diktatur Adolf Hitlers, dem es gelang, das Führerprinzip als politisches und gesellschaftliches Ordnungsprinzip durchzusetzen; eine Partei, die über eine systematische Gleichschaltung die gesamte Gesellschaft durchdrang, und ein hoch entwickelter Repressionsapparat aus NS-Verbänden, Polizei und Justiz, der jede Oppositionsbewegung mit beispielloser Brutalität unterdrückte. Mit den Grundsätzen der parlamentarischen Demokratie der Weimarer Republik hatte die neue politische Ordnung nichts mehr gemein.

Was kennzeichnete die Führerdiktatur?

Die uneingeschränkte Machtstellung des Führers im nationalsozialistischen Herrschaftssystem, die für faschistische Parteien programmatisch ist. Führungsgrundsatz ist die Befehlsgewalt nach unten, das Prinzip der Gefolgschaft und der absolute Gehorsam nach oben. Der Führer ist an staatliche Instanzen, an Recht und Gesetz nicht gebunden und steht über ihnen; vielmehr dienen diese ihm als Werkzeuge, seine Ziele zu erreichen.

Hitler forderte schon in »Mein Kampf« (1925), dieses Prinzip »zum bestimmenden nicht nur innerhalb ihrer eigenen Reihen (der NSDAP), sondern auch für den gesamten Staat zu machen«. Der oberste Führer (Hitler selbst) ist der »ausschließliche Führer der Bewegung. Sämtliche Ausschüsse unterstehen ihm und nicht er den Ausschüssen. Er bestimmt und trägt damit auf seinen Schultern die Verantwortung.«

Wie erlangte Hitler unumschränkte Macht?

Durch Konzentration aller staatlichen Macht in seinen Händen. Nach Hindenburgs Tod 1934 stand Hitler an der Spitze von Staat und Partei. Als »Führer und Reichskanzler« unterstanden ihm Legislative und Exekutive und als »Oberster Gerichtsherr« hatte er die Verfügungsgewalt über die Rechtsprechung. Als Führer der NSDAP, der er als Staatspartei das politische Monopol verschaffte, verfügte er über ein Mittel, mit dem er die gesamte Gesellschaft durchdringen und gleichschalten konnte.

Wie manipulierte Hitler?

Hitler hatte sich bereits auf seinem Weg zur »Machtergreifung« 1933 als Agitator mit suggestiver Überredungsgabe hervorgetan. Als »Führer der Nation« inszenierte er sich–unterstützt durch die gleichgeschalteten Medien und einen effektiven Propagandaapparat – als den von der »Vorsehung« berufenen messianischen Retter und visionären, unfehlbaren Staatslenker. »Führerglaube« und Führerkult waren entscheidende Integrationsmittel des Führerstaates und fanden ihren Ausdruck u. a. in Parolen wie »ein Volk, ein Reich, ein Führer« und »Führer befiehl, wir folgen«. Unabhängig davon erlagen auch viele einstige Kritiker Hitlers der Faszination seines charismatischen Führertums, das sich durch die Wirkung seiner – zumindest in der Anfangsphase erzielten – politischen Erfolge nur noch verstärkte.

War der NS-Staat ein stabiles Gebilde?

Nein, hinter der Fassade des scheinbar einheitlich und straff organisierten Führerstaates herrschten keineswegs stabile Machtverhältnisse. Einzelne Machtträger – Personen sowie Teilbereiche von Verwaltung, NSDAP, SS, Wehrmacht und zahlreiche Sonderbehörden – hatten sich mit Überschneidungen ihrer Kompetenzen und einem ständigen Wandel ihrer Zuständigkeiten auseinander zu setzen. Dies führte zu Dauerkonflikten. So konkurrierten z. B. zwei Reichsminister und zwei ministeriumsähnliche Sonderämter der NSDAP um den Sektor »Erziehungs- und Kulturpolitik«. Außenpolitik betrieben neben dem Außenministerium das Außenpolitische Amt der NSDAP und mehrere weitere Sonderbehörden von Partei und SS. Neben die Wehrmacht trat als eigenständige bewaffnete Kraft die Waffen-SS. Sondergerichte sprachen anderes (Willkür-)Recht als ordentliche Gerichte.

Auf welche Weise übte die Partei Kontrolle aus?

Die NSDAP durchzog mit ihrem organisatorischen Geflecht die gesamte Gesellschaft und gewährleistete damit die weit gehende Kontrolle des politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Lebens. Während die Parteitage als Akklamationsveranstaltungen der nationalen Huldigung des Führers dienten, wurden die politischen Vorgaben über die Hierarchie der Reichs-, Gau-, Kreis-, Ortsgruppen- und Zellenleiter bis hin zu den Blockwarten umgesetzt.

Die Zahl der NSDAP-Mitglieder stieg von 1933 bis 1943 von 0,85 Mio. auf 6,5 Mio.; 1937 verfügte die NSDAP über rd. 700000 Funktionäre. Eine eigenständige Führungsrolle ließ Hitler die Partei nicht entwickeln. Rudolf Heß, der als »Stellvertreter des Führers« ab 1933 die Parteikanzlei leitete (bis 1941), gehörte trotz seines Ministerrangs nicht zum engeren Führungszirkel des Regimes.

Zu den nationalsozialistischen Gliederungen, die ihrerseits mächtige Teilherrschaften etablierten und die jeweiligen Bereiche kontrollierten, zählten z. B. SA, SS und HJ (Hitler-Jugend). Für die der Partei angeschlossenen Verbände, wie z. B. DAF (Deutsche Arbeitsfront), NS-Volkswohlfahrt, NS-Ärztebund, NS-Lehrerbund, NS-Rechtswahrerbund, NS-Bauernverband, galt faktisch eine Zwangsmitgliedschaft. Über diese Gleichschaltungsmaßnahmen hinaus wurde die NS-Herrschaft auch durch die Verknüpfung von Partei- und Staatsämtern abgesichert.

Auf welche Art wurde die Polizei zum Repressionsorgan?

Durch Verschmelzung von Partei- und Staatsaufgaben wurde der staatliche Polizeiapparat mit der SS in der Behörde von Heinrich Himmler zusammengeführt. Als »Reichsführer SS« unterstand er Hitler, als »Chef der Deutschen Polizei« war er formal dem Reichsinnenminister Wilhelm Frick zugeordnet. Faktisch war die Polizei von der Ordnungsinstitution des Verwaltungsstaates zum Repressionsorgan des Einparteienstaates geworden.

Die Geheime Staatspolizei (Gestapo) war das berüchtigte und gefürchtete Staatssicherheitsorgan, das nach Gutdünken operierte. Ihre Aktionen waren seit 1936 grundsätzlich der richterlichen Nachprüfung entzogen. Wichtigstes Terrorinstrument der Behörde waren »Schutzhaftbefehle« zur Einweisung in Konzentrationslager. Auf diese Weise »korrigierte« sie auch häufig für zu milde gehaltene Urteile gegen »Staatsfeinde«.

Welche Funktion hatte die SS inne?

Sie wurde von Himmler zum machtvollsten Instrument der Führergewalt geformt. Mit ihrem gefächerten Behördenapparat, der auch eigene Wirtschaftsunternehmen und zahlreiche Untergliederungen einschloss, entwickelte sie sich zu einer Superorganisation mit dem Anspruch eines Eliteordens. Zuständigkeit beanspruchte sie nicht nur für die Sicherung des bestehenden Systems, sondern auch für die radikale Umsetzung der nationalsozialistischen Rassen- und Lebensraumideologie.

Mit unbeschreiblicher Brutalität und Konsequenz praktizierte sie millionenfach die systematische »Ausmerzung« von Juden und anderen für rassisch »minderwertig« gehaltenen Volksgruppen in Konzentrations- und Vernichtungslagern. Zur Durchsetzung der geplanten »völkisch-biologischen« Neuordnung Europas etablierte sich die Waffen-SS neben der Wehrmacht als zweiter militärischer Arm des Regimes, der – nicht gebunden an den traditionellen Ehrenkodex des professionellen Kriegshandwerks – vor keinerlei Kriegs- und Menschenrechtsverbrechen zurückschreckte.

Wie wurden Recht und Justiz missbraucht?

Die Rechtsprechung wurde für die Durchsetzung der politischen Zwecke, insbesondere im Hinblick auf die Ausschaltung politischer Gegner, die Durchführung der Rassenpolitik und der Judenverfolgung missbraucht. Durch die Gleichschaltung der Justizbehörden wurden die Prinzipien des Rechtsstaates beseitigt. Präventive »Schutzhaft« und willkürliche Freiheitsberaubung wurden legitimiert. Schon 1933 gab es bei allen Oberlandesgerichten Sondergerichte, für die die Prozessordnung nicht galt und gegen deren Urteile keine Rechtsmittel zulässig waren.

Die Richter des Volksgerichtshofs zur Aburteilung von Hoch- und Landesverrat ernannte Hitler als oberster Gerichtsherr. Seit 1935 konnte man für eine Handlung bestraft werden, die gegen kein geltendes Gesetz verstieß, sondern nur »nach gesundem Volksempfinden Bestrafung verdient«, womit die Willkür in der Rechtsprechung Einzug hielt.

Wie wurden die Arbeiter auf Linie gebracht?

Durch Massenorganisationen. Nach der Zerschlagung der Gewerkschaften am 2. Mai 1933 wurden deren Mitglieder von der neu gegründeten Deutschen Arbeitsfront (DAF) übernommen. Hier mussten sich als Ausdruck der »Volksgemeinschaft« und der Aufhebung der Klassengegensätze »alle schaffenden Deutschen« – also auch die Arbeitgeber – organisieren. Die Tarifautonomie wurde durch staatliche Zwangsregelung ersetzt. Das angeeignete Vermögen der Gewerkschaften, Zwangsbeiträge und die Beteiligung an Unternehmen wurden von der DAF eingesetzt, um durch massive Propaganda, sozialpolitische Maßnahmen und die Organisation der Freizeit die Arbeiter für den Nationalsozialismus zu gewinnen. Bedeutendste Nebenorganisation der Deutschen Arbeitsfront zur Freizeit- und Urlaubsgestaltung war »Kraft durch Freude« (KdF) mit einer Mitgliederzahl von etwa 20 Millionen.

Was war der Arbeitsdienst?

Darunter verstand man eine halbjährige Dienstzeit, die ab 1935 für alle männlichen Jugendliche zwischen 18 und 25 Jahren obligatorisch wurde. Als Sonderorganisation stand der Reichsarbeitsdienst (RAD) unter Leitung eines »Reichskommissars«. Anfangs wurde er hauptsächlich zur Bodenerschließung und zum Autobahnbau, später zum Bau militärischer Anlagen eingesetzt. Ledige Frauen unter 25 Jahren mussten von 1939 an ein Pflichtjahr in der Land- oder Hauswirtschaft ableisten und ein weiteres halbes Jahr im Kriegshilfsdienst. Eine wesentliche Funktion des Reichsarbeitsdienstes bestand darin, junge Menschen im Sinne der nationalsozialistischen »Volksgemeinschaft« zu prägen und sie paramilitärisch auf den Krieg vorzubereiten.

Welche Aufgaben übernahm die Hitler-Jugend?

Weltanschauliche Schulung und Sporterziehung, die bald in »Wehrertüchtigung« überging, sowie Hilfsdienste für die Partei standen im Vordergrund. Zum »Kriegseinsatz der HJ«, der uniformierten und militarisierten Jugend, gehörten u. a. Meldedienst beim Luftschutz und bei der Feuerwehr, Aufräumarbeiten nach Luftangriffen und Erntehilfe. Die Nachwuchsorganisation der NSDAP war 1936 zur »Staatsjugend« erklärt worden. 1939 wurde die allgemeine Dienstpflicht für Jugendliche in der Hitler-Jugend (HJ) eingeführt.

Wie vollzog sich Adolf Hitlers Aufstieg?

Der am 20.4.1889 in Braunau am Inn (Österreich) als Sohn eines Zollbeamten geborene Adolf Hitler kämpfte im Ersten Weltkrieg im deutschen Heer als Kriegsfreiwilliger. 1919 trat er in München der Deutschen Arbeiterpartei (DAP) bei. Aus ihr ging die NSDAP hervor, deren Führung Hitler 1921 übernahm und die er schnell zur bedeutendsten rechtsradikalen Partei in Bayern machte. Nach seinem gescheiterten Putschversuch im November 1923 wurde er zu fünfjähriger Festungshaft verurteilt, aber bereits nach neun Monaten entlassen. In der Haft verfasste er seine ideologische Programmschrift »Mein Kampf«. Die 1923 verbotene NSDAP gründete er 1925 neu und machte sie bis 1930 zur stärksten Gruppierung im Reichstag. Im Jahr 1933 zum Reichskanzler ernannt, errichtete Hitler in der Folge einen totalitären Staat, trieb Deutschland in den Zweiten Weltkrieg und ließ die Judenvernichtung organisieren. Im Bunker der Reichskanzlei entzog sich Hitler am 30.4.1945 seiner Verantwortung durch Selbstmord.

Wussten Sie, dass …

die Deutsche Arbeitsfront auch wirtschaftliche Aktivitäten entfaltete, darunter den Bau des Volkswagenwerks in Wolfsburg zur Produktion des »KdF-Wagens« (später »VW Käfer«)?

in den letzten Kriegsmonaten die Hitler-Jugend ins letzte militärische Aufgebot, den »Volkssturm«, einbezogen wurde? Tausende verloren in sinnlosen Einsätzen ihr Leben.

Welche Rolle übernahm die SS?

Als SS (Schutzstaffel) bezeichneten sich in der Weimarer Republik Parteikader, die von der SA als Stabswachen zum Schutz der NSDAP-Prominenz abgestellt waren. Heinrich Himmler übernahm 1929 ihre Führung und baute sie bis Ende 1933 zu einer über 200000 Mann starken Truppe aus, die sich zusammen mit dem von Reinhard Heydrich aufgebauten Sicherheitsdienst (SD) als »Parteipolizei« etablierte und 1934 die SA entmachtete. Himmler baute die nun »selbstständige Organisation« in der NSDAP zu einem allumfassenden Kontroll- und Machtapparat aus. Unter dem Dach des Reichssicherheitshauptamts (RSHA) fasste er 1939 sämtliche Polizei-, Sicherheits- und Nachrichtenapparate von Partei (SS) und Staat zusammen. Als Zentrale der Terror- und Repressionsmaßnahmen war das RSHA für die Durchführung der »Endlösung der Judenfrage« zuständig und bediente sich dabei der SS-Totenkopfverbände in den Konzentrationslagern und der Einsatzgruppen von SD und Polizei. Die Waffen-SS, eine in ihren Kadern von Himmler nach rassenbiologischen Kriterien rekrutierte SS-eigene Freiwilligenarmee, wuchs während des Zweiten Weltkriegs von einigen Tausend auf mehr als 600000 Mann an.

Ideologie im Dritten Reich: Die Macht der Propaganda

Was behauptete die NS-Rassenlehre?

Sie ging von der intellektuellen und biologischen Überlegenheit einer »menschlichen Rasse« über eine andere aus. Im »Lebenskampf der Völker«, den Hitler als das Grundgesetz der Geschichte bezeichnete, sah der Nationalsozialismus das deutsche Volk berufen, die Führung zu übernehmen: Als Kern der »germanischen Herrenrasse« vertrete es die höchste Stufe der Naturgeschichte, die durch »Rassenhygiene« und ausreichend »Lebensraum« zu sichern sei.

Die erste Aufgabe zielte auf die »Reinheit des Blutes« durch das Verbot der »Blutsvermischung«, durch die »Rassezüchtung« und Vernichtung von »Rasseschädlingen« – und führte zum millionenfachen Völkermord und zum Zweiten Weltkrieg.

Welche Rolle spielte der Antisemitismus?

Der rassistisch begründete Antisemitismus war Hitlers Kerngedanke. »Der Jude«, der in der »Rassenwertigkeit« die unterste Stufe einnahm, war Inbegriff für alles Negative, verantwortlich für alles, was als nationales Unglück angesehen wurde – wie die Revolution von 1918, die Weimarer Demokratie, die Weltwirtschaftskrise, der »Bolschewismus«.

Die Bekämpfung der Juden wurde als Voraussetzung für die Lösung aller Probleme in Gesellschaft, Wirtschaft, Staat und internationaler Politik ausgegeben. Hitler gab vor, das Deutsche Reich gegen die Verschwörung des »Weltjudentums« zu schützen. Der Antisemitismus, in Teilen der Bevölkerung seit langem verankert, mobilisierte kollektiven Hass.

War der Nationalismus eine neue Entwicklung?

Nein. Auch mit seinem übersteigerten Nationalismus knüpfte der Nationalsozialismus an politische Traditionen an, die sich mit autoritären Denkweisen verbanden, und radikalisierte sie. Der Begriff »Drittes Reich«, mit dem sich die Diktatur Hitlers bis 1939 selbst bezeichnete, sollte die Vollendung der deutschen Geschichte darstellen– nach dem Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation (962–1806) und dem Hohenzollern-Kaiserreich (1871–1918).

War das Volk eine geschlossene Gemeinschaft?

Das war eine zentrale Vorstellung der NS-Ideologie. Das wahre Volkstum der Nation sollte sich in der »Volksgemeinschaft« verwirklichen. Hitler definierte sie als »soziale Einheit der deutschen Menschen ohne Ansehen des Standes und der Herkunft, im Blute fundiert, ... durch das Schicksal auf Gedeih und Verderb verbunden« (1940). Die »Gemeinschaft der Volksgenossen« täuschte eine Gesellschaft von Gleichen vor und verlangte vom Einzelnen, sich vollständig einzufügen: »Du bist nichts, dein Volk ist alles!«

Warum funktionierte die Propaganda so gut?

Weil Joseph Goebbels ein medienpolitisches, organisatorisches und rhetorisches Talent war. Er setzte seine Kontrolle und Lenkung der Meinungsbildung und des kulturellen Lebens auf der einen Seite autoritär-bürokratisch durch. Doch sein Erfolg beruhte noch mehr darauf, dass es ihm gelang, das Volk in den Bann der nationalsozialistischen Agitation zu schlagen, indem er neueste massenpsychologische Erkenntnisse und Entwicklungen auf dem Mediensektor einsetzte und einen gewaltigen Propagandaapparat aufbaute.

Wie wurden die Medien gleichgeschaltet?

Hebel für die »Gleichschaltung« und Grundlage für das Monopol der Nationalsozialisten im Bereich von Kultur und öffentlicher Meinungsbildung war die im September 1933 gegründete »Reichskulturkammer«. Die von Joseph Goebbels, dem »Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda«, selbst geleitete Zwangsvereinigung aller »Kulturschaffenden« gliederte sich in insgesamt sieben Einzelsparten (Schrifttum, Presse, Rundfunk, Theater, Film, Musik, Bildende Künste). Wer nicht darin aufgenommen wurde oder wer ausgestoßen wurde, erhielt automatisch Berufsverbot.

Welche Massenmedien nutzte die Propaganda?

Radio, Wochenschau und Presse. Dank des neu entwickelten preiswerten »Volksempfängers« war das Radio Massenmedium geworden. Offizielle Verlautbarungen mussten in Gaststätten, Betrieben, Schulen und Behörden gemeinschaftlich empfangen werden. Auch das neue Massenmedium Kinowochenschau wurde systematisch dazu eingesetzt, Stimme und Bild des »Führers« in den Provinzorten ständig aktuell zu präsentieren.

Die Presse wurde vom Propagandaministerium reglementiert – durch Pressekonferenzen, auf denen die Sprachregelung vorgegeben wurde, durch das Monopol auf das Nachrichtenmaterial und detaillierte Anweisungen und Zensur. Darüber hinaus verschaffte sich die NSDAP die wirtschaftliche Kontrolle über einen Großteil der Zeitungsverlage.

Wie wurde Joseph Goebbels zum Trommler für den Endsieg?

Der am 29.10.1897 in Rheydt geborene Germanist stieg als glänzender Agitator in der NSDAP schnell auf. 1927 wurde er Parteiführer (Gauleiter) von Berlin-Brandenburg, 1928 Reichspropagandaleiter, 1933 dann Reichsminister für »Volksaufklärung und Propaganda«. Er sorgte für die Gleichschaltung des gesamten Medien- und Kultursektors und inszenierte mit psychologischem Geschick und virtuoser Beherrschung propagandistischer Effekte den Führerkult um Hitler und verankerte die nationalsozialistische Ideologie im Volk. Als fanatischer Judenhasser propagierte Goebbels den Antisemitismus als Staatsdoktrin und stiftete das Judenpogrom der »Reichskristallnacht« (1938) an. 1944 stattete ihn Hitler mit umfassenden Vollmachten »für den totalen Kriegseinsatz« aus und bestimmte ihn zu seinem Nachfolger als Reichskanzler. Goebbels starb am 1.5.1945 in Berlin durch Selbstmord.

Wer begründete den Rassismus?

Die rassistische NS-Geschichtsauffassung ging u. a. auf Arthur Graf von Gobineau (1816 bis 1882) zurück, der nachzuweisen versuchte, dass die »Arier« biologisch »höher« stünden als andere Rassen. Der Kulturtheoretiker Houston Stewart Chamberlain (1855–1927) schrieb den Deutschen den höchsten Kulturstatus zu, während die Juden das zerstörerische Prinzip verkörperten. Ideologischen Rückhalt fand diese Logik im Sozialdarwinismus, der die Darwin'schen Gesetze von der Auslese des Stärksten im Tierreich auf die menschliche Gesellschaft übertrug. Einer der Verfechter dieser Theorie war der Naturforscher und -philosoph Ernst Haeckel (1834–1919). Das »Recht des Stärkeren«, das den Untergang des »Lebensunwerten« im Daseinskampf der Natur einschließt, sollte nun auch für das Verhältnis der menschlichen Rassen gelten.

Zwischen Anpassung und Widerstand: Leben in der NS-Diktatur

Gab es Widerstand auf breiter Basis?

Nein, Zustimmung und Anpassung eines großen Teils der Deutschen kennzeichneten die nationalsozialistische Alltagsnormalität bis weit in den Zweiten Weltkrieg hinein. Niemals gefährdete eine breite Auflehnung das Regime; politische Opposition wurde aufs Schärfste unterdrückt. Gleichwohl entzogen sich in allen gesellschaftlichen Gruppen Menschen dem totalitären Zugriff, widersetzten sich oder arbeiteten im Untergrund auf den Sturz Hitlers hin. Das Attentat vom 20. Juli 1944 bildete den Höhepunkt und zugleich das Ende des organisierten politischen Widerstands. Eine breite Basis hatte er nicht gefunden.

Warum verhielt sich die Mehrheit loyal?

Konformität und Loyalität mit dem Regime hatten vielfältige Ursachen; nachhaltig waren vor allem die tief verwurzelte Obrigkeitshörigkeit der preußisch geprägten konservativen Kräfte in Wirtschaft, Bürokratie und Militär, die die Demokratie nie akzeptiert hatten, die Aufstiegserwartung breiter Gruppen des wirtschaftlich bedrohten Mittelstandes und die Illusion von Teilen der Arbeiterschaft, in der »Volksgemeinschaft« die Werte von Gleichheit und Solidarität zu finden.

Die nationalsozialistische Agitation und Propaganda fiel auf fruchtbaren Boden. Viele gesellschaftliche Gruppen fanden einen Teil ihrer Ziele bei den Nationalsozialisten wieder, waren daher bereit, mit ihnen zusammenzuarbeiten, und fanden ihre Erwartungen in den ersten Jahren des »Dritten Reiches« bestätigt.

Welche Haltung nahmen die Kirchen ein?

Mit ihrem Bestreben, die Menschen vom christlichen Glauben zu entfernen und zugunsten der nationalsozialistischen, pseudoreligiös verpackten Weltanschauung zu gewinnen, traf die Kirchenpolitik des Regimes in beiden großen Konfessionen auf teilweise heftigen Widerstand, der Züge eines Kirchenkampfes annahm. In der evangelischen Kirche bildete sich im Konflikt mit der nationalsozialistischen Glaubensbewegung der »Deutschen Christen« 1933/34 die »Bekennende Kirche« heraus, deren Pastoren trotz heftiger Repressionsmaßnahmen seelsorgerisch aktiv blieben.

Was wurde im Reichskonkordat geregelt?

Das Reichskonkordat zwischen Reichsregierung und Vatikan vom 20. Juli 1933 war die formale Grundlage für das Verhältnis von Staat und katholischer Kirche. In ihm sicherte sich die Kirche einige Freiräume, die in den folgenden Jahren jedoch immer weiter eingeschränkt wurden. Die Verletzungen des Konkordats veranlassten Papst Pius XI. 1937 zur scharfen Kritik am Nationalsozialismus in der Enzyklika »Mit brennender Sorge«. Der Münsteraner Bischof Clemens August Graf von Galen (1878–1946) erreichte 1941 mit seinem öffentlichen Protest die formelle Rücknahme der Euthanasieanordnung Hitlers.

Zu den herausragenden Theologen des kirchlichen Widerstandes gegen die NS-Herrschaft und ihre Doktrin zählten unter den Protestanten Martin Niemöller (1892–1984) und Dietrich Bonhoeffer (1906–1945, hingerichtet), unter den Katholiken Max Josef Metzger (1887–1944, hingerichtet) und Alfred Delp (1907–1945, hingerichtet).

Was geschah beim Attentat vom 20. Juli 1944?

Da sich abzeichnete, dass der Sturz des Regimes nur gelingen könnte, wenn sich Teile des Machtapparats daran beteiligten, knüpften Gewerkschafter und Sozialdemokraten wie Wilhelm Leuschner (1890–1944, hingerichtet) und Julius Leber (1891–1945, hingerichtet) Verbindungen zu national-konservativen und militärischen Widerstandszirkeln (Goerdeler-Kreis, Kreisauer Kreis, Militäropposition). Die dramatische Verschlechterung der militärischen Situation im Zweiten Weltkrieg schien die Chance für einen gewaltsamen Umsturz zu bieten. Dabei setzte sich die Überzeugung durch, dass die entscheidende Voraussetzung für das Gelingen der Tod des Diktators sei.

Nachdem schon zwei Versuche, Hitler zu beseitigen fehlgeschlagen waren, verübte am 20. Juli 1944 Oberst Claus Graf Schenk von Stauffenberg das Attentat. Doch Hitler wurde durch die Explosion der Zeitzünderbombe im Besprechungsraum des Führerhauptquartiers »Wolfsschanze« in Ostpreußen nur leicht verletzt. Der vorbereitete Staatsstreich wurde im Keim erstickt. Stauffenberg und weitere Offiziere wurden noch in derselben Nacht in Berlin erschossen. Anschließend wurden rund 7000 Personen verhaftet, etwa 200 fielen Todesurteilen des Volksgerichtshofs zum Opfer.

Wussten Sie, dass …

es im Militär schon 1938 im Umkreis des damaligen Chefs des Generalstabs des Heeres, Ludwig Beck (1880–1944), Staatsstreichpläne gegeben hatte, die aber nicht umgesetzt wurden? Beck trat 1938 von seinem Posten zurück.

der Goerdeler-Kreis nach einem der führenden Köpfe des national-konservativen Widerstands benannt war? Carl Friedrich Goerdeler (1884–1945) trat 1937 von seinem Amt als Oberbürgermeister von Leipzig zurück und nahm Verbindung mit hochrangigen Vertretern der Opposition in Wehrmacht, Diplomatie und Wirtschaftsverwaltung auf.

der Kreisauer Kreis, nach dem Gut Kreisau des Grafen Helmut James von Moltke (1907–1945) in Niederschlesien benannt war? Die Widerstandsbewegung umfasste Beamte, Adlige, Geistliche, Sozialdemokraten und Gewerkschafter.

Die nationalsozialistische Außenpolitik: Aufrüstung und Expansion

Was war das Ziel von Hitlers Außenpolitik?

Hitlers Absicht war, Deutschland wieder in die Position einer europäischen Großmacht zu setzen, was auch den Vorstellungen der nationalkonservativen Politiker entsprach, welche die Ergebnisse des Ersten Weltkrieges, die der Versailler Vertrag festgeschrieben hatte, rückgängig machen wollten. Für Hitler bedeutete dies jedoch nur einen Schritt auf dem Weg, seine Rassen- und Lebensraumideologie umzusetzen: Hitler wollte den Deutschen als »Herrenvolk« der »nordisch-arischen Rasse« im Osten »Lebensraum« verschaffen.

Schon wenige Tage nach der »Machtergreifung« offenbarte Hitler den Befehlshabern der Reichswehr in einer geheimen Ansprache das Leitmotiv seiner zukünftigen Außenpolitik – die »Eroberung neuen Lebensraums im Osten und dessen rücksichtslose Germanisierung«. Um Zeit für den Aufbau der nötigen militärischen Stärke zu gewinnen, spielte Hitler in der außenpolitischen Praxis friedfertige Kontinuität vor: Er verharmloste seine Ziele als Bemühung, Deutschland Gleichberechtigung zu verschaffen, und verband die Verletzungen des Versailler Vertrags jeweils mit dramatischen Friedensbeteuerungen. So gelang es dem nationalsozialistischen Deutschland Schritt für Schritt, sich von den »Fesseln« der Nachkriegsordnung zu befreien.

Wann begann Hitler seine Aufrüstungspolitik?

Nachdem am 1. März 1935 das von Frankreich seit 1919 im Auftrag des Völkerbundes verwaltete Saarland wieder in das Reich eingegliedert worden war – bei einer Volksabstimmung hatten über 90 % der Abstimmenden dafür votiert –, riskierte Hitler zwei Wochen später eine erste internationale Kraftprobe: Er verfügte die Wiedereinführung der allgemeinen Wehrpflicht, gab den Aufbau einer Luftwaffe bekannt und sagte sich von den Truppenbeschränkungen, wie sie im Versailler Vertrag festgelegt worden waren, los.

Die Proteste seitens der europäischen Mächte blieben schwach. Es gelang Hitler sogar, die Aufrüstungspolitik diplomatisch abzusichern, als Großbritannien im Flottenabkommen vom Juni 1935 Deutschland eine großzügige Aufrüstung zur See zugestand. Am 7. März 1936 ließ Hitler Truppenverbände in das Rheinland einrücken, das aufgrund des Versailler Vertrags entmilitarisiert worden war. In der deutschen Bevölkerung wurden diese Überraschungscoups, mit denen Hitler das Ausland vor vollendete Tatsachen stellte, als Rückkehr zu nationaler Größe gefeiert. Das Deutsche Reich blieb politisch jedoch zunächst isoliert.

Wie überwand Hitler die außenpolitische Isolation?

Die Olympischen Spiele in Berlin 1936 steigerten Hitlers internationales Ansehen erheblich. Einen wichtigen außenpolitischen Partner fand Hitler im Oktober desselben Jahres, als er mit Benito Mussolini die »Achse Rom-Berlin« vereinbarte. Damit honorierte der faschistische Diktator Deutschlands indirekte Hilfe bei der Eroberung Abessiniens (1935/36) und die militärische Unterstützung General Francisco Francos im Spanischen Bürgerkrieg (1936–1939). Einen Monat später kam der zugleich gegen die Sowjetunion und die Westmächte gerichtete »Antikomintern-Pakt« zwischen Deutschland und Japan zustande. 1937 trat auch Italien bei.

Warum gelang die Angliederung Österreichs an das Deutsche Reich?

Unter Androhung militärischer Gewalt erzwang Hitler im Februar/März 1938 zunächst eine Beteiligung der österreichischen Nationalsozialisten an der Regierung in Wien, dann die Übergabe der Macht an sie. Nach einem fingierten Hilfeersuchen der Regierung unter Arthur Seyß-Inquart ließ Hitler am 12. März die Wehrmacht in Österreich einrücken und proklamierte unter dem Jubel der Bevölkerung das »Großdeutsche Reich«. Zuvor hatte sich Hitler vergewissert, dass Großbritannien diesen erneuten Verstoß gegen die Bestimmungen des Versailler Vertrags hinnehmen werde.

Wie wurde die Tschechoslowakei zerschlagen?

In dem 1918 ausgerufenen Vielvölkerstaat lebten rund 3,5 Millionen Sudetendeutsche, die um Autonomie kämpften. Die von Berlin aus geschürten Spannungen gaben Hitler den Anlass, ultimativ die Abtretung der Sudetengebiete zu verlangen. Um einen Krieg zu vermeiden, gaben die Regierungschefs Großbritanniens und Frankreichs auf der Münchner Konferenz am 29./30. September 1938 der Forderung Hitlers nach, der erklärte, keine weiteren territorialen Ansprüche mehr zu haben. Am 1. Oktober marschierte die Wehrmacht in die sudetendeutschen Gebiete ein. Das Münchner Abkommen markierte den Höhepunkt der britisch-französischen Politik, Hitler durch Zugeständnisse zu beschwichtigen (Appeasement).

Die »Erledigung der Rest-Tschechei« (Hitler) unter Bruch aller Vereinbarungen erfolgte am 15. März 1939: Der tschechische Staatsteil wurde als Reichsprotektorat Böhmen und Mähren unter die direkte Kontrolle Berlins gestellt, die Slowakei erhielt eine Scheinselbständigkeit.

Auf welche Weise steuerte Hitler auf einen Krieg zu?

Nachdem die Wehrmacht am 23. März 1939 auch das von Deutschen besiedelte litauische Memelland besetzt hatte, gab Großbritannien am 31. März eine Garantieerklärung für den Fall eines deutschen Angriffs auf Polen ab, dem sich Frankreich anschloss – Appeasement hatte ein Ende. Wenige Tage zuvor hatte Polen die Forderung Hitlers abgelehnt, der Rückkehr der Freien Stadt Danzig ins Reich und der Einrichtung exterritorialer Verkehrswege nach Ostpreußen zuzustimmen.

Zum Angriff auf Polen nun entschlossen, versuchte Hitler, die Sowjetunion militärisch zu neutralisieren. In einem geheimen Zusatzprotokoll des deutsch-sowjetischen Nichtangriffsvertrags (Hitler-Stalin-Pakt) vom 23. August 1939, steckten Deutschland und die Sowjetunion ihre Interessensphären in Ostmittel- und Südosteuropa ab. Am 1. September 1939 befahl Hitler ohne vorherige Kriegserklärung den Angriff auf Polen.

Wussten Sie, dass …

sich der ideologische Todfeind Sowjetunion sich sein Stillhalten gegenüber Hitlers Expansion mit der Aussicht auf eigene große Gebietsgewinne bezahlen ließ? Der Kern des geheimen Zusatzprotokolls des Hitler-Stalin-Pakts von 1939 war die »vierte Teilung« Polens (nach 1772, 1793 und 1795).

Neville Chamberlain nach dem Münchner Abkommen von 1938 sagte, nun sei der »Friede für unsere Zeit« gesichert? Auf der Konferenz 1938 hatten Frankreich und Großbritannien die Annexion des Sudetenlandes durch Deutschland abgesegnet. Mit seiner Friedensprophezeiung sollte Chamberlain leider nicht Recht behalten.

Das Dritte Reich: Vom Größenwahn in die Katastrophe

Wie verlief die 1. Phase des Zweiten Weltkriegs?

Die erste Phase war von dramatischen Erfolgen der deutschen »Blitzkriegs«-Strategie gekennzeichnet. Nachdem das Deutsche Reich am 1. September 1939 den Zweiten Weltkrieg eröffnet hatte, war innerhalb von fünf Wochen Polen besiegt. Der kampflosen Besetzung Dänemarks und der Eroberung Norwegens folgte im Mai und Juni 1940 der Westfeldzug mit der völkerrechtswidrigen Besetzung der neutralen Benelux-Länder und der Niederlage Frankreichs (22. Juni 1940).

Mit der großteils gewaltsamen Einbeziehung der Balkanregion und Griechenlands in den Bereich des Dreimächtepakts, den die Achsenmächte (Deutsches Reich, Italien, Japan) im September 1940 vereinbarten, schienen Hitler die Voraussetzungen gegeben zu sein, sein eigentliches Ziel in Angriff zu nehmen: den Vernichtungskrieg gegen die Sowjetunion.

War der Russlandfeldzug ein Erfolg?

Nein, er endete als militärisches Fiasko. Unter Bruch des deutsch-russischen Nichtangriffsvertrags begann am 22. Juni 1941 der als »Unternehmen Barbarossa« vorbereitete Überfall. Nach großen Geländegewinnen und der Gefangennahme von drei Millionen Rotarmisten blieb der schnelle deutsche Vormarsch jedoch vor Moskau stecken. Für den harten Winterkrieg nicht gerüstet, sah sich die Wehrmacht im Dezember 1941 mit dem Beginn der sowjetischen Gegenoffensive konfrontiert. Die Niederlage der deutschen Truppen in der Schlacht um Stalingrad im Februar 1943 gilt als Wende des Zweiten Weltkriegs.

Was bedeutete der Kriegseintritt der USA?

Er bedeutete eine Machtverschiebung und die Ausweitung des Kriegsschauplatzes. Die Achsenmächte verloren die Initiative, nachdem die USA als Reaktion auf den Luftangriff Japans auf den Marinestützpunkt Pearl Harbor auf Hawaii (7. Dezember 1941) in den Krieg eingetreten waren und nun ihre wirtschaftliche und militärische Kraft in die bisher hauptsächlich von Großbritannien und der Sowjetunion getragenen Anti-Hitler-Koalition einbrachten. Auf dem südostasiatischen Kriegsschauplatz, auf dem Japan anfänglich die Oberhand gewonnen hatte, wendete sich das Blatt zugunsten der Alliierten Mitte 1942.

Gelang es Hitler, Großbritannien zu bezwingen?

Nein, hier hatte sich Hitler von Beginn an verkalkuliert: Die britische und die französische Kriegserklärung am 3. September 1939 als Antwort auf den Überfall auf Polen war für ihn unerwartet gekommen. Die Hoffnung, Großbritannien durch eine Invasion besiegen zu können (»Unternehmen Seelöwe«), musste nach verlustreicher Luftschlacht schon im Herbst 1940 aufgegeben werden. Nachdem es den Briten gelungen war, auch den Funkcode der Marine zu entschlüsseln, musste der deutsche U-Boot-Krieg im Nordatlantik im Frühjahr 1943 aufgegeben werden. Zur gleichen Zeit endete der Versuch, die britische Vorherrschaft in Nordafrika zu brechen, mit der Kapitulation der deutsch-italienischen Heeresgruppe Afrika (13. Mai 1943).

Zu diesem Zeitpunkt hatten die Westmächte schon die Luftüberlegenheit über deutschem Territorium errungen. Den vergeblichen Versuch Hitlers, Großbritannien mit dem »Ausradieren der englischen Städte« in die Knie zu zwingen, beantworteten Briten und Amerikaner seit Frühjahr 1942 mit verstärktem systematischen Flächenbombardements auf deutsche Großstädte.

Wie verlief die alliierte Gegenoffensive?

Den Sturm auf die »Festung Europa«, wie das NS-Regime seinen Herrschaftsraum schließlich defensiv bezeichnete, leiteten alliierte Streitkräfte im Sommer 1943 mit der Landung in Süditalien ein. Am 25. Juli wurde Mussolini gestürzt, die neue italienische Regierung erklärte dem Deutschen Reich den Krieg, das mit der Besetzung großer Teile Italiens reagierte.

Der Hauptvorstoß der Westalliierten erfolgte mit der Invasion in der Normandie am 15. August 1944. Mit dem Vormarsch der Alliierten – am 7. März 1945 überschritten US-Streitkräfte den Rhein – zerfiel die deutsche Westfront. Im Osten führte das Vorrücken der Roten Armee zum Abfall der Verbündeten. Millionen Deutsche flohen aus den Ostgebieten. Während die Rote Armee Berlin einnahm, beging Hitler am 30. April Selbstmord.

Wie ging der Zweite Weltkrieg zu Ende?

Am Ende stand die Kapitulation Deutschlands und Japans. Die Kapitulation des Großdeutschen Reichs unter Hitlers Nachfolger Karl Dönitz erfolgte am 7. Mai 1945 und trat einen Tag später in Kraft. Mit der formellen Übernahme der Regierungsgewalt durch die vier Militärbefehlshaber am 5. Juni 1945 endete die staatliche Existenz des Deutschen Reichs.

Japan beantwortete die zügige Zerschlagung seines riesigen Besatzungsregimes in Südostasien mit dem selbstmörderischen Einsatz von Kamikaze-Fliegern gegen die Flotten der von den USA angeführten Alliierten und lehnte die Forderung nach bedingungsloser Kapitulation ab. Der Abwurf von zwei Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki (6./9. August) hatte furchtbare Folgen (über 150000 Tote) und besiegelte den Zusammenbruch Japans. Am 2. September 1945 wurde die Kapitulationsurkunde unterzeichnet.

Kam es zu einer Neuordnung der Welt?

Die Beseitigung der Terrorherrschaft, die der deutsche Nationalsozialismus und der japanische Imperialismus ausgeübt hatten, eröffnete die Chance für eine Neuordnung der Welt. Mit der Atlantik-Charta vom 14. August 1941 verkündeten Premierminister Winston Churchill und der amerikanische Präsident Franklin D. Roosevelt ihre Vorstellungen über die zukünftige Welt- und Friedensordnung.

Wie wurde Churchill Kopf und Motor des britischen Widerstands?

Der am 30. November 1874 in Blenheim Palace geborene Winston Churchill warnte seit dem Machtantritt Hitlers vor dem Aggressionspotenzial des aufrüstenden Deutschen Reiches und kritisierte als Außenseiter in seiner Konservativen Partei die Beschwichtigungspolitik der konservativen Regierungen. Mit Kriegsbeginn 1939 trat er als Marineminister ins Kabinett ein; 1940 löste er Neville Chamberlain als Premierminiser ab (bis 1945). Er arbeitete mit US-Präsident Franklin D. Roosevelt die Atlantik-Charta zur Neuordnung der Welt nach dem Krieg aus (1941) und zog auch die Sowjetunion in die Anti-Hitler-Koalition. Mit Blick auf den beginnenden Kalten Krieg prägte er 1946 den Begriff vom »Eisernen Vorhang« und plädierte für eine feste Anbindung Westeuropas an die USA. 1953 erhielt er für sein literarisch-historisches Werk den Literaturnobelpreis. Churchill starb am 24. Januar 1965 in London.

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