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Segler und Kolibris: Hervorragende Flieger

Weshalb nennt man Kolibris auch »fliegende Edelsteine«?

Weil ihr Gefieder in allen Regenbogenfarben zu schillern beginnt, wenn das Licht in einem bestimmten Einfallswinkel darauf fällt. Obwohl die Kolibris wegen dieser leuchtenden Schillerfarben berühmt sind, sind ihre Federn eigentlich grau. Das Geheimnis ihres »Schillerns« liegt in der Feinstruktur der Federn begründet. Lufteinschlüsse in der unterschiedlich dicken Hornmasse der Federstrahlen führen dazu, dass das Licht an der Ober- und Unterseite der Federn unterschiedlich stark gebrochen und so in die verschiedensten Farbtöne zerlegt wird. Die Farbe beruht also nicht – wie bei den meisten anderen Vögeln – auf eingelagerten Pigmenten, sondern auf dem physikalischen Phänomen der Lichtbrechung.

Manche Arten haben sich zusätzlich einen auffallenden Federschmuck zugelegt: Die Schmuckelfe (Lophornis ornata) beispielsweise trägt eine kurze, orangefarbene Federhaube auf dem Kopf und einen rostroten, mit schwarzen Tropfenflecken gemusterten Wangenfächer. Mit besonders langen Schwanzfedern von zehn Zentimetern wartet dagegen die Schleppensylphe (Sappho sparganura) auf, die noch vom Schwalbenkolibri (Cyanolesbia kingi) mit 16 Zentimetern übertroffen wird.

Wie funktioniert die Flugtechnik von Kolibris?

Für ihre spezielle Flugtechnik, den sog. Schwirrflug, bewegen Kolibris ihre relativ kurzen Flügel in rascher Abfolge vorwärts und rückwärts, wobei die Flügelspitzen im Raum eine liegende Acht beschreiben. Auf diese Weise können sie vor einer Blüte »stehen«. Da sich bei Kolibris das Gelenk zwischen Ober- und Unterarm, das unserem Ellenbogen entspricht, sehr nah am Körper befindet, haben die Flügel größtmögliche Flexibilität und Hebelwirkung. Indem die Vögel den Anstellwinkel ihrer Flügel ändern und dabei gleichzeitig Steuerbewegungen mit ihren Schwanzfedern ausführen, können sie sogar rückwärts oder auf dem Rücken fliegen – ähnlich wie ein Hubschrauber.

Ist dieser Schwirrflug anstrengend?

Ja, das ist er. Der Energiebedarf der Vögel ist deshalb zwangsläufig sehr hoch – mit Folgen für ihre Lebensweise: Kolibris sind fast ständig mit der Nahrungsaufnahme beschäftigt; manche Arten benötigen täglich das Doppelte ihres eigenen Gewichts. Sie ernähren sich jedoch nicht ausschließlich von Blütennektar, sondern fressen auch Insekten. Ihren Flüssigkeitsbedarf decken sie zusätzlich mit Wasser. Wird die Energiezufuhr unterbrochen, etwa während der Nachtstunden, verfallen Kolibris in eine Art Kältestarre, die sich unter den wärmenden Strahlen der Morgensonne wieder löst. Ein relativ großes Herz, das bis zu 1260-mal in der Minute schlägt, ein großes Lungenvolumen und viele rote Blutkörperchen stellen sicher, dass der Stoffwechsel der quirligen Vögel mit genügend Sauerstoff versorgt wird, um die Kraft raubende Lebensweise durchzuhalten.

Wie entstanden die Schnabelformen der Kolibris?

Durch Anpassung an die Nahrungspflanzen. In einem seit unzähligen Generationen andauernden Prozess der Koevolution haben sich die Blüten, die den Nektar bereithalten, und die Schnabelformen so aufeinander zu entwickelt, dass sie wie Schlüssel und Schloss zusammenpassen. Jeder Kolibri kann sich deshalb nur von den Blüten ernähren, an die sein Schnabel in Form und Größe – meist lang und gebogen – optimal angepasst ist. So besetzt jede Art ihre eigene ökologische Nische, und auf diese Weise beobachtet man statt eines Konkurrenzkampfes ein faszinierendes Nebeneinander hunderter verschiedener Kolibriarten und der von ihnen bestäubten Blütenpflanzen. Zum Nachteil für die Vögel wird diese Abhängigkeit allerdings, wenn die betreffende Pflanzenart verschwindet – dann ist auch die Kolibriart vom Aussterben bedroht.

Kolibris in Alaska – ist das möglich?

Ja, der Fuchskolibri hat sich Alaska als Brutgebiet ausgesucht. Deshalb ist er wie andere Arten der gemäßigten und kalten Zonen Süd- und Nordamerikas gezwungen, dem dort sehr harten Winter durch Abwandern auszuweichen. Sobald es kühler wird, macht er sich deshalb auf und fliegt 3600 Kilometer weit ins Winterquartier nach Mexiko – eine beispiellose Leistung für diesen etwa daumengroßen, nur rund drei Gramm leichten Winzling!

Ein ähnlicher Überlebenskünstler ist der Andenkolibri (Oreotrochilus estella), der in Höhen von über 4000 Metern zu finden ist. Dort wächst seine Hauptnahrungsquelle, der buschige Korbblütler Chuquiragua insignis. Im Unterschied zu Arten, die in wärmeren Gegenden heimisch sind, nimmt er seine Nahrung im Sitzen auf. Ruht er länger, sinkt seine Körpertemperatur, damit er noch mehr Energie sparen kann.

Übrigens: Kolibris sind nur in der Neuen Welt zu Hause, wo sie mit 328 Arten die zweitgrößte Vogelfamilie des Kontinents darstellen. Man findet sie vom Süden Alaskas bis nach Feuerland, in heißen und kalten Wüstengebieten genauso wie in den tropischen Regenwäldern am Amazonas; nur ein gutes Dutzend Arten lebt in Nordamerika nördlich von Mexiko.

Tragen die Seglervögel ihren Namen zu Recht?

Nein, denn sie nutzen beim Fliegen nicht die Aufwinde (wie dies beispielsweise die Greifvögel tun), segeln also nicht. Die pfeilschnellen Dauerflieger sind perfekt an ein Leben im Flug angepasst. Ein stromlinienförmiger Körperbau, sichelförmige Flügel, die von besonders kräftigen Flugmuskeln bewegt werden, stark vergrößerte Handflügel und sehr fest gefügte Schwingen ermöglichen es den Vögeln, Geschwindigkeiten von über 100 Kilometern pro Stunde zu erreichen.

Zu den schnellsten gehören die Stachelschwanzsegler. Ihren Namen verdanken sie den starren, stachelspitzen Schwanzfedern, die ihnen als Stütze dienen, wenn sie sich zum Ausruhen an senkrechte Felswände anhängen – sie können sich nämlich mit ihren kurzen Füßen nicht mehr auf Ästen halten.

Übrigens: Diese Schnelligkeit hat den Halsbandseglern (Streptoprocne zonaris) in Brasilien den Spitznamen »Raketen« eingebracht.

Wofür sind Segler unter Feinschmeckern bekannt?

Für die Schwalbennestersuppe, deren wichtigste Zutat einige Arten der Stachelschwanzsegler liefern. Besonders begehrt sind die tassenförmigen Nester der Tafelsalanganen (Collocalia francica), die nur aus dem erhärteten Speichel der Vögel bestehen. Glanzsalanganen (Collocalia esculenta) und Bergsalanganen (Collocalia brevirostris) nutzen hingegen als Nistmaterial auch Pflanzenteile oder Federn, welche die Nester für Sammler weitgehend wertlos machen.

In den Höhlen des Archipels von Phaangha im Südosten Thailands werden zwischen März und August die napfförmigen, weißen Nester, welche die Vögel aus ihrem zähen, klebrigen, schnell härtenden Speichel anfertigen, eingesammelt. Auf primitiven, schwankenden Bambusleitern unternehmen die Einheimischen halsbrecherische Kletterpartien, um die Schwalbennester mithilfe einer dreizackigen Gabel zu ernten. Obwohl die Nistjäger ihrem Geschäft nur mit einer von der Regierung vergebenen Konzession nachgehen dürfen, scheint der Raubbau nicht verhindert werden zu können. Denn mit dem »weißen Gold Südostasiens« lassen sich im Jahr 5000 bis 6000 Euro verdienen.

Was kennzeichnet Mauersegler?

Vorderhand zeichnen sich Mauersegler (Apus apus) dadurch aus, dass sich ihr Leben weitgehend in der Luft abspielt. Im Sommer, wenn sie aus ihren afrikanischen Winterquartieren zurückgekehrt sind, kann man die wendigen Flieger auch bei uns in kleinen Trupps über die Dächer jagen sehen; mit ihren charakteristischen schrillen Schreien erfüllen sie die Luft. Von allen Vogelarten sind sie am perfektesten an diesen Lebensraum angepasst: Vor allem bei schönem Wetter schlafen sie sogar im Fliegen, außerdem paaren sie sich in der Luft. Lediglich für die Aufzucht ihres Nachwuchses suchen sie festen Untergrund auf. Viele halten die rußschwarzen Vögel mit dem weißen Kehlfleck für Schwalben, von denen sie sich aber durch die langen, sichelförmigen Flügel deutlich unterscheiden. Die extrem kurzen Beine münden in kräftige Klammerfüße, mit deren Hilfe sich Mauersegler an den meist senkrechten Wänden ihrer in Mauernischen, aber auch in Felsspalten und Baumhöhlen gelegenen Nistplätze festklammern können.

Übrigens: Neben dem Mauersegler ist in unseren Breiten, wenn auch selten, von Ende März bis Mitte Oktober noch der Alpensegler (Apus melba) anzutreffen. Er brütet vorrangig in Gebirgsgegenden und scheint gegenüber Standort und Partner sehr treu zu sein: In der Schweiz wurde ein Männchen beobachtet, das 17 Jahre lang das gleiche Nest aufsuchte, elf davon mit der gleichen Partnerin.

Wann wird die Ernährung für Mauersegler zum Problem?

Wenn nasskaltes und windiges Wetter die Insekten am Fliegen hindert, denn Mauersegler ernähren sich ausschließlich von Insekten, die sie im Flug fangen. Bleibt diese Nahrungsquelle aus, so ist nicht nur ihre Ernährung, sondern auch die ihrer Jungen gefährdet: Altvögel versorgen dann ihren Nachwuchs oft tagelang nicht mit Futter, da sie dem schlechten Wetter durch sog. Wetterflüge zu entfliehen versuchen oder im Nest auf Besserung warten, wobei sie bis zu vier Hungertage überstehen können.

Die Jungen vermögen für eine gewisse Zeit die widrigen Verhältnisse im Hungerschlaf auszuhalten: Bei auf ein Minimum herabgesenkter Körpertemperatur und Atemfrequenz können sie etwa eine Woche ohne Nahrung auskommen, sie verbrennen in dieser Zeit Körperfett und Muskelmasse. Sinkt ihr Körpergewicht jedoch unter 20 Gramm, kommt meist jede Hilfe zu spät. Anhaltend kalte und regnerische Perioden fordern immer wieder einen hohen Tribut unter den Vögeln. Schon in den ersten Augusttagen verlassen sie ihre Brutgebiete und fliegen in den Süden.

Haben alle Kolibris lange Schnäbel?

Nein. Während die meisten Kolibris mit mittellangen Schnäbeln ausgestattet sind, kann der des Schwertschnabelkolibris (Ensifera ensifera) bis zu zwölf Zentimeter lang werden, andere sind mit fünf bis acht Millimetern sehr kurz. Auch die Schnabelformen variieren stark: Manche sind gerade, andere nach unten oder nach oben gebogen. Die Schnabelspitze des Zahnschnabelkolibris (Androdon aquatorialis) ist sogar mit feinen, rückwärts gerichteten Zähnchen besetzt, die Insekten besonders gut festhalten können.

Die Zunge ist oft doppelt so lang wie der Schnabel, kann weit herausgestreckt werden und besitzt eine gegabelte Spitze, die wie eine Doppelröhre geformt ist. Der Nektar wird zunächst durch Kapillarwirkung in den Vorderteil der Zunge gesogen und dann durch Pressen der Zunge gegen die Schnabelinnenwand in Richtung Schlund befördert. Dieser Vorgang kann sich innerhalb einer Sekunde mehrfach wiederholen, so dass eine Blüte in kurzer Zeit leer gesaugt werden kann.

Wussten Sie, dass …

der kleinste Kolibri gerade einmal zwei Gramm wiegt? Es ist die Bienenelfe (Mellisuga helinae), deren Männchen nur sechs Zentimeter lang werden, wobei die Hälfte ihrer Länge auf Schwanz und Schnabel entfällt.

der Rubinkehlkolibri (Archilochus colubris) 26 Stunden ohne Pause fliegt? Auf seinem Flug von der Ostküste der USA, wo er brütet, in das mexikanische Winterquartier überquert er den Golf von Mexiko.

Wussten Sie, dass …

Mauersegler jedes Jahr zwischen Brutplatz und Überwinterungsgebiet etwa 190 000 Kilometer zurücklegen?

Welche Vögel kleben ihr Ei im Nest fest?

Die Baumsegler, die zusammen mit Seglern und Kolibris die Ordnung der Seglerartigen (Apodiformes) bilden. Ihr Nest ist im Verhältnis zur Körpergröße der Vögel das kleinste aller Vogelnester: ein winziger, aus Rindenstückchen und Federn zusammengeklebter »Löffel«, der an einen Ast geleimt wird und nur einem einzigen Ei, das zur Sicherheit ebenfalls festgeklebt wird, Platz bietet.

Übrigens: Baumsegler sind keine so ausgeprägten Dauerflieger wie die Segler. Aber auch sie ernähren sich von Insekten, die sie im Flug fangen. Sie leben auf Bäumen und können somit – anders als die Segler – auch auf Ästen sitzen. Eines ihrer Kennzeichen ist der tief eingeschnittene, gabelförmige Schwanz.

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