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Kunststoff: Das Allround-Talent und seine Herausforderungen

Kunststoffe sind aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken. Denn sie sind mittlerweile in fast allen Bereichen unseres täglichen Lebens präsent – egal, ob als Verpackungsmaterial, Wärmedämmung oder Bestandteil von Lacken. Doch die Branche ist angesichts ihrer Umweltauswirkungen umstritten und ruft immer mehr Gegner auf den Plan. Die Frage lautet daher: Wie lässt sich dies alles mit einem steigenden Nachhaltigkeitsbewusstsein vereinen? In diesem Artikel begeben wir uns auf eine spannende Reise rund um das Thema Kunststoff, stellen Verwendungsmöglichkeiten vor und beleuchten die Bemühungen der Sparte, umweltfreundlicher zu agieren.
Symbolbild Kunststoffe

© Vlad Antonov, GettyImages

Sechs große Kunststoffkategorien

Ob Polyethylen oder Polypropylen – Kunststoff kann verschiedene Bezeichnungen und Zusammensetzungen haben. Was alle Varianten eint, ist die Tatsache, dass es sich dabei um Werkstoffe handelt, die vordergründig aus Makromolekülen bestehen. Auch ihre technischen Eigenschaften sind weitgehend ähnlich. So zeichnen sich Kunststoffe durch Formbarkeit, Härte, Elastizität oder Bruchfestigkeit aus. Ebenso sind sie temperatur- und wärmeformbeständig sowie chemisch beständig. All das macht sie in vielen Bereichen unseres täglichen Lebens unverzichtbar. Dabei entfallen etwa 90 Prozent der weltweiten Produktion, die jährlich etwa 350 Tonnen beträgt, auf folgende sechs Kunststoffe:

  • Polyethylen (PE): Polyethylen gibt es in drei verschiedenen Qualitäten: HD-PE (High-Density-PE), LLD-PE (Linear-Low-Density-PE) und LD-PE (Low-Density-PE). Je nach Qualität wird dieser Kunststoff beispielsweise zur Herstellung von Flaschen, Getränkekästen, Fässern, Batteriegehäusen oder Behältern verwendet, genauso wie für die Produktion der Verpackungsfolien von Zigarettenpäckchen, CDs, Papiertaschentüchern, Büchern oder für Tragetaschen.
  • Polypropylen (PP): Lebensmittelverpackungen zählen zum größten Anwendungsgebiet von Polypropylen. Außerdem profitiert die Automobilindustrie von diesem Kunststoff, der zum Beispiel für Luftfilter- und Scheinwerfergehäuse, Spoiler, Sitzbezüge oder Gaspedale verwendet wird. Ein weiterer großer Anwendungsbereich ist das Bauwesen. So bestehen etwa Gartenmöbel, Möbelscharniere, Toilettendeckel oder Kunstrasen aus Polypropylen. Zudem werden Brillenetuis, Koffer oder medizinische Geräte daraus gefertigt.
  • Polyvinylchlorid (PVC): Polyvinylchlorid ist aufgrund seiner hervorragenden Eigenschaften wie Steifigkeit, Härte, Beständigkeit gegen Säuren, Basen, Fette, Alkohole oder Öle, oder der Tatsache, dass diese Variante schwer entflammbar ist, ein wahrer Allrounder. Bodenbeläge, Dichtungen, Schläuche, Kunstleder oder Tapeten gehören zu den wichtigsten Anwendungen.
  • Polystyrol (PS): Insbesondere die Elektrotechnik profitiert von diesem Kunststoff, der etwa zur Isolierung von elektrischen Kabeln oder als Material für Gehäuse verwendet wird. Ebenso ist Polystyrol als Dämmstoff bekannt und auch so manche Verpackung besteht daraus.
  • Polyurethan (PU/PUR): Die bekannteste Anwendung dieser Kunststoffart sind Polyurethanschaumstoffe, die in weiterer Folge wichtig für Matratzen, Sitzmöbel, Schwämme oder als Dämmmaterial sind. Ebenso spielt PUR eine wichtige Rolle beim Rostschutz von Auto-Karosserien. Polyurethan besteht aus den Rohstoffen Polyol, Isocyanat und einem Vernetzer.
  • Polyethylenterephthalat (PET):  PET-Flaschen dürften wohl jedem ein Begriff sein – dieser Kunststoff kommt aber auch in der Elektrotechnik, etwa in Haushalts- oder Küchengeräten sowie in Computern, zum Einsatz. Ebenso findet er Anwendung im Maschinenbau, für Zahnräder, Lager, Schrauben oder Federn, oder auch in der Medizin. So benötigen etwa Gefäßprothesen diesen Kunststoff.

Medizin, Verpackungsindustrie & Co. profitieren

Allein diese Aufzählung veranschaulicht: Kunststoffe finden sich so gut wie in allen Alltagssituationen. In der Medizin revolutionierte der Werkstoff sogar so manchen Prozess. So dient Kunststoff etwa als Grundlage für die Herstellung von Implantaten und spielt auch bei medizinischen High-Tech-Geräten und Verbänden eine essenzielle Rolle. Eigenschaften wie seine Formbarkeit, Sterilität und Langlebigkeit sowie die Undurchlässigkeit von Flüssigkeiten verbessern so die Gesundheitsversorgung. Aber nicht nur die Medizin profitiert von Kunststoff, sondern auch in der Verpackungsindustrie ist dieser Werkstoff unerlässlich, denn dabei handelt es sich um eine hygienische und effiziente Lösung. In der Elektronikindustrie tragen Kunststoffe wiederum dazu bei, leichte, flexible und langlebige High-Tech-Geräte zu schaffen, die unseren Alltag längst prägen. Im Bauwesen sorgt dieser Werkstoff hingegen für eine energieeffiziente Dämmung, starke Fenster oder innovative Fassadengestaltungen. Und im Transportbereich trägt Kunststoff dazu bei, dass Fahrzeuge immer leichter werden und somit Kraftstoff gespart wird.

Die Schattenseiten des vielseitigen Werkstoffes

Wer sich mit den Vor- und Nachteilen von Kunststoff auseinandersetzt und sich die aktuelle Debatte zu Gemüte führt, kommt rasch mit einem weiteren großen Pluspunkt des Werkstoffes in Berührung: mit seinem attraktiven Preis. Denn im Vergleich zu anderen Materialien sind Kunststoffe oft kostengünstiger herzustellen, was sie zu einer wirtschaftlichen Wahl für viele Anwendungen macht. Darüber hinaus ist Kunststoff äußerst vielseitig, wodurch eine effiziente Massenproduktion möglich wird, was wiederum die Kosten senkt. Doch obwohl die Herstellung von Kunststoffen zwar insgesamt – im Vergleich zu Metall oder Glas – weniger Energie und Ressourcen verbraucht, so steht sie dennoch in der Kritik. Dies liegt daran, dass die Herstellung mit verschiedenen Problemen verbunden ist:

  • erfordert fossile Brennstoffe wie Erdöl und Erdgas
  • verstärkt die Abhängigkeit von nicht erneuerbaren Energien
  • setzt große Mengen an Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2) und Methan frei
  • Material stellt ernsthafte Umweltbelastung dar
  • Kunststoffe sind oft schwer zu recyceln
  • Kunststoffe haben eine lange Zersetzungsdauer
  • Abbau von Kunststoffen führt zur Bildung von schädlichen Mikroplastikpartikeln

Im Umgang mit Kunststoff ist es daher wichtig, dass auch die diversen Umweltaspekte nicht außer Acht gelassen werden. Denn Fakt ist: Plastik verschmutzt Land und Meere und stellt die Entsorgung vor Herausforderungen. Ein ordnungsgemäßer Umgang mit dem Material sowie das richtige Recyceln von Kunststoffabfällen sind daher unerlässlich, um die Umweltbelastung zu minimieren und nachhaltigere Alternativen zu fördern.

Bemühungen für eine nachhaltigere Zukunft

Nicht nur die Gesellschaft, sondern auch die Kunststoffindustrie hat mittlerweile realisiert, dass nachhaltiges Handeln nicht mehr nur entscheidend, sondern das Gebot der Stunde ist. Um die Umweltbelastung zu minimieren, werden daher von der Industrie verschiedene Maßnahmen gesetzt. Eine wichtige Rolle spielen dabei Initiativen zur Reduzierung von Plastikmüll. Das heißt: Unternehmen investieren zunehmend in Forschung und Entwicklung, um neue Recyclingtechnologien voranzutreiben. Eine neue Studie zeigt, dass eine absolut nachhaltige Kunststoffwirtschaft möglich ist.

Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Herstellung biologisch abbaubarer Alternativen zu Kunststoffen bzw. auf biobasierten Kunststoffen, die aus erneuerbaren Quellen wie Pflanzen oder Algen gewonnen werden. Vorteile, welche durch einen solchen Ersatz entstehen sollen, sind etwa die Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen in der Produktion und allgemein die Verringerung der Umweltauswirkungen.

Außerdem setzen verschiedene Unternehmen bereits auf nachhaltige Produktionsmethoden, wie den vermehrten Einsatz erneuerbarer Energien, einen effizienteren Ressourceneinsatz oder verwenden zunehmend recycelte Kunststoffe. Der größte Industriebereich in Deutschland, in dem recycelte Kunststoffe verwendet werden, ist beispielsweise die Getränkeindustrie. Diese verbannt zunehmend Einweg-PET-Flaschen aus dem Alltag und versucht, das Pfandsystem voranzutreiben.

Ein weiterer innovativer Ansatz liegt in veränderten Designansätzen, die darauf abzielen, Produkte so zu gestalten, dass sie einfacher recycelt oder wiederverwendet werden können. Dazu gehören beispielsweise das Design von leicht zerlegbaren Produkten oder die Verwendung von einheitlichen Kunststoffarten, um die Sortierung und Wiederverwertung zu erleichtern.

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