Lexikon

Handke

Peter, österreichischer Schriftsteller, * 6. 12. 1942 Griffen, Kärnten; zeigt in seinen frühen Werken die Abhängigkeit des Menschen von der Sprachkultur in einer Flut von Worten und Phrasen und sucht in bewusster Nutzung des sprachlich Möglichen nach neuen Darstellungsweisen seiner „Wirklichkeit“. In neuerer Zeit greift er zunehmend auf die klassisch-literarische Tradition des psychologischen Erzählens zurück. Prosa: „Die Hornissen“ 1966; „Der Hausierer“ (Kriminalgeschichte) 1967; „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“ 1970; „Der kurze Brief zum langen Abschied“ 1972; „Die linkshändige Frau“ 1976; „Langsame Heimkehr“ 1979; „Das Gewicht der Welt“ 1977; „Die Lehre der Sainte-Victoire“ 1980; „Der Chinese des Schmerzes“ 1983; „Die Wiederholung“ 1986; „Versuch über den geglückten Tag“ 1991; „Mein Jahr in der Niemandsbucht“ 1994; „In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus“ 1997. Bühnenwerke: „Publikumsbeschimpfung“ 1966; „Kaspar“ 1968; „Das Mündel will Vormund sein“ 1969; „Der Ritt über den Bodensee“ 1970; „Über die Dörfer“ 1982; „Die Stunde da wir nichts voneinander wussten“ 1992.
  • Erscheinungsjahr: 1970
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Die Angst des Tormanns beim Elfmeter
  • Genre: Erzählung
Beim Verlag Suhrkamp in Frankfurt am Main erscheint die Erzählung »Die Angst des Tormanns beim Elfmeter« von Peter Handke (* 1942), die Beschreibung einer Schizophrenie. Der ehemalige Tormann Bloch ermordet eine Kinokassiererin und flieht in den Süden. Obwohl nicht in der Ich-Form erzählt wird, ist der Leser ganz auf die Perspektive Blochs festgelegt. Dessen gestörtes Verhältnis zur Realität wird dadurch offenkundig, dass er die Dinge und die Worte oft nicht mehr zusammenbringen kann. Die Erfahrung der Welt durch das Medium Sprache wird zum zentralen Thema des Buchs.
  • Erscheinungsjahr: 1972
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Der kurze Brief zum langen Abschied
  • Genre: Erzählung
Die Erfahrung, dass Sehen und Wieder sehen zusammengehören, verbindet sich in Peter Handkes (* 1942) Erzählung »Der kurze Brief zum langen Abschied«, erschienen beim Verlag Suhrkamp in Frankfurt am Main, mit der Forderung nach einem neuen Sehen, das auf jede Voraussetzung verzichtet. Der Erzählung liegt Gottfried Kellers »Der grüne Heinrich« als vorgegebenes Raster zugrunde. Die Funktion dieser erzählerischen »Wiederholung« liegt in der Spannung von Wiederentdeckung und Verfremdung des Vor-Bildes.
  • Erscheinungsjahr: 1979
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Langsame Heimkehr
  • Genre: Erzählung
Einen Einschnitt im Werk von Peter Handke (* 1942) markiert die Erzählung »Langsame Heimkehr«, erschienen beim Verlag Suhrkamp in Frankfurt am Main. Das Buch beschreibt in drei Kapiteln die Geschichte Valentin Sorgers, eines ins Niemandsland an den Polarkreis verschlagenen Geologen, seit Jahren entfernt von Heimat und Familie, innerlich entfernt auch vom Bewusstsein dieser Distanz. Doch deren Erkenntnis vollzieht sich in bewusst gestalteter Langsamkeit. Vom Indianerdorf in Alaska über die amerikanische Westküste zur Ostküste und nach New York führt der zögernde Rückweg, den die Erzählung nicht vollendet. In der Metropole findet Sorger für sein »Bedürfnis nach Heil« eine Antwort, die sich zu einem »Gesetz« formt: »Ich erkläre mich verantwortlich für meine Zukunft, sehne mich nach der ewigen Vernunft und will nie mehr allein sein. So sei es.« Die Religiosität, die Sorger als Defizit in sich spürt, erfährt ihre Erfüllung allerdings nicht in den Versprechungen tradierter Offenbarung. Sinn kann nicht mehr gefunden, sondern muss erfunden, »frei fantasiert« werden. Handke ruft mit dieser Position, die auf die Philosophie Friedrich Nietzsches verweist, auch heftige Kritik hervor. Die Erzählung ist der erste Teil einer Tetralogie. Als Fortsetzungen erscheinen 1980 »Die Lehre der Sainte-Victoire«, 1981 »Kindergeschichte« und »Über die Dörfer«.
  • Erscheinungsjahr: 1977
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Das Gewicht der Welt
  • Genre: Ein Journal (November 1975-März 1977)
Beim Verlag Suhrkamp in Frankfurt am Main erscheint unter dem Titel »Das Gewicht der Welt« die erste Sammlung unverbundener Einzelbeobachtungen Peter Handkes (* 1942). Dieses Journal stellt den bisher radikalsten Versuch Handkes dar, den Gegenständen und Erfahrungen der alltäglichen Wirklichkeit jenseits von Vorurteil und Funktion eine sprachliche Realität zu schaffen, die ihnen ihr eigenes Gewicht belässt.
  • Erscheinungsjahr: 1983
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Der Chinese des Schmerzes
  • Genre: Erzählung
Wie schon in der »Angst des Tormanns beim Elfmeter« (1970) beschreibt Peter Handke (* 1942) auch in der Erzählung »Der Chinese des Schmerzes« einen Mord, dessen Vorgeschichte, den eigentlichen Tathergang und die Auswirkungen der Tat auf den Täter. Gleichzeitig wird die Erzählbarkeit dieses Geschehens zum Problem. Der Erzähler, Andreas Loser, folgt bei einem Spaziergang einer frisch gesprayten Hakenkreuzspur durch den Wald und tötet den Sprayer, einen Nazi. Diese Tat wird für Loser zur Herausforderung des eigenen Schicksals.
  • Erscheinungsjahr: 1994
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Mein Jahr in der Niemandsbucht
  • Genre: Ein Märchen aus den neuen Zeiten
In seinem von Umfang mehr als 1000 Seiten und Attitüde bedeutendsten Werk schildert der Icherzähler Gregor Keuschnig, der in vielem an Peter Handke denken lässt auch äußerlich, er lebt z.B. wie der Autor in Versailles , die Geschichte seiner »Verwandlung«, die ihn befähigt hat, das vorliegende Buch zu schreiben. Er erzählt dabei von sieben Freunden, einem Sänger, einem Maler, einem Zimmermann, seinem Sohn, einem Leser, einer Freundin sowie einem Pfarrer. Während letzterer im heimatlichen Österreich bleibt, ziehen die anderen in die Welt, nach Schottland, Spanien, Japan, Jugoslawien und Griechenland, nach Deutschland und ins östliche Mittelmeer. Der Schriftsteller hingegen reflektiert über das Richtige schreiben, über den wahren Ausdruck, der ihm offensichtlich zu dem Zeitpunkt, als er das Buch verfasst 1997 , zur Verfügung steht. Offensichtlich hat kurz zuvor ein Bürgerkrieg stattgefunden, der eine »Neue Welt« hat entstehen lassen. Alle Last scheint von der Welt genommen. Handkes Opus erhält, wie praktisch alle seine Werke der letzten Jahre, ein geteiltes Echo in der Kritik.
  • Erscheinungsjahr: 1997
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus
  • Genre: Roman
Wie in fast allen Prosawerken und Theaterstücken seit Ende der 70er Jahre besingt Peter Handke auch in dem Roman »In einer dunklen Nacht ging ich aus meinem stillen Haus« die Schönheiten der Natur und trauert einem Zustand nach, als die Welt noch in Ordnung war und die Dinge noch gemächlich ihren Gang gingen. Erzählt wird die »Liebes- und Abenteuergeschichte« eines Salzburger Apothekers, der beschließt, den Sommer in der Abgeschiedenheit der Berge zu verbringen, bei einem nächtlichen Überfall im Wald die Sprache verliert und sich mit einem Skiläufer und einem Dichter auf eine Reise nach Santa Fe in Spanien begibt. Eine mysteriöse Fremde zieht ihn in den Bann. Auf der Suche nach ihr durchstreift er die öde spanische Landschaft und findet mit der Sprache auch die gesuchte Frau wieder, die wundersam verwandelt erscheint. Wie bei vorangegangenen Werken erntet Handke auch für diesen Roman vereinzelt begeisterte Zustimmung, meist jedoch geradezu höhnische Kritik: Obwohl der Dichter in einer prätentiösen Sprache unausgesetzt das Mysterium beschwöre, sei sein Buch langweilig und geheimnislos, heißt es.
  • Erscheinungsjahr: 1966
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Publikumsbeschimpfung
  • Genre: Sprechstück
Unter der Regie von Claus Peymann wird am 8. Juni im Theater am Turm in Frankfurt am Main das Stück »Publikumsbeschimpfung« von Peter Handke (* 1942) uraufgeführt. Mit seinem Debütwerk durchbricht Handke alle Theatertraditionen. Die Schauspieler spielen Publikum und applaudieren am Ende dem Parkett. Ziel ist es, auf Sprachklischees aufmerksam zu machen und sie in Frage zu stellen.
  • Erscheinungsjahr: 1968
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Kaspar
  • Genre: Sprechstück
Der aus Kärnten stammende Peter Handke (* 1942), einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Autoren der Nachkriegsgeneration, beschäftigt sich in seinem Sprechstück »Kaspar«, das am 11. Mai im Theater am Turm in Frankfurt am Main (Inszenierung: Claus Peymann) und an den Städtischen Bühnen Oberhausen uraufgeführt wird, mit dem Findelkind Kaspar Hauser, das 1828 in Nürnberg auftauchte und 1833 in Ansbach ermordet wurde. Handke gibt allerdings keine Biografie Kaspar Hausers: »Das Stück „Kaspar“ zeigt nicht, wie ES WIRKLICH IST oder WIRKLICH WAR mit Kaspar Hauser. Es zeigt, was MÖGLICH IST mit jemandem. Es zeigt, wie jemand durch Sprechen zum Sprechen gebracht werden kann. Das Stück könnte auch „Sprechfolterung“ heißen«, schreibt der Autor in der Einleitung. Gezeigt wird, wie die »Einsager« durch diese »Sprechfolterung« das Bewusstsein des bis zu seinem Auftauchen in Nürnberg sprechunfähigen Kaspar in einer Weise formen, die zerrüttend wirkt.
  • Erscheinungsjahr: 1969
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Das Mündel will Vormund sein
  • Genre: Pantomime
Am 31. Januar wird das Stück »Das Mündel will Vormund sein« von Peter Handke (* 1942) im Theater am Turm in Frankfurt am Main unter der Regie von Claus Peymann uraufgeführt. In dieser Pantomime verzichtet Handke völlig auf das gesprochene Wort. Sichtbar gemacht werden Herrschaftsstrukturen durch Zeichensysteme (Blicke, Gestik, Rituale). Am Anfang des Stückes steht die Unterweisung des Mündels, am Ende sein Aufstand in die falsche Richtung als Ergebnis sinnlos-zielstrebigen Gehorchens.
  • Erscheinungsjahr: 1982
  • Veröffentlicht: Österreich
  • Verfasser: Handke, Peter
  • Deutscher Titel: Über die Dörfer
  • Genre: Dramatisches Gedicht
Unter der Regie des als Filmregisseur bekannten Wim Wenders wird am 8. August bei den Salzburger Festspielen das dramatische Gedicht »Über die Dörfer« von Peter Handke (* 1942) uraufgeführt. Das Stück ist nach »Langsame Heimkehr« (1979), »Die Lehre der Sainte-Victoire« (1980) und »Kindergeschichte« (1981) ein weiterer Teil des poetischen Versuchs grundlegender Orientierung in einer Welt ohne verbindliche Werte und Religion. Das »dramatische Gedicht« wird geprägt von der Spannung zwischen Heil und Hoffnungslosigkeit, Verdammung und Verklärung. Geschildert werden die Widersprüche und Antagonismen zwischen Mitgliedern einer Familie, die wie Glieder einer Kette aneinander hängen und sich voneinander losreißen wollen, die sich suchen und vertreiben, sich gegenseitig helfen und bis an die Grenze des Vernichtenwollens bekämpfen.
Im Nationalitätenkonflikt des ehemaligen Jugoslawien ergriff Handke trotz öffentlicher Kritik immer wieder Partei für die serbische Seite: „Eine winterliche Reise zu den Flüssen Donau, Save, Morawa und Drina oder Gerechtigkeit für Serbien“ 1996; „Sommerlicher Nachtrag zu einer winterlichen Reise“ 1996; „Die Fahrt im Einbaum oder Das Stück zum Film vom Krieg“ (Drama) 1999.
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