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Tierdichtung

die meist erzählende Dichtung, in deren Mittelpunkt Tiere stehen. Die älteste, bei fast allen Völkern bekannte Form der Tierdichtung ist das Tiermärchen, in dem Tiere auftreten, die menschliche Eigenschaften und Empfindungen haben und auch sprechen können. Die Tierfabel gibt in allegorischer Weise den Tieren (Löwe, Fuchs, Lamm u. a.) feste menschliche Charakterzüge (Stolz, List, Sanftmut) und verspottet in lehrhaften Geschichten die menschlichen Schwächen. Der berühmteste Fabeldichter des Altertums war Äsop. In der Reformationszeit wude die Fabel als Satire im Religionsstreit benutzt (J. Fischarts „Flöhhatz“). Einen neuen Höhepunkt erreichte die Fabel bei J. de La Fontaine, J. W. L. Gleim, C. F. Gellert und G. E. Lessing.
Eine umfangreichere Form der Tierdichtung ist das Tierepos. Das erste Tierepos ist die „Batrachomyomachia“, eine Parodie auf die Epen Homers. In Deutschland entstand um 1045 das satirische lateinische Tierepos „Ecbasis captivi“. Die erste Erzählung in deutscher Sprache ist „Reinhart Fuchs“ (entstanden 1180) von Heinrich dem Glîchesaere mit Anspielungen auf das zeitgenössische Hofleben. Die Geschichte des listigen Fuchses behandelt auch Goethes „Reineke Fuchs“ 1794. Eine neue Art der Tierdichtung begann zu Ende des 19. Jahrhunderts mit Erzählungen, die ohne satirische Absicht oder symbolische und allegorische Einkleidung nur die Tierseele in ihrer Eigenart beschreiben wollten, meist in einer menschenähnlichen Gefühlswelt. Die bekanntesten Erzählungen dieser Art sind Werke von H. Löns („Mümmelmann“ 1909), „Die Biene Maja“ von W. Bonsels und das „Dschungelbuch“ von R. Kipling.

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