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Himmelsblumen zu Silvester (Podcast 215)

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Wissenswertes zum Feuerwerk

Jeder kennt es, und die meisten freuen sich auch darauf – das Silvesterfeuerwerk.  Es gehört genauso zum ewig gleichen Jahreslauf wie liebevoll verpackte Weihnachtsgeschenke oder auch gefüllte Ostereier. Das ist gut für die pyrotechnische Industrie, die mit ihren Raketen, Böllern und Knallfröschen stets Umsätze von mehr als 100 Millionen Euro pro Jahr einfährt. Doch wer hat das Feuerwerk eigentlich erfunden, und wann ist es nach Deutschland gekommen? Darf jeder mit Feuerwerk hantieren, oder sind Besonderheiten zu beachten? Und schließlich: Gibt es auch gute Gründe gegen die Silvesterknallerei? wissen.de-Autor Kai Jürgens lässt zum Jahreswechsel eine bunte Rakete steigen. Mit Heuler!
 

Am Anfang war der Knall

Die Ursprünge des Feuerwerks liegen im Dunkeln. Sicher ist, dass im China der Song-Dynastie erste Knallkörper entwickelt wurden; zu dieser Zeit – um 1000 nach Christus – war auch das Schwarzpulver bereits erfunden. Die Mischung als Kaliumnitrat, Holzpulver und Schwefel wird bis heute als Explosivstoff verwendet; bei den Chinesen diente sie ursprünglich dazu, „Feuerpfeile“ anzutreiben. So ist aus dem Jahr 1166 ein militärischer Einsatz dieser frühen Raketen überliefert. Offenbar wurde Schwarzpulver aber nicht nur zu kriegerischen Zwecken, sondern auch für rituelle Handlungen gebraucht, was unserer heutigen Verwendungsweise deutlich näher kommt.

Dazu muss man wissen, dass Schwarzpulver nicht nur knallt, sondern auch farbig abbrennen kann – wenn man ihm entsprechende Stoffe beimischt. Nachdem die Kenntnis der im Mittelalter als „Donnerkraut“ bezeichneten Erfindung nach Europa vorgedrungen war, wurde das Kraut zuerst in Italien weiterentwickelt. Für 1379 ist aus Florenz eine funkensprühende Taube überliefert; spätestens ab 1495 existierten Feuerwerke als eigenständige Schauspiele. Ihre prächtige Wirkung blieb der Kirche nicht verborgen, und so nutzten die Päpste in Rom die sprühenden Lichter für ihre Zwecke. Italien blieb in dieser Hinsicht lange Zeit führend, doch auch in Frankreich interessierte man sich sehr für diese Technik. Insbesondere der seit 1643 regierende König Ludwig XIV. nutzte für seine Feste pyrotechnische Effekte.

Zwischen dem 16. und dem 18. Jahrhundert hatte das Feuerwerk in Europa dann seine große Zeit. Es handelte sich nun um gesellschaftliche Ereignisse, die auf Flugblättern angekündigt wurden und dabei zu Ehren von Taufen, Hochzeiten und Krönungen abgebrannt wurden. In Wien brachte es um 1750 der Feuerwerker Johann Georg Stuwer zu großem Ansehen. Er inszenierte derart prächtige Lichtschauspiele, dass mitunter mehrere zehntausend Menschen zu Veranstaltungsorten wie den Praterwiesen strömten. Selbst Arbeiten von Goethe soll Stuwer mit den Mitteln der Pyrotechnik inszeniert haben. Mit dem sich abzeichnenden Ende der Monarchie erlosch allerdings auch das Zeitalter der Großfeuerwerke, die sich zudem als schlicht unbezahlbar erwiesen.
 

Fastnacht und Feuerwerksmusik

Der erste Nachweis für ein Feuerwerk in Deutschland findet sich für das Jahr 1506: Zu Ehren Kaiser Maximilian wurde ein großes Feuerwerk veranstaltet. In der Folgezeit bildeten sich vor allem Nürnberg und Dresden als Zentren der Pyrotechnik heraus. In Nürnberg etwa wurde der Schembartlauf, ein Brauch aus der Fastnacht, mit Feuerwerk unterstützt, bis die Veranstaltung 1539 wegen „grober Ausschweifungen“ verboten wurde. Die Stadt hielt aber an Großfeuerwerken fest, die von dem Dichter Hans Sachs nicht ohne Begeisterung schriftstellerisch festgehalten wurden. Auch entwickelte sich Nürnberg zu einer berühmten Ausbildungsstätte für Pyrotechniker. Die Probefeuerwerke, die dabei zum Einsatz kamen, erfreuten sich rasch großer Beliebtheit.
    
In der Geschichte des Feuerwerks darf der Name Georg Friedrich Händel nicht fehlen, obwohl er zur Pyrotechnik nur indirekt beigetragen hat. Der in Halle geborene Komponist legte 1748 die Music for the Royal Fireworks vor, die der britische König Georg II. bestellt hatte. Anlass war der soeben geschlossene Aachener Frieden, der nun mit einem Feuerwerk gefeiert werden sollte. Händels Werk erregte so großes Aufsehen, dass bereits die Proben von 12.000 Menschen besucht wurden. Chronisten berichten, dass das Orchester aus über einhundert Musikern bestand. Das Feuerwerk fand am 27. April 1749 statt und war wegen ungünstiger Witterung ein Misserfolg, bei dem nur die begleitende Musik zu glänzen und zu leuchten vermochte.

Heute glänzen und leuchten nicht zuletzt die Verkaufszahlen, was das Geschäft mit Feuerwerkskörpern betrifft. Zum Jahreswechsel 2011/2012 erwirtschaftete die Branche allein in Deutschland über 113 Millionen Euro. Als europäischer Marktführer gilt die in Nordrhein-Westfalen beheimatete Firma Weco, die seit 1948 pyrotechnische Artikel herstellt. Ihre Produktion beläuft sich unterdessen auf rund 25 Millionen Feuerwerksraketen und etwa 100 Millionen artverwandte Produkte pro Jahr. Neben knallenden Klassikern wie Fröschen, Kanonenschlägen und Böllern sind jede Menge Raketensortimente im Angebot. Besonders aufwändig sind Batteriefeuerwerke, bei denen jeweils eine eigene kleine Komposition aus verschiedenen Feuerwerkskörpern zum Einsatz kommt.
 

Was knallt denn hier? Risiken und Nebenwirkungen

Grundsätzlich unterscheidet man Boden- und Höhenfeuerwerke. Zu letzteren zählt alles, was in den Himmel geschossen wird oder sich mittels Treibsatz dorthin bewegt. Bodenfeuerwerke wie „Fontänen“ oder „Sonnen“ sind hingegen im Grund verankert. Dann gibt es noch eine Einteilung nach vier Klassen: Groß- und Mittelfeuerwerke dürfen nur von ausgebildeten Pyrotechnikern abgebrannt werden; Klein- und Kleinstfeuerwerke hingegen sind zum Jahresende allen zugänglich, die das jeweils erforderliche Mindestalter erreicht haben. Grundsätzlich gilt: Nur offiziell verkaufte Produkte genügen den Anforderungen – Privatimporte sind nicht nur verboten, sondern auch gefährlich. Durch stärkere Befüllung mit Schwarzpulver und unregelmäßig glimmende Zündschnüre können Unfälle drastische Konsequenzen haben.

Doch die Gefahr für Leib und Leben durch unsachgemäß gezündete Böller sind nur ein Aspekt. Das jährliche Silvesterfeuerwerk ist eine Umweltschädigung ersten Ranges, bei der nicht nur Lärm und Dreck, sondern auch Feinstaub in beträchtlichem Umfang freigesetzt wird. Messungen belegen Werte, die um den Faktor 6.000 erhöht sind. Aktionen wie „Brot statt Böller“ erinnern zudem daran, dass man sein Geld auch sinnvoller anlegen kann, anstatt es buchstäblich in den Himmel zu pusten. Andererseits aber gehört das Feiern zur Natur des Menschen, und kaum ein Brauch ist mit so ästhetischen Effekten verbunden wie das Silvesterfeuerwerk. Wer also Spaß daran hat, der kann auch in diesem Jahr wieder Raketen in allen Regenbogenfarben aufsteigen lassen. In diesem Sinne: Frohes neues Jahr!
 

 

von wissen.de-Autor Kai Jürgens

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