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Muscheln & Co. – delikat und vielfältig

Was haben Austern, Tintenfische und Weinbergschnecken gemeinsam? Sie lassen erstens jedes Feinschmeckerherz höherschlagen und gehören zweitens zu den Weichtieren oder Mollusca, mit rund 130 000 Arten einer der vielfältigsten Stämme im Tierreich. Hier finden sich sowohl der sagenumwobene Riesenkrake als auch die Nacktschnecke, die so manchen Gärtner um den Schlaf bringt, und die Perlmuschel, der wir den kostbaren Perlenschmuck verdanken.

Der weiche Körper, der den Mollusken ihren Namen gegeben hat (vom lateinischen mollis, weich), wird typischerweise von einer harten Kalkschale geschützt. Die meisten Schnecken sind nur mit einer einzigen Schale ausgestattet, die gewöhnlich spiralig zu einem Gehäuse gewunden ist, in das sie sich bei Gefahr zurückziehen. Die Schale der Muscheln besteht dagegen aus zwei Teilen, die durch ein Scharnier verbunden sind und von einem Band zusammengehalten werden. Bei Tintenfischen und Kalmaren liegt die Schale im Körperinneren und verleiht den Tieren im Wasser Auftrieb.

Die meisten Weichtiere sind Meeresbewohner, einige leben aber auch im Süßwasser und die Schnecken haben sogar das Land erobert. Unter den Meeresschnecken gibt es nicht nur viele auffällig bunte Vertreter, sondern auch Arten mit besonders großen Schneckenhäusern: Das Gehäuse der Trompetenschnecke beispielsweise diente im alten Rom als Instrument, um die Bürger zu den Waffen zu rufen. Der Riese unter den Muscheln ist die Mördermuschel, deren Schale bis zu 200 Kilogramm schwer werden kann.

Ebenfalls im Meer zu Hause sind die Stachelhäuter, die ihren Namen zu Recht tragen, wenn man beispielsweise an den Seeigel denkt. Wer beim Baden mit ihm schon einmal in Berührung gekommen ist, wird diese unangenehme Begegnung wohl so schnell nicht vergessen. Doch nicht alle Vertreter sind so »waffenstarrend« wie die Seeigel. Bei manchen Arten fallen die Stacheln sehr klein aus, bei anderen ist die Haut nur mit kurzen Dornen bestückt. Typisch ist der fünfstrahlige Körperbau, der beim Seestern besonders augenfällig ist. Die fünf gleichen Segmente enthalten jeweils einen Satz aller wichtigen Organe. In der Haut eingelagerte Kalkplatten verleihen dem Körper Festigkeit. Einzigartig ist die Regenerationsfähigkeit der Stachelhäuter, denn sie können Glieder, Arme und Stacheln, ja selbst ihre Eingeweide erneuern.

Schnecken: Mit und ohne Haus

Warum gehören Schnecken zu den Weichtieren?

Weil ihr eigentlicher Körper weich ist und, wenn überhaupt, nur durch das Gehäuse geschützt ist. Die Schnecken (Klasse Gastropoda) sind mit 110 000 Arten die am stärksten besetzte Weichtierklasse. Sie leben meistens im Meer, es gibt aber auch Süßwasserformen und einige Arten haben das Land erobert. Meeresschnecken tragen ihre Kiemen entweder vor dem Herzen (Vorderkiemer), wie z. B. die meisten marinen Gehäuseschnecken, oder dahinter (Hinterkiemer), so etwa die marinen Nacktschnecken. Bei Süßwasser- und Landschnecken ist die Mantelhöhle in eine Lunge umgewandelt (Lungenschnecken). Die meisten Schnecken sind mit einer Schale ausgestattet, die gewöhnlich spiralig zu einem Gehäuse – dem Schneckenhaus – gewunden ist, in das sie sich bei Gefahr zurückziehen.

Viele Vorderkiemer können den Eingang überdies durch einen Deckel verschließen. Es gibt auch napfartige oder flache Schalen, und zuweilen ist das Gehäuse völlig rückgebildet. Kopf und Gehirn sind gut entwickelt; die Fühler tragen an der Spitze Linsenaugen. Die meisten Schnecken weiden mit ihrer Raspelzunge (Radula) Pflanzenwuchs ab, doch es gibt auch räuberische Formen.

Wie kommt die Schnecke in ihr Schneckenhaus?

Gar nicht, denn ihr Gehäuse ist ein Körperorgan und wächst von innen heraus. Schneckengehäuse bestehen aus Kalk (Calciumcarbonat), der von einer dünnen organischen Membran überzogen ist, die das Gehäuse bei Wasserschnecken vor der Auflösung schützt. Abgeschieden wird das stets einschalige Gehäuse vom Mantel. Da Eingeweidesack und Mantel spiralig gewunden sind, sind es die Schneckenhäuser ebenfalls; die Gehäusewand, die im Inneren zusammenstößt, bildet eine Spindel, die sog. Columella. An dieser Spindel setzt der Spindelmuskel an, der die einzige feste Verbindung zwischen Schneckenkörper und Gehäuse darstellt. Dieser kräftige Muskel besteht aus mehreren Strängen und entspringt im Kopf-Schlund-Bereich sowie im Fußbereich. Zieht er sich zusammen, wird der Weichkörper ins Gehäuse gezogen, wo er vor Feinden und Witterungseinflüssen gut geschützt ist.

Da das Schneckenhaus im Laufe des Lebens mit seiner Bewohnerin mitwächst, verlagert sich auch die Ansatzstelle des Spindelmuskels an der Spindel immer weiter nach unten.

Haben Nacktschnecken ihr Haus verloren?

Im Prinzip schon, allerdings nicht als Individuen, sondern als Art. Im Laufe der Evolution der Landlungenschnecken hat sich das Gehäuse äußerlich vollständig zurückgebildet – daher die Bezeichnung Nacktschnecken; nur unter dem Mantelschild am Rücken findet man noch einen Schalenrest. Besonders verbreitet ist bei uns die 15 Zentimeter lange Rote Wegschnecke (Arion rufus). Sie ist wie ihre Verwandten eine reine Pflanzenfresserin und kann bei massenhaftem Auftreten in Gemüsebeeten und Gewächshäusern schwere Schäden anrichten. Sogar Bäume erklimmt sie und lässt sich an einem selbst produzierten Schleimfaden wieder herab; mechanische Barrieren kann sie also problemlos überwinden. Zwei weitere Vertreter des gefräßigen Trios sind die Große Schwarze Wegschnecke (Arion ater) und die Gartenwegschnecke (Arion hortensis).

Wie werde ich Nacktschnecken im Garten wieder los?

Die Mittel, um Nacktschnecken im Garten zu bekämpfen, sind vielfältig. Als umweltverträglich gelten das Absammeln und das Einfangen in »Bierfallen«. Ersteres ist mühsam, Letzteres hat den Nachteil, dass der Biergeruch die Schnecken aus der ganzen Nachbarschaft zur »Party« lockt. Spezielle Schneckenzäune sind eine weitere Möglichkeit, die gefräßigen Raspler von Gemüse und Salat abzuhalten.

Chemische Bekämpfungsmittel, die meist als »Schneckenkorn« vertrieben werden, enthalten – wie etwa das Limex-Schneckenkorn – in der Regel Metaldehyd, eine höchst wirksame, aber nicht unbedenkliche Chemikalie. Sie entzieht dem Schneckenkörper Wasser. Alternativ werden Schneckenmittel (Molluskizide) mit dem Wirkstoff Eisen-III-Phosphat angeboten (Ferramol-Schneckenkorn), der den Schnecken den Appetit verderben soll.

Warum sind die Mäntel vieler Könige rot bzw. purpur gefärbt?

Weil dieser Farbstoff früher äußerst kostbar war. Schon die alten Phönizier in Tyrus benutzten Absonderungen aus den Drüsen bestimmter Schnecken zum Färben: Während die Purpurschnecke (Trunculariopsis trunculus oder Murex trunculus) ein lichtes Purpur lieferte, färbten sich die Sekrete von Brandhorn (Murex brandaris) und Rotmund-Leistenschnecke (Thais haemastoma) im Sonnenlicht purpurviolett.

Im alten Rom trugen Mitglieder der kaiserlichen Familie und des Adels purpurgefärbte Gewänder. Purpur war äußerst wertvoll: Für ein einziges Gramm benötigte man rund 10 000 Schnecken, wovon die riesigen Schalenfelder bei Tyrus und der berühmte Monte Testaceo (Schalenberg) bei Tarent beredtes Zeugnis ablegen. Noch heute erinnern die Purpurmäntel der Kardinäle an die einstige Bedeutung des Purpurs, auch wenn dieser Farbstoff inzwischen chemisch hergestellt wird.

Können Fadenschnecken explodieren?

Die Ordnung der Fadenschnecken (Ordnung Aeolidioidea) kann tatsächlich als letztes Mittel der Verteidigung gegen Fraßfeinde explodieren. Diese marinen Nacktschnecken ernähren sich ausschließlich von Nesseltieren. Deren gefährliche Nesselkapseln nutzt die Schnecke für ihre eigene Feindabwehr: Sie wandern in die Rückenanhänge der Schnecke und bilden dort eine explosionsbereite Batterie. Schnappt ein Fisch eine derart »geladene« Fadenschnecke, so speit er sie sofort wieder aus.

Kann man Schnecken essen?

Ja, bei manchen Feinschmeckern gelten sie sogar als Delikatesse, etwa Weinbergschnecken in Baden und der Pfalz. Seit der Antike stehen Schnecken auf der Speisekarte, im Mittelalter wurden sie als Fastenspeise in Klostergärten gezüchtet. Heute werden Weinbergschnecken kommerziell für den Verzehr gehalten; in der freien Natur stehen sie bei uns unter Schutz.

Wussten Sie, dass …

die meisten Schnecken nur mit einer Schale ausgestattet sind, Muscheln dagegen immer mit zweien?

das Porzellan den glänzenden Schalen von Schnecken seinen Namen verdankt? Als Marco Polo Ende des 13. Jahrhunderts das erste chinesische Porzellan nach Europa brachte, erinnerte es seine Landsleute an die von ihnen »porcellana« genannten Schnecken.

Muschelgeld eigentlich Schneckengeld heißen müsste, da es sich dabei um Gehäuse der Kaurischnecke (Cypraea moneta) handelt?

Muscheln: Von Schalen geschützt

Wie fressen Muscheln ohne Mund?

Muscheln sind sog. Filtrierer: Ihre großen, bewimperten Kiemen dienen einerseits zur Atmung und andererseits zum Einstrudeln von Nahrungsteilchen. Diese haften am Schleimteppich der Kiemen und werden wie über ein Fließband in die Mundöffnung transportiert. Raspelzunge, Kopf und Gehirn fehlen den überwiegend festsitzenden (sessilen) erwachsenen Muscheln. Die meisten Arten sind getrenntgeschlechtig, es gibt aber auch Zwitter.

Die rund 20 000 Arten der Muscheln (Klasse Bivalvia) besiedeln sowohl das Meer als auch Süßwasser. Ihr typisches Merkmal ist die zweiklappige Schale. Beide Schalenhälften sind durch ein Scharnier verbunden, ein Band hält sie zusammen. Für einen festen Verschluss der beiden Hälften sorgen ein oder zwei Schließmuskeln. Bei geöffneter Schale kann die Muschel ihren meist zungenförmigen Fuß ausstrecken, um zu graben oder sich am Untergrund festzuklammern.

Wieso sind Muschelvergiftungen so gefährlich?

Sie führen bei Menschen zu heftigen Magen-Darm-Beschwerden und Lähmungserscheinungen. Ausgelöst werden sie von Giften wie Saxitoxin oder der Okadasäure, die von Einzellern, sog. Plankton, stammen und sich im Muschelkörper anreichern. Daher ist in manchen Ländern das Sammeln von Muscheln bei Planktonblüte verboten. Trotzdem werden viele Muschelarten vom Menschen zur Ernährung genutzt, und einige gelten sogar als ausgesprochene Delikatessen.

Was zeichnet die Jakobsmuschel aus?

Die Jakobs- oder Pilgermuschel (Pecten jacobaeus) schmückte einst die Hüte der Pilger auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela. – Übrigens: In Frankreich wird sie als »Coquille Saint Jacques« serviert.

Die Jakobsmuschel zählt zur Familie der Kammmuscheln (Pectinidae), die sich dadurch auszeichnen, dass sie kurze Strecken nach dem Rückstoßprinzip schwimmen: Ihre Schalen rhythmisch auf- und zuklappend, werden sie von dem ausströmenden Wasser angetrieben. An ihrem Mantelrand befinden sich zahlreiche Linsenaugen, mit deren Hilfe sie sich orientieren und Feinde orten können.

Werden Austern tatsächlich lebend verzehrt?

Ja, zumindest in Europa. Hier gelten Austern (Ostreoidea) als ein Leckerbissen, der am liebsten frisch und noch lebend verzehrt wird. Austern dürften wohl die begehrtesten essbaren Muscheln sein. Die Europäische Auster (Ostrea edulis) ist die wirtschaftlich bedeutendste Austernart. Sie besitzt zwei unregelmäßig geformte Schalenhälften und hat nur noch einen verkümmerten Fuß. Sie kommt an der gesamten europäischen Küste vor; an der Nordseeküste lebt sie in lockeren Kolonien, die natürlichen Massenvorkommen beschränken sich auf Felsküsten. Während die Portugiesische Auster (Crassostrea angulata) und die Amerikanische Auster (Crassostrea virginica) getrenntgeschlechtig sind, ist die Europäische Auster ein Zwitter.

Warum bilden Muscheln Perlen?

Um sich vor einem eingedrungenen Fremdkörper zu schützen. Gelangt beispielsweise ein Sandkorn ins Innere einer Muschel, so können Zellen der Manteloberfläche bei manchen Muschelarten um dieses Sandkorn eine Schale abscheiden, die genauso aufgebaut ist wie die Muschelschale, jedoch umgekehrt geschichtet ist: Die irisierende Perlmutterschicht liegt nicht innen, sondern bildet die glänzende Außenhülle. Eine solche Perle behält ihren Glanz 100 bis 150 Jahre. Als Schmuckstück getragen, »erblindet« sie durch chemische Einflüsse wie Luft, Parfüm oder Hautsäuren allerdings meist viel früher. Besonders geschätzt sind kugelförmige Perlen in den Farben Cremeweiß, Schwarz und Rosé.

Um 1920 gelang es in Japan, Zuchtperlen zu produzieren. Um die Muscheln zur Bildung einer Perle zu veranlassen, wird ein Fremdkörper in die Perlmuschel eingebracht. Dabei achtet man darauf, dass er nur von einer sehr dünnen Perlmutterschicht überzogen wird. Auf diese Weise lassen sich nicht nur Perlen, sondern auch andere Implantate – beispielsweise kleine Buddhafiguren – »verkleiden«.

Warum sind Bohrmuscheln so gefährlich?

Weil sie große Schäden an Holzbauwerken anrichten. Anfang des 18. Jahrhunderts wäre es ihretwegen in Holland fast zu einer Überschwemmungskatastrophe gekommen. Bohrmuscheln hatten den Holzunterbauten der Dämme so zugesetzt, dass sie einzustürzen drohten. Inzwischen verwendet man für solche Zwecke Greenheart- und Teakholz, das die Bohrmuscheln verschmähen. Aber auch sonst setzen Schiffsbohrmuscheln den Seefahrern zu, denn sie ernähren sich von Holz, in das sie sich hineinbohren. Die Muschellarven fressen sich ähnlich wie Holzwürmer, die Larven des Klopfkäfers, durch das Holz, was ihnen zusammen mit ihrer gestreckten Gestalt den Namen »Schiffswurm« oder »Bohrwurm« eingetragen hat. Insbesondere die außergewöhnlich fruchtbare Gemeine Schiffsbohrmuschel (Teredo navalis) kann in Hafenanlagen und an Schiffsrümpfen großen Schaden anrichten. Der Fuß der etwa einen Meter langen Norwegischen Schiffsbohrmuschel (Teredo norvegica) ist zurückgebildet; dafür sind ihre beiden Schalenhälften zu einem Bohrwerkzeug umgebildet. Der eigentliche Muschelkörper ist nackt und von einer nur dünnen Kalkschicht umgeben.

Wie werden Austern gezüchtet?

Um die Europäische Auster (Ostrea edulis) zu kultivieren, werden im Flachwasser sog. Brutfänger oder Kollektoren (»collecteurs«) wie Buschwerk oder gekalkte Dachziegel ausgelegt, auf denen sich die Austernlarven festsetzen. Nach etwa einem Jahr werden die jungen Austern, die dann als Saataustern bezeichnet werden, eingesammelt. Anschließend werden sie etwa anderthalb Jahre zunächst in Zuchtparks oder Holzkisten und zuletzt in Mastparks (»claires«) gehalten. Haben sie ein Gewicht von 50–60 g erreicht, sind sie groß genug, um in den Handel gebracht zu werden. Berühmt für ihre Austernzucht ist die Bretagne.

Wussten Sie, dass …

die Mördermuschel mit einer Schalenlänge von 1,40 m und etwa 500 kg Gewicht die größte und schwerste aller Muscheln ist?

die Jakobsmuschel als Markenzeichen des Shell-Konzerns bekannt ist? »Shell« ist die englische Bezeichnung für Muschel und Schale.

die größte echte Perle, mit einem Gewicht von 7 kg Anfang der 1930er Jahre in einer Mördermuschel entdeckt wurde?

Kopffüßer: Hoch entwickelte Räuber

Wie lange gibt es schon Kopffüßer auf der Erde?

Sehr lange, ihre evolutionären Ursprünge liegen mehr als 500 Millionen Jahre zurück. Im Kambrium, also in der ältesten Epoche des Erdaltertums, beherrschten mehr als 1500 Gattungen von räuberisch lebenden Kopffüßern die Meere: die Ammoniten. Ihre gekammerten, spiralig gewundenen Schalen konnten bei manchen Arten die Größe eines Lastwagenreifens erreichen. Wegen ihrer großen Formenvielfalt und weil die zahlreichen Arten sich relativ rasch veränderten, spielen Ammoniten heute bei der Altersbestimmung von Sedimentgestein als Leitfossilien eine wichtige Rolle. Wie ihre nahen Verwandten mit gestrecktem Gehäuse, die Belemniten, starben die Ammoniten etwa zeitgleich mit den Dinosauriern gegen Ende der Kreidezeit, vor 65 Millionen Jahren, aus.

Warum ist das Perlboot ein lebendes Fossil?

Weil das Gemeine Perlboot (Nautilus pompilius), das im tropischen Indopazifik zu Hause ist, ein Überlebender aus der Blütezeit der Kopffüßer ist, dem Erdmittelalter. Als einzige gegenwärtig noch lebende (rezente) Gattung besitzen die fünf Nautilus-Arten ein spiralförmiges, gekammertes Gehäuse. Es kann bei einem weiblichen Tier einen Durchmesser von bis zu 30 Zentimetern erreichen (die Männchen werden dagegen nur etwa einen Zentimeter groß) und ist innen mit Perlmutt ausgekleidet. In der zuletzt gebildeten und größten Kammer »wohnt« das Perlboot. Die Trennwände der einzelnen Kammern werden von einem Ausläufer des Tieres – dem sog. Sipho – durchzogen, der bis in die Spitze reicht: Mit seiner Hilfe kann das Tier die Gasfüllung im Gehäuse und damit seinen Auftrieb regulieren.

Perlboote tragen um die Mundöffnung einen doppelten Kranz von bis zu 90 Tentakeln, die kurz und ohne Saugnäpfe sind. Als nächtliche Bodenjäger ernähren sich die in 60 bis 600 Metern Tiefe lebenden Perlboote von Krebstieren und Aas. Ein Tintenbeutel fehlt ihnen, und statt der Linsenaugen haben sie nur einen primitiven Augentyp entwickelt, der nach dem Prinzip einer Lochkamera funktioniert.

Kann man mit Tintenfischtinte schreiben?

Natürlich – früher diente die Tinte sogar als Ausgangsstoff für die Farbherstellung! Fast alle Arten der auch als Cephalopoden bezeichneten Kopffüßer besitzen einen Tintenbeutel, der mit einer bräunlich schwarzen Flüssigkeit gefüllt ist. Diese »Tinte« besteht aus hochkonzentriertem Melanin, einem Pigment, das auch beim Menschen bei Sonneneinstrahlung für die begehrte Hautbräune sorgt. Aus diesem Sekret wurde früher nach einem bestimmten Verfahren die unter der Bezeichnung Sepia bekannte Farbe hergestellt; sie wurde zum Schreiben und als Malerfarbe verwendet. Dieser sog. Tinte verdankt die ganze Tiergruppe also die Bezeichnung Tintenfische. Eingesetzt wird die Tinte vor allem auf der Flucht: Bei Gefahr stoßen die Tiere schwarzbraune Tintenwolken aus, die dem Gegner die Sicht nehmen und ein Entkommen erleichtern.

Übrigens: Kopffüßer haben mit echten Fischen genauso wenig zu tun wie Wal-»Fische« (außer, dass beide natürlich auch im Wasser leben). Wollte man sich zoologisch korrekt ausdrücken, müsste man von »Tintenschnecken« sprechen.

Haben Tintenfische ein Rückgrat?

Der Gemeine Tintenfisch schon, dort heißt es »Schulp«. Dabei handelt es sich um einen Schalenrest, der ins Körperinnere der Tiere verlagert wurde und uns aus den Vogelkäfigen als Nahrungsergänzung für die gefiederten Lieblinge bekannt ist. Der Gemeine Tintenfisch oder Sepia (Sepia officinalis) kommt überall im Atlantik und auch im Mittelmeer vor und erreicht eine Körperlänge von bis zu 65 Zentimetern. Er gehört zu den zehnarmigen Kopffüßern (Ordnung Decabrachia) und hat acht normale sowie zwei verlängerte, einziehbare Fangarme. Typisch sind der flache, ovale Körper mit seinem Zebramuster und der wellenförmige Flossensaum, mit dem er sich gewöhnlich fortbewegt. Der Schulp ist gekammert und von Lufträumen durchzogen; er verleiht dem Tintenfisch Auftrieb.

Tagsüber warten Sepien im Sand vergraben auf Beute. Pigmentzellen in der Haut ermöglichen ihnen eine perfekte Tarnung, denn sie können ihre Körperfärbung dem Untergrund anpassen. Solange sich die Beute – etwa ein Krebs oder Fisch – noch außer Reichweite befindet, »schleicht« sich die Sepie vorsichtig näher heran. Dann schnellt sie ihre Fangarme vor, packt ihr Opfer mit den keulenförmigen Enden, zieht es zu ihrem Schnabel hin und beißt zu.

Gibt es die legendären Riesenkalmare wirklich?

Ja, sie gibt es, aber bisher wurden die Tiere fast noch nie in ihrem natürlichen Lebensraum beobachtet: So gut wie alles, was wir über diese Tiere wissen, die wahrscheinlich in 500 bis 1000 Metern Tiefe leben, stammt von toten oder verletzten Tieren, die zum Beispiel durch Seebeben an die Wasseroberfläche getrieben wurden. Wie groß die Tiefseekalmare der Gattung Architeuthis werden, kann nur geschätzt werden. Ein 1933 an der Küste Neufundlands angeschwemmtes totes Exemplar war 22 Meter lang und mehrere Tonnen schwer. Das etwa 1,2 Meter lange Organ »Gladius« der Riesenkalmare sieht in der Tat aus wie ein Schwert (dies ist die Bedeutung des lateinischen Wortes »gladius«), und ihre Augen sind mit rund 30 Zentimetern Durchmesser die größten im Tierreich.

Auch was die Lebensweise dieser Giganten angeht, sind wir auf Vermutungen und Rückschlüsse angewiesen. Die Mägen angeschwemmter Tiere waren leer, doch vermutlich ernähren sie sich von Fisch. Erwachsene Tiere dürften nur einen Feind haben: den Pottwal. Denn in deren Mägen fanden sich immer wieder Überreste von Riesenkalmaren, darunter waren Saugnäpfe mit 10–25 Zentimetern und Augen von sogar 40 Zentimetern Durchmesser. Dies legt nahe, dass die Körper der Riesenkalmare noch größere Ausmaße erreichen, als die wenigen bisherigen Funde zeigen.

Sind alle Kalmare riesig?

Nein. Das Größenspektrum von Kalmaren ist wahrhaft erstaunlich: Es reicht von der etwa einen Zentimeter langen Zwergidiosepie (Idiosepia pygmaeus) bis hin zum Riesenkalmar. Unterschieden werden die einzelnen Arten anhand der Anordnung ihrer Saugnäpfe auf Armen und Tentakeln, die mit gezähnten Chitinringen besetzt sind, um die schlüpfrige Beute festhalten zu können.

Kalmare sind die einzigen wirbellosen Tiere, die es beim Schwimmen an Wendigkeit, Geschwindigkeit und Ausdauer mit Fischen aufnehmen können.

Faszinierend sind auch die Riesennervenfasern der Kalmare, die ihnen bei der Jagd blitzschnelle Reaktionen erlauben: Sie erreichen einen Durchmesser von etwa einem Millimeter, das ist etwa das 50- bis 100-fache des Durchmessers der dicksten Faser im menschlichen Nervensystem.

Welche Kalmare werden besonders gern gegessen?

Das ist der Nachwuchs der Loligo-Arten. Die kleinen Kalmare schlüpfen als Miniaturausgaben ihrer Eltern und können sofort fressen und fliehen. Das ist wichtig, denn während der Laich den meisten Räubern nicht schmeckt, sind die Jungtiere für viele ein Leckerbissen. Auch aus der Küche vieler meeresnaher Länder sind »Kalamares« oder »Calamari« nicht mehr wegzudenken. Besonders leicht lassen sie sich zur Paarungszeit fangen, wenn sie in großen Schwärmen bis kurz unter die Wasseroberfläche aufsteigen. Loligo-Arten können zwei bis drei Jahre alt werden. Nach Paarung und Eiablage sind die Tiere stark geschwächt; viele sterben sofort oder fallen Seelöwen, Haien und Delfinen zum Opfer.

Der Gemeine Kalmar (Loligo vulgaris) ist im Nordatlantik und im Mittelmeer zu Hause und kann eine Länge von 30 bis 45 Zentimetern erreichen. In seiner Lebensweise erinnert er an die Sepien. Er ist ein Küstenbewohner und befestigt seinen Laich mit Haftstielen am Meeresboden. Sein naher Verwandter, der Nordamerikanische Kalmar (Loligo pealei), folgt in großen Schwärmen seinen Beutefischen.

Stimmt es, dass Kraken sehr gelehrig sind?

Ja, das stimmt, Kraken (Octopoden, eine Teilgruppe der Achtarmigen Tintenfische) sind in der Tat äußerst lernfähig. Als ihnen der bekannte Unterwasserforscher Jacques Cousteau einen Hummer in einer verstöpselten Glasflasche vorsetzte, lernten die Tiere rasch, den Korken herauszuziehen. Noch erstaunlicher ist, dass die Tiere auch durch »Abgucken« lernen können: Ein Oktopus wurde darauf trainiert, zwischen einem schwarzen und einem weißen Ball zu unterscheiden, und erhielt bei richtiger Wahl eine Futterbelohnung. Sein untrainierter Kollege, der ihn aus dem Nachbarbecken beobachten konnte, wählte von Anfang an richtig. Lernen durch Nachahmung gilt jedoch als Voraussetzung für planvolles Handeln und höhere geistige Fähigkeiten; somit muss man den Kraken durchaus Intelligenz zusprechen.

Wie knacken Kraken die Panzer von Schalentieren?

Gepanzerte Beutetiere wie beispielsweise Hummer werden mit den kräftigen Kiefern, die an einen Papageienschnabel erinnern, geknackt. Verdauungssäfte verflüssigen dann die Nahrung so weit, dass sie eingesogen werden kann. Als Bodenbewohner kriechen Kraken auf der Suche nach Fischen, Krebsen und Schnecken umher oder lauern in einer Höhle oder hinter einem selbst gebauten Steinwall auf Beute.

Wie werben Sepienmännchen?

Auf eine sehr friedliche Weise: mit Farben! Für die Sepien als Augentiere spielen optische Reize bei der Paarungswerbung eine besonders wichtige Rolle. Bevor das Männchen seine Samenkapsel mithilfe eines speziellen Geschlechtsarms (Hektokotylus) in die Begattungstasche des Weibchens einführen darf, um dessen Eier zu befruchten, muss es die Auserwählte durch ein brillantes Farbspiel betören. Trifft es dabei auf einen Nebenbuhler, so liefern sich beide Männchen ein regelrechtes »Farbduell«.

Wie funktioniert das Rückstoßprinzip?

Schon mehrere hundert Millionen Jahre bevor der Mensch den Düsenantrieb entwickelte, haben die Kopffüßer das Rückstoßprinzip zur Fortbewegung genutzt. Dazu nehmen sie Wasser in ihre Mantelhöhle auf und verschließen diese dicht. Dann ziehen sie die Muskulatur in ihrem Mantel zusammen und pressen das aufgenommene Wasser unter hohem Druck durch den nach vorn weisenden Trichter unter dem Kopf, so dass das Tier in die entgegengesetzte Richtung davonschießt. Da der Trichter schwenkbar ist, können die Tiere sich auch zielgerichtet bewegen und ihn zum Beispiel »zurückbiegen«, um vorwärts zu schwimmen. Sepien und vor allem Kraken benutzen diesen »Düsenantrieb« vorwiegend bei Gefahr, Kalmare hingegen bewegen sich immer auf diese Weise fort. Einige Arten können sich sogar beträchtliche Strecken weit über die Wasseroberfläche katapultieren, um ihren Feinden zu entkommen.

Wussten Sie, dass …

die torpedoförmigen Arten der Kalmare die schnellsten Schwimmer unter den Wirbellosen sind? Mit ihrem Rückstoßantrieb erreichen sie kurzzeitig bis zu 80 km/h.

die meisten Krakenmütter nach dem anstrengenden Geschäft der Brutpflege vor Erschöpfung sterben?

Gibt es leuchtende Kalmare?

Ja, die gibt es. Die nur etwa zwölf Zentimeter lange Wunderlampe (Lycoteuthis diadema) besitzt einen durchsichtigen Mantel und verschiedenfarbige Leuchtorgane – ein Paar davon sogar an der Spitze ihrer Tentakel. Diese Leuchtorgane unterscheiden sich nicht nur im Aufbau ihres Gewebes voneinander, sondern auch in der Farbe und Helligkeit des abgegebenen Lichts.

Seesterne und Seeigel: Festsitzend und freischwimmend

Sind Seelilien und Haarsterne ein- und dasselbe Tier?

Ja, das ist richtig: Seelilien und Haarsterne sind zwei unterschiedliche Entwicklungsstufen eines einzigen Wesens. Als Seelilien bezeichnet man die sesshaften Formen. Sie bestehen aus einem Stiel, auf dem ein Rumpf in Form eines Fingerhuts aufsitzt; von diesem Rumpf wiederum gehen fünf Arme aus. Der Stiel kann eine beachtliche Länge erreichen: bei der größten lebenden Seelilie Metacrinus superbus über zwei Meter. Fossile Funde im Muschelkalk beweisen, dass es Seelilien bereits im Trias gab, also vor rund 230 Millionen Jahren.

Irgendwann löst sich von der festsitzenden Seelilie ein zarter Stern und schwimmt davon – ein Haarstern ist entstanden. Anders als die Seelilien haben Haarsterne mehr als fünf Arme – manche Arten bis zu 200! Mit ihren auf der Unterseite gelegenen Füßchen, den sog. Zirren, krallen sie sich an Schwämmen oder Korallen fest. Haarsterne können kriechen, rollen, gehen und durch Schlagen ihrer Arme sogar kurze Strecken schwimmen. Pigmentkörner in ihrer dünnen Haut sorgen für ihre schillernden Farben. Haarsterne leben verborgen oder als Kugel zusammengerollt am Riff. Nachts kriechen sie hervor, halten sich mit ihren Füßchen an exponierten Stellen fest und fischen nach Plankton. Dabei helfen ihnen die bewimperten und mit einem klebrigen Schleim überzogenen Fiederchen oder Pinnulae an den Armen.

Wo haben Seesterne Mund und After?

Seesterne nehmen ihre Nahrung über eine Öffnung in der Mitte der Körperunterseite auf, die zugleich Mund und After ist. Einige Arten verzichten auf die Ausbildung eines Verdauungssystems, denn sie können ihre Beute außerhalb ihres Körpers verdauen. Dazu stülpen sie den Magen über ihre Beute und sondern Verdauungssäfte ab, die das Gewebe des Opfers zersetzen. Anschließend wird die verdaute Masse wieder zusammen mit dem Magen in den Körper hineingesogen.

Seesterne sind ein beliebtes Mitbringsel aus dem Badeurlaub, was wegen ihrer ungewöhnlichen Form nicht verwundert. Die rund 1500 Arten der Seesterne oder Asteroidea, wie sie wissenschaftlich heißen, besitzen in der Regel fünf, seltener bis zu 50 Arme. Auf deren Unterseite befinden sich tiefe Rinnen, die mit Füßchen besetzt sind. Ihr Körper ist aus kleinen, beweglichen Kalkplättchen aufgebaut. Die dornig-stachelige Oberseite ist meist auffällig gefärbt, häufig rot, orange oder gelb, während die Unterseite heller ist. Viele Seesterne sind Allesfresser und ernähren sich von Schwämmen, Moostierchen, Seescheiden und Weichtieren.

Wächst aus dem abgebrochenen Arm eines Seesterns ein neues Tier?

Ja. Bei der ungeschlechtlichen Fortpflanzung schon. Seesterne sind äußerst regenerationsfähig: Aus einem einzigen Körperteil – etwa einem Arm – kann ein vollständiges neues Tier entstehen. Einige Seesternarten pflanzen sich mithin ungeschlechtlich fort, indem sie einen Arm abbrechen oder sich in der Mitte spalten. Meistens praktizieren sie jedoch die geschlechtliche Fortpflanzung, bei der Eier und Samen zur Befruchtung ins Wasser abgegeben werden. Wie Insekten entwickeln sich Seesterne im Allgemeinen über ein Larvenstadium. Die Larven haben Wimpern und eine zweiseitig symmetrische Form.

Die sehr unterschiedlich gefärbten Kissensterne (Gattung Culcita) scheinen so gar nicht dem Bild eines Seesterns zu entsprechen, denn sie sind dicklich und haben auch keine Arme. Der Bau der Dornenkrone (Acanthaster planci) weicht ebenfalls von der bekannten fünfzackigen Form ab, denn sie besitzt eine Vielzahl von Armen.

Nahe Verwandte der Seesterne sind die Schlangensterne (Klasse Ophiuroidea). Ihre dünnen, einfachen oder auch verzweigten Arme sind aus wirbelförmigen Skelettstücken zusammengesetzt und werden durch Muskeln bewegt. Schlangensterne sind daher sehr beweglich und schnell. Als scheue Tiere leben sie in Hohlräumen, die von Schwämmen und Feuerkorallen gebildet werden. Bei Berührung werfen sie ihre Arme ab, die anschließend jedoch wieder nachwachsen. Schlangensterne fressen meist Plankton und Aas oder den Bewuchs auf Felsen und Pflanzen. Anders als Seesterne haben sie keinen Verdauungstrakt in den Armen.

Was ist die »Laterne des Aristoteles«?

Dabei handelt es sich gewissermaßen um das Gebiss der Seeigel, denn sie haben – untypisch für Stachelhäuter – einen Kauapparat ausgebildet, der aus fünf hakenförmigen, stets nachwachsenden Zähnen mit je einem eigenen Kiefergerüst besteht. Diese sind durch Muskeln beweglich miteinander verbunden und bilden einen komplizierten Kieferapparat, der auf- und zugeklappt werden kann. Bereits Aristoteles (384–322 v. Chr.) beschrieb diesen Kauapparat und da er an eine Laterne erinnert, wird er auch als »Laterne des Aristoteles« bezeichnet.

Zerstört die Dornenkrone ihre Umwelt?

Teilweise ja. Denn meist siedeln die 30 bis 60 Zentimeter großen Dornenkronen in Korallenriffen, die vor der Brandung gut geschützt sind. Hier finden die Nahrungsspezialisten einen reich gedeckten Tisch: Sie fressen nämlich ausschließlich Korallenpolypen.

Bei ihren ausgedehnten Mahlzeiten, die vier bis sechs Stunden dauern können, weidet eine Dornenkrone pro Tag eine Fläche von etwa 300 bis 400 Quadratzentimetern ab. Dabei stülpt sie ihren Magen durch die Mundöffnung nach außen, breitet ihn über den Korallenstock aus und sondert Fermente ab, die das Korallengewebe zersetzen. Anschließend werden die Gewebepartikel zum Mund und in die in den Armen liegenden Verdauungsorgane befördert.

Explodiert der Bestand an Dornenkronen durch Umwelteinflüsse, können sie ihren Lebensraum durchaus »überweiden« und hinterlassen dann kahle Riffe.

Sind alle Seeigel kugelförmig?

Nein, es gibt auch solche mit abgeplatteter oder länglicher Form. Der Körper der Seeigel (Klasse Echinoidea) ist kugelförmig bis leicht abgeplattet. Er ist aus fest gefügten Skelettplatten aufgebaut, die eine starre Schale bilden. Auf ihr sitzen bewegliche Stacheln, mit deren Hilfe sich die Tiere fortbewegen, Nahrung suchen und Feinde abwehren können – Letzteres sogar manchmal unter Einsatz von Giftstoffen.

Denjenigen Fischen und Garnelen, die mit Seeigeln in Symbiose leben, gewähren die Stacheln darüber hinaus einen hervorragenden Schutz. Selbst die Giftstacheln des Feuerseeigels (Asthenosoma varium) sind von kleinen Garnelen besiedelt, und auf dem Schwarzen Diademseeigel (Diadema setosum) kann man bei genauem Hinsehen hervorragend getarnte, schwarzweiß gestreifte Garnelen entdecken.

Neben den vollkommen symmetrisch geformten, langstacheligen Seeigeln, die auch als »reguläre Seeigel« bezeichnet werden, gibt es Arten von gestreckter, zweiseitig symmetrischer Gestalt; sie werden »irreguläre Seeigel« genannt. Bei ihnen ist die Afteröffnung zur Seite hin verschoben, während die Mundöffnung zentral oder aber auf der entgegengesetzten Seite liegt. Dadurch entsteht oft eine eiförmige, flache oder herzförmige Körperform.

Die irregulären Seeigel haben borstenartige, deutlich kürzere und dichter stehende Stacheln. Während sie überwiegend Fleischfresser sind, gehören die meisten symmetrischen Seeigelarten zu den Pflanzenfressern.

Für Seeigel ungewöhnlich sind beispielsweise die Körperformen der Sanddollars (Ordnung Clypeasteroidea), die kurze, weiche Stacheln besitzen und scheibenförmig abgeflacht sind. Auch die ovalen bis herzförmigen Herzseeigel (Ordnung Spatangoidea) stechen mit ihren dünnen, kurzen Stacheln, die eher an Borsten erinnern, hervor. Beide Arten graben sich im Sand ein und sind so für Freund und Feind nahezu unsichtbar. Werden Herzseeigel gestört, springen sie förmlich aus dem Sand und graben sich anschließend blitzschnell wieder ein.

Kann man Seegurken essen?

Ja. Im asiatischen Raum werden Seeigel und Seegurken als Nahrungsmittel genutzt. In Japan ist z. B. der Seeigelrogen beliebt und in China schätzt man gekochte und getrocknete Seegurken, die oft als Suppe zubereitet werden. Als »Trepang« oder »Bêche de mer« werden getrocknete Seegurken auch exportiert. Vielleicht ist es ihrer Form geschuldet, dass Seegurken auch als Aphrodisiakum gegessen werden.

Atmen Seegurken mit ihren Lungen Wasser statt Luft?

Ja: Obwohl sie im Meer leben, weisen Seegurken eine Wasserlunge auf, mit der sie ihren Sauerstoffbedarf decken. Diese Wasserlunge besteht aus zwei vom Enddarm ausgehenden verzweigten Schläuchen, die sich durch den ganzen Körper winden. Über sie kann das Tier frisches, sauerstoffreiches Wasser einsaugen.

Wie ihr Name schon andeutet, haben Seegurken (Klasse Holothuroidea) einen länglichen, muskulösen und flexiblen Körper mit einer Mundöffnung inmitten eines Tentakelkranzes an einem Ende und einem After am anderen.

Obwohl sie äußerlich eine bilaterale Symmetrie aufweisen, zählen sie doch zu den Stachelhäutern, denn wie bei diesen sind alle wichtigen Organe fünffach vorhanden. Die Seegurken umfassen rund 1100 Arten. Anstelle eines festen Skelettes besitzen sie eine elastische, ledrige Haut, in der Kalknadeln (Sklerite) eingelagert sind.

Wie verteidigen sich Seegurken?

Seegurken verteidigen sich mit den sog. Cuvier'schen Schläuchen gegen ihre Angreifer: Es sind äußerst klebrige Schleimfäden, die auch Giftstoffe enthalten können und von der Seegurke aus ihrer Bauchhöhle abgefeuert werden. Damit schreckt sie Fressfeinde wie zum Beispiel Kegelschnecken ab und macht sie notfalls sogar kampfunfähig.

Seegurken leben verborgen unter Korallenschutt oder im Meeresboden, kriechen über Sand oder Felsen und fressen Sand oder vielmehr die feine organische Schicht, welche die Felsen überzieht. Hinsichtlich Form, Größe, Farbe und Gestalt gibt es starke Variationen. Einige Arten sind nur wenige Zentimeter lang, andere bringen es hingegen auf eine Körpergröße von bis zu zwei Meter.

Betrachtet man die an europäischen Küsten vorkommenden Arten, die meist einfarbig braun, schwarz, grau oder gelblich gefärbt sind, so würde man wohl kaum vermuten, dass es auch ausgesprochen bunte Arten gibt. Sie finden sich in tropischen Gewässern; ihre Farbenvielfalt reicht von Dunkelgrün und Himmelblau über Violett bis zu leuchtendem Rot. Andere Arten der Seegurken tragen auffallende farblich abgesetzte Warzen oder Quer- und Längsstreifen, wieder andere sind gepunktet oder dornen- bzw. stachelbewehrt. Arten, die ständig im Boden eingegraben leben, sind schlicht weiß.

Wie bei allen Stachelhäutern ist die Regenerationsfähigkeit der Seegurken geradezu erstaunlich: Nach einer Zweiteilung kann sich aus jeder Körperhälfte wieder ein völlig lebensfähiges Tier entwickeln.

Gegen wen produzieren Meerestiere ihr Gift?

Die im Meer lebenden Tiere produzieren häufig Gifte, die sie zum Beutefang, zum Schutz vor Feinden oder zum Verdrängen von Nahrungskonkurrenten einsetzen. Aktiv giftige Tiere besitzen einen voll entwickelten Giftapparat, der in der Regel der Verteidigung, manchmal aber auch dem Töten und Betäuben von Beute dient. Seesterne produzieren beispielsweise ein schleimiges Hautsekret, mit dem sie Muscheln, Schnecken und Garnelen lähmen können. Feder- und Haarsterne haben keine starken Gifte entwickelt, doch geben sie einige Substanzen ab, die noch in hoher Verdünnung Fische abschrecken. Einige Seeigel haben hohle, giftgefüllte Stacheln, mit denen sie das Gift in die Haut eines Gegners oder der Beute injizieren. Menschen werden nur wenige Gifte gefährlich. Meistens verläuft der Kontakt glimpflich.

Wussten Sie, dass …

Stachelhäuter eine besondere Symmetrie haben? Ihre Anatomie folgt einem kreisförmigen Bauplan mit fünf Achsen – eine einzigartige anatomische Besonderheit im Tierreich. Das heißt, dass die Symmetrieebenen wie Radien von der Körperhauptachse abgehen und einem fünfzackigen Stern ähneln. Man spricht von einer fünfstrahligen Radiärsymmetrie.

Wussten Sie, dass …

Seeigel nachtaktiv sind und sich tagsüber in Spalten verstecken?

einige Seeigelarten in Tiefen von 4000 Metern und mehr leben?

die ältesten gefundenen Fossilien der Seeigel etwa 400 Millionen Jahre alt sind, Seeigel also schon 150 Millionen Jahre vor dem Auftreten der ersten Dinosaurier gelebt haben?

Können Seeigel sehr alt werden?

Ja. Der Rote Seeigel wird weit über 100 Jahre alt, ohne Alterserscheinungen zu zeigen. Mindestens von einem Exemplar weiß man, dass es schätzungsweise 200 Jahre alt ist. Die Methusalems scheinen sogar mehr Sperma und Eier zu produzieren als ihre jungen Artgenossen. Zur Altersbestimmung wurde die aus der Archäologie bekannte Radiocarbon-Methode eingesetzt, bei der das Mengenverhältnis der Kohlenstoffisotope 12C und 14C gemessen wird.

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