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Der Zionismus: Die Idee vom jüdischen Staat

Wie entstand der Zionismus?

Der Zionismus entstand im späten 19. Jahrhundert als jüdische Nationalbewegung, die sich die Gründung eines jüdischen Staates in Palästina zum Ziel setzte. Zionistische Bestrebungen bildeten sich vor allem als Reaktion auf die antisemitische Stimmung in den meisten europäischen Ländern. Maßgeblich geprägt wurde die zionistische Idee eines eigenen jüdischen Staates von dem österreichischen Juden Theodor Herzl.

Wie wurde aus der Idee eine Bewegung?

Seit dem Basler Kongress des Jahres 1897 formierte sich der Zionismus als organisierte Bewegung, die der Rückwanderung von Juden nach Palästina ein nationales Pathos mit Beimengungen bäuerlich-kolonialistischer und sozialistischer Prägung verlieh. Keineswegs jedoch entwickelte sich der aktive Zionismus zu einem Mehrheitsphänomen unter den europäischen und amerikanischen Juden. Von einer intellektuellen jüdischen Elite abgesehen, waren es doch eher Juden aus den armen Ländern des Ostens Europas, die sich zur Auswanderung nach Palästina bewegen ließen. 1909 wurde Tel Aviv und das erste der »Kibbuz« genannten ländlichen Siedlungs- und Arbeitskollektive, Deganya, gegründet.

Wer unterstützte die ersten Siedler?

Der Erste Weltkrieg veränderte die Situation im Heiligen Land grundlegend. Britisches Militär setzte der 300-jährigen osmanischen Herrschaft über Palästina ein Ende. Legitimiert durch ein Völkerbundmandat, begann Großbritannien das Land kommissarisch zu verwalten. Die Erklärung des britischen Ministers Balfour, der »Errichtung einer nationalen Heimstätte für das jüdische Volk in Palästina« wohlwollend gegenüberzustehen, weckte neue Hoffnungen. Zwischen 1919 und 1939 wanderten Tausende weiterer Juden zu. Freilich verschärfte sich auch der Konflikt mit den arabischen Einwohnern Palästinas.

Wie kam es zur Gründung des Staates Israel?

In den 1940er Jahren setzte sich – nicht zuletzt infolge der nationalsozialistischen Judenverfolgung in Europa – die jüdische Einwanderung fort, während die schrecklichen Erfahrungen des Holocausts die internationalen Bestrebungen verstärkten, einen eigenen Staat Israel zu gründen. Eine UN-Resolution vom 29. November 1947 sah schließlich die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat vor. Als am 14. Mai 1948 das britische Mandat endete, wurde der Staat Israel tatsächlich gegründet. Am Tag darauf wurde der junge Staat bereits von seinen arabischen Nachbarn angegriffen. Er konnte sich im folgenden Israelischen Unabhängigkeitskrieg aber behaupten.

Ist der Zionismus verantwortlich für den Nahost-Konflikt?

Es wäre eine grobe Vereinfachung, dem Zionismus die Schuld an der Dauerkrise in Nahost zuzuschreiben. Die Wurzeln des Streites um das Heilige Land reichen weit zurück in die Geschichte. Ethnische, nationale und religiöse Fanatismen vermengen sich dort seit jeher zu einem unheilvollen Konglomerat aus Intoleranz und Hass. Es wird eine der zentralen Aufgaben der Weltpolitik des 21. Jahrhunderts sein, diesen gordischen Knoten in einer für alle zufrieden stellenden Weise zu entwirren. Dabei gilt es vor allem, das Existenzrecht Israels sicherzustellen, aber auch den Interessen der Palästinenser gerecht zu werden.

Wussten Sie, dass …

Theodor Herzl seine Vision von einem Judenstaat auch in einem Roman mit dem Titel »Altneuland« (1902) Gestalt werden ließ?

insbesondere die Dreyfus-Affäre in Frankreich, bei der ein Hauptmann im Generalstab fälschlich der Spionage verdächtigt wurde, die Zionisten von der Notwendigkeit eines eigenen jüdischen Staates überzeugte?

in der Gründungsphase des Staates jeder zwölfte Einwohner in einem Kibbuz lebte – einer dörflichen Siedlung, die von kollektivierter Landwirtschaft lebt und basisdemokratisch verwaltet wird?

Was leistete Theodor Herzl für den Zionismus?

Der österreichische Journalist Theodor Herzl gilt als Initiator, Theoretiker und Motor der zionistischen Bewegung. In seinem Buch »Der Judenstaat«, erschienen 1896, verschmolzen eigene Erfahrungen mit der Judenfeindschaft in der österreichisch-ungarischen Monarchie und die Beobachtung des französischen Antisemitismus mit nationalistischen und assimilationskritischen Motiven Herzls. Herzl selbst war weder übermäßig religiös noch Vertreter einer Rejudaisierung. Aber er war davon überzeugt, dass sich das Problem des Antisemitismus nicht durch Aufgabe der jüdischen Identität lösen lasse, sondern nur durch massenhafte Abwanderung der Juden in einen eigenen Staat. Herzl konnte die Früchte seines Wirkens nicht mehr ernten; als er 1904 starb, lief eben die zweite große jüdische Einwanderungswelle nach Palästina an. 1949 wurden Herzls sterbliche Überreste nach Jerusalem überführt.

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