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Pubertät: Sicht- und fühlbare Veränderungen

Was geschieht in der Pubertät?

Die Pubertät, auch als Adoleszenz bezeichnet, ist die Entwicklungsphase, in der die Geschlechtsorgane wachsen und reifen und die Jugendlichen fortpflanzungsfähig werden. Zudem prägen sich die sekundären Geschlechtsmerkmale wie Bartwuchs und bei Mädchen das Wachstum der Brustdrüsen aus. Die Pubertät setzt meist im zweiten Lebensjahrzehnt ein, bei Mädchen etwa zwei Jahre früher als bei den Jungen.

Welche Hormone sind an den Entwicklungsprozessen beteiligt?

Bei beiden Geschlechtern wird dieser Entwicklungsschritt durch die Ausschüttung des GnRH (Gonadotropin-releasing-Hormon) durch den Hypothalamus im Gehirn ausgelöst. Dieses Hormon wiederum stimuliert die Hirnanhangsdrüse zur Ausschüttung weiterer Hormone, nämlich FSH und LH.

Sobald die weiblichen und männlichen Keimdrüsen mit FSH und LH in Kontakt kommen, beginnen sie mit der Produktion der Geschlechtshormone Östrogen und Testosteron. Das letztere stimuliert den pubertären Wachstumsschub, durch den sich Körperlänge und Gewicht beträchtlich erhöhen. Die intensive hormonelle Aktivität verstärkt auch die Tätigkeit der Talgdrüsen, was zu fettiger Haut und zur Entstehung von Pickeln führen kann. Außerdem kommt es zu verstärkter Schweißbildung.

Wann beginnt die männliche Pubertät?

Beim Jungen setzt die Pubertät gewöhnlich im Alter zwischen 12 und 14 Jahren ein. Die Ausschüttung von Testosteron stimuliert im Hodengewebe das Reifen der Stützzellen oder Sertoli-Zellen, so dass die Samenbildung beginnen kann. Hoden und Hodensack wachsen und der Penis verlängert und verdickt sich. Etwa zwei Jahre nach Einsetzen der Pubertät hat er seine endgültige Größe erreicht.

Mit dem Heranreifen der Geschlechtsorgane oder Genitalien kommt es häufiger zu Erektionen, obwohl bei den ersten Samenergüssen die Samenflüssigkeit noch keine Samenzellen enthält. Die meisten Jungen erleben ihre ersten Samenergüsse mit 12 bis 14 Jahren.

Welche sichtbaren Veränderungen treten beim Jungen auf?

Die vermehrte Ausschüttung von Testosteron stimuliert auch das Entstehen der Schambehaarung im Bereich der äußeren Geschlechtsteile sowie das Bartwachstum und die Behaarung unter den Achseln und auf anderen Körperbereichen. Zu Beginn der Pubertät erscheint die Schambehaarung meistens zuerst am Ansatz des Penis. Sind die Haare zunächst noch fein und glatt, so werden sie im Verlauf der weiteren Entwicklung kräftiger und lockig. Schließlich reicht die Schambehaarung vom Penisansatz bis zu den Oberschenkeln und zum After.

Während der Pubertät kommt es auch zu mehrfachen Veränderungen im Körperbau des heranwachsenden jungen Mannes. Ein Teil des Körperfetts wird durch Muskelmasse ersetzt. Die Schultern verbreitern sich. Der vordere Teil des Kehlkopfs, der Adamsapfel, wird größer und führt dadurch zum Stimmbruch, in dessen Verlauf die Stimme des Jungen tiefer wird.

Die apokrinen Schweißdrüsen beginnen mit der Bildung eines dickflüssigeren Schweißes, der zusätzlich zu den normalen Bestandteilen Wasser und Stoffwechselabfallprodukte noch mit Eiweißen und Fettsubstanzen angereichert ist. Durch die Zersetzungstätigkeit der auf der Haut lebenden Bakterien entsteht ein typischer, intensiver Körpergeruch. Beim jungen Mann sind die Veränderungen der Pubertät meist im Alter von 19 bis 21 Jahren abgeschlossen.

In welchem Alter setzt die weibliche Pubertät ein?

Beim Mädchen setzt die Pubertät schon mit zehn bis zwölf Jahren ein; aber auch hier gibt es große, individuelle Unterschiede. Das vom Hypothalamus ausgeschüttete Hormon GnRH stimuliert die Bildung von FSH und LH in der Hirnanhangsdrüse und somit das Wachstum der Eierstöcke und die Produktion von Östrogen. Dieses Hormon wird in den Blutstrom ausgeschüttet und zirkuliert im ganzen Körper. Es stimuliert das Wachstum von Gebärmutter und Eileitern.

Die Gebärmutter kippt nach vorn zur Harnblase. Das Östrogen bewirkt eine gesteigerte Durchblutung und den Aufbau der Gebärmutterschleimhaut. Sobald die erste reife Eizelle aus dem Eierstock entlassen wird, ist die Gebärmutterschleimhaut darauf vorbereitet, ein eventuell befruchtetes Ei aufzunehmen. Die Scheide wird länger und breiter und im Gebärmutterhals, dem Eingang zur Gebärmutter, beginnt die Produktion eines schleimhaltigen Sekrets.

Wann ist mit der ersten Monatsblutung zu rechnen?

Die erste Menstruationsblutung erfolgt normalerweise zwischen dem 11. und 14. Lebensjahr. Sie wird als Menarche bezeichnet. Die Menstruationsblutung gehört zu den letzten Veränderungen der Pubertät und bezeichnet den Beginn des monatlichen Ovulationszyklus, obwohl bei den meisten Mädchen die ersten Menstruationszyklen noch anovulatorisch, d. h. ohne Eisprung verlaufen.

Das Einsetzen der Menstruationsblutung ist die dramatischste Veränderung in der weiblichen Pubertät. Der Zeitpunkt hängt gewöhnlich vom Körpergewicht ab und setzt ein Gewicht von etwa 45 Kilogramm und einen Körperfettanteil von ungefähr 17 Prozent voraus.

Welche körperlichen Veränderungen sind bei Mädchen sichtbar?

Das Östrogen stimuliert das Wachstum der Brüste. Dies geschieht meist im Alter von 9 bis 13 Jahren, variiert jedoch von Mädchen zu Mädchen und ist oft das erste Zeichen der einsetzenden Pubertät. Die beiden Brüste können unterschiedlich schnell wachsen, Größenunterschiede gleichen sich aber bei Erreichen der vollen körperlichen Reife mit etwa 16 Jahren meist wieder aus.

Das Östrogen bewirkt das Haarwachstum unter den Achseln und die Verbreiterung des Beckens. Außerdem ist das Hormon für den gewaltigen pubertären Wachstumsschub verantwortlich, der bei Mädchen im Allgemeinen früher einsetzt als bei Jungen. Ausgehend von den Rändern der Vulva erscheint als Folge der Östrogenwirkung langsam die Schambehaarung. Schamhaare sind gewöhnlich länger und dunkler als die übrige Körperbehaarung. Mit Fortschreiten der Pubertät wird die Schambehaarung grober und lockiger und bedeckt das durch den Venushügel oder Schamberg gebildete Dreieck. Körperbehaarung kann auch auf anderen Körperteilen auftreten, so z. B. auf Unterarmen und Beinen, ist aber meist feiner und flaumiger als männliches Körperhaar. Die weibliche Pubertät ist gewöhnlich im Alter zwischen 17 und 19 Jahren abgeschlossen.

Wie viele Zentimeter bringt der Wachstumsschub?

Während des pubertären Wachstumsschubs können Mädchen pro Jahr 8,5 Zentimeter, Jungen sogar um 9,5 Zentimeter wachsen. Im Verlauf der Pubertät erreichen die Muskeln und das Skelett schließlich auch ihre endgültige Größe. Der Wachstumsschub ist in vielen Fällen das erste äußere Zeichen der einsetzenden Pubertät. Die beiden Geschlechtshormone Testosteron und Östrogen wirken direkt auf die Osteoblasten im Knochen und stimulieren sie zu einem schnelleren Knochenaufbau. Dies führt zu einer plötzlichen Wachstumsbeschleunigung in den langen Röhrenknochen und den Wirbeln. In der Spätphase der Pubertät sind es paradoxerweise ebenfalls das Testosteron und das Östrogen, die sich nun hemmend auf das Knochenwachstum auswirken, die Wachstumsgeschwindigkeit drosseln und eine lebenslange Phase des Wachstumsstillstands einleiten. Dies geschieht durch die Verknöcherung der Wachstumsfuge in den Epiphysen, den Zonen des Knochenwachstums.

Wodurch entstehen die männlichen und weiblichen Körperformen?

Bei Mädchen kommt es an bestimmten Stellen zur vermehrten Einlagerung von Unterhautfettgewebe, das für die typisch weiblichen Körperformen verantwortlich ist. Erwachsene Männer haben im Durchschnitt 50 Prozent mehr Muskel- und Knochenmasse als Frauen. Dafür ist der Fettanteil des weiblichen Körpers doppelt so hoch wie der des Mannes.

Welche Reifeprozesse begleiten die Pubertät?

Die körperlichen Entwicklungsschritte und Anpassungsprozesse der Pubertät gehen auch mit einer seelischen Reifung einher. Die Pubertät kann bei Heranwachsenden beträchtliche Ängste und Unsicherheit auslösen, da sie sich plötzlich mit einem »neuen« Körper konfrontiert sehen. Die oftmals dramatischen äußerlichen Veränderungen führen bei den meisten Jungen und Mädchen zu Hemmungen und Befangenheit einerseits und andererseits zu einer vermehrten Beschäftigung mit dem eigenen Erscheinungsbild. Akne und andere, teils unangenehme, Begleiterscheinungen der Pubertät wirken sich als zusätzliche Stressfaktoren aus. Oft bewirkt der Hormonschub auch starke Schwankungen der Stimmungslage, die sich aber nach Beendigung der körperlichen Veränderungen langsam wieder normalisieren.

Warum sinkt das Pubertätseintrittsalter?

Der frühere Eintritt in die Pubertät ist vermutlich auf den verbesserten Gesundheits- und Ernährungszustand der Jugendlichen zurückzuführen. Trat 1950 bei Mädchen die erste Menstruation in einem Alter von durchschnittlich 13,1 Jahren auf, betrug es in 1994 nur noch 12,2 Jahre. Für das Jahr 2010 wird ein Durchschnittsalter für die erste Blutung von zehn bis elf Jahren hochgerechnet. Der Zeitpunkt des ersten Samenergusses der Jungen lag 1980 bei durchschnittlich 14,2 Jahren, 1994 bereits bei 12,6 Jahren.

Was verbirgt sich hinter dem Begriff …

Pubertas praecox? Unter »Frühreife« wird das Einsetzen der Pubertät vor dem achten (bei Mädchen) bzw. neunten (bei Jungen) Lebensjahr verstanden. Es ist häufig harmlos, kommt aber auch im Rahmen von Krankheitsprozessen im Zwischenhirn vor.

Pubertas tarda? Ein »verspätetes Einsetzen der Pubertät« nach dem 14. bis 16. Lebensjahr kann durch Hormonmangel oder chronische Krankheiten hervorgerufen werden.

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