Das Projekt BISS beruht auf einer einfachen Einsicht: Bürger, die einmal in soziale Schwierigkeiten - das heißt konkret: in Armut und Obdachlosigkeit - geraten sind, wollen nicht für den Rest ihres Lebens als Almosenempfänger leben. Sie brauchen eine Beschäftigung, durch die sie selbst wieder Geld verdienen, Kontakte herstellen und so einen Weg zurück in die Gesellschaft finden können.
Das Besondere am BISS-Verkauf ist die selbstständige Arbeitsweise, die freie Zeiteinteilung, der individuell begrenzbare Zeitaufwand sowie die Möglichkeit zu sozialen Kontakten und Kommunikation auf „gleicher Ebene", die die Menschenwürde wahrt. Aufgrund dieser Kombination können auch Menschen fest angestellt werden, die nur noch geringe Chancen auf einen anderen Arbeitsplatz haben. Die Arbeit bei BISS ermöglicht, die eigene Belastbarkeit zu prüfen und soziales Verhalten zu üben.
BISS will nicht nur Symptome lindern, sondern den Betroffenen helfen, aus eigener Kraft die schwierige Situation, in der sie sich befinden, zu überwinden. Die soziale Wiedereingliederung wird zusätzlich gefördert durch systematische Maßnahmen zur Entschuldung, Wohnungs- und Hausratbeschaffung, Weiterbildung und gesundheitliche Sanierung. Dauerhafte Reintegration kann nur gewährleistet werden, wenn ein angemessener Teil der Einnahmen, die eine Straßenzeitung erzielt, wieder in die Verkäufer „investiert" wird. Und wie sieht das in der Praxis aus? Drei Monate lang kann jeder Verkäufer erst einmal testen, ob und wie er BISS verkaufen mag. Möchte er nur ein bisschen dazuverdienen oder will er angestellt werden? Hat er sich für eine Anstellung entschieden, muss er erst einmal beweisen, dass er die Verkaufsvorgabe erfüllen kann. Nach drei Monaten wird dann der entsprechende Arbeitsvertrag unterschrieben.
BISS hat Teilzeit und Vollzeitstellen. Bei den Teilzeitstellen bewegt sich die Verkaufsvorgabe monatlich zwischen 400 und 600 Exemplaren und bei Vollzeitstellen zwischen 800 und 1200 Exemplaren. Die Gehälter sind entsprechend abgestuft zwischen 525 Euro und 1450 Euro brutto. Jeder angestellte Verkäufer erhält eine Monatsfahrkarte des MW und eine Zuzahlung zur Vermögenswirksamen Leistung von 26 Euro. Die Verkaufsvorgaben sind elfmal jährlich zu erfüllen. Der August gilt als Urlaubsmonat. Unser Anstellungsmodell war von Anfang an gut durchdacht und wurde im Laufe der vergangenen fünf Jahre immer komplexer. Es gibt einen festen Rahmen, in dem jedoch auch individuelle Lösungen möglich sind. Die Arbeitsangebote von BISS werden den neuen Verkäufern in einem Infoblatt mitgegeben, so dass er eine mögliche Anstellung auch mit Freunden oder Sozialarbeitern besprechen kann. BISS-Verkäufer werden mindestens halbjährlich über den Stand der Finanzen unterrichtet, wie viel Geld eingenommen und wofür es ausgegeben wurde. Es wird deutlich gemacht, wie ihr Einsatz mit entscheidet über das Wohlergehen der Firma und damit auch über ihr eigenes. Diese Transparenz hat im Laufe der Jahre zu einem festen Vertrauensverhältnis zwischen dem Innen- und Außendienst von BISS geführt und war eine der Grundlagen unseres gemeinsamen Erfolgs.
In der zweiten Hälfte des Jahres 2004 werden wir mit allen angestellten Verkäufern Einzelgespräche führen, uns über ihre Vorstellungen und Wünsche informieren und bezüglich der Altersvorsorge noch einmal beraten lassen. Ziel ist, wenn irgend möglich, ihnen den Gang zum Sozialamt (Grundsicherung) im Alter zu ersparen.
Unsere Verkäufer finden diese individuellen Hilfepläne, die gemeinsam erarbeitet werden, sehr gut. Wenn es auch für diejenigen, die noch nicht so lange bei BISS sind, ungewohnt ist, nach ihren Wünschen gefragt zu werden. Denn obdachlosen Menschen sagt man gern, was gut für sie ist. BISS findet, sie wissen es oft selbst am besten.
BISS in Zahlen – Verkäuferstatistik erstes Halbjahr 2003 | |
Aktive Verkäufer im ersten Halbjahr 2003 | 97 = 100% |
davon sind | |
Frauen | 16 = 16% |
Männer | 81 = 84% |
ausländische Mitbürger | 18 = 19% |
Deutsche | 79 = 81% |
1. Verweildauer der Verkäufer bei BISS | |
weniger als ein Jahr | 22 = 23% |
1 bis unter 2 Jahren | 13 = 13% |
2 bis unter 4 Jahren | 17 = 17% |
4 bis unter 6 Jahren | 21 = 22% |
6 bis unter 10 Jahren | 21 = 22% |
seit 1993 | 3 = 3% |
2. Alter der BISS-Verkäufer | |
20 bis 29 Jahre | 8 = 8% |
30 bis 39 Jahre | 16 = 16% |
40 bis 49 Jahre | 32 = 33% |
50 bis 59 Jahre | 21 = 22% |
60 bis 75 Jahre | 20 = 21% |
3. Wohnsituation der BISS-Verkäufer | |
Wohnung | 78 = 81% |
Unterkunft / Wohnheim / Pension | 8 = 8% |
Auf der Straße | 11 = 11% |
4. Einkommenssituation der BISS-Verkäufer | |
Anstellung / Gehalt von BISS | 21 = 22% |
Keine Anstellung / Existenzsicherung ausschließlich durch BISS-Verkauf | 12 = 12% |
Sozialhilfe/ergänzende Sozialhilfe plus BISS-Verkauf | 44 = 46% |
Arbeitslosenhilfe plus BISS-Verkauf | 8 = 8% |
Kleinrente plus BISS-Verkauf | 12 = 12% |