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Wie läuft die Papstwahl ab?
Früher haben Kaiser und Könige den Papst bestimmt, heute sind es die Kardinäle. Das mittelalterliche Relikt der Papstwahl ist damit ein wenig demokratischer geworden.
Regeln aus dem Mittelalter
Nur der Papst kann Neuerungen zur Papstwahl erlassen. Und viele Pontifizes machten Gebrauch von diesem Vorrecht. Im Kern aber ist die Papstwahl noch immer ein mittelalterliches Relikt. Sie wird nach Regeln vollzogen, die im Laufe von beinahe einem Jahrtausend zu einer Ordnung gewachsen sind, die dem Amt seine unvergleichliche Beständigkeit gegeben hat. Nahezu jede Vorschrift ist Antwort auf eine Krise, eine Bedrohung, auf einen dringenden Reformbedarf gewesen. Jede Regel ein Versuch, das Amt von politischer Beeinflussung und von innerkirchlichen Machtkämpfen frei zu halten.
Das Wahlgremium
Den ersten Papst hat nach der katholischen Lehre Christus selbst ausgesucht: „Du bist Petrus, der Fels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen." Seine Nachfolger im ersten christlichen Jahrtausend werden von Volk und Klerus gemeinsam gewählt, ein Verfahren, das weltlichem Einfluss Tür und Tor öffnete. Römische und byzantinische Kaiser, deutsche Könige, ganz besonders aber der römische Stadtadel haben den Stuhl Petri mit Kandidaten ihrer Wahl besetzt. Hineingezogen in die stadtrömischen Kämpfe, wird mancher Papst ermordet, der Heilige Stuhl wird verkauft und zwei Mal mit einem jungen Mann besetzt. 1059 wird auf einer Synode ein Papstwahldekret beschlossen, das das Amt vor dem Eingriff von Laien schützen soll: Beim Tode eines Pontifex sollen die Kardinäle, Geistliche an einer Hauptkirche, den Nachfolger wählen. Die Kardinäle werden zu "Papstmachern". Sie werden nicht wie Bischöfe vom Papst ernannt, sondern „kreiert". Heute sind die Kardinäle die höchsten Würdenträger der Kirche nach dem Papst, seine Ratgeber und ersten Mitarbeiter in der Leitung der Gesamtkirche. Ihre Hauptinsignien sind der rote Kardinalshut und der Kardinalspurpur ihrer Kleidung.
Das Quorum
Mit dem Kardinalskollegium ist zwar ein festes Wahlgremium geschaffen worden, aber ein klares Wahlergebnis ist damit nicht garantiert. Immer wieder erheben unzufriedene Kardinäle Gegenpäpste, immer wieder kommt es zu Doppelwahlen, da nicht festgelegt ist, wie viel Stimmen ein Kandidat benötigt, um als gewählt zu gelten. Als 1159 Alexander III. die Mehrheit der Stimmen erhält, reißt ihm sein Konkurrent, obwohl dieser weniger Stimmen erhalten hat, den päpstlichen Mantel von der Schulter und nennt sich Viktor IV. Alexander, der sich doch noch durchsetzt, lässt 1179 beschließen, dass nur der als Papst anerkannt wird, der zwei Drittel der Stimmen auf sich vereinen kann. Das Quorum bewährt sich und schafft Ordnung. In den nächsten zwei Jahrhunderten kommen Doppelwahlen kaum vor.
Das Konklave
Das dritte Element, das der Papstwahl seine Stabilität verleiht, ist die Wahl in einem verschlossenen Raum (cum clave = mit dem Schlüssel). Das Konklave, ein Disziplinierungsinstrument, soll allzu lange Vakanzen verhindern. Offiziell geregelt wird das Verfahren nach der längsten Sedisvakanz der Geschichte. Fast drei Jahre dauert es, bis sich die seit 1268 in Viterbo versammelten Kardinäle auf einen Papst einigen können. Erst als die Bürger Viterbos die Türen des Wahllokales vermauern, das Dach abdecken, die Kardinäle der nächtlichen Kälte und den Regengüssen aussetzen und die Kost auf Wasser und Brot reduzieren, gelingt eine Entscheidung: Der gewählte Papst Gregor X. erlässt 1274 schließlich eine strenge Konklaveordnung, um eine Wiederholung der skandalösen Wahlverschleppung zu verhindern. Sie bestimmt, dass die Kardinäle für die Zeit der Wahl einzuschließen und, dauert die Entscheidungsfindung dennoch zu lange, auf Wasser und Brot zu setzen sind. Das folgende Konklave in Assisi dauerte nur einen Tag.
Tief greifende Veränderungen des Papstwahlgesetzes
Erst im 20. Jahrhundert finden wieder tief greifende Veränderungen des Papstwahlgesetzes statt. 1904 tritt Papst Pius X. der seit Jahrhunderten üblichen Einmischung der katholischen Staaten entgegen, über das so genannte Ius exclusionis, die „Exklusive", gegen die Wahl irgendeines Kandidaten ein vorsorgliches Veto einzulegen. Noch aus der Zeit des absolutistischen Staatskirchentums stammt die Gewohnheit, eine unerwünschte Person, eine „persona non grata", von der Wahl auszuschließen. Alle Kardinäle werden nun unter Eid und der strengen Androhung der Exkommunikation verpflichtet, unter keinen Umständen Interventionen von außen nachzugeben. Am 22. Februar 1996 veröffentlicht Papst Johannes Paul II. eine aktualisierte Konklaveordnung. Revolutionär und neu daran ist, dass, anders als früher, kein Kompromisskandidat mehr gesucht werden muss. Hat nach 30 Wahlgängen kein Kandidat die Zweidrittelmehrheit plus eins erreicht, können die Kardinäle mit absoluter Mehrheit entscheiden. Mit dieser Änderung wird sehr viel wahrscheinlicher, dass ein radikalerer und ideologischer Kardinal zum Papst gewählt wird. Wenn eine Fraktion geduldig 30 Wahlgänge abwartet, dann konnte sie, dank dieses Bruchs mit den Traditionen, einen Kandidaten durchbringen, der von knapp der Hälfte aller Kardinäle abgelehnt wird.
Die geltende Regelung
Im Jahr 2007 hob Benedikt XVI. diese Regelung wieder auf. Bei der Wahl eines Papstes ist nun wieder in jedem Wahlgang eine Zweidrittelmehrheit erforderlich.
Am 22. Februar 2013, kurz vor Wirksamwerden seines Amtsverzichts, erließ Benedikt XVI. das Schreiben proprio Normas nonnullas. Hier legte er fest, dass mit dem Konklave bereits vor dem angesetzen Zeitraum von 15 Tagen Sedisvakanz begonnen werden kann. Der 12. März 2013 wurde daraufhin von dem Kardinalskollegium als Beginn des Konklaves festgelegt, 115 Kardinäle werden den neuen Papst bestimmen - abgeschottet von der Außenwelt. Bis ein neuer Papst gewählt ist soll es an jedem folgenden Tag, außer an Ruhetagen, je zwei Wahlgänge vormittags und nachmittags geben. Dann wird schwarzer oder weißer Rauch über der Sixtinischen Kapelle aufsteigen, Zeichen dafür, ob ein Wahlgang erfolglos oder erfolgreich verlaufen ist.