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Feynman: Nobelpreisträger an den Bongos

Was unterschied Richard Feynman von anderen Nobelpreisträgern?

Bei ihm traten zur außergewöhnlichen Begabung für sein Fach hervorragende didaktische Fähigkeiten, eine unkonventionelle Herangehensweise an physikalische und andere Probleme und eine recht exzentrische Persönlichkeit.

Typisch für ihn war, dass er stumpfes Auswendiglernen hasste und immer bemüht war, eine neue und ungewöhnliche Betrachtungsweise zu finden. Das konnte Feynman wie kein Zweiter, und es befähigte ihn, seine Studenten und Zuhörer immer wieder mit neuen Blicken auf scheinbar einfache Dinge zu begeistern.

Feynmans Vorlesungen wurden selbst von Nicht-Physikern wegen ihrer frischen Ideen gerne besucht; die »Feynman Lectures on Physics« wurden zum Weltbestseller – eher ungewöhnlich für die Mitschrift einer physikalischen Vorlesung! In Deutschland wurde auch eine zweisprachige Ausgabe der »Lectures« verlegt, da viele sprachliche Kabinettstückchen einfach nicht zu übersetzen waren. Gelang es Feynman nicht, einen Sachverhalt einem Studenten zu erklären, so suchte er den Fehler immer zunächst bei sich und versuchte, klarere Argumente zu finden.

Als Mitglied eines Komitees zur Gestaltung von Schulbüchern verband er Humor mit didaktischer Begabung. Mit wenigen Worten machte er deutlich, wie viele grundsätzliche Fehler die Schulbücher in den 1950er und 1960er Jahren enthielten. Zudem wurde das Erlernen der Physik durch unnötig komplizierte Darstellungen und eine nur Experten verständliche Sprache zusätzlich drastisch erschwert.

Auch im privaten Bereich liebte es Feynman oft unkonventionell: Eines seiner Hobbys war das Knacken von Tresoren und Safes, worin er es zu einer erstaunlichen Fertigkeit brachte. Und während seine Mitstudenten sich mühten, an US-amerikanischen Eliteunis unterzukommen, ging er für einen Forschungsaufenthalt nach Brasilien. In seiner Freizeit nahm er dort Bongo-Unterricht und wurde so gut, dass er bei einer der großen Karnevalsparaden mitspielen durfte.

Wer war Feynman?

Der 1918 in New York geborene Richard Phillips Feynman galt schon in frühen Jahren als naturwissenschaftliches »Wunderkind« mit ausgeprägter mathematischer Begabung. Mit 17 begann er sein Physikstudium am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und besuchte schon ab seinem zweiten Semester Vorlesungen für Doktoranden.

Nach seinem Studienabschluss 1939 schuf er die Grundlagen einer Quantentheorie zum Verhalten von Elektromagnetismus und Licht, der Quantenelektrodynamik, die zusätzlich auch noch die Spezielle Relativitätstheorie enthielt. Nach dem Krieg beschäftigte er sich mit Kernphysik. Sein größter Geniestreich war jedoch eine Rechenmethode, für die er 1965 mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet wurde. Es handelt sich hierbei um die sog. Pfadintegrale sowie die heute nach ihm benannten Feynman-Diagramme. Mit diesen Verfahren können die extrem komplizierten Gleichungen der Quantenelektrodynamik gelöst werden. Wie bei Feynman zu erwarten war, ist die Methode genial einfach und vor allem anschaulich, ein Aspekt, der in der modernen Physik nur noch selten zu finden ist. – Feynman starb 1988 an Krebs.

Wozu braucht man eine Quantenelektrodynamik?

Die in den 1920er und 1930er Jahren entwickelte Quantenphysik war zwar ein großartiger Erfolg, der das Weltbild der Physik revolutionierte. Aber es gab entscheidende Schönheitsfehler: Zum Beispiel hätte das winzige Elektron nach der Theorie eine unendlich große Masse haben müssen. Feynman und andere setzten deswegen die Revolution fort – sie »quantisierten« nicht nur die Teilchen, sondern auch die zwischen ihnen wirkenden Kräfte. Die unanschauliche Konsequenz: Auch Kräfte sind Teilchen und das Licht selbst besteht in Wirklichkeit aus denjenigen Teilchen, welche die elektromagnetische Naturkraft vermitteln. Was wir als elektrische Abstoßung oder Anziehung erleben, ist im Bild der Quantenelektrodynamik nichts anderes als der fortwährende Austausch von Lichtteilchen.

Dies klingt sehr akademisch und scheint wenig Auswirkungen auf das tägliche Leben zu haben. Doch immerhin ist die Quantenelektrodynamik eine der am besten bestätigten Theorien überhaupt, ihre Vorhersagen stimmen auf 10 Stellen hinter dem Komma und mehr mit den Experimenten überein. Außerdem ist sie das Vorbild für weitere Theorien wie die Quantenchromodynamik, welche die Kräfte zwischen Protonen und Neutronen sowie innerhalb von ihnen beschreibt, und auch für spekulative Denkgebäude, die versuchen, alle vorkommenden Naturkräfte zu vereinigen und einheitlich zu beschreiben.

Übrigens: Die Abkürzung »QED« für »Quantenelektrodynamik« ist die gleiche wie das Kürzel für den Satz »quod erat demonstrandum«, den Mathematiker klassischerweise ans Ende einer gelungenen Beweisführung anfügen. Dies war zwar wohl nicht der Grund, warum die Theorie ihren Namen erhielt – aber sicherlich ganz im Sinne Richard Feynmans!

Wussten Sie, dass …

Feynman auch als der Vater der Nanotechnologie gilt? 1959 skizzierte er in seinem Vortrag »Ganz unten ist eine Menge Platz« als Erster einige der Möglichkeiten dieser Technologie.

aus Feynmans 1981 gestellter Frage nach der Simulierbarkeit von quantenmechanischen Vorgängen mit klassischen Computern das interdisziplinäre Gebiet des Quantencomputing erwuchs?

aus vielen Zitaten Feynmans sein seltsamer Humor sprach? So sagte er etwa: »Wissenschaft ist wie Sex: Es kommt zwar manchmal etwas Handfestes dabei heraus, aber das ist eigentlich nicht der Grund, warum wir es betreiben.«

Feynman die Bezeichnung »Cargo-Kult« für Projekte prägte, die so sinnlos sind wie das Anbeten von Flugplätzen, auf denen nie ein (Transport-)Flugzeug landet, durch uninformierte Ureinwohner?

Ist die Atombombe sicher?

Natürlich nicht – behauptet Richard P. Feynman in einer Anekdote aus seiner Autobiographie »Sie belieben zu scherzen, Mr. Feynman«: Er war während des Zweiten Weltkriegs an der Entwicklung der Atombombe im Forschungszentrum Los Alamos beteiligt. Die dortigen Sicherheitsvorkehrungen aber waren in seinen Augen lächerlich. Um das zu zeigen, lernte er im Selbststudium das Öffnen von Safes und konnte prompt auch den Safe mit den Geheimunterlagen zur Atombombe knacken.

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