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Gall- und Schlupfwespen: Schädlinge und Nützlinge
Wie entstehen die »Warzen« auf den Blättern vieler Laubbäume?
Sie bilden sich, wenn eine Gallwespe ihre Eier in das Blattgewebe gelegt hat. Aber nicht nur Gallwespen, sondern auch Blattläuse, Milben, Rüsselkäfer und weitere Insekten können Wachstumsanomalien an Pflanzen hervorrufen. Die Embryonen in den Eiern, die in die Pflanzenteile gelegt wurden, oder die geschlüpften Larven sondern Stoffe ab, die das Wachstumsprogramm des Pflanzengewebes verändern. Bei den Gallen, wie Gallwespen sie erzeugen, liegt unter der meist sehr harten Oberflächenschicht ein stärke- und eiweißreiches Nährgewebe – die Gebilde sorgen also zugleich für Schutz und für Nahrung. Gestalt und Färbung der Gallen sind so charakteristisch, dass man die Insektenart an ihnen oft leichter bestimmen kann als anhand der Larven oder der ausgewachsenen Tiere.
Übrigens: Seltsamerweise schmarotzen etwa 90 Prozent aller bekannten Gallwespen auf Eichen, die restlichen auf Rosen, Ahorn und verschiedenen Stauden. Selbst ein dichter Befall schadet den Bäumen nicht, so dass der Mensch nicht eingreifen muss.
Wie vermehren sich Gallwespen?
Bei den meisten Arten wechseln sich eine eingeschlechtliche und eine zweigeschlechtliche Generation ab. Aus den Galläpfeln schlüpfen z. B. im Spätherbst oder Winter ausschließlich nur wenige Millimeter lange und schwarzbraun gefärbte Weibchen der Gemeinen Eichengallwespe (Cynips quercusfolii), die ihre unbefruchteten Eier dann in die ruhenden Eichenknospen legen. Die Larven lösen dort die Bildung zwei bis drei Millimeter großer Knospengallen mit einem rötlich violetten Haarbewuchs aus, aus denen im Frühsommer Männchen und Weibchen schlüpfen. Nach der Paarung legen die Weibchen ihre befruchteten Eier in die Rippen junger Eichenblätter, wo die geschlüpften Larven dann die Entstehung der großen runden Gallen anstoßen.
Bei der Gemeinen Rosengallwespe (Diplolepis rosae) kommt höchstens ein Männchen auf 100 Weibchen; sie pflanzt sich also größtenteils durch Jungfernzeugung fort. Aus den belegten Blattknospen wilder Rosen entwickeln sich die »Rosenkönige« oder »Schlafäpfel«, von denen man einst glaubte, sie würden – unters Kopfkissen gelegt – den Schlaf fördern. Diese bis zu fünf Zentimeter dicken Kugeln mit zottigen grünen und roten Auswüchsen werden auch von »Einmietern« heimgesucht: von Wespen, die selbst keine Gallen auslösen können, sondern in den Gallen anderer Arten schmarotzen.
Wie gelingt es Schlupfwespen, ihre Eier in das harte Holz zu legen?
Mit ihrem charakteristischen Legebohrer, der so kurz sein kann, dass er ganz im Hinterleib verborgen ist, aber, je nach Art, auch ein Mehrfaches der Körperlänge erreichen kann. Die kurzen Legebohrer geben zudem auch gute Wehrstachel ab.
Eine der auffälligsten hiesigen Arten ist die bis zu 40 Millimeter lange Holzschlupfwespe (Rhyssa persuasoria) unserer Nadelholzwälder. Ihren zweiten Namen »Pfeifenräumer« erhielt sie, weil das Weibchen mit zusammengelegten Flügeln und dem extrem langen Legebohrer einem Pfeifenreiniger ähnelt. Ihre Sinnes- und Kraftleistungen bei der Eiablage sind schier unglaublich: Sie spürt Holzwespenlarven auf, die mehrere Zentimeter tief im festen Nadelholz sitzen, und treibt den Bohrer zielgenau bis zu sechs Zentimeter tief, was 40 Minuten dauern kann. Manche Arten der Gattung Ephialtes versenken ihren Bohrer, der im Ruhezustand von zwei Bohrerklappen geschützt ist, zunächst etwa einen Zentimeter ins Holz und beginnen dann, rasch im Kreis um das Bohrloch herumzutrippeln. Durch dieses Drehbohrerprinzip dringen sie schneller zu ihrem Opfer (meist eine Bockkäferlarve) vor.
Um die Wirtspflanzen oder Wirtstiere zu finden, in die sie ihre Eier legen, bedienen sie sich des Geruchssinns. Schlupfwespen riechen mit den Fühlern und entsprechend viel Zeit widmen sie deren Pflege: Immer wieder ziehen sie diese zwischen dem Putzkamm am Vorderfuß und dem Putzsporn an der Schiene des Vorderbeins hindurch.
Kann der Weißlingstöter zum Gedeihen von Kohl und Rüben beitragen?
Ja. Der Weißlingstöter (Apanteles glomeratus) aus der Familie der Brackwespen, die nah mit den eigentlichen Schlupfwespen verwandt sind, legt nämlich 30 bis 50 Eier in junge Raupen des Großen Kohlweißlings. Diese Schmetterlingsraupen können durch ihren Fraß an Kohl, Rüben, Raps und Senf großen Schaden hervorrufen. Obwohl sich der Weißlingstöter am Blut und Fett der Raupen labt, überleben diese eine gewisse Zeit. Sobald er jedoch zur Verpuppung ansetzt, brechen die erwachsenen Larven alle gleichzeitig aus dem Körper der Raupen hervor und verwandeln sich in Puppen. Ihre kleinen gelben Kokons, die beidseitig an den sterbenden Raupen hängen, werden im Volksmund fälschlich »Raupeneier« genannt.
Kann man mit Wespen gegen Ungeziefer vorgehen?
Ja, das kann man. Ähnlich wie viele Marienkäfer werden heute etwa 100 Schlupfwespenarten, darunter die winzigen Erzwespen der Gattung Trichogramma, in der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt. Die Larven der Art Trichogramma minutum werden in Mehlmotteneiern gezüchtet und stehen so bei den ersten Anzeichen einer Schädlingsepidemie massenhaft zur Verfügung. In den USA wurde bereits Ende der 1970er Jahre täglich knapp eine Million dieser Wespen erzeugt. In den 1980er und 1990er Jahren hat man den Maiszünsler, einen Schadschmetterling, in mehreren europäischen Ländern mit Trichogramma evanescens zurückgedrängt. Diese Art wurde zugleich gegen die Kohleule wirksam eingesetzt, eine Schmetterlingsart, deren Raupen sich von Kohlpflanzen ernähren. Auch gegen Obst- und Weinschädlinge, zum Beispiel Schildläuse, setzt man Schlupfwespen ein.
Wussten Sie, dass …
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