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Maniok und Batate: Nahrhafte Wurzelknollen

Weshalb gilt Maniok als »Kartoffel der Tropen«?

Weil er ausschließlich dort angebaut wird und in dieser Klimazone die Ernährungsgrundlage für 500 Millionen Menschen bildet. Maniok (Manihot esculenta), der auch unter den namen Kassave und Manioka bekannt ist, braucht ein warmes, feuchtes Klima und viel Licht; an den Boden stellt er dagegen nur wenig Ansprüche. Dies und die Tatsache, dass der Anbau ohne komplizierte Technik möglich ist, die Pflanze auch Trockenheit erträgt und resistent gegenüber Heuschrecken ist, macht ihn zu einer hervorragenden Nahrungspflanze der Tropen. Noch die Blätter können als Gemüse oder Viehfutter verwendet werden.

Heute ist Thailand das wichtigste Exportland von Tapioka – der aus Maniok gewonnenen Stärke – in die Länder der Europäischen Union. In Afrika dagegen wird der überwiegende Anteil der Knollen direkt für die Ernährung der Bevölkerung angebaut. Neben Weizen, Reis, Mais, Kartoffeln und Süßkartoffeln gehört Maniok zu den (lediglich) sechs Stärkepflanzen, die über 80 Prozent der Nahrungskalorien für die Bevölkerung der Erde liefern.

Ist Maniok giftig?

Eigentlich ja. Denn die Milch, die in speziellen, alle Teile der Pflanze durchziehenden Milchröhren enthalten ist, enthält das giftige Blausäureglykosid Linamarin. Das Gift ist auch in den Knollen zu finden, wobei man je nach Gehalt an Linamarin bittere und süße Maniokknollen unterscheidet: Während bei der süßen Kassave das Linamarin nur in der Rindenschicht vorkommt, die durch Schälen entfernt werden kann, ist es bei der bitteren Kassave in allen Teilen der Knolle enthalten. Sie ist deshalb nur genießbar, wenn der Giftstoff durch Wässern, Rösten oder Kochen zerstört wird. Bittere Kassave wird vor allem in wildreichen Gegenden angepflanzt, denn der Linamaringehalt schützt sehr effektiv vor Tierfraß.

Wann wird Maniok geerntet und wie wird er verarbeitet?

Etwa ein Jahr nach dem Pflanzen können die Knollen ausgegraben werden. Zu diesem Zeitpunkt ist der Stärkegehalt mit bis etwa 35 Prozent am größten; bleiben die Knollen länger im Boden, so nimmt er wieder ab. Maniok muss nach der Ernte so schnell wie möglich weiterverarbeitet werden, denn wegen ihres hohen Wassergehaltes von etwa 60 Prozent faulen die Knollen rasch.

Für den sofortigen Gebrauch können die geschälten und gewaschenen Knollen gedämpft und zu Brei verarbeitet oder zu Fladen verbacken werden. Ein haltbares Mehl hingegen erhält man durch Vermahlen der Knollen, das häufig noch im Handbetrieb geschieht, und durch anschließendes sorgfältiges Trocknen der so zerkleinerten Knollen. Maniokmehl kommt als Farinha in den Handel.

Welche Produkte lassen sich aus Maniokmehl herstellen?

Beispielsweise Stärke und Gari. Für die Gewinnung von Stärke werden die Knollen zunächst geraspelt. Anschließend wird die Masse mit Wasser geknetet, wobei sich die Stärke absetzt. Sie wird mehrmals gewaschen und an der Sonne getrocknet. Maniokstärke wird unter den Bezeichnungen Tapioka, Peritapioka, Perlsago oder auch Sago im Handel angeboten; sie ist z. B. Bestandteil von Puddingpulver oder Konfekt.

Ein anderes Produkt aus Maniok ist Gari, das in Westafrika weit verbreitet ist. Um es herzustellen, wird zunächst das Maniokmehl in Säcke verpackt und einige Tage stehen gelassen, so dass es zu gären beginnt. Nach diesem Fermentationsprozess wird der Brei in Pfannen unter ständigem Wenden erhitzt und so getrocknet. Das schließlich entstandene Instantprodukt kann zu Getränken verrührt oder als Brei zubereitet werden.

Was haben Süßkartoffel und Kartoffel gemeinsam?

Außer ihrer Heimat Südamerika lediglich die Tatsache, dass die Süßkartoffel (Ipomoea batatas) der Kartoffel in vielen Sprachen ihren Namen vererbt hat. Die Batate, wie die Süßkartoffel ursprünglich in der Karibik genannt wurde, gelangte bereits mit Kolumbus nach Spanien – die heute hierzulande viel bekanntere Kartoffel folgte erst mehrere Jahrzehnte später. Der für die Süßkartoffel zu dieser Zeit bereits eingeführte Name »batata« übertrug sich dann auch auf die ähnliche Kartoffelknolle. Noch heute heißt die Kartoffel in Spanien und Italien »patata«, in Frankreich (neben »pomme de terre«) umgangssprachlich auch »patate«. Im Englischen wurde das Wort zu »potato« abgewandelt.

Übrigens: Die deutsche Bezeichnung »Kartoffel« stammt von dem italienischen »tartuffoli« ab, das eigentlich »Trüffel« bedeutet, aber zuweilen auch für die Erdäpfel benutzt wurde.

Wachsen Süßkartoffeln unter der Erde?

Nein, sie werden von oberirdischen Teilen des Stängels hervorgebracht. Als typisches Windengewächs schiebt die krautige Süßkartoffel oder Batate (Ipomoea batatas) ihre kriechenden Triebe über den Erdboden. Diese Sprosse gehen aus den im Boden verborgenen Wurzelknollen hervor. An den Sprossknoten der niederliegenden Triebe entspringen neue Wurzeln – einige dienen der Ernährung der Pflanze, bei anderen verdickt sich jedoch der mittlere Teil zu einer neuen Knolle; durchschnittlich bildet jede Pflanze zehn solcher Knollen aus. Die in der Pflanzknolle gespeicherte Stärke wird während des Wachstums der Süßkartoffelpflanze verbraucht, so dass diese Knolle schrumpft.

Übrigens: Blüten entwickeln sich an der Batate nur in den Tropen, da sie eine Kurztagspflanze ist, die etwa 16 Stunden Dunkelheit pro Tag benötigt. Die Blütenstände bestehen aus drei bis vier rötlichen oder weißen trichterförmigen Blüten. Die Samen spielen lediglich für die natürliche Verbreitung der Pflanzen und für die Züchtung neuer Sorten eine Rolle, da die Batate in Kultur ausschließlich vegetativ vermehrt wird.

Welche wertvollen Inhaltsstoffe haben Bataten?

Vor allem Stärke und Zucker. Die weißlichen, gelben, orangen oder purpurroten, etwa drei Kilogramm schweren Süßkartoffeln sind noch nahrhafter als Kartoffeln. Sie enthalten bis zu 27 Prozent Stärke, daneben aber auch drei bis sechs Prozent Zucker. Der Zuckeranteil erhöht sich noch beim Kochen, wodurch der süßliche Geschmack zustande kommt, der ein wenig an Möhren erinnert.

Darüber hinaus ist der Vitamin-C-Gehalt der Süßkartoffel fast doppelt so hoch wie bei Kartoffeln – ca. 30 Milligramm pro 100 Gramm essbarem Anteil gegenüber 17 Milligramm nicht essbaren Bestandteilen. Und nicht zuletzt haben sie besonders viel Provitamin A (Beta-Carotin) zu bieten.

Übrigens: Das mit Abstand größte Erzeugerland von Süßkartoffeln ist China: Dort wurden im Jahr 2005 knapp 107 Millionen Tonnen angebaut. Indonesien und Vietnam, die ebenfalls zu den Haupterzeugerländern zählen, produzierten deutlich weniger: Indonesien kam auf 1,84 und Vietnam 1,55 Millionen Tonnen Süßkartoffeln.

Wie werden Bataten kultiviert?

Obgleich die Süßkartoffel eine ausdauernde Pflanze ist, wird sie in Kultur stets einjährig gezogen. Dazu lässt man in Saatbeeten Knollen auskeimen, die jeweils zahlreiche Sprossen treiben. Die bewurzelten Schösslinge werden dann als Pflanzgut verwendet; alternativ setzt man auch Stecklinge ein. Als optimale Kulturbedingungen gelten Temperaturen zwischen 26 und 30 °C, die Niederschlagsmenge sollte bei 850–900 Millimetern liegen. In einem wasserdurchlässigen, sandig-lehmigen Boden brauchen die Wurzelknollen etwa vier bis sechs Monate, um zu reifen. Beginnen die Blätter zu vergilben, so haben die Bataten ihren höchsten Stärkegehalt erreicht und die Ernte kann beginnen. Süßkartoffeln müssen schnell verbraucht werden, da sie aufgrund ihres hohen Wassergehalts relativ leicht zu faulen beginnen.

Übrigens: Heutzutage werden Süßkartoffeln in den tropischen und subtropischen Regionen Amerikas, Afrikas und Asiens angebaut. Sind die Klimaverhältnisse günstig, können sie auch in den gemäßigten Breiten gedeihen, etwa in Italien und Spanien. Von dort kommen auch die Süßkartoffeln, die im Herbst hierzulande mitunter in Lebensmittelläden angeboten werden. In Regionen, in denen der Anbau von Kartoffeln nicht möglich ist, übernehmen Süßkartoffeln vielfach ihre Rolle als Stärkelieferant.

Wie lassen sich Bataten nutzen?

Sehr vielfältig. So gibt es beispielsweise Hunderte unterschiedlicher Süßkartoffelsorten, die sich u. a. durch ihre Farbe und Kocheigenschaften unterscheiden. So lässt sich genau wie bei Kartoffeln zwischen mehligen und festkochenden Varietäten wählen, die im Grundsatz auch ähnlich zubereitet werden können. Süßkartoffeln sind eine vorzügliche Beilage zu Fisch und Fleisch. Sie eignen sich sehr gut zum Kochen, Backen und Pürieren, jedoch weniger zum Braten, da sie schnell zerfallen. Geschält und mit Öl eingepinselt, kann man sie auch in Folie im Ofen backen. Feinschmeckern munden sie sogar als süßes Dessert, beispielsweise mit Vanillesirup.

Die getrockneten Knollen werden darüber hinaus zu Schnitzen, Mehl und Stärke verarbeitet. Aus zerkrümelten Knollen gewinnt man die sog. Reiskörner, eine Art Sago. Nicht zuletzt können Süßkartoffeln auch zu alkoholischen Getränken vergoren werden.

Wussten Sie, dass …

die Maniokknollen bis zu fünf Kilogramm schwer werden können? Eine einzige Maniokpflanze produziert fünf bis zehn solcher Wurzelknollen.

Maniok auch Kautschuk liefern kann? Aus Manihot glaziovii wurde früher der sog. Cerea-Kautschuk gewonnen, dessen Qualität jedoch nicht an die des Parakautschuks heranreicht.

Maniok auch medizinisch eingesetzt wird? Die frische Wurzel benutzt man als Heilmittel bei Geschwüren.

ein Kilogramm Maniok bis zu 600 Milligramm des hochgiftigen Linamarins enthält? Der Genuss von etwa 400 Gramm unbehandelten Manioks soll bereits tödlich sein.

Wo wird Maniok als nachwachsender Rohstoff genutzt?

Vor allem in Brasilien. Dort wird Maniokstärke in industriellem Maßstab zu Alkohol vergoren, der dann als Kraftstoff für Motoren dient. Im Heimatland des Maniok wird diese Art der Nutzung vorangetrieben und die Pflanze in großem Umfang zu diesem Zweck angebaut.

Ökologen sehen diese Entwicklung durchaus mit Sorge, denn nicht immer ist gewährleistet, dass die Stärkepflanze nur auf Böden angebaut wird, die für höherwertige Nahrungspflanzen nicht in Frage kommen. Außerdem besteht die Gefahr, dass die ökologisch wichtigen Regenwälder dem Maniokanbau zum Opfer fallen.

Wussten Sie, dass …

die grünen Sprosse und Blätter der Süßkartoffel ebenfalls essbar sind? Sie werden in Afrika ähnlich wie Spinat zubereitet und oft als Beilage zu den Bataten gereicht.

man mit Süßkartoffeln auch Fassaden begrünen kann? Wie alle Winden muss man die Pflanzen durch ein Klettergerüst unterstützen, an dem sie sich emporschlingen können; Bataten schmücken sich mit aparten weißen Trichterblüten, deren Grund auffallend weinrot gefärbt ist.

die Süßkartoffel einst in England als Aphrodisiakum galt? Deshalb soll Heinrich VIII. (1491–1547) sie besonders als Zutat in Pasteten geschätzt haben.

Wie eroberte die Süßkartoffel die Welt?

Auf sehr unterschiedlichen Wegen. Von Peru aus gelangte sie schon vor der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Gepäck von Seefahrern auf die pazifischen Inseln und freigelassene afrikanische Sklaven brachten sie von Amerika nach Afrika. Die Maori nahmen sie aus ihrer Heimat Polynesien nach Neuseeland mit; von dort aus gelangte sie nach Australien.

Die Spanier führten die Süßkartoffel dann auf den Philippinen und den Molukken ein, von wo aus sie sich im Sunda-Archipel sowie nach China und Japan verbreitete. Nach Europa kam die Batate noch vor der Kartoffel: Nachweislich im 16. Jahrhundert gelangte sie über die Kanarischen Inseln nach England.

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