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Produktion und Handel – auf den Märkten der Welt

Selbstverständlich kaufen wir heute im Supermarkt, Fachgeschäft, Reisebüro oder auch über den Internethandel Waren und Dienstleistungen, die wir für unseren täglichen Bedarf benötigen. Dass sie für uns, die Konsumenten, bereitstehen, ist vor allem ein Verdienst der Händler. Sie sorgen für die Verteilung: Großhändler beschaffen sie beim Hersteller oder Erzeuger, Einzelhändler ordern Teilmengen der Lieferungen. Die Hersteller können sich so auf eine geringe Anzahl von Produkten spezialisieren, die sie in Massen produzieren. Dienstleistungsbetriebe wie Versicherungen oder Banken bieten ihre Produkte in aller Regel dem Kunden direkt an.

Diese arbeitsteilige Spezialisierung hat sich über Jahrhunderte entwickelt. Technische Neuerungen Mitte des 18. Jahrhunderts, Auslöser für die industrielle Revolution, machten dies möglich. Schließlich ist Arbeitsteilung die Voraussetzung für Handel innerhalb von Gesellschaften. Bis dahin produzierten Haushalte – bäuerliche Familienwirtschaften, aber auch herrschaftliche Haushalte – primär für ihren Eigenbedarf. Diese Wirtschaftsweise, typisch für vorindustrielle Agrargesellschaften, bezeichnet man als Subsistenzwirtschaft. In reiner Form existierte sie selten: Produkte wie Salz oder Metallwaren mussten fast überall ertauscht und zugekauft werden. Das notwendige Bargeld beschafften sich die Bauern über den Verkauf ihrer Überschussprodukte auf Märkten.

Handel zwischen Gemeinschaften gab es schon in vorgeschichtlicher Zeit, zunächst in Form von Tauschhandel. Frühe Hochkulturen pflegten Handelskontakte untereinander und mit weniger entwickelten Kulturen. Dabei wurden oft weite Entfernungen überwunden. Das Europa der Bronzezeit (ca. 1800 bis 700 v. Chr.) und der Mittelmeerraum zur Zeit des Römischen Reiches waren gut organisierte Handelsnetzwerke: Die Seidenstraße verband China mit Rom über 6000 km. So entwickelte sich zuerst der Fernhandel, vor allem mit Luxusgütern, später auch mit Gewürzen, Textilien und Rohstoffen. Der moderne Welthandel entstand mit der industriellen Revolution sowie mit den Neuerungen im Verkehrs- und Nachrichtenwesen.

Handel: Früher und heute

Wer waren die ersten Welthandelsreisenden?

Die Phönizier: Aus ihrem Siedlungsgebiet längs der Küste Libanons weiteten die Phönizier ihren Handel von den reichen phönizischen Stadtstaaten Sidon und Tyros (Blütezeit zwischen 1200 und 900 v. Chr.) ins Schwarze Meer, den westlichen Mittelmeerraum und später bis nach Britannien und wahrscheinlich Westafrika aus. An Exportgütern lieferten die Phönizier Glaswaren und Purpurstoffe.

Ihre Stadtstaaten gründeten in großem Stil strategisch wichtige Kolonien, so beispielsweise um 800 v. Chr. von Tyros (Libanon) aus Karthago am Golf von Tunis (Nordafrika), das im 7. Jahrhundert v. Chr. zur Schutzmacht der phönizischen Kolonien im Westen aufstieg. Nach der assyrischen Eroberung Phöniziens Ende des 8. Jahrhunderts v. Chr. wurde Karthago zur Führungsmacht des gesamten phönizischen Kulturraums. Im 3. und 2. Jahrhundert v. Chr. verlor es in drei Kriegen den Kampf um die Vorherrschaft im westlichen Mittelmeer gegen Rom.

Was hat Alexander der Große für den Handel getan?

Der Makedonenkönig Alexander der Große (356–323 v. Chr.) erweiterte durch seine Eroberungszüge den damaligen Weltverkehr enorm. Er erschloss seine eroberten Gebiete in Asien und Afrika durch griechische Kolonien und verband sie mit dem griechischen Handelssystem, zu dem eine einheitliche Währung und eine gemeinsame Verkehrssprache, die Koine, gehörte. Diese staatliche und wirtschaftliche Neuordnung im Zeichen des Hellenismus (von Hellas = Griechenland) bewirkte eine durchgreifende Modernisierung seiner Herrschaftsgebiete. Diese Epoche endete durch die Eroberung der Nachfolgereiche Alexanders im 2. und 1. Jahrhundert v. Chr. durch die Römer.

Gab es ein Imperium Romanum der Wirtschaft?

Ja. Die große Bedeutung des Römischen Reichs lag vor allem darin, dass es mit dem römischen Recht und einem System einheitlicher Münzen, Maße und Gewichte eine Basis für den geregelten Warenaustausch innerhalb des Mittelmeerraums schuf; es bezog auch das in Provinzen organisierte und durch Straßen und Kanäle erschlossene Binnenland ein. Der Ausbau von Häfen förderte die Seefahrt sowie den Austausch mit anderen Völkern. Luxusartikel aus allen Reichsteilen gelangten nach Rom: Sklaven, Elfenbein, Gold und wilde Tiere für Gladiatorenkämpfe aus Afrika, Bernstein von der Ostsee, Gewürze aus Arabien und sogar Seide aus China.

Die Wirtschaft Italiens war jedoch in hohem Maß von der Sklavenarbeit abhängig und wurde in der zweiten Hälfte des 2. Jahrhunderts allmählich schwächer, weil mit weniger Kriegen Kriegsgefangene bzw. Sklaven teurer wurden. Im 3. Jahrhundert kam es zur Wirtschaftskrise und zur ersten Inflation der Weltgeschichte. Nach dem Zusammenbruch kehrte das Imperium Romanum zur Naturalwirtschaft zurück.

Wann erlebte der Mittelmeerhandel seine Wiedergeburt?

Der Handel zwischen Westeuropa und dem östlichen Teil des Mittelmeeres, der Levante, belebte sich gegen Ende des 10. Jahrhunderts, nachdem er seit der Völkerwanderungszeit (4.–6. Jahrhundert) weitgehend unterbrochen war.

Maßgeblich an der Wiederbelebung beteiligt waren die Juden. Sie waren sowohl in christlichen wie muslimischen Ländern zu Hause und standen in regem Austausch miteinander. Der Levantehandel öffnete Europa auch die Tür nach Asien und bis in den Fernen Osten. Handelswaren waren z. B. Seide, Gewürze, Baumwolle, Elfenbein, Porzellan, Farbstoffe, Perlen und Edelsteine.

Welche Bedeutung hatten die Handelsmessen?

In europäischen Städten längs der Handelsrouten und an Verkehrsknotenpunkten entwickelten sich Ende des ersten Jahrtausends Handelsmessen, vor allem in der Champagne. Im Unterschied zu regelmäßig abgehaltenen Märkten (Wochenmärkten) fanden sie nur ein- oder zweimal im Jahr statt. Unter dem Schutz des Königs oder der Kirche, oft mit Privilegien (reduzierte Zölle und Abgaben, eigene Messegerichtsbarkeit, Aufhebung des Zinsverbots) ausgestattet, wurden sie zu Anziehungspunkten für Fernhändler. Ihre Reiserouten richteten die Kaufleute an den Terminen der wichtigsten Messen aus.

Wozu diente die Hanse?

Mit dem Ziel einer gemeinsamen Interessenvertretung sowie zur Durchsetzung oder Nutzung von Privilegien schlossen sich die um gegenseitige Unterstützung bemühten Kaufleute zu Gilden oder genossenschaftlichen Vereinigungen (Hansen) zusammen.

Zur beherrschenden Handelsmacht im Nord- und Ostseeraum und in den Gebieten der deutschen Ostkolonisation wurde die (Städte)-Hanse, die 1356 in Lübeck gegründet wurde. In der Blütezeit gehörten ihr 180–200 Städte an. Die Hanse besaß gute Verbindungen in den Orient (über Russland und Polen) und nach Italien (u. a. über das flämische Brügge, heute Belgien). Ihr allmählicher Niedergang setzte im 15. Jahrhundert ein, u. a. aufgrund von Interessenkonflikten und der Verlagerung des Handelsschwergewichts nach Übersee.

Was suchten die europäischen Entdecker?

Sie suchten einen Seeweg nach Indien, über den die Versorgung mit den gewohnten Luxusgütern wie Gewürzen aus Asien, Elfenbein, Edelhölzern und Duftstoffen weiterhin gesichert werden sollte. Denn nach der Eroberung von Konstantinopel (heute Istanbul) 1453 durch die Türken war das Abendland von den Schätzen Indiens und Chinas abgeschnitten.

Die für den Welthandel wichtigen Entdeckungsreisen im 15. und 16. Jahrhundert unternahmen die Portugiesen und Spanier: Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama (1469–1524) landete 1498 in Indien, und Lissabon wurde zum zentralen Markt für Güter des Fernen Ostens. Christoph Kolumbus (1451–1506) legte 1491 mit der Entdeckung Amerikas (Bahamas) den Grundstein für den Reichtum Spaniens. Aus den eroberten amerikanischen Ländern gelangten ungeheure Schätze an Edelmetallen wie Gold und Silber nach Europa. Die europäische Expansion in Übersee bahnte dem Frühkapitalismus und der Weltwirtschaft den Weg.

Wie funktionierte der frühe Kolonialhandel?

Als Dreieckshandel zwischen Amerika, Afrika und Europa.

Um sich in den eroberten Überseegebieten eine wirtschaftliche Grundlage zu schaffen, begannen die Portugiesen und Spanier mit der Einführung der Plantagenwirtschaft, deren Erzeugnisse, Zuckerrohr, Mais und Baumwolle, nach Europa verkauft wurden. Zur Plantagenarbeit dienten Sklaven, welche die Schiffseigner und Kapitäne in Westafrika einkauften. Die Sklaven wurden anschließend, oft unter erbärmlichen Bedingungen, nach Amerika verschifft, wo sie bei Auktionen verkauft wurden. Zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert gelangten auf diese Weise etwa 12–15 Mio. Sklaven nach Amerika.

Wer waren die Nachfolger der Portugiesen und Spanier?

Im 17. Jahrhundert wurden die Niederlande zur führenden Handelsnation. Die Weltmächte der Iberischen Halbinsel waren unter der finanziellen Last ihrer Kolonien und der Religionskriege zusammengebrochen. Die Niederlande schufen ein Kolonialreich in Fernost und gründeten 1624 in Nordamerika Neu-Amsterdam, das heutige New York. Um die Nachfrage nach Gewürzen und anderen Handelsgütern aus den niederländischen Überseeprovinzen (vor allem Niederländisch-Indien, heute Indonesien) zu decken, wurde 1530 die Amsterdamer Börse gegründet.

Um 1750 stieg England aufgrund seiner Vorherrschaft auf den Meeren zur weltweit wichtigsten Wirtschaftsmacht und zum größten internationalen Sklavenhändler auf. Der Frieden von Paris 1763 brachte England zu Lasten der Franzosen große Gebietsgewinne in Nordamerika. An der Börse wurde wild spekuliert mit Aktien neu gegründeter Handelshäuser, die Handel mit Überseekolonien betrieben, wie die Ostindische Handelsgesellschaft oder die 1711 gegründete Südseegesellschaft. Einen Rückschlag erlebte das Land erst, als die nordamerikanischen Kolonien sich ab 1776 vom Mutterland lösten. Dies markierte den Beginn einer politischen und wirtschaftlichen Entwicklung, aus der die USA später als Weltmacht hervorgingen.

Warum fielen nach dem Zweiten Weltkrieg die Handelsschranken?

Aufgrund der schlechten Erfahrungen mit dem Protektionismus, das heißt nationalen Handelsschranken und -hemmnissen zum Schutz der eigenen Wirtschaft, der eine Ursache für den Rückgang des Welthandelsvolumens 1929– 33 von 3 Mrd. auf 1 Mrd. US-Dollar war. 1947 wurden das Allgemeine Zoll- und Handelsabkommen (GATT) gegründet und weitreichende Zollsenkungen vereinbart.

Während der Erdölkrise Mitte der 1970er Jahre kam es aufgrund der wirtschaftlichen Schwierigkeiten der Erdöl importierenden Länder erneut zu einer Protektionismuswelle. Die Globalisierung und die Verbreitung der Markwirtschaft nach dem Ende des Ost-West-Konflikts Anfang der 1990er Jahre führten dagegen zu einer neuen Liberalisierungsphase. 1995 wurde als Nachfolgeorganisation des GATT die WTO (Welthandelsorganisation) gegründet.

Wer sind die stärksten Handelsmächte?

Deutschland wurde 2005 mit einem Außenhandelsvolumen (Waren) von 970,7 Mrd. US-Dollar zum dritten Mal hintereinander Exportweltmeister und erreicht aufgrund eines niedrigeren Importvolumens von 774,1 Mrd. einen Exportüberschuss von 196,6 US-Dollar. Nach den USA ist Deutschland die größte Handelsnation weltweit. Während die Mehrzahl der »Top Ten« mehr exportiert als importiert, verzeichnet ausgerechnet die Handelsmacht Nummer eins, die USA, einen gigantischen Importüberschuss: Exporten von 904,3 Mrd. US-Dollar standen 1732,7 Mrd. US-Dollar an Importen gegenüber (Stand: 2005). Die dritte Wirtschaftskraft China verzeichnete einen Exportüberschuss von 101,9 Mrd. US-Dollar; ihr folgten die Staaten Japan (Platz vier bei Exporten und Importen), Frankreich, die Niederlande, Großbritannien, Italien, Kanada und Belgien nach.

Wo liegen die Seidenstraßen?

Die Seidenstraßen (ab ca. 200 v. Chr.) führten von China über Zentralasien bis nach Indien und ins Gebiet des Römischen Reiches (Syrien). Es waren vor allem für den Zwischenhandel mit Seide benutzte Karawanenstraßen. Daher kam es kaum zu einem kulturellen Austausch.

Wussten Sie, dass …

der Begriff »Messe« auf deren ursprüngliche Verbindung zur Kirche hindeutet? Messen wurden zunächst an religiösen Festtagen nach der heiligen Messe abgehalten.

Messen meist einmal im Jahr, oft am Tag des Namenspatrons einer Kirche, stattfanden? In etablierten Messestädten orientierte sich die Terminwahl später an wirtschaftlichen Überlegungen, nicht mehr am Heiligenkalender.

ab dem 12. Jahrhundert die Messen in der Champagne (Nordostfrankreich) in einem festen Zyklus von sechs Messen von je sieben Wochen Dauer abgehalten wurden? Ein fester Ablauf schrieb vor, welche Waren zu welcher Zeit gehandelt werden durften.

die ersten deutschen Städte mit Messeprivileg Frankfurt am Main (1240) und Leipzig (1268) waren?

Was kennzeichnet den heutigen Welthandel?

Moderne Transportmittel, der internationale Tourismus und nicht zuletzt das Internet haben bewirkt, dass heute nahezu jeder in der einen oder anderen Weise in wirtschaftlichem Kontakt mit dem Ausland bzw. mit Ausländern steht. In den früheren Jahrhunderten konzentrierten sich die Transaktionen auf relativ wenige Güter und Händler. Der Welthandel wies 2005 ein Exportvolumen mit Waren von rd. 10 121 Mrd. US-Dollar auf.

Produktion: Vom Ackerbau zur Informationsgesellschaft

Wer hat die Landwirtschaft erfunden?

Nach der vorherrschenden Theorie wurde in den östlichen Regionen des Mittelmeeres, der Levante, die Entwicklung der Landwirtschaft zuerst vorangetrieben.

Aufgrund der rd. 1000 Jahre andauernden Klimaveränderung nach der letzten Eiszeit (um 10 000 v. Chr.), vor allem infolge der Trockenheit, waren die Menschen gezwungen, Vorratshaltung zu betreiben, Getreide anzubauen und zu bewässern. Erste Pflanzen waren Erbsen und Linsen, erste landwirtschaftliche Geräte Pflanz- und Grabstöcke aus Holz. Nach Europa gelangte der Ackerbau 6000–5000 v. Chr. Mit dem Pflug hielt die Nutzung der tierischen Kraft Einzug.

Für wen produzierten die Bauern?

Die mit geringem maschinellen Einsatz hergestellten landwirtschaftlichen Erzeugnisse dienten vor allem der Selbstversorgung der Bauern. Handel wurde nur wenig betrieben, so dass der überwiegende Teil der Bevölkerung in der Landwirtschaft tätig war.

Vor Beginn der industriellen Revolution Mitte des 18. Jahrhunderts in Großbritannien waren alle europäischen Gellschaften Agrargesellschaften. Im Zuge der Industrialisierung wurden auch in der Landwirtschaft Maschinen und chemische Düngemittel eingesetzt. Mit ihrer Hilfe konnte ein Mehrfaches an Produkten erzeugt werden, als die in den Betrieben arbeitenden Menschen eigentlich benötigten. Die Folge: Unter der häufigen Begleiterscheinung von großem Elend wurden Arbeitskräfte in der Landwirtschaft freigesetzt.

Was machte Großbritannien zum Motor der industriellen Revolution?

Großbritannien hatte Zugriff auf die wichtigen Rohstoffe Kohle und Eisenerz und erfüllte als einziges europäisches Land die Hauptvoraussetzungen für den Aufschwung der industriellen Produktionsweise.

Zum einen nahm Großbritannien bei der Zahl der Erfindungen von Maschinen (1765/69: Dampfmaschine, 1766: Hochofen, 1786: mechanischer Webstuhl) im 18. Jahrhundert unschlagbar die Spitzenposition ein, auch dank einer liberalen Eigentumsgesetzgebung und eines effektiven Patentrechts. Zum anderen brachte der ausgedehnte Kolonialhandel des britischen Empires großes Kapitalvermögen ein. So wurden wagemutige Unternehmer zum eigentlichen Motor der Industrialisierung. Verfügten sie selbst nicht über genug Kapital, stand ihnen die Bank of England für Kredite zur Verfügung. Hinzu kam schon in frühen Zeiten ein einheitlicher Binnenmarkt ohne Zollgrenzen und eine günstige Infrastruktur für den Warentransport im Inland. Drittens schließlich machte die der industriellen Revolution vorangegangene Agrarrevolution zahlreiche ehemalige Landarbeiter als neue Arbeitskräfte für die industrielle Produktion verfügbar.

Übrigens: Eine gehaltvollere Ernährung und eine verbesserte medizinische Versorgung (Hygiene) sorgten für einen rapiden Bevölkerungsanstieg (von 10,9 Mio. im Jahr 1800 auf 21 Mio. 1851) und damit für einen fortwährend steigenden Bedarf an industriell gefertigten Gütern.

Welche Branchen leisteten Pionierarbeit?

Zu den Industriepionieren gehörte in Großbritannien vor allem die Textilbranche, in Deutschland dagegen übernahmen die Schwerindustrie, der Eisenbahnbau (erste Strecke zwischen Nürnberg und Fürth, 1835) und der Maschinenbau diese Vorreiterrolle. Wichtige Stahlfabrikanten wurden Friedrich Krupp (1787–1826) und sein Sohn Alfred (1812–87) in Essen sowie August Thyssen (1842–1926) in Mülheim an der Ruhr. Ende des 19. Jahrhunderts übernahmen Elektrotechnik und Chemie Führungsrollen in der Industrie.

Wer war Vorreiter der Industrialisierung in Deutschland?

Eindeutig Preußen. Der Staat förderte in großem Maße die Industrialisierung, preußische Unternehmer eigneten sich durch Import englischer Maschinen oder durch Übernahme englischer Innovationen die Technik an, Ingenieurnachwuchs wurde an staatlichen technischen Schulen herangebildet. Weitere soziale und politische Voraussetzungen wurden in den Jahren 1807–14 durch eine Agrarreform nach englischem Vorbild und die Einführung der Gewerbefreiheit geschaffen. Der einheitliche deutsche Binnenmarkt als Voraussetzung für den Absatz der Industrieprodukte ließ jedoch noch bis 1834 durch die Gründung des Deutschen Zollvereins auf sich warten.

Wie veränderte die industrielle Revolution die Gesellschaft?

Mit der ersten Phase der industriellen Revolution ab Mitte des 18. Jahrhunderts vollzog sich der Wandel von der Agrarzur Industriegesellschaft – ein Umwälzungsprozess, der nahezu alle Bereiche des menschlichen Lebens erfasste. Technische Neuerungen ermöglichten z. B. erstmals die Massenproduktion von Gütern, die sich nun auch ärmere Bevölkerungsschichten leisten konnten. Die Notwendigkeit, bisher unbekannte Mengen an Rohstoffen und Waren zu transportieren, trug zu Innovationen im Bereich des Verkehrswesens bei.

Ab Ende des 19. Jahrhunderts wurde die industrielle Produktion zunehmend von Maschinen dominiert, deren Arbeitsweise und -rhythmus sich die Menschen anzupassen hatten. Diese Entwicklung gipfelte Mitte des 20. Jahrhunderts in der Automatisierung (sog. zweite industrielle Revolution) kompletter Produktionsprozesse.

An der Schwelle zum 21. Jahrhundert führte der Fortschritt im Bereich der Computer- und Kommunikationstechnik erneut zu einem tief greifenden Wandel; im Zuge dieser sog. dritten industriellen Revolution vollzieht sich derzeit der Übergang zur Informationsgesellschaft.

Welche Technologie wird unsere Zukunft prägen?

Die High- bzw. Hochtechnologie. Neben der Computer- und Kommunikationstechnik gehören dazu die Robotertechnik, die Biotechnologie und Gentechnik sowie Techniken zur Erforschung und Nutzung des Weltraums (Weltraum- und Satellitentechnik). Der Computertechnik bzw. Mikroelektronik kommt dabei besondere Bedeutung zu: Jeder Fortschritt in diesem Bereich verbessert die Leistungsfähigkeit der anderen Hochtechnologien.

Die Veränderungen der Arbeits- und Lebenswelt, die mit diesen Technologien einhergehen, entsprechen nicht unbedingt dem Bild, das wir aus Sciencefiction-Romanen kennen. Hightech ist bereits heute allgegenwärtig – zu Hause, am Arbeitsplatz, sogar beim Einkaufen in den Supermärkten. Allerdings werden uns die Vielzahl technischer Möglichkeiten und die Komplexität und Unabsehbarkeit der Technikfolgen in Zukunft mehr denn je mit der Frage konfrontieren, wie wir die Möglichkeiten der Technik sinnvoll nutzen wollen.

Übrigens: Die Zukunft der Robotertechnik hängt vor allem davon ab, ob es gelingt, lernfähige Systeme zu entwickeln, die auf äußere Gegebenheiten flexibel reagieren und dabei gemachte Erfahrungen speichern und in andere Situationen wieder umsetzen können. Der Einsatz solcher lernfähiger Roboter ist beispielsweise für die unbemannte Raumfahrt unabdingbar. Bislang beschränken sich die Fähigkeiten dieser »intelligenten« Maschinen allerdings auf die Ausführung relativ simpler Aufgaben, wie z. B. die Fortbewegung auf einem unebenen Gelände.

Welchen Dienstleistungen kommt besondere Bedeutung zu?

Vom Bedeutungszuwachs des Dienstleistungssektors haben nur bestimmte Bereiche profitiert. So ist der Anteil der Erwerbstätigen bei Banken und Versicherungen in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegen, während sie in den Bereichen Handel und Verkehr etwa konstant blieb. Als Wachstumsbranchen der Zukunft gelten die Bereiche Tourismus, Freizeit und Gesundheit sowie Unternehmenszweige, die sich auf die Verarbeitung, Aufbereitung und Weitergabe von Informationen spezialisiert haben (z. B. Onlinedienste, Beratung, Träger von Bildungsangeboten).

Was war die Neolithische Revolution?

Die erste Umbruchphase in der Arbeits- und Lebenswelt der Menschen; sie begann im 9. Jahrtausend v. Chr. im Vorderen Orient und erreichte im 4. Jahrtausend v. Chr. schließlich Nordeuropa. Die Neolithische Revolution markiert den Übergang von der Kultur der Jäger und Sammler zu den sesshaften Kulturen der Jungsteinzeit (Neolithikum). Die neuen Kulturen betrieben Land- und Viehwirtschaft, was erstmals eine langfristige Arbeitsplanung erforderte und die Erfindung entsprechender Techniken nach sich zog. Die sesshafte Lebensweise führte zur Entstehung größerer Gemeinwesen, in denen sich neue Sozialstrukturen entwickelten.

Wie viel Kinderarbeit war erlaubt?

Das englische Fabrikgesetz von 1833 legte die Arbeitszeit von 10 bis 13 Jahre alten Kindern auf acht, für Jugendliche auf zwölf Stunden fest, Nachtarbeit wurde für beide Gruppen verboten. 1850 wurde der Zehnstundentag verfügt. Preußen verbot 1839 Kinderarbeit vor dem neunten Lebensjahr, verpflichtete Minderjährige zu einem dreijährigen Schulbesuch vor dem Eintritt in eine Fabrik, beschränkte die Arbeitszeit für Jugendliche auf zehn Stunden am Tag mit zweistündiger Mittagspause und verbot Minderjährigen Sonntags- und Feiertags- sowie Nachtarbeit. Das Mindestalter für Fabrikarbeit wurde 1853 auf zwölf Jahre hinaufgesetzt.

Was waren die Vorläufer der Fabriken?

Die Manufakturen, die in der frühen Neuzeit von Privatunternehmern und dem Staat betrieben wurden: 1. Verschiedene Handwerke werden in einem Arbeitshaus zusammengefasst; so arbeiteten z. B. Drechsler, Schlosser u. a. in einer Kutschenmanufaktur zusammen; 2. Ein Handwerk wurde in viele Einzeloperationen zerlegt. Die Manufaktur entwickelte in beiden Fällen eine Arbeitsteilung mit höherer Produktivität, ohne die handwerkliche Basis der Produktion zu verlassen.

Kehrt die Technik zur Natur zurück?

In gewisser Weise ja, denn die Bionik – eine Wissenschaft, die sich mit biologischen Systemen und ihrer Nachahmung befasst – macht sich den Erfindungsreichtum der Natur bei technischen Neuerungen zunutze. Ein Beispiel ist die Lumineszenz eines Fahrradrückstrahlers, die auf demselben Prinzip wie das Leuchten des Glühwürmchens beruht. Auch die Skelettbauweise von Hochhäusern haben wir uns von der Natur abgeschaut. Eines der ehrgeizigsten Ziele der Bionik ist der Bau des »künstlichen Blattes«, das in der Lage sein soll, Photosynthese zu betreiben.

Märkte: Wo Angebot auf Nachfrage trifft

Was ist das Kennzeichen des Marktes?

Der Markt ist ein Platz, an dem Wirtschaftsgüter und Geld getauscht werden. Dabei ist es nicht nötig, dass der Markt räumlich begrenzt ist. Er muss also nicht unbedingt in einer Markthalle stattfinden. Als Markt wird auch der Internethandel bezeichnet, denn auch hier wechseln Waren und Dienstleistungen ihren Besitzer. Genauso wird der Handel an der Börse, wo die Geschäfte über Telefon und Computer laufen, Markt genannt.

Ziel des Marktes ist es, das Angebot von und die Nachfrage nach Gütern zusammenzubringen. Häufig ähneln die Güter auf einem Markt einander; beispielsweise gibt es Märkte für Nahrungsmittel, für Aktien oder für Kleidung. Nur in seltenen Fällen werden vollkommen unterschiedliche Güter auf ein und demselben Markt angeboten.

Wie wichtig ist Arbeitsteilung?

Arbeitsteilung ist die Basis moderner Wirtschaftssysteme. Sie beruht auf dem Bestreben, die Produktivität von Arbeit, Kapital und Boden zu steigern. Das Ausmaß der Arbeitsteilung kennzeichnet den Entwicklungsstand einer Volkswirtschaft und ihr Potenzial zur Schaffung von Wohlstand.

In einer arbeitsteiligen Wirtschaft führt jeder nur die Aufgaben aus, die er am besten kann, anstatt sich mit allen Waren und Diensten, die er zur Befriedigung seiner Bedürfnisse benötigt, selbst zu versorgen: Der Kfz-Mechaniker tauscht die abgenutzten Bremsbeläge am Auto aus, die Beraterin im Reisebüro sucht das beste Angebot für eine Studienreise in die USA aus.

Die verschiedenen Märkte koordinieren unsere individuellen Handlungen als Konsument, Unternehmer oder Investor, damit die knappen Güter und Leistungen für den Lebensunterhalt aller in den richtigen Mengen zur Verfügung stehen. Eine arbeitsteilige Wirtschaft ohne Märkte ist daher heutzutage kaum mehr denkbar.

Wie weit hat die Arbeitsteilung die Volkswirtschaften verändert?

Die arbeitsteilige Spezialisierung hat seit dem Beginn der Industrialisierung eine deutliche Verschiebung der Wirtschaftsstruktur mit sich gebracht. Das Schwergewicht in den entwickelten Volkswirtschaften der reichen Länder (v. a. Europäische Union, USA, Japan) liegt heute auf den Märkten für Dienstleistungen. Dazu gehören beispielsweise Handel, die Dienste der Banken, die Gastronomie, das Gesundheitswesen und die Bildungseinrichtungen.

In der Europäischen Union, den USA oder in Japan steuert der industrielle Sektor im Durchschnitt deutlich weniger als 30 % zur Leistung der gesamten Wirtschaft bei, Dienstleistungen machen dagegen fast 70 % aus. Land- und Forstwirtschaft spielen heute nur noch in Entwicklungsländern eine größere wirtschaftliche Rolle.

Sind Märkte die Motoren der Wirtschaft?

Ja. Sie regeln den Ausgleich zwischen Angebot und Nachfrage und steuern mithilfe der Preise der gehandelten Waren und Dienstleistungen den Umfang und die Struktur des gesamtwirtschaftlichen Angebots.

Dort, wo die Preise steigen, signalisiert dies einen hohen Bedarf. Dies veranlasst viele Unternehmen dazu, neue Produktionskapazitäten aufzubauen, um über ein größeres Angebot bessere Gewinnchancen zu nutzen. Umgekehrt zeigen sinkende Preise, dass auf den betroffenen Märkten das Angebot im Verhältnis zur Nachfrage zu groß ist. Folglich werden die Unternehmen ihre Produktionskapazitäten drosseln, um Verluste zu vermeiden, die mit unverkäuflichen Waren verbunden sind.

Die nicht mehr benötigten Ressourcen – Arbeit und Rohstoffe – wandern in andere Bereiche ab, in denen sie einen produktiveren Einsatz finden. Als Mitte der 1970er Jahre weltweit die Ölpreise stark anstiegen, wuchs die Nachfrage nach Benzin sparenden Automodellen. Die Folge war, dass in den Karosserien Stahl- durch leichtere Kunststoffbauteile ersetzt wurden und mehr Ingenieure und Techniker sich mit der Entwicklung von Motoren beschäftigten, die eine bessere Kraftstoffausnutzung erlauben.

Was ist eigentlich ...

Regulierung? Mit diesem Begriff bezeichnet man staatliche Eingriffe in das unternehmerische Tun, um politisch erwünschte Veränderungen auf dem Markt durchsetzen zu können. Dazu zählen z. B. die Beschränkung der Ladenöffnungszeiten und Gesetze zur Zulassung zu bestimmten Berufen.

Deregulierung? Die Verringerung staatlicher Einflüsse auf den Markt. Der Ruf nach durchgreifender Deregulierung wird heute seitens der Unternehmer immer lauter. Sie erhoffen sich dadurch größere unternehmerische Freiheit und einen vereinfachten Marktzutritt.

Wettbewerb: Wie sich die Preise bilden

Was signalisiert ein hoher Preis?

Je höher der Preis, der für ein Gut erzielt werden kann, im Vergleich zu den Herstellungskosten ist, desto größer ist das Angebot an diesem Gut auf dem Markt (sog. Angebotsgesetz). Denn jeder Anbieter ist bestrebt, den größtmöglichen Gewinn (Verkaufserlös abzüglich Herstellungskosten) für seine Güter zu erzielen. Der Grund für die Zunahme des Angebots: Unternehmen, die das Gut bereits herstellen, weiten ihre Produktion bei höheren Preisen aus; andere Unternehmen beginnen aufgrund des attraktiven Preises mit der Produktion.

Woraus ergibt sich die Nachfrage?

Zum einen aus dem Wunsch der Verbraucher, ein bestimmtes Gut zu erwerben, und zum andern aus den finanziellen Möglich-keiten für den Erwerb dieses Guts. Daher richtet sich die Nachfrage nach einem Gut u. a. nach seinem Preis. Man geht davon aus, dass bei sinkenden Preisen die Nachfrage steigt und dass ein nachfragender Haushalt unter Berücksichtigung seiner Möglichkeiten die Güter erwirbt, die für ihn den größten Nutzen haben. Hat ein Haushalt etwa seinen Bedarf an einem Grundnahrungsmittel wie Brot gedeckt, so wird sich seine Nachfrage nach Brot auch bei einem sinkenden Preis nicht wesentlich erhöhen, weil dies keinen zusätzlichen Nutzen für den Haushalt ergäbe.

Bei Konsumgütern hängt die Nachfrage auch von der Art der Bedürfnisse der Konsumenten, von den zur Verfügung stehenden Geldmitteln sowie von den Erwartungen an das Konsumgut ab.

Wie kommen Preise zustande?

Die Höhe des Preises wird in der Marktwirtschaft sehr stark vom Umfang des auf dem Markt zusammentreffenden Angebots und der Nachfrage beeinflusst. Andererseits sind die Höhe von Nachfrage und Angebot wiederum von dem jeweiligen Marktpreis abhängig. Es besteht also eine wechselseitige Abhängigkeit.

Angebot und Nachfrage können in einem Diagramm in Form von Kurven dargestellt werden. Dort, wo sie sich schneiden, wo also das Angebot zu einem bestimmten Preis der Nachfrage entspricht, herrscht das sog. Marktgleichgewicht. Dieser Preis, so wird angenommen, ist in der Regel bei der Marktform des Polypols auch der Preis, zu dem das angebotene Gut verkauft wird.

Übrigens: Neben den Marktpreisen gibt es Preise, die von der öffentlichen Hand (Staat, Länder oder Gemeinden) festgelegt werden, wie z. B. für die Leistungen der öffentlichen Betriebe; sie werden Gebühren genannt.

Warum sind Preisabsprachen verboten?

Sie verzerren den freien Wettbewerb und beeinträchtigen ihn nachhaltig.

Über die Absprache des Marktpreises eines bestimmten Gutes versuchen Anbieter, einen höheren Preis duchzusetzen. Begünstigt werden Preisabsprachen, wenn nur wenige Anbieter eines wichtigen Gutes vielen Nachfragern gegenüberstehen. Das Treffen solcher Preisabsprachen ist sowohl in Deutschland als auch in der Europäischen Union (EU) und anderen Industriestaaten wie den USA verboten.

Übrigens: Der Wettbewerb wird ebenfalls verzerrt, wenn ein Anbieter bzw. Hersteller durch niedrige Preise, die unter den eigenen Herstellungskosten liegen, versucht, die Konkurrenten vom Markt zu verdrängen. Bei niedrigen Preisen wird die Nachfrage bei ihm voraussichtlich steigen, bei den anderen Anbietern jedoch sinken. Für dieses Vorgehen benötigt der Anbieter jedoch ausreichende finanzielle Reserven, um diese Preise längere Zeit aufrechterhalten zu können. Ist es ihm gelungen, die anderen Anbieter zurückzudrängen, kann er höhere Preise durchsetzen, da er – zumindest eine Zeitlang – ohne Konkurrenz ist.

Wer wacht über den freien Wettbewerb?

In Deutschland wacht das Bundeskartellamt darüber, dass es nicht zu Preisabsprachen kommt, in der Europäischen Union fällt diese Aufgabe in die Zuständigkeit der Europäischen Kommission. Kartellamt und Kommission überprüfen außerdem bei Zusammenschlüssen größerer Firmen, dass das dabei neu gebildete Unternehmen durch die Fusion keine marktbeherrschende Stellung einnimmt und damit praktisch ein Monopol auf ein bestimmtes Gut hat. Bei größeren Unternehmensfusionen in Deutschland muss daher das Bundeskartellamt, auf EU-Ebene die Kommission zustimmen.

Welche Ziele verfolgt ein Kartell?

Ein Kartell, ein Zusammenschluss eigenständiger Unternehmen, will vor allem Absprachen über die Herstellung bestimmter Güter, über die Produktionsmenge oder die Aufteilung von Gebieten, in denen die Unternehmen tätig werden, treffen. Auf diese Weise werden die Preise künstlich hoch gehalten und der freie Wettbewerb ausgeschaltet.

Erhält das Bundeskartellamt oder die Europäische Kommission Kenntnis von solchen Absprachen, verhängt die Behörde eine Geldstrafe gegen die beteiligten Unternehmen, da Kartellbildung in Deutschland, der EU sowie den meisten Industrieländern verboten ist.

Was ist ein Wettbewerbsmarkt?

Eine Marktform, bei der eine große Zahl kleinerer Anbieter einer großen Zahl von Nachfragern gegenübersteht (auch Polypol). Marktformen werden nach der Menge der Anbieter und der Nachfrager unterschieden.

Ein Beispiel für die Marktform Polypol ist der Wochenmarkt: Jeder Gemüsehändler versucht, eine größtmögliche Zahl von Kunden zu gewinnen, indem er seine Waren zu einem günstigeren Preis als seine Konkurrenten an den Nachbarständen anbietet. So kann jeder Verbraucher die Preise vergleichen und das günstigste Angebot auswählen.

Bei einem Polypol hat eine Preisänderung nur spürbare Auswirkungen für den Anbieter, der seine Preise senkt oder erhöht, die anderen Anbieter sind davon jedoch meist nicht unmittelbar betroffen oder stellen es zumindest nicht oder nur in geringem Umfang fest. Der einzelne Anbieter hat also keinen Einfluss auf die Marktpreise.

Wer kann jeden Preis verlangen?

Theoretisch nur ein Anbieter, der eine marktbeherrschende Stellung hat, der Monopolist. Er kann die Preise für das von ihm angebotene Gut bestimmen. Wer etwa in einer Wüste über die einzige Wasserquelle im weiten Umkreis verfügt, könnte dort von Durchreisenden horrende Preise verlangen.

Weil aber nicht jedes Gut so lebensnotwendig ist wie Wasser für einen Verdurstenden, kann auch der Monopolist meist keine utopischen Preise erzielen. Je höher der Preis ist, desto mehr potenzielle Käufer werden ganz auf das Produkt verzichten. Der Monopolist sollte daher einen Preis wählen, bei dem das Produkt aus der verkauften Anzahl multipliziert mit dem Stückgewinn möglichst hoch ist.

Wann wird ein Markt zum Oligopol?

Sobald wenige, meist große Anbieter (Angebotsoligopol) eine Vielzahl von Kunden bedienen.

Die Marktform des Oligopols steht zwischen den beiden extremen Marktformen, dem Wettbewerbsmarkt und dem Monopol. Hier müssen die anderen Anbieter oder Nachfrager bei der Preiskalkulation berücksichtigt werden. Senkt beispielsweise ein Anbieter seine Preise, wird er im Allgemeinen mehr Güter absetzen können, die anderen Anbieter jedoch weniger. Oft orientieren sich die anderen daher an dem Anbieter, der die Preise gesenkt hat, und reduzieren ebenfalls die Preise ihrer Waren.

Übrigens: Im Wirtschaftsleben weisen viele Märkte Elemente des Monopols oder des Oligopols auf. Die Deutsche Bahn AG etwa hält das Monopol auf das Schienennetz, der Markt für Computerbetriebssysteme wird weltweit von Microsoft beherrscht. Umgekehrt gibt es Märkte, auf denen nur ein (Monopson) oder wenige Nachfrager (Oligopson) vielen kleineren Anbietern gegenüberstehen, etwa Zulieferermärkte der Automobilindustrie.

Gibt es den vollkommenen Markt?

Nein, nur in der Wirtschaftstheorie. Das Modell der vollkommenen Konkurrenz setzt folgende Bedingungen: 1. Die gehandelten Waren sind gleichartig (z. B. Weizen gleicher Qualität). 2. Der Markt ist transparent, das heißt, die Eigenschaften der Ware, die Zahl bzw. Größe aller Marktteilnehmer sowie deren Preisvorstellungen sind bekannt. 3. Die Zahl der Teilnehmer auf jeder Marktseite ist so groß, dass keiner durch eine Änderung der nachgefragten bzw. angebotenen Menge den Preis beeinflussen kann. Auf einem vollkommenen Markt wird so lange gehandelt, bis sich ein Gleichgewicht zwischen angebotenen und nachgefragten Mengen einstellt.

Was fehlt dem vollkommenen Markt?

In einem vollkommenen Markt herrscht keine Dynamik. Zwar schafft der Wettbewerb den Ausgleich von Angebot und Nachfrage; doch in einer Welt vieler kleiner Anbieter, homogener Güter und vollkommener Information gibt es keine Anreize, sich Vorteile gegenüber der Konkurrenz zu verschaffen. Alles Bemühen um kostengünstigere Produktionsverfahren oder bessere Produkte wäre vergeblich. Er ist zudem kein realistisches Abbild der tatsächlichen Marktverhältnisse, sondern nur ein Ausgangs- und Bezugspunkt bei der Bildung von empirisch gehaltvollen Theorien.

Ist der Konsument berechenbar?

Nur wenn der Anbieter genau weiß, welchen Nutzen der Käufer aus dem Erwerb eines Gutes zieht oder ziehen kann.

Im Allgemeinen werden Konsumenten von einem Gut umso mehr erwerben, je niedriger sein Preis ist. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass der Nutzen eines Gutes in der Regel sinkt, je mehr Einheiten dieses Gutes der Konsument bereits besitzt. Wenn man ein Glas Limonade getrunken hat, wird der Grenznutzen, das heißt der Nutzen, den man aus einem zweiten Glas zieht, schon geringer ausfallen.

Übrigens: Gleiches gilt für den Grenznutzen des Geldes. Ein Betrag etwa von 10 000 Euro ist für einen Mittellosen deutlich erstrebenswerter als für einen Multimillionär.

Wie bemisst ein Unternehmen sein Angebot?

Bei der Bemessung seines Angebots richtet sich ein Unternehmen nach den Produktionskosten. Da es größtmöglichen Gewinn erzielen will, muss es die Grenzkosten, das heißt die Kosten für eine zusätzlich hergestellte Einheit, berücksichtigen: Solange die Grenzkosten niedriger sind als der zusätzlich erzielbare Erlös (Grenzerlös), können die Unternehmen mit einer Ausweitung des Absatzes ihren Gewinn erhöhen. Sie bieten folglich diejenige Menge an, bei der ihre Grenzkosten dem Erlös aus dem Verkauf der letzten Einheit bzw. dem Preis entsprechen. Würden sie ihr Angebot über diesen Punkt hinaus ausdehnen, so würde der Gewinn wieder sinken.

Wo gibt es noch Preisbindung?

Nach dem Kartellgesetz von 1974 sind Preisbindungen nur noch bei Verlagserzeugnissen, also Büchern und Zeitschriften, zulässig. Von einer Preisbindung spricht man, wenn der Hersteller eines Wirtschaftsguts dem Handel vorschreibt, zu welchem Preis er die Ware weiterverkaufen muss. Vor 1974 waren die Preisbindungen verbreitet, seitdem haben sich unverbindliche Preisbindungen durchgesetzt.

Ist der Handel übers Internet vollkommen?

Wegen seiner großen Transparenz ist der Internethandel als Markt deutlich näher am vollkommenen Markt als frühere regionale Verkaufsbörsen. So sind die Nachfrager alle gleich gut über Qualität und Preise des Angebots sowie den Anbieter informiert. Überdies ist die Anzahl der Marktteilnehmer sehr hoch. Die Wahrscheinlichkeit eines »Schnäppchens« ist auf einem unvollkommenen Markt höher; manche Bieter suchen z. B. gezielt nach falsch geschriebenen Produktbezeichnungen, weil dann nur wenige Nachfrager über ein Angebot informiert sind.

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