Daten der Weltgeschichte
Bundesrepublik an Westen ketten
Vor Ablehnung ihrer Ratifizierung
durch das französische Parlament bewertete der französische Ministerpräsident
Pierre Mendès-France die Verträge zur Gründung
der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft (EVG) im Hinblick
auf das deutsch-französische Verhältnis am 29. 8. 1954:
Der bedeutsamste Vorteil ist nach meiner
Ansicht, dass die EVG die Bundesrepublik Deutschland an die westliche Welt
bindet, ja kettet. Das ist eine Erwägung, deren Wert niemand verkennen
kann. Die Inkraftsetzung des Vertrags würde eine bedeutende Etappe auf
dem Weg der französisch-deutschen Versöhnung bedeuten, die eine
der Bedingungen des Friedens ist.
Unsere britischen und amerikanischen Alliierten haben bereits
wissen lassen, dass sie im Falle einer Nichtratifizierung des Vertrages von
Paris durch das französische Parlament zur Fassung wichtiger Beschlüsse
internationaler Ordnung schreiten würden. Dieser Staat würde alle
Attribute der Souveränität mit Ausnahme auf militärischem Gebiet
zurückerhalten... Wenn ein Land geschlagen wurde, so ist - gleichgültig,
welche Bedingungen ihm beim Waffenstillstand auferlegt wurde - nicht daran
zu denken, dass es unbegrenzt unter Vormundschaft bleibt. Zehn Jahre nach
Bendigung der Feindseligkeiten und nach den Ereignissen dieser letzten Jahre
kann niemand bestreiten, dass es vernünftig ist, der Bundesrepublik ihre
politische Souveränität wiederzugeben...
Wenn wir den Vertrag von Paris nicht ratifizieren, so werden
unsere Alliierten keineswegs darauf verzichten, den deutschen Beitrag zur
westlichen Verteidigung zu erlangen. Das will heißen, dass wir es sehr
rasch mit Vorschlägen zur Wiederaufrüstung Deutschlands zu tun haben
werden...
Im Falle, dass
sie die Ratifizierung ablehnen, wird das Problem Westeuropas, das Problem
Deutschands und seiner Aufrüstung keineswegs geregelt sein.