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Die Mission von Hayabusa

Dies ist die wahre Geschichte einer japanischen Asteroidensonde. Nach unzähligen Schwierigkeiten beim Rückflug kehrte die Raumsonde Hayabusa nach sieben Jahren wieder zur Erde zurück, genauso wie Odysseus nach seiner berühmten Irrfahrt auch wieder heimkehrte. Ein großer Einsatz war notwendig, um die Mission schließlich zum Erfolg zu führen.

von Kazuo Terakado

Hayabusa startete am 9. Mai 2003 an Bord einer M-V-Trägerrakete vom Raumfahrtzentrum Uchinoura in Kyushu, Japan. Die Raumsonde sollte auf einem Asteroiden mit dem Namen Itokawa landen und einige Bodenproben von dort zurück zur Erde bringen. Der Asteroid wurde nach Dr. Hideo Itokawa benannt, einem Pionier der Raketenentwicklung in Japan. 1955 startete Dr. Itokawa eine 23 cm lange Testrakete und begründete damit die japanische Raumfahrtgeschichte. Ein halbes Jahrhundert später trug eine große M-V, ein Nachfolgemodell der Rakete von Dr. Itokawa, das Raumfahrzeug Hayabusa ins All. Es war die erste Phase der Reise zu dem kleinen Asteroiden Itokawa.

Der Start verlief erfolgreich und Hayabusa flog in den Weltraum. Die Sonde war nicht sehr groß, 1 m x 1,6 m x 2 m. Bei ausgefahrenen Solarzellenflächen betrug die Spannweite 6 m. Der Name Hayabusa bedeutet Wanderfalke; und genau wie ein Falke sollte sich die Sonde auf ihre Beute stürzen, sie ergreifen und eilig wieder davonfliegen. Im Gegensatz zum Greifvogel, der den Hasen erbeutet, war Hayabusas „Beute“ jedoch Asteroidengestein.

In den Weiten des Weltraums war Hayabusa nicht ganz allein. Von der Bodenstation auf der Erde überwachte ein Expertenteam permanent alle Signale, die Hayabusa übermittelte. So konnte von der Erde aus sichergestellt werden, dass die Sonde nicht von der geplanten Route abkam. Auch bei anderen Problemen, wie zum Beispiel den Ionenantrieben, der Ausrüstung oder dem Bordcomputer, konnte das Team eingreifen und Befehle an die Sonde senden.

Für ein kleines Raumfahrzeug wie Hayabusa war es nicht leicht, ein so kleines Ziel wie Itokawa sicher zu erreichen. Um im Weltall mit einer ausreichend großen Geschwindigkeit zu reisen, nutzte Hayabusa vier Ionenantriebe. Sie erzeugten ihre Antriebsleistung durch Anziehung und Abstoßung von elektrischen Ladungen. Diese Antriebsform ermöglicht eine Beschleunigung über einen langen Zeitraum. Neben den Ionenantrieben setzten die Techniker zu Beginn der Expedition auch die Erdanziehung ein. Beim sog. Earth Swing-by wird die Erdanziehungskraft genutzt, um einen Flugkörper Richtung All zu beschleunigen. Dieses Manöver ist höchst kompliziert und muss sehr exakt ausgeführt werden. Andernfalls verglüht die Rakete.

Nach dem erfolgreichen Swing-by flog Hayabusa mehrere Monate durch den schwarzen Raum. Schließlich, inmitten vieler Lichtpünktchen, nahm die Kamera der Sonde am 29. Juli 2005 einen besonderen Lichtpunkt auf. Es war Itokawa, das Ziel der Expedition. Zunächst war Itokawa nur ein winziger Punkt, der nach und nach deutlicher wurde. Am 28. August stoppte das Hayabusa-Team von der Erde aus die Ionenantriebe.

Am 12. September kam Hayabusa ungefähr 20 km von Itokawa entfernt zum Stillstand. Aus dieser Nähe sah der Asteroid ganz anders aus als das bisher bekannte Bild. Er maß 500 m und verjüngte sich in der Mitte; manche sagten, er gleiche einem Seeotter.

Die Oberfläche von Itokawa ist eine völlig zerklüftete Landschaft. Sie wirkt wie eine Anhäufung von Steinen, die zusammenkleben. Über die Kameras und Messgeräte von Hayabusa untersuchten Fachleute zwei Monate lang den Asteroiden, bevor sie sich für einen Landeplatz entschieden. Hayabusa sollte an einem Ort mit dem Namen Muses Sea aufsetzen, einem relativ ebenen Ort nahe dem Hals des Otters. Die Landezone war nur 60 m breit, aber es war der einzige Fleck auf der Oberfläche, der überhaupt eine Landung erlaubte. Zahlreiche Anflugtests sollten das Risiko beim Landeanflug so gering wie möglich halten.

Der erste Landeversuch wurde am 20. November 2005 unternommen. Zu diesem Zeitpunkt war Hayabusa ungefähr 300 Mio. km von der Erde entfernt. Radiowellen sind mit 300.000 km pro Sekunde (= Lichtgeschwindigkeit) extrem schnell. Dennoch hätte es 16 Minuten gedauert, Hayabusa von der Erde aus Befehle zu senden. Deshalb war die Sonde so konzipiert, dass sie viele Manöver automatisch ausüben
konnte. Die Annäherung verlief zunächst wie geplant, doch plötzlich riss der Kontakt ab. Die Instrumente der Bodenstation gaben an, dass Hayabusa noch 17 m vom Boden entfernt war. In Wirklichkeit lag Hayabusa zu diesem Zeitpunkt auf dem Boden von Itokawa, allerdings in einem falschen Winkel, so dass sie sich eine halbe Stunde nicht bewegen konnte.

Ohne Bodenproben war die Sonde wieder gestartet, doch das fanden die Wissenschaftler in der Bodenstation erst heraus, als sie die Daten der Sonde später auswerten konnten. Am 26. November unternahm das Hayabusa-Team den zweiten Versuch. Diesmal landete Hayabusa wie vorgesehen auf dem Boden von Itokawa Sofort sammelte die Sonde Gesteinsproben und stieg wieder auf. Wenig später geschah etwas völlig Unerwartetes.

Hayabusa verfügte zur Kontrolle ihrer Position im Raum über zwölf kleine Raketen, die mit Hydrazin betrieben werden. Doch der Treibstoff lief vollständig aus. Die Ursache dieses Fehlers wurde niemals herausgefunden. Ohne funktionsfähige Steuerungsraketen konnte Hayabusa ihre Lage nicht kontrollieren. Das bedeutete, dass die Sonde ihre Solarflügel nicht zur Sonne ausrichten konnte und ohne Energie war. Ab dem 9. Dezember 2005 gab es keinen Kontakt mehr zur Erde.

Im Usuda Deep Space Center war für diese Expedition eine Antenne mit einem Durchmesser von 64 m errichtet worden. Sie sicherte die Verbindung zwischen der Erde und Hayabusa. Von nun an wurde die Antenne jeden Tag neu ausgerichtet, um Signale von Hayabusa aufzufangen, während die Sonde durch den Weltraum trieb. Ein nahezu aussichtsloses Unterfangen. Viele Wochen lang über empfing man keine Signale auf der Erde. Dann kam der 23. Januar 2006. Nur wenige Menschen glaubten noch daran, aber das Hayabusa-Team registrierte ein schwaches Signal. In den kommenden Tagen gelang es den Technikern, den Antrieb der Sonde wieder in Gang zu setzen.

Im April 2007 konnten die Ionenantriebe wieder gestartet werden und Hayabusas Rückreise zur Erde begann. Die Sonde war aber stark beschädigt und so musste jederzeit mit technischen Störungen gerechnet werden. Im November 2009 fielen die Ionenantriebe erneut aus. Immer mehr Menschen zweifelten nun daran, ob es überhaupt möglich sein würde, Hayabusa zurückzuholen. Das Team auf der Erde gab aber niemals auf. Wissenschaftler und Techniker meisterten auch diese Krise und gaben der japanischen Bevölkerung Anlass zur Hoffnung auf eine erfolgreiche Rückkehr der Raumsonde.

Am 13. Juni 2010 begab sich Hayabusa auf den Heimweg. In den sieben Jahren, die seit dem Start vergangen waren, legte der „Wanderfalke“6 Mrd. km im Weltall zurück. Jetzt begann die letzte Etappe der Mission: Die Kapsel mit den Proben von Itokawa musste sicher auf die Erde gebracht werden. Beim Start von Hayabusa gab es den Plan, die Kapsel von der Sonde abzutrennen, und gezielt auf der Erde zu landen. Die Sonde sollte für weitere Missionen Richtung Sonne reisen. Doch daran war nach den schweren Beschädigungen nicht mehr zu denken. Nachdem die Kapsel mit den Bodenproben abgeschossen war, wurde Hayabusa in die Erdatmosphäre gelenkt.

Wie zu einem letzten Gruß Richtung Erde loderte Hayabusa hell auf, als sie in die Atmosphäre eintrat. Dann war sie verglüht und verschwand. Vor der brennenden Raumsonde konnten die Menschen auf der Erde noch ein anderes kleineres Licht erkennen, das lange weiterleuchtete. Es war die Kapsel mit den Bodenproben. Wie geplant landete sie unbeschädigt und sicher in der Woomera-Wüste Australiens. Die Mission von Hayabusa war damit beendet.

Hayabusa brachte besonders feine Partikel vom Asteroiden Itokawa zurück, die derzeit von Wissenschaftlern untersucht werden. Diese Partikel sind für die Wissenschaft von großem Wert. Asteroiden können Aufschluss über die Entstehungsgeschichte des Sonnensystems geben. Wie war der Ursprung des Sonnensystems? Was geschah zu Beginn des Sonnensystems? Vielleicht können durch die Untersuchungen der Partikel von Itokawa neue Entdeckungen gemacht werden.

Das letzte Bild, das Hayabusa übermittelte, wurde kurz vor dem Eintritt in die Atmosphäre aufgenommen. Während die Bilddaten zur Erde gesendet wurden, trat Hayabusa in den nächtlichen Teil des Erdhimmels ein und verlor ihre Sonnenenergie. Aus diesem Grund wurde der untere Teil des Bildes nicht übermittelt. Allerdings können wir dank dieses Bildes sehen, dass Hayabusa Japan „vor Augen“ hatte, bevor sie in Flammen aufging.


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