Lexikon

Stalinsmus

[
lateinisch
]
die von J. Stalin geschaffene Ausprägung der Theorie und Praxis des Kommunismus. Die Bezeichnung Stalinismus ist nicht kommunistischer Herkunft. Der Stalinismus ging aus dem Leninismus hervor; er bildete sich seit Mitte der 1920er Jahre in dem Maße heraus, wie Stalin die Alleinherrschaft in der UdSSR erlangte. Hauptmerkmale des Stalinismus zu Lebzeiten Stalins waren: Verengung der marxistischen Theorie zu einem Dogmensystem, das hauptsächlich der Rechtfertigung der Herrschaftsverhältnisse diente; exzessiver Personenkult um den obersten Führer; Monopolisierung der Machtausübung und der Meinungsbildung bei der Kommunistischen Partei; Ausschaltung aller autonomen Gruppen außerhalb der Partei; Beseitigung aller bürgerlichen Freiheiten und Rechtsgarantien; umfassender Terror gegen weite Bevölkerungskreise; zentralistisch-bürokratischer Aufbau des Parteiapparats; Lenkung der in Staats- bzw. Kollektiveigentum überführten Wirtschaft durch zentrale staatliche Behörden; Unterwerfung der kommunistischen Weltbewegung unter die außenpolitischen Interessen der UdSSR.
Kommunismus: Geschichte
Geschichte des Kommunismus: Wichtige Daten
1848K. Marx und F. Engels verfassen für den „Bund der Kommunisten“ das „Manifest der Kommunistischen Partei“. Das Wort „Kommunismus“ ist seit etwa 1840 in Gebrauch
1864Gründung der Ersten Internationale
1903Die 1898 gegründete Sozialdemokratische Arbeiterpartei Russlands spaltet sich in die Fraktionen der gemäßigten Menschewiki und der radikalen Bolschewiki unter W. I. Lenin
1912Die Bolschewiki konstituieren sich als selbständige Partei
1917Machtergreifung der Bolschewiki in Russland (Oktoberrevolution)
1918Die Bolschewiki nennen sich „Russische Kommunistische Partei“ (später KPdSU). Gründung der Kommunistischen Partei Deutschlands. In den folgenden Jahren Gründung zahlreicher weiterer kommunistischer Parteien, z. B. 1920 in Frankreich, 1921 in Italien und China
1919Gründung der Kommunistischen Internationale (Komintern). Kurzlebige kommunistische Räterepubliken in Bayern und Ungarn
1921„Neue Ökonomische Politik“ in Sowjetrussland: begrenze Zulassung der Privatwirtschaft
1924Tod Lenins; danach Machtkämpfe in der Parteiführung
1928J. W. Stalin schaltet die letzten Rivalen aus und wird Diktator der Sowjetunion. Forcierte Industrialisierung und Kollektivierung der Landwirtschaft. Linksschwenkung der Komintern: Als Hauptgegner gilt die Sozialdemokratie
1931Die chinesischen Kommunisten errichten einen „Sowjetstaat“ in der Provinz Jiangxi
1933Verbot der KPD und Verfolgung ihrer Mitglieder durch das NS-Regime
1934-1935„Langer Marsch“ der chinesischen Kommunisten aus Jiangxi nach der nördlichen Provinz Shaanxi. Mao Zedong setzt sich als Parteiführer durch
1935Übergang der Komintern zur Volksfrontpolitik: Bündnisse mit sozialdemokratischen und linksbürgerlichen Parteien
1936-1938„Große Säuberung“ in der Sowjetunion: Stalin lässt Hunderttausende von Partei- und Staatsfunktionären umbringen
1943Auflösung der Komintern
19451948Nach dem 2. Weltkrieg kommen in mehreren Ländern Ost- und Mitteleuropas kommunistische Regimes an die Macht, meist im Gefolge der siegreichen Sowjetunion, in Jugoslawien und Albanien aus eigener Kraft
1946In der sowjetischen Besatzungszone Deutschlands muss sich die SPD mit der KPD zur SED vereinigen
1948Bruch zwischen der Sowjetunion und den jugoslawischen Kommunisten unter J. Tito
1949Sieg der chinesischen Kommunisten im Bürgerkrieg; Gründung der Volksrepublik China
1949-1952Schauprozesse gegen führende Parteifunktionäre in mehreren Satellitenstaaten, die als „titoistische und imperialistische Agenten“ bezeichnet werden
1953Tod Stalins. Die Gruppe der Nachfolger rückt von seinen Herrschaftsmethoden ab
1953Ein Volksaufstand in der DDR wird von sowjetischen Truppen niedergeschlagen
1955Aussöhnung zwischen der Sowjetunion und Jugoslawien, dem ein „eigener Weg zum Sozialismus“ zugestanden wird
1956XX. Parteitag der KPdSU. In einer geschlossenen Sitzung übt N. S. Chruschtschow heftige Kritik an Stalin. In Polen kommt es zum Sturz der stalinistischen Parteiführung, in Ungarn zu einem Volksaufstand, der von sowjetischen Truppen niedergeschlagen wird
1957Chruschtschow setzt sich als Parteichef durch und lässt seine Rivalen aus der Führung ausschließen. In China eröffnet Mao die „Hundert-Blumen-Kampagne“ für mehr Geistesfreiheit, bricht sie aber ab, als sie das Machtmonopol der Partei bedroht
1958„Großer Sprung nach vorn“ in China: Der Versuch, den sofortigen Übergang zum Kommunismus zu vollziehen, scheitert
1960Weltkonferenz der kommunistischen Parteien in Moskau; offener Konflikt zwischen der sowjetischen und der chinesischen Partei
1961Der XXII. Parteitag der KPdSU nimmt ein neues Parteiprogramm an, dem zufolge die UdSSR binnen 10 Jahren die USA in der Industrieproduktion überholen soll. Der kubanische Revolutionsführer F. Castro bekennt sich zum Kommunismus
1964Chruschtschow wird abgesetzt; neuer Parteichef wird L. I. Breschnew
1966-1969„Kulturrevolution“ in China: Auf Weisung Maos werden Intellektuelle und Funktionäre misshandelt, viele von ihnen getötet; wertvolle Kulturgüter werden vernichtet
1968„Prager Frühling“: Die neue Parteiführung der ČSSR leitet eine Demokratisierung ein, die durch den Einmarsch von Warschauer-Pakt-Truppen unterbunden wird
1971W. Ulbricht, langjähriger Parteichef der SED, wird gestürzt; Nachfolger wird E. Honecker
1975Sieg der Kommunisten im Vietnamkrieg; ganz Vietnam wird kommunistisch, ebenso Laos und Kambodscha. Mehrere Regimes von Staaten der Dritten Welt bekennen sich zum Kommunismus (z. B. Angola, Mosambik, Äthiopien). In westlichen Ländern, besonders in Italien, entwickelt sich der „Eurokommunismus“
1976Tod Mao Zedongs. Nach Machtkämpfen wird Deng Xiaoping Nachfolger
1980In Polen entsteht die unabhängige Gewerkschaftsbewegung „Solidarność
1982Tod Breschnews; ihm folgen J. W. Andropow ( 1984) und K. U. Tschernenko ( 1985)
1985M. S. Gorbatschow wird Parteichef der KPdSU
1987Unter den Schlagworten „Offenheit, Umgestaltung, Demokratisierung“ kündigt Gorbatschow umfassende Reformen an
1989In Polen, Ungarn, der DDR, der Tschechoslowakei, Bulgarien und Rumänien bricht das kommunistische System zusammen
1990In der UdSSR verzichtet die KPdSU auf ihren Führungsanspruch. Gorbatschow kündigt den Übergang zur Marktwirtschaft an. Versorgungskrisen und nationale Konflikte erschüttern das Land. In der DDR benennt sich die SED in PDS (Partei des demokratischen Sozialismus) um.
1991Nach dem gescheiterten Putsch in der UdSSR gegen Gorbatschow, bei dem sich die Führungsgremien der KPdSU wohlwollend verhalten, wird ein unionsweites Tätigkeitsverbot gegen die KPdSU erlassen. Die Sowjetunion löst sich auf, an ihre Stelle tritt eine "Gemeinschaft unabhängiger Staaten" (GUS). Gorbatschow tritt als Generalsekretär zurück. Die italienische KP ändert ihren Namen in „Demokratische Partei der Linken“. Die Volksrepublik Albanien wird zur Republik Albanien.
1993In Russland kommt es zur Neugründung einer kommunistischen Partei. In den ehemaligen Unionsrepubliken bestehen meist die kommunistischen Parteiorganisationen unter neuen Namen und mit veränderten Programmen fort.
1997In Nordkorea wird Kim Jong Il, Sohn des 1994 verstorbenen Staats- und Parteiführers Kim Il Sung, formell als Nachfolger seines Vaters als Generalsekretär der Kommunistischen Partei der Arbeit bestätigt
1998Papst Johannes Paul II. besucht als erster Papst das kommunistische Kuba.
2002Hu Jintao wird Generalsekretär des ZK der Kommunistischen Partei Chinas
2008Die Staatsführung Kubas geht offiziell von Fidel Castro auf seinen Bruder Raúl über
Stalinismus: Schauprozesse
Schauprozesse
In »Säuberungen« und Schauprozessen lässt Stalin während der dreißiger Jahre seine Gegner millionenfach verfolgen und vernichten. Die Angeklagten dieser Gerichtsverhandlung werden beschuldigt, zu Gunsten der Einführung des Kapitalismus das sowjetische Regime stürzen zu wollen.
Nach dem Tod Stalins (1953) leiteten seine Nachfolger in der Führung der UdSSR, insbesondere N. Chruschtschow, eine (von nichtkommunistischer Seite so genannte) „Entstalinisierung“ ein, deren Höhepunkte der 20. und der 22. Parteitag der KPdSU (1956 und 1961) waren. Verurteilt wurden vor allem der Personenkult um Stalin und die von ihm begangenen „Verletzungen der sozialistischen Gesetzlichkeit“, bis zu einem gewissen Grade auch der ideologische Dogmatismus. Zahlreiche Opfer der Stalinschen Säuberungen wurden rehabilitiert. Nach dem Sturz Chruschtschows (1964) kamen die Ansätze zur Überwindung des Stalinismus weitgehend zum Erliegen. Erst nach dem Amtsantritt M. Gorbatschows (1985) übte die sowjetische Führung wieder Kritik am Stalinismus. Ähnlich wie in der UdSSR verlief die Entwicklung in den osteuropäischen kommunistischen Staaten. Eine grundsätzliche Abkehr vom Stalinismus vollzog sich seit den 1970er Jahren in einigen kommunistischen Parteien außerhalb des sowjetischen Machtbereichs im Rahmen des Eurokommunismus.
Chruschtschow, Nikita S.
Nikita S. Chruschtschow
Nikita Chruschtschow hält vor der UN-Vollversammlung eine Rede und ruft zur Ablösung von Dag Hammarskjöld auf.
Wissenschaft

Raubvögel der Dino-Ära

Über den Köpfen von Tyrannosaurus rex und Co. flogen offenbar schon Vögel mit Beute in den Krallen durch die Luft: Ähnlich wie die modernen Raubvögel jagten wahrscheinlich auch zwei neuentdeckte Vogelarten der späten Kreidezeit, berichten Forschende. Dies geht aus Merkmalen ihrer Fußknochen hervor, die denen von Falken oder Eulen...

Sadt, Rohstoffe, Gebäude
Wissenschaft

Die Stadt als Rohstoff-Mine

Die Rohstoffe vieler Häuser und Autos landen nach deren Lebensende auf dem Müll. Forscher wollen die wertvollen Materialien zurückgewinnen. von MARTIN ANGLER Alle Labors sind kalt, weiß und steril? Von wegen. Die Wohnung Nr. 270 im Schweizer Städtchen Dübendorf ist lichtdurchflutet und hat warme Holzböden mit flauschigen...

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