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Das Jahr 1986

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Tschernobyl – der Name dieses ukrainischen Ortes etwa 130 km nördlich von Kiew wird am 26. April 1986 zum Symbol für die mangelnde Fähigkeit des Menschen, mit der von ihm geschaffenen Technik umzugehen. Auch in Deutschland. Wie Goethes »Zauberlehrling« experimentiert eine Bedienungsmannschaft so lange mit den atomaren Kräften, bis eine Explosion das Reaktorgehäuse zerstört, die Brennstäbe zu schmelzen beginnen und Radioaktivität in die Atmosphäre entweicht.

Eine ganze Region wird durch den Super-GAU dauerhaft verstrahlt. Zwar wird der Unglücksreaktor unter großen Mühen in einem Beton- und Stahlmantel eingesargt, doch in seinem Innern strahlt er weiter. Der Reaktorblock 4 in Tschernobyl bleibt auch heute noch eine Gefahr für Mensch und Umwelt. Der Atomunfall in Tschernobyl ist der erste, der staatenübergreifend schwere Folgen hat. Radioaktiv verseuchte Luftmassen breiten sich über weite Teile Mitteleuropas aus. Im Bereich der Bundesrepublik Deutschland misst man vor allem in Bayern stark erhöhte Werte von Radioaktivität. Auf Jahre hinaus werden hier erhöhte Strahlenwerte bei Waldpilzen und Wild festgestellt. Unklare und widersprüchliche Informationen über das Unglück und die davon ausgehende Gefährdung wecken unter der Bevölkerung auch in der Bundesrepublik große Ängste. Zwar erhält durch Tschernobyl die Diskussion über die Kernenergie eine neue Dimension, doch kein Land gibt diese Technik nach Tschernobyl auf, ordnet einen Baustopp oder ein Verbot der Inbetriebnahme neuer Kernkraftwerke an. Ein Ausstieg aus der Kernenergie wird mit Hinweis auf die schwerwiegenden Folgen für Wirtschaftswachstum, Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung abgelehnt. Und am 7. Oktober geht – ein Hohn für die Überlebenden – in Brokdorf der seit Jahren umstrittene Atommeiler ans Netz.

 

Was sonst noch geschieht: Nach 54 Jahren tritt der Pianist Wladimir Horowitz erstmals wieder in Deutschland, endet die Fußballweltmeisterschaft in Mexiko mit dem verdienten Finalsieg der Argentinier über das Beckenbauer-Team. Außerdem erleben wir den Aufstieg Steffi Grafs in die Tennis-Weltspitze sowie den zweiten Wimbledonsieg von Boris Becker, und der Umzug des Deutschen Bundestages ins Bonner Wasserwerk wird vollzogen.

 

Hier hören Sie das Audio "Geschichte der Bundesrepublik Deutschland 1987"

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