Was ist das: Zylindrisch, meist eisgekühlt, leuchtet in bunten Farben und zischt so schön, wenn man am Nippel zieht? Richtig, die Getränkedose. Leicht, praktisch, unverwüstlich – ein idealer Begleiter für den Alltag, wäre da nicht – sagen zumindest die Kritiker – die problematische Umweltbilanz. Kaum zu glauben, aber die Getränkedose gibt es nun schon 75 Jahre, und sie hat ihren Ursprung ausgerechnet in der Prohibitionszeit der USA. Was gibt es Spannendes über die Dose zu erzählen, die am 25. Januar ihren 75. Geburtstag feiert? Hören Sie heute "Nur Flaschen trinken aus Dosen oder Sind Sie ein Aufreißer?“.
Am Anfang war die Konserve
Wer an "G“ wie Getränkedose denkt, muss zunächst "K“ wie Konservenbüchse sagen, denn die war zuerst da. Bereits 1810 ließ sich der britische Kaufmann Peter Durand ein Verfahren patentieren, Nahrungsmittel in luftdicht verschlossenen Blechkanistern zu erhitzen und dadurch haltbar zu machen. Drei Jahre später eröffnete eine erste Konservenfabrik, die in erster Linie das britische Militär versorgte. Diese frühen Behältnisse mussten jedoch noch mit Werkzeug geöffnet werden, da es an einem passenden Dosenöffner fehlte – der wurde erst 1855 erfunden.
Problematischer verhielt es sich mit Getränken. Hier musste eine andere Lösung entwickelt werden, und es dürfte kein Zufall sein, dass erste Versuche vermutlich ausgerechnet während der großen amerikanischen Prohibition stattfanden, also in jener Zeit zwischen 1919 und 1933, in der Alkoholgenuss generell verboten war. Man war auf der Suche nach Alternativen zu den bekannten Vertriebssystemen gesucht wurden. Doch ganz unabhängig davon arbeitete George Newman, technischer Leiter der Gottfried Krueger Brewing Company, an einem Verfahren, das Bier in die Dose zu bekommen. Pünktlich zum Ende der Prohibition gelang es ihm, und am 24. Januar 1935 kam das Produkt auf den Markt. Die dazugehörige Dose war rundum versiegelt und musste mit Hilfe eines spitzen Gegenstands aufgestochen werden; das dazu nötige Gerät lag allerdings bei. Diese Lösung war alles andere als perfekt, und es sollte seine Zeit dauern, bis die uns gewohnte Methode erfunden wurde. Nachdem 1958 erstmals Aluminium als ideales, da besonders leichtes Material verwendet worden war, gab es ab 1962 Dosen, die nach dem geläufigen Aufreißprinzip funktionierten. Anfangs wurde der entsprechende Metallstreifen aus der Dose herausgezogen, seit 1974 war es dann auch möglich, die Dose zu öffnen, ohne dass separater Abfall entsteht – weil die Metalllasche ins Innere der Dose gepresst wird. Dieses Prinzip lässt sich noch heute in jedem Supermarkt nachprüfen.
Die perfekte Dose
Auf dem Weg zur heutigen Form der Getränkedose mussten noch zwei weitere Punkte berücksichtigt werden – chemische Reaktion und Überdruck. Bereits bei Konserven hatte man die Erfahrung gemacht, dass der Inhalt der Dose mit deren Material reagiert, wenn beim Öffnen Luft hereinströmt. Diese Tatsache führte zu ungewollten Effekten, z. B. einen metallischen Beigeschmack. Um dies zu verhindern, sind Dosen heute grundsätzlich mit einer Kunststoffschicht ausgekleidet.
Außerdem transportieren Dosen zwar keineswegs ausschließlich Bier, sondern auch Limonaden und Energiegetränke – bereits 1948 gab es Pepsi-Cola in Dosen. Doch alle diese Getränke enthalten Kohlensäure, was bedeutet, dass wegen des damit verbundenen Drucks eine Sicherheitsreserve geschaffen werden musste. Sie besteht aus dem nach innen gebogenen Deckelboden. Ist der Druck in der Dose zu hoch, wölbt sich der Deckel nach außen und verhindert, dass die Dose aufplatzt. Daher also die seltsame Kuhle am unteren Ende der Dose – manch einer wird sich über sie schon gewundert haben.
Die andere Seite der Dose
Die Getränkedose hat einen weiten Weg hinter sich, und sie konnte sich in dieser Zeit stark verbessern. Sie ist zum Beispiel leichter geworden – frühe Exemplare wogen um die 100 Gramm, die heutigen Drittelliterdosen bringen nur ein Zehntel davon auf die Waage. Und die Unternehmen arbeiten weiter an einer Gewichtsreduzierung der Dose. Kein Wunder:
Bei jährlich rund 50 Milliarden verkauften Getränkedosen in Europa senkt schon ein Gramm Gewichtsverlust der Getränkedose den Materialeinsatz um rund 20.000 Tonnen Aluminium beziehungsweise 30.000 Tonnen Stahl pro Jahr – das allein reicht schon für die Herstellung von rund 30.000 Autos und entspricht in etwa der vierfachen Menge an Stahl, die für den Bau des Eiffelturms in Paris benötigt wurde.
Ein weiteres Argument, das die Dosen-Befürworter anbringen, ist: Sie ist vollständig recycelbar. Die Recyclingquote, der Anteil der tatsächlich wieder verwerteten Getränkedosen, liegt in Deutschland bei etwa 90 Prozent. Auch die Produktionskosten einer Dose sind mit etwa 8 Cent pro Exemplar sehr gering.
Kann es da noch stichhaltige Argumente gegen das schmucke Weißblechgefäß geben? Oh ja, es gibt sie. Was kaum jemand weiß: Auch Getränke sind natürlich Lebensmittel, und um haltbar zu bleiben, müssen sie – wie Obst und Gemüse – erhitzt werden, und zwar auf 70 Grad Celsius. Der Fachmann spricht von der Pasteurisation. Was bei Dosenravioli noch angehen mag, wird bei Bier zum Ärgernis, denn wie bei allen Alkoholika hat dieses Eingreifen geschmackliche Konsequenzen, auf die der Deutsche Brauer-Bund bereits hingewiesen hat. Wie man diese beurteilt, bleibt natürlich jedem selbst überlassen.
Viel gravierender ist jedoch der ökologische Aspekt. "Nur Flaschen trinken aus Dosen", warnte schon vor Jahren das Bundesumweltministerium und machte damit darauf aufmerksam, dass die Dosen ja in allen möglichen Farben lackiert sein mögen, doch eben niemals "grünen“ Prämissen genügen können. Für den Verbraucher ist Dosenbier günstig zu bekommen, doch in der Herstellung kostet es rund dreimal so viel wie Bier in der Pfandflasche. Hier darf man nicht vergessen, dass Dosen aus Metall bestehen – zumeist aus Stahlblech, dessen Herstellung von Rohstoff- und Energiekosten abhängig ist. Beide steigen seit Jahren. Man könnte argumentieren, dass es schlicht unökonomisch ist, Dosen zum Getränketransport zu verwenden, wo dies doch mit Flaschen mindestens genauso gut machbar wäre. Die Entscheidung liegt allerdings bei uns, den Verbrauchern.
Die Zukunft der Dose
Getränkedosen sind "Kult“ und sie bringen – z. B. mit dem Prosecco einer Paris Hilton – ein eigenes Lebensgefühl mit sich. Ein Lebensgefühl, das sich als Gegenpol zur Champagnerfraktion definieren lässt. Die Spaßpunks der 1980er und 1990er Jahre setzten ebenso stark auf Dosenbier wie die Anhänger vieler Fußballvereine. Es gibt auch Sammler, die für frühe, guterhaltene Stücke schon einmal ein kleines Vermögen hinblättern. So gesehen ist die Dose seit langem ein etablierter und von vielen auch geschätzter Bestandteil unseres Alltags.
In den 1990er Jahren wuchs der Anteil der Dose gegenüber den Mehrwegflaschen rapide an. Ein Grund dafür war nicht nur ihr günstiger Preis, sondern eben auch, dass sie nach Gebrauch nicht selten einfach in die Landschaft entsorgt wurden – der Faktor Umweltverschmutzung begann, eine größere Rolle zu spielen. Daher wurde 2003 das Dosenpfand eingeführt. Es sorgte tatsächlich dafür, dass der Anteil der Dose stark zurückging, doch vom Markt verschwunden ist sie noch nicht. Noch lange nicht. Vielleicht wäre es an der Zeit, 75 Jahre nach ihrer Erfindung mal darüber nachzudenken, wie es mit ihr weitergehen soll. Und zum Glück liegt es ja an einem selbst, was man kauft – und was nicht. Trotzdem herzlichen Glückwunsch!