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Religion der Germanen: Wehrhafte Götter mit irdischem Schicksal
Gibt es schriftliche Überlieferungen der germanischen Mythen?
Ja, aber diese sind erst relativ spät entstanden. Die Germanen, eine Vielzahl von Stämmen im Ostseeraum, in Norddeutschland und in Südskandinavien, hatten zwar verwandte Sprachen und ein gemeinsames Weltbild, aber keine hochstehende Schriftkultur wie etwa Römer und Griechen. Neben einer Vielzahl archäologischer Funde unterrichten uns vor allem antike Autoren wie Caesar, Tacitus, Jordanes und Prokop über die germanische Religion. Daneben gibt es aus dem frühen Mittelalter Berichte von christlichen Missionaren und Historikern sowie einige Runentexte und in der frühmittelalterlichen Zeit aufgezeichnete Zaubersprüche wie zum Beispiel die »Merseburger Zaubersprüche« und die Heldenepen.
Die Hauptquelle germanischer Mythologie und Religion sind jedoch die isländischen Sagas, vor allem die Edda (»Poetik«) des isländischen Dichters Snorri Sturluson (1178 bis 1241) sowie die so genannte »Lieder-Edda«, die um die gleiche Zeit von einem anderen Autor aufgezeichnet wurde. In der Religion der Germanen sind auch zahlreiche Fremdeinflüsse zu finden. Neben einem Substrat aus vorindoeuropäischen und starken indoeuropäischen Elementen sind Aspekte römischer, christlicher, orientalischer und zentralasiatischer Herkunft anzutreffen.
Welche Vorstellung hatte man von den Göttern?
Die verschiedenen germanischen Götter teilten sich in zwei Gruppen, die Asen und Vanen genannt wurden und deren beider Wohnsitz die Götterburg Asgard war. Die wichtigsten Götter der Asen waren Odin/Wotan, Thor/Donar und Tyr/Ziu. Der einäugige Odin war der Gott der Schlachten und des Krieges, aber auch der Weisheit. Er ritt auf seinem achtfüßigen Ross Sleipnir und auf seinen Schultern saßen die Raben Hugin (»Gedanke«) und Munin (»Gedächtnis«). Der in seinem von Böcken gezogenen Wagen fahrende und den Hammer Mjölnir schleudernde Thor trug dagegen bäuerlich-derbe Züge. Als Gott des Gewitters und des Regens verband sich mit ihm auch ein Fruchtbarkeitsaspekt. Neben diesen beiden Göttern nahm der Kriegsgott Tyr eher eine untergeordnete Rolle ein.
Die Vanen hingegen, die durch einen starken Bezug zu Reichtum und Fruchtbarkeit charakterisiert waren, wurden unter anderem von den Göttern Njörd, seinem Sohn Freyr und dessen Schwester Freya repräsentiert. Letztere wurde oftmals mit der Gemahlin Odins, Frigg/Frija, identifiziert, die die Göttin der Ehe und der häuslichen Arbeit war. Neben zahlreichen anderen Gottheiten sind vor allem noch der verschlagene Loki und der Lichtgott Baldur zu nennen. Ersterer zeugte die Unterweltsgöttin Hel sowie den Fenriswolf und die Midgardschlange. Durch Lokis Machenschaften kam Baldur ums Leben, der fortan sein Dasein in der Unterwelt fristete.
Waren die Germanen schicksalsgläubig?
Ja. Ähnlich wie bei Griechen und Römern trugen die germanischen Götter menschliche Züge, und ebenso wie die Menschen waren sie ihrem unabänderlichen Schicksal unterworfen, dessen Fäden von den drei Nornen an den Wurzeln der Weltesche Yggdrasil gesponnen werden. Bei dieser handelte es sich um die kosmische Weltachse, die den unterirdischen, irdischen und überirdischen Bereich miteinander verband. Auch die Götter waren sterblich – am Tage der Götterdämmerung.
Was ist die Götterdämmerung?
Es handelt sich dabei um eine Art Apokalypse. Die Menschen gelangten nach ihrem Tod in das unterirdische Reich der Hel, in dem sie ein tristes Dasein führen müssen. Die im Kampf gefallenen Krieger hingegen zogen in Walhall ein, erfreuten sich dort eines Lebens im Überfluss und übten ihr Waffenhandwerk. Dies sollte erst mit der Götterdämmerung (Ragnarök) enden, wenn sie zusammen mit den Göttern in der entsetzlichen letzten Entscheidungsschlacht gegen die Riesen kämpfen. In dieser Schlacht würden schließlich die ganze Welt und auch die Götter untergehen. Auf diesen Untergang sollte jedoch die Neuentstehung der Welt und der Anbruch eines goldenen Zeitalters folgen.
Wie beschrieben die Germanen die Götterdämmerung?
In der Völuspa, dem Eröffnungsgedicht der Edda, wird der Anbruch der Götterdämmerung mit einer großen Schlacht verbunden:
Brüder kämpfen
und bringen sich Tod,
Brudersöhne
brechen die Sippe;
arg ist die Welt,
Ehbruch furchtbar,
Schwertzeit, Beilzeit,
Schilde bersten,
Windzeit, Wolfzeit
bis die Welt vergeht –
nicht einer will
des andern schonen.
Wussten Sie, dass …
neben den Hauptgöttern eine große Zahl von Zwergen, Riesen, Geistern und Elfen eine Rolle im Glaubenssystem spielte?
die Verehrung der germanischen Götter zumeist im Freien, an heiligen Plätzen und Hainen erfolgte? Erst in späterer Zeit wurden vereinzelt Kultbauten errichtet, wie etwa der wikingerzeitliche Tempel von Uppsala in Schweden. Heilige Bäume (Donareiche, Irminsul) galten wohl als Symbol der Weltachse Yggdrasil.
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