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Habitable Zonen: Wann ist ein Planet lebensfreundlich?

Unsere Erde ist ein echter Glücksfall: Auf ihr herrschen genau die richtigen Bedingungen, damit sich Leben und damit auch der Mensch entwickeln konnte. Aber was macht einen Planeten lebensfreundlich? Und warum gibt es auf der Erde Leben und auf unseren Nachbarplaneten nicht? Die Astronomie und auch der Blick in unser Sonnensystem geben darauf einige Antworten.
NPO, 03.09.2021

Inzwischen sind Tausende von Exoplaneten bekannt und eine ganze Reihe von ihnen weist zumindest theoretisch lebensfeundliche Bedingungen auf.

NASA/JPL-Caltech/R. Hurt (SSC-Caltech)

Im Weltraum sind inzwischen tausende von Planeten um fremde Sterne bekannt – von großen heißen Gasriesen bis zu kleinen kalten Miniplaneten ist fast alles dabei. Das weckt die Frage, auf welchen dieser Welten wir am ehesten nach außerirdischem Leben suchen sollten. Wenn wir davon ausgehen, dass selbst fremdartige Lebensformen zumindest in Teilen nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten funktionieren wie irdische Organismen, wären zumindest einige Bedingungen günstig: Gut wäre die Präsenz von flüssigem Waser, ein mildes Klima, aber auch der Schutz vor tödlicher kosmischer Strahlung und die richtige chemische Zusammensetzung. Aber wo finden wir das?

Faktor Abstand: Weil der 1.200 Lichtjahre entfernte Stern Kepler-62 nur etwa ein Fünftel der Leuchtkraft unserer Sonne aufweist, liegt die habitable Zone näher am Stern.

NASA Ames/JPL-Caltech

Eine Frage der Lage

Im Reich der Planeten gilt die gleiche Grundregel wie bei Immobilien: die Lage ist entscheidend. Denn ob ein Gesteinsplanet wie die Erde potenziell lebensfreundlich ist oder nicht, entscheidet seine Position im Planetensystem, genauer gesagt: der Abstand von seinem Zentralstern. Denn um jeden Stern gibt es einen Bereich, in dem seine Strahlung genau das richtige Maß hat, um einen Planeten mit einer Atmosphäre wie die Erde zwar leicht zu erwärmen, aber nicht zu kochen.

Liegt die Temperatur auf der Planetenoberfläche in einem Bereich, der zumindest zeitweise flüssiges Wasser ermöglicht, spricht man von der habitablen Zone. Sie ist je nach Sternentyp und Leuchtkraft näher oder weiter von diesem entfernt. Im Sonnensystem liegt die habitable Zone etwa zwischen 0,95 und 1,6 astronomischen Einheiten (AE). Als eine astronomische Einheit bezeichnet man den Abstand von Erde zur Sonne. Die Venus bewegt sich mit jenseits der Innengrenze der habitablen Zone, der Mars dagegen schrammt knapp an seiner Außengrenze entlang.

Bei Planeten mit extrem exzentrischen Umlaufbahnen liegt möglicherweise nicht der gesamte Orbit innerhalb der habitablen Zone.

NASA/JPL-Caltech

…und der passenden Gashülle

Allerdings:  Ob die vom Stern gelieferte Strahlung die passenden Temperaturen auf der Oberfläche erzeugt, hängt auch von der Atmosphäre eines Planeten ab. Durch ihren Treibhauseffekt kann sie einen geringen Mangel an Strahlung noch ausgleichen, fehlt sie dagegen, kann selbst genügend Strahlung frostige Bedingungen auf der Planetenoberfläche schaffen.

Unter anderem deshalb war der heute eisige und trockene Mars früher ein lebensfreundlicher Planet ähnlich der Erde: Seine Gashülle war früher dichter als heute. Doch im Laufe der Jahrmilliarden hat er immer mehr Wasser und Gas an den Weltraum verloren. Das passiert vor allem dann, wenn ein Planet zu klein und massearm ist, um mithilfe seiner Schwerkraft die Gashülle festzuhalten.

Das Timing ist entscheidend

Unser zweiter Nachbar Venus illustriert dagegen, wie wichtig das richtige Timing ist. Denn Sterne verändern sich im Laufe der Zeit. Sie nehmen an Leuchtkraft zu und dehnen sich aus. Dadurch wandert auch die habitable Zone im Laufe der stellaren Evolution immer weiter nach außen. Unsere Sonne beispielsweise hatte zu Beginn ihrer Lebenszeit nur etwa die Hälfte ihrer heutigen Leuchtkraft. Dadurch lag auch ihre habitable Zone anfangs weiter innen.

Die Venus war deshalb wahrscheinlich ein bis drei Milliarden Jahre lang ein lebensfreundlicher Planet. Erst als die Sonneneinstrahlung stärker wurde, rückte der Planet aus der habitablen Zone heraus nach innen und wurde zu heiß. Ihr Wasser verdampfte und trug zum enormen Treibhauseffekt ihrer dichten Gashülle bei. Diese trägt den höllischen Temperaturen von gut 400 Grad bei, die heute auf ihr herrschen.

Unsere Erde dagegen liegt momentan nahezu perfekt in der habitablen Zone und auch Größe und Atmosphäre sind genau richtig, um Ozeane und flüssiges Wasser an der Oberfläche zu erlauben. Aber auch das wird nicht ewig anhalten: Schon in einer Milliarde Jahren wird die Strahlung der Sonne so weit zugenommen haben, dass alles Leben auf unserem Planeten langsam absterben wird.

Planetare Magnetfelder bilden einen wichtigen Schutzschild gegen harte kosmische Strahlung und auch die Strahlenausbrüche des Sterns.

NASA

Geodynamo und Rotation

Eine weitere wichtige Zutat für einen lebensfreundlichen Planeten sind das passende Innenleben und die richtige Rotation. Besitzt ein Planet einen teils flüssigen Metallkern, dann kann dieser ein Magnetfeld erzeugen. Dieses wiederum bildet einen wichtigen Schutzschild gegen harte kosmische Strahlung und auch die Strahlenausbrüche des Sterns. Unser Erdmagnetfeld beispielsweise hält einen Großteil der Strahlen- und Teilchenstürme ab, die immer wieder mal von der Sonne Richtung Erde rasen. Weithin sichtbares Zeichen für diese Sonnenstürme sind die Polarlichter, die durch die Wechselwirkung der solaren Teilchen mit dem Erdmagnetfeld entstehen.

Die Rotation eines Planeten ist wichtig, weil sie für den Ausgleich von Tageswärme und Nachtkälte sorgt. Der Merkur beispielsweise dreht im Laufe von zwei Sonnenumläufen nur dreimal um seine eigene Achse. Auf einer Seite ist es daher zwei Drittel eines Jahres lang Tag, auf der anderen Nacht. Das hat entsprechende Folgen: Während sich die Tagseite des Planeten bis auf mehr als 400 Grad aufheizt, sinken die Temperaturen auf der Nachtseite auf weniger eisige minus 170 Grad.

2015 wurde im System des 124 Lichtjahre von der Erde entfernten Roten Zwerges K2-18 eine sogenannte Supererde entdeckt, in deren Atmosphäre Wasserdampf nachgewiesen werden konnte.

Keine Kopie der Erde

Wenn es um die Suche nach außerirdischem Leben geht, haben Astronomen zwar meist erdähnliche Gesteinsplaneten im Visier, aber es gibt noch eine weitere Klasse von Exoplaneten mit guten Chancen auf außerirdisches Leben. Die sogenannten hyceanischen Welten sind größer und schwerer als die Erde, haben einen weltumspannenden Ozean und dichte Wasserstoffatmosphären. Ihr Ozean wirkt als Druck- und Klimapuffer und der Wasserstoffanteil in der Gashülle verringert die Gefahr, die von Schwankungen des atmosphärischen CO2-Gehalts ausgeht. Das Risiko der Vereisung oder aber eines galoppierenden Treibhauseffekt ist deutlich geringer.

Das bedeutet auch, dass die habitable Zone für hyceanische Welten größer ist als für Gesteinsplaneten um denselben Stern. Weil Strahlenausbrüche vom Ozean abgefangen werden und die Wasserstoffatmosphäre klimatisch stabiler ist, kann die Innengrenze der habitablen Zone näher am Stern liegen. Noch flexibler ist die Außengrenze der habitablen Zone: Herrscht auf dem Planeten ein relativ hoher Druck, würden Gashülle und Ozean ihn selbst bei der schwachen Sonneeinstrahlung jenseits der Neptun-Umlaufbahn warmhalten.

Wo sind sie alle?

Bei unserem Heimatplaneten haben wir das Glück, dass all diese Voraussetzung nahezu perfekt erfüllt sind – und das schon seit ziemlich langer Zeit. Dadurch hatte das Leben Zeit, sich allmählich von den ersten Zellen zu immer komplexeren Lebensformen zu entwickeln. Aber Astronomen sind sich sicher, dass es dort draußen im All noch weitere Welten gibt, die die Voraussetzungen für Leben und wahrscheinlich sogar für höherentwickelte Zivilisationen erfüllen. Wir haben sie nur noch nicht gefunden.

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