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Ein Haustier aus dem Versuchslabor?
In Deutschland führen Wissenschaftler Tierversuche im Zuge der Grundlagenforschung, bei der Zulassung von Arzneimitteln und bei der Sicherheitsüberprüfung von Chemikalien durch. Für Medikamente sind Tierversuche sogar gesetzlich vorgeschrieben. In anderen Bereichen dürfen sie nur stattfinden, wenn es keine geeignete alternative Methode gibt. Tierversuche für Kosmetik hingegen sind in der gesamten EU verboten.
Wie viele Tiere müssen in Deutschland an Versuchen teilnehmen?
Doch trotz dieser gesetzlichen Einschränkungen nehmen die in deutschen Forschungseinrichtungen eingesetzten Tiere erheblich Ausmaße an. 3,5 Millionen von ihnen waren es allein 2023 – darunter 1,6 Millionen Mäuse, 200.000 Fische, 150.000 Ratten, aber auch etwa 2.500 Hunde, 1.700 Primaten und 500 Katzen. Innerhalb der EU setzt Frankreich die meisten Versuchstiere ein – Deutschland folgt auf Platz zwei. Seit 2020 sinken die Zahlen der verwendeten Versuchstiere zwar, dennoch sterben die meisten von ihnen aufgrund des Versuchs oder müssen eingeschläfert werden.
„Ein Tier muss getötet werden, wenn es nur unter mehr als geringfügigen Schmerzen, Leiden oder Schäden weiterleben kann oder dies für die Ergebnissicherung der Tierversuche unumgänglich ist“, erklärt die Uniklinik RWTH Aachen. Bei manchen Medikamententests müssen die tierischen Probanden etwa im Anschluss seziert werden, um so die Auswirkungen des neuen Arzneimittels auf bestimmte Organe zu untersuchen. In solchen Fällen ist das Schicksal der Versuchstiere von Anfang an besiegelt. Etwas über 30.000 Tiere, die nicht bei den für sie vorgesehenen Experimenten sterben, setzen Forscher für weitere Versuche ein. Aber was passiert mit den restlichen Mäusen, Ratten, Hunden und Co?

Wie geht es nach den Versuchen für die Tiere weiter?
Für einige der Versuchstiere gibt es nach ihrer Zeit im Labor ein Happy End. Denn mittlerweile haben sich gleich mehrere Vereine darauf spezialisiert, ehemalige Versuchstiere an Privatpersonen weiterzugeben. Die Initiative Hilfe für Labortiere e. V. vermittelt beispielsweise Hunde, Katzen, Schweine und zahlreiche Kleintiere wie Mäuse, Ratten und Meerschweinchen. Die Laborbeaglehilfe e. V. und der Laborbeagleverein e. V. vermitteln hauptsächlich Beaglehunde.
Beagle sind die am häufigsten zum Einsatz kommende Hunderasse in Tierversuchen – „geschuldet“ ist das ihrem freundlichen Gemüt. Sie wehren sich meistens nicht, selbst wenn die Forscher ihnen in den Experimenten Schmerzen zufügen, und gelten als robust.
Wie verhalten sich die Labortiere in ihrem neuen Zuhause?
Wer einem ehemaligen Versuchstier ein neues Zuhause schenken möchte, sollte sich allerdings dessen Herkunft bewusst sein. „Laborhunde kennen und können nicht viel, wenn sie das Institut verlassen dürfen und fangen erst jetzt an, Dinge zu lernen, die andere Hunde bereits im Welpenalter lernen“, erklärt der Laborbeagleverein e. V.. „Sie sind natürlich nicht stubenrein und kennen keine Leine. Es gab bisher nur ihren Zwinger, im günstigsten Fall auch kurze Zeiten im Auslauf des Instituts.“
Leben die Tiere zum ersten Mal unter „normalen“ Bedingungen, können sie daher überfordert und ängstlich sein. „Es sind immer auch mal ängstliche, schüchterne Hunde dabei oder solche, die länger zur Eingewöhnung brauchen“, sagt Marion Weigel von der Laborbeaglehilfe e. V. gegenüber der Initiative „Tierversuche verstehen“. Doch auch wenn die Laborhunde anfänglich oft Schwierigkeiten bereiten, passen sich die meisten von ihnen schnell an ihr neues Leben an, so Weigel.
Das alles macht die Adoption eines Labortiers zu einer verantwortungsvollen Entscheidung – sie kann jedoch dazu beitragen, den Tieren nach ihrer Zeit im Labor ein glückliches und artgerechtes Leben zu ermöglichen.