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Der Tag der deutschen Sprache (Podcast 12)

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Warum gibt es einen Tag der deutschen Sprache? Brauchen wir einen weiteren Gedenktag neben dem Tag der deutschen Einheit, dem Tag des deutschen Bieres oder dem Tag der Nichtraucher?! Wir brauchen! Denn an diesem Tag setzen wir uns einmal ganz bewusst mit dem auseinder, mit dem wir täglich umgehen: mit unserer Sprache. Wie wir uns ausdrücken, welche Fremdwörter wir verwenden, wie sich unsere Sprache von Generation zu Generation verändert, wie sie im Ausland wahrgenommen wird und auch welchen Einfluss Fremdsprachen auf das Deutsche haben.


Der Tag der deutschen Sprache wurde 2001 vom Verein für deutsche Sprache e. V. ins Leben gerufen und wird seit sieben Jahren am zweiten Sonnabend im September begangen.

 

Wie kamen die Sprachschützer auf diese Idee?

 

Auffallend ist, dass immer mehr englische Wörter – so genannte Anglizismen - Einzug ins Deutsche halten. Auf den ersten Blick klingt das nach einer Bereicherung. Auf den zweiten aber gibt es meist eine deutsche Entsprechung, die droht, vom englischen Wort verdrängt zu werden. Wohin das führt, ist einleuchtend: Deutsche Begriffe geraten in Vergessenheit.

Da werden mittlerweile „Meetings“ angesetzt – keine Besprechungen. Und wenn jemand sein Gegenüber zum „relaxen“ ermutigt, könnte er ihm oder ihr doch auch einfach eine Pause gönnen. Der „Wellness“-Bereich eines Hotels könnte im übrigen auch Wohlfühlbereich heißen. Mal ganz abgesehen davon, dass das Wort Wellness im Englischen nicht existiert. Es setzt sich zusammen aus "well-being" und "fitness". Der Anglophone zieht sich nämlich für diese Zwecke in ein Spa zurück.

 

Und da sind wir schon bei der nächsten Problematik: die der neuen Wortbildung.

 

Obwohl viele wirklich englische Wörter Einzug ins Deutsche gehalten haben, gibt es auch neue Wörter, die zwar Englisch klingen, aber die es im Englischen gar nicht gibt, oder die eine andere Bedeutung haben. Ein weiteres Beispiel – neben Wellness -  ist das „Handy“. In keinem anglophonen Land wird das Mobiltelefon so genannt. Im amerikanischen Englisch heißt es „cell phone“. In Großbritannien „mobile phone“.

 

Welche Beispiele gibt es für englische Wörter im Deutschen?

 

Der Verein deutsche Sprache e. V. setzt sich für die Erhaltung der deutschen Sprache ein. Gleichzeitig weist er eine überhöhte Verwendung von englischen Wörtern entschieden zurück. Dazu gehört auch das so genannte Denglisch – ein Begriff, der sich aus den Wörtern ‚Deutsch’ und ‚Englisch’ zusammensetzt und für das Phänomen der Vermischung der beiden Sprachen steht.

Im Folgenden ein Beispiel für ein mögliches Gespräch: Hast Du das Laptop neu? Das sieht ja cool aus! Welche Features hat es denn? Wir könnten doch jetzt erst einmal ein bisschen chatten! Und danach lass uns mal ein bisschen chillen, okay? Der Tag war ziemlich heavy. Ich war nämlich heute Morgen schon in der City shoppen.

Und nun eine Version, die ohne die Anglizismen auskommt: Hast Du den Klapprechner neu? Der sieht ja toll aus! Welche Funktionen hat der denn? Wir könnten doch jetzt erst einmal ein bisschen plaudern! Und dann lass uns mal ein bisschen entspannen, einverstanden? Der Tag war ziemlich anstrengend. Ich war nämlich heute Morgen schon in der Stadt einkaufen.

Zugegeben, der "Klapprechner" klingt etwas hölzern. Und für das Wort „Chatten“ gibt es keine Entsprechung im Deutschen. Es bezeichnet eine Unterhaltung in Echtzeit im Internet oder einem ähnlichen Computernetz.  Die Wörter ‚plaudern’ oder ‚unterhalten’ treffen diesen Sachverhalt nicht, oder nur unzureichend, weil sie damit auch sprechen meinen. Ein Chat wird dagegen geschrieben.

Eben wurden bereits ein paar Wörter erwähnt, die ihren festen Platz in der deutschen Sprache gefunden haben.

Weitere Beispiele folgen hier: Wer sagt noch ‚Glanzpunkt’ statt ‚Highlight’‚ ‚Schnellauskunft’ statt „hotline“, ‚Zeitzonenkater’ statt ‚jet lag’, ‚Kampfgericht’ statt ‚jury’?

Anders sieht es dagegen mit folgenden Begriffen aus. Sie haben durchaus noch ein deutsches Gegenstück, das verwendet wird, aber womöglich über kurz oder lang verdrängt wird:

Back office >< Innendienst

Backup >< Datensicherung

After shave >< Rasierwasser

Multiple Choice Test >< Ankreuzaufgabe

 

In welchen Lebensbereichen findet vor allem eine Vermischung statt?

 

Die Verwendung englischer Wörter findet vor allem statt in der gesprochenen Sprache, also in der Umgangssprache, aber auch in der Jugendsprache, besonders in der Werbung, in der Technik und bei der Kommunikation am Arbeitsplatz.

Der Sprachwandel ist dabei ein gesellschaftliches Phänomen. Eine höhere Mobilität der Gesellschaft, auch durch den Kontakt zu der Sprechweise anderer Gruppen und zu anderen Sprachen überhaupt und letztlich eine Internationalisierung der Kommunikation allgemein haben ihn bewirkt.

 

Wie entwickelt sich Sprache weiter?

 

Dass eine Sprache heute anders gesprochen und geschrieben wird als noch vor 100 Jahren, ist selbstverständlich. Für neue Wissensbereiche, neue Berufe oder neue Materialien müssen immer wieder neue Wörter gefunden werden. Es wirft jedoch die Frage auf, ob sich in solch einem Fall immer das Wort aus der Fremdsprache durchsetzen muss.

 

Was passiert eigentlich, wenn zwei Sprachen aufeinander treffen?

 

Wörter zu entlehnen, ist ein natürlicher Prozess, wenn zwei Sprachen aufeinander treffen. Der Grund ist meistens, dass gemeinsam mit dem neuen Wort auch die damit bezeichnete Sache übernommen wird. Dabei spielt natürlich die Zeit eine Rolle, zu der die Wörter Eingang gefunden haben. Häufig sind sie daher ein Spiegel der Kulturgeschichte.

 

Es folgen einige wenige Beispiele für deutsche Wörter, die sich in anderen Sprachen etabliert haben, zum Teil in Anpassung an die Aussprache und grammatikalische Voraussetzungen der jeweiligen Landessprache.

Im Englischen: Kitsch, Kindergarten, Wunderkind, Schnaps

Im Französischen: Gemütlichkeit, Leitmotiv, Zeitgeist

Im Italienischen: Speck, Strudel, Schadenfreude

Im Polnischen: Rollmops, Blitzkrieg, Stempel

 

Am Tag der deutschen Sprache können wir uns vor Augen führen, wie reich die deutsche Sprache ist. Professor von Frühwald, Präsident der Alexander-von-Humbold-Stiftung sagte einst: "Dinge, die 'schön', 'wunderbar', 'reizvoll', 'faszinierend', 'bezaubernd' oder 'prächtig' sind, werden heute nur als 'cool' bezeichnet."

Eigentlich schade, oder?


Abschließend noch ein Zitat zum Kulturgut Sprache:

Ein geistigeres und innigeres Element 
als die Sprache hat ein Volk nicht. 
Will ein Volk also nicht verlieren, 
wodurch es Volk ist, will es seine Art mit allen Eigentümlichkeiten bewahren,
 so hat es auf nichts mehr zu achten, 
als daß ihm seine Sprache nicht 
verdorben und zerstört werde. 


Ernst Moritz Arndt (1769 - 1860)

 

Michaela Wetter

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