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Vom Deutschen Bund zur Revolution 1848: Für Einheit und Freiheit

Wie kam es zur Gründung des Deutschen Bundes?

Der Deutsche Bund wurde als loser Bund souveräner Einzelstaaten gegründet, der für das politische Gleichgewicht in Europa keine ernsthafte Bedrohung darstellte. Beschlossen wurde dies auf dem Wiener Kongress 1814/15 – initiiert vom österreichischen Staatskanzler Clemens Wenzel Fürst von Metternich (reg. 1809–1848), der sich von dem Modell einen friedlichen Dualismus von Österreich und Preußen erhoffte, waren doch beide mit einem Teil ihres Besitzes im Bund vertreten.

Der Bund war nur eingeschränkt handlungsfähig. Statt über eine eigene Regierung oder eine demokratische Volksvertretung verfügte er nur über einen ständigen Kongress von weisungsgebundenen Delegierten aus den Mitgliedstaaten, der unter dem Vorsitz Österreichs stand: den ab 1815 in Frankfurt am Main über auswärtige, militärische und innere Angelegenheiten tagenden Bundestag (auch: Bundesversammlung).

Warum wurden liberale Tendenzen unterdrückt?

Liberale, demokratische und nationale Bestrebungen im Deutschen Bund wurden von Metternich generell als Gefahr für die innere Ordnung angesehen. Als einzelne Mitgliedstaaten, dazu aufgefordert durch Artikel 13 der Bundesakte, so genannte landständische Verfassungen einrichteten (u. a. 1816 Sachsen-Weimar, 1818 Bayern und Baden, 1820 Hessen-Darmstadt), wehrte sich Metternich dagegen mit der Schrift »Über den Unterschied zwischen landständischen und Repräsentativ-Verfassungen« (1819) und der ein Jahr später vorgelegten Wiener Schlussakte, die verfassungspolitische Liberalisierungen ausschließt. 1819 wurden die Karlsbader Beschlüsse getroffen, freie politische Äußerung war nicht mehr möglich, führende Liberale und Nationale wurden als Demagogen verfolgt.

Wie sah das politische Spektrum aus?

Die Politisierung Deutschlands war von der Französischen Revolution 1789 ausgegangen. Die uneingeschränkten Befürworter der Revolution nannten sich Demokraten oder Deutsche Jakobiner und versammelten sich nach französischem Vorbild in politischen Klubs. Darunter waren auch zahlreiche Studenten, die sich u. a. an den Universitäten von Stuttgart, Tübingen und Jena organisierten. Gegner einer revolutionären Radikalisierung bildeten ein liberales Lager. Zentren wurden Weimar und Jena, wichtige Sprecher waren Christoph Martin Wieland (1733–1813) und Friedrich Schiller (1759–1805). Gegner der Revolution traten als konservative Gruppierungen auf. Solche gab es etwa an der Universität Göttingen, auf Schloss Emkendorf in Holstein und als Mitarbeiterkreis der »Berlinischen Monatsschrift«.

Wie agierten die politischen Parteien?

Während der Restauration ab 1815 gewannen in Deutschland die konservativen Kräfte die Oberhand, die für die alte absolutistische Monarchie eintraten sowie Privilegien für Adel, Grundbesitzer und Geistlichkeit befürworteten. Dagegen opponierten vor allem im gebildeten Bürgertum Gruppen mit ihren Forderungen nach Freiheit und nationaler Einheit. Die Liberalen versuchten, ihre Ziele vornehmlich durch Reformen zu erreichen, und plädierten für eine konstitutionelle Monarchie. Die Demokraten hingegen suchten mit aller Macht (zur Not auch mit Gewalt) feudalherrschaftliche Strukturen aufzulösen und eine republikanische Verfassung einzuführen. Die liberale und demokratische Opposition formierte sich erstmals 1832 beim Hambacher Fest als öffentlicher Massenprotest.

Was war der Zweck des Deutschen Zollvereins?

Ein Etappenziel auf dem Weg zur deutschen Einheit wurde ab 1834 mit dem Deutschen Zollverein erreicht. Die Schaffung eines einheitlichen Binnenmarktes ohne Zollschranken und andere wirtschaftliche Hemmnisse entstand auf Initiative Preußens, dem an der Vereinfachung des Handels zwischen seinen beiden getrennten Staatsteilen im Osten und Westen Deutschlands gelegen war. Zunächst hatte Preußen 1818 die Zollgrenzen im Innern des eigenen Staates aufgehoben, 1828 war dann als nächster Schritt ein preußisch-hessischer Zollverein entstanden. 1834 kamen Bayern und Württemberg, die thüringischen Staaten und Sachsen hinzu. Bis 1854 traten alle Mitgliedstaaten des Deutschen Bundes mit Ausnahme von Österreich dem Zollverein bei. Dominierte Österreich den Deutschen Bund politisch, so dominierte ihn Preußen wirtschaftlich.

Was war der Vormärz?

Als Vormärz wird die Zeit zwischen der französischen Julirevolution von 1830 und der deutschen Märzrevolution von 1848 bezeichnet. Der mehrtägige Pariser Volksaufstand des Jahres 1830 beendete in Frankreich die Phase der Restauration unter König Karl X. (reg. 1824–1830): Der Monarch, der Einschränkungen der Pressefreiheit und des Wahlrechts erlassen und die gerade gewählte Kammer des Parlaments aufgelöst hatte, wurde gestürzt und durch den liberal gesinnten Herzog Louis Philippe von Orléans (als König Louis Philippe, reg. 1830–1848) ersetzt.

Wie griff die Revolution auf Deutschland über?

Die Julirevolution fand ein europaweites Echo, griff u. a. auf den katholischen Süden der Vereinigten Niederlande (1831 als Königreich Belgien unabhängig), die Schweiz, Mittelitalien und Polen über. Der nationale polnische Aufstand gegen die russische Herrschaft (1830/31) hatte unmittelbar mit Deutschland zu tun: Er wurde von Russland mit preußischer Hilfe blutig niedergeschlagen. In Braunschweig, Sachsen, Hannover und Kurhessen erzwangen daraufhin Volkserhebungen konstitutionelle Verfassungen, in Baden wurden die Zensurbestimmungen gelockert (1831). Repressionsmaßnahmen durch den Bundestag beschnitten diese Liberalisierungen aber wieder.

Wie war die Reaktion auf die politische Repression?

Ein Großteil der deutschen Bevölkerung zog sich wieder aus dem politischen Leben zurück. Ruhe und Ordnung, Besitz und Idylle wurden wichtig (Biedermeierzeit). Auf der anderen Seite aber vollzog sich eine politische Radikalisierung: Bekannt geworden ist etwa der Protest von sieben Göttinger Professoren (»Göttinger Sieben«, u. a. mit den Brüdern Jacob und Wilhelm Grimm) gegen die willkürliche Aufhebung der Verfassung durch den König von Hannover (1837) oder das politische Wirken von Schriftstellern und Journalisten wie der Gruppe »Junges Deutschland« um Ludwig Börne (1786–1837) oder von Georg Büchner (1813–1837) und Heinrich Heine (1797–1856). Die Göttinger Sieben wurden ausgewiesen, Büchner musste nach Straßburg fliehen, seine Schriften wurden verboten.

Wie kam es zur Revolution von 1848?

Auslöser für die Märzrevolution 1848 in Deutschland war die französische Februarrevolution, die König Louis Philippe zur Abdankung zwang. Die Revolution griff schnell nach Deutschland über. Überall beugten sich die Regierungen zunächst kampflos den Menschenmassen und beriefen Führer der liberalen und nationalen Opposition in ihre Ministerien (Märzministerien). In Wien stürmte die Volksmenge den Sitzungssaal der Stände – die kaiserliche Verwaltung zog sich nach Innsbruck zurück. In Berlin lenkte König Friedrich Wilhelm IV. (reg. 1840–1858) ein und garantierte Pressefreiheit sowie den Erlass einer Verfassung. Auch versprach er, die Führung bei der Regelung der deutschen Angelegenheiten zu übernehmen.

Wie entstand die Nationalversammlung?

Bereits zwischen dem 31. März und 3. April 1848 tagte in Frankfurt am Main ein aus der Volksbewegung hervorgegangenes Vorparlament, das die Wahl einer Nationalversammlung beschloss und dieser die Entscheidung über die künftige deutsche Verfassung auftrug. Am 18. Mai trat die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche zusammen.

Ein Hauptstreitpunkt galt der Festlegung der Staatsgrenzen im Norden (mit/ohne Schleswig) und Südosten (mit/ohne Österreich). Die Mehrheit der Nationalversammlung plädierte für die Einbeziehung des deutschsprachigen, jedoch zu Dänemark gehörigen Herzogtums Schleswig. Preußen wurde mit der Kriegsführung gegen Dänemark beauftragt, wobei es erfolgreich, aber halbherzig agierte, weil es internationale Komplikationen fürchtete. Als die Nationalversammlung den am 26. August vereinbarten Waffenstillstand anerkannte, reagierte die radikale Linke mit Aufständen. Preußische und österreichische Truppen griffen ein, in der Nationalversammlung vollzog sich ein Rechtsruck: Die Französische Revolution vor Augen, ersehnten die Bürgerlichen die Rückkehr zu Ruhe und Ordnung. Als erster Teil der Verfassung wurde ein Katalog über Freiheitsrechte und Rechtssicherheit aufgestellt.

Warum kam die deutsche Einheit nicht zustande?

Sie wurde von oben blockiert. Zunächst wurden die großösterreichische Lösung (Deutscher Bund plus Gesamtösterreich) und die großdeutsche Lösung (Deutscher Bund plus deutsch-österreichische Gebiete) abgelehnt. Mit knappen Mehrheiten entschieden sich die Parlamentarier für die kleindeutsche Lösung unter Ausschluss Österreichs und für den Preußenkönig Friedrich Wilhelm IV. als Kaiser der Deutschen. Dieser jedoch lehnte es im April 1849 kategorisch ab, seine »den Stempel Gottes« tragende Krone gegen eine mit dem »Ludergeruch der Revolution« einzutauschen. Damit war die Nationalversammlung am Ende. Versuche, durch Gewalt (Barrikadenkämpfe im Süden Deutschlands) oder auf parlamentarischem Weg (Rumpfparlament ab Ende Mai in Stuttgart) die Reichsverfassung doch noch durchzusetzen, scheiterten aber an der Übermacht der alten Mächte Preußen und Österreich: Sie beriefen ihre Beamten unter den Parlamentariern ab und stellten die alte Ordnung militärisch wieder her.

Wie wurde Deutschland vom Flickenteppich zur Großmacht?

Das aus mehr als 300 Staaten und über 1000 kleinen Territorien bestehende Heilige Römische Reich Deutscher Nation brach 1806 nach der Besetzung durch Napoleon zusammen. Ersetzt wurde es zunächst durch den aus 16 süd- und westdeutschen Territorien bestehenden, zentralistisch organisierten Rheinbund. Der 1815 per Bundesakte ins Leben gerufene Deutsche Bund war ein loser Staatenverbund von 35 souveränen Fürstentümern und vier freien Reichsstädten, in dem Österreich und Preußen dominierten. Nachdem die Nationalbewegung bei der Revolution von 1848 gescheitert war, machte der von Otto von Bismarck (Reichskanzler 1871–1890) initiierte Nationalstaat Deutschland dann zu einer geeinten wirtschaftlichen und politischen Großmacht.

Wussten Sie, dass …

der Rheinbund sich schon allein aus dem Grund zu keinem deutschen Nationalstaat entwicklen konnte, weil die einzelnen Teile französischer Schutzherrschaft unterstanden?

dem Deutschen Bund auch drei ausländische Könige angehörten? Es handelte sich dabei um den englischen für Hannover, den dänischen für Holstein und den niederländischen für Luxemburg.

Wussten Sie, dass …

die staatlichen Repressionen im Vormärz jeder Rechtsstaatlichkeit spotteten? So wurde der später als niederdeutscher Schriftsteller zu Bekanntheit gelangte Fritz Reuter (1810–1874) 1833 festgenommen, in einer Festung interniert und 1836 wegen »Majestätsbeleidigung und versuchtem Hochverrat« zum Tode verurteilt. Ein Jahr später wurde er zu 30 Jahren Haft begnadigt, die später auf acht Jahre reduziert wurden – und das alles nur, weil er sich einer Burschenschaft angeschlossen hatte.

Wussten Sie, dass …

ein revolutionäres Klima in Deutschland auch aufgrund sozialer Missstände heranreifte? So kam es beispielsweise 1844 zu schweren Unruhen durch schlesische Weber und als Folge von Missernten zu Unruhen in den Jahren 1846/47.

die Parlamentarier der Nationalversammlung überwiegend Bildungsbürger (insbesondere Beamte und Juristen) waren? Die Nationalversammlung bestand zu 40 % aus konservativen Liberalen, zu 30 % aus linken Liberalen, zu 18 % aus Demokraten (davon 6 % radikale) sowie zu 12 % aus Konservativen.

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