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Libellen: Prächtige Flugkünstler

Werden Libellen mit Flügeln geboren?

Nein, aus den Eiern schlüpfen zunächst flugunfähige Larven, die sich zur bekannten Erscheinung der geflügelten Libelle wandeln. Dabei vergehen von der Eiablage bis zur Verwandlung in das erwachsene, flugfähige Tier – Imago oder Vollinsekt genannt – einige Monate bis vier Jahre; die Larven verbringen ihre Zeit fast ausschließlich im Wasser. Bei den letzten der sieben bis 15 Larvenstadien, den sog. Nymphen, sind bereits Flügel angelegt – ansonsten unterscheidet sich ihr Körperbau noch stark von den Imagines.

Einige Tage vor der Verwandlung hört die Nymphe auf zu jagen und stellt von Kiemen- auf Tracheenatmung um. Zum Schlüpfen klettert sie aus dem Wasser und klammert sich an einem Pflanzenstängel fest. Dann beginnt sie mit dem wassergefüllten Hinterleib rhythmisch zu pumpen, bis die alte Haut auf der Rückseite des Brustabschnitts kreuzförmig aufplatzt und die Libelle heraussteigen kann. Als Erstes lässt sie ihre noch weichen Beine aushärten, dann pumpt sie Blut in die sich entfaltenden Flügel. Alles in allem dauert es etwa vier Stunden, bis das Tier nach dem Schlüpfen seinen ersten Flugversuch unternimmt.

Wie unterscheiden sich Klein- und Großlibellen?

Ein schwaches Unterscheidungskriterium ist die Körpergröße: Kleinlibellen sind schlank und zierlich geformt und meist kleiner als Großlibellen. Die Augen der Kleinlibellen sind weit voneinander getrennt und stehen an den Kopfseiten ab. Die Augen der Großlibellen berühren sich dagegen in der Kopfmitte, sie sind zudem flacher geformt. Das sicherste Kriterium ist jedoch die Ruhestellung der Flügel: Kleinlibellen klappen die Flügel über dem Hinterleib zusammen, Großlibellen spreizen sie dagegen seitlich vom Körper ab.

Im Jagdverhalten ähneln sich beide Gruppen wieder, denn beide sind Räuber. Weil Kleinlibellen relativ schlechte Flieger sind, entfernen sie sich nie weit von den sauerstoffreichen Fließgewässern, in denen ihre Larven heranwachsen. An Wasserpflanzen festgeklammert, lauern diese anderen Wassertieren auf, die sie mit ihrer zangenartigen, rasch vorschnellenden Unterlippe – der sog. Fangmaske – ergreifen. Großlibellen sind dagegen Ansitzjäger, die meist von einem Stammplatz aus Jagd auf Fluginsekten machen. Die Beute wird mit den Beinen blitzschnell ergriffen und meist noch im Flug verzehrt.

Übrigens: Das Leben der Libellen beginnt im Wasser. Dort wachsen die Larven heran, wobei sie – wie bei der Prachtlibelle (Gattung Calopteryx) – mit Darmkiemen und zum Teil auch mit blattförmigen Schwanzanhängen atmen. Die Larven der Plattbauchlibellen (Libellula depressa) überwintern sogar vergraben im Schlamm eines Gewässers.

Fliegen Libellen anders als andere Insekten?

Ja. Die meisten Insekten haben eine indirekte Flugmuskulatur, die an den Rücken- und Bauchschilden der Brust ansetzt. Durch ihre Kontraktion bzw. Entspannung verformt sich die Brust und bewegt ihrerseits die Flügel. Da jeder Nervenimpuls mehrere Kontraktionszyklen auslösen kann, können enorm hohe Schlagfrequenzen erreicht werden. Anders bei den Libellen, deren Flügel nur etwa dreißigmal in der Sekunde schlagen, weshalb wir – außer einem charakteristischen Rascheln bei besonderen Manövern – kein Fluggeräusch hören: Ihre enorme Ausdauer und Wendigkeit verdanken sie den starken, direkt an den schmalen Flügelbasen ansetzenden Flugmuskeln (je einer für den Aufwärts- und den Abwärtsschlag) in der massigen Brust. Die Flügelmembranen werden durch ein dichtes Netz aus Längs- und Queradern in eine zickzackförmige Knitterstruktur gebracht, welche die Stabilität erhöht und die Luftverdrängung verbessert. Während Kleinlibellen mit ihren fast gleichen, funktionell nicht gekoppelten Vorder- und Hinterflügeln langsame und vergleichsweise ungeschickte Flieger sind, erreichen die Großlibellen mit ihren breiteren und anders geformten Hinterflügeln Geschwindigkeiten von 70 oder gar 100 Kilometern pro Stunde.

Weshalb können Libellen besonders gut Bewegungen erkennen?

Weil sie mit Komplex- oder Facettenaugen ausgestattet sind, deren zeitliche Auflösung bei etwa 250 Bildern pro Sekunde liegt – mehr als zehnmal so hoch wie beim menschlichen Linsenauge. Und das ist auch notwendig, denn Libellen müssen ihre Beute – meist schnelle und wendige Insekten – im Flug erwischen. Ihre Komplexaugen bestehen aus bis zu 30 000 Sehkeilen oder Ommatidien: ein Rekord in der Tierwelt. Diese bienenwabenartig zusammengedrängten Einzelaugen haben jeweils eine eigene Linse, einen Glaskörper, eine Seh- und Pigmentzellengruppe sowie eine Nervenverbindung zum Gehirn. Das Gesamtbild setzt sich also aus vielen Tausend Einzelbildern jeweils anderer Raumbereiche zusammen. Je höher die Ommatidienzahl, desto größer ist die Sehschärfe.

Bei den Großlibellen sind die Einzelaugen in der oberen Hälfte ihrer Komplexaugen größer, wodurch sie – allerdings auf Kosten der Sehschärfe – bis zu acht Meter weit sehen können. Da ihre Facettenaugen an der Stirn zusammenstoßen (in Gegensatz zu denen der Kleinlibellen), können sie Entfernungen genau abschätzen.

Wussten Sie, dass …

Männchen und Weibchen der Gemeinen Binsenlibelle (Lestes sponsa) unterschiedlich gefärbt sind? Während der Leib des Männchens metallisch grün schillert, ist der des Weibchens kupferfarben.

Libellen Geflügel gefährlich werden können? Der Vierfleck (Libellula quadrimaculata) ist oft von Saugwurmlarven befallen, die beim Geflügel, das die Libellen frisst, zu extrem dünnwandigen »Windeiern« und zum Verenden führen können.

Libellen auf der Kopfoberseite noch drei kleine Punktaugen haben? Sie dienen wahrscheinlich nur der Wahrnehmung von Helligkeitsunterschieden.

Was ist ein Paarungsrad?

Die der Samenübertragung dienende Formation der Libellen während der Paarung. Dabei ergreift das Männchen das Weibchen mit seinen Hinterleibsanhängen hinter dem Kopf und krümmt seinen Hinterleib kurz nach vorn, so dass seine Geschlechtsöffnung direkt an den Samentaschen zu liegen kommt, die es mit seiner Samenflüssigkeit füllt. Dann biegt das Weibchen seinen Hinterleib nach vorn und führt seinen Legeapparat mit den Samentaschen und dem Kopulationsapparat des Männchens zusammen. Dieses Paarungsrad wird je nach Libellenart im Sitzen oder aber im Flug gebildet.

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