Lexikon
Wien
Hauptstadt von Österreich und zugleich kleinstes österreichisches Land, 415 km2, im Stadtkern 170 m ü. M., 1,7 Mio. Einwohner. – Wien liegt auf Terrassen am Abhang des Wienerwalds, der bogenförmig das rechte Donauufer säumt. Die Stadt griff im Lauf der Zeit durch Eingemeindungen (Floridsdorf) auf das linke, flache Donauufer mit dem Marchfeld über. Verwaltungsmäßig ist Wien in 23 Bezirke gegliedert.
Österreich: Bundesländer
Österreich: Bundesländer
© wissenmedia
Die Lage am Schnittpunkt der Bernsteinstraße (Nord–Süd) mit der Donaustraße (West–Ost) sowie die Stellung als Residenz der Habsburger sind wesentlich für den Aufstieg Wiens. Heute ist Wien Sitz der Bundesregierung, der Landesregierung und zahlreicher internationaler Organisationen (z. B. OPEC, OSZE, UN-Behörden) sowie eines katholischen Erzbischofs, eines evangelischen Bischofs und eines griechisch-orthodoxen Metropoliten.
Die Altstadt (Weltkulturerbe seit 2001) ist umschlossen von der Ringstraße, die nach 1858 anstelle der Stadtmauern angelegt wurde; es schließen sich die Vorstädte (Josefstadt, Wieden) bis zur Gürtelstraße an; weiter gegen Westen folgen Vororte, z. T. ehemalige Dörfer (Grinzing), die von der sich ausbreitenden Verstädterung erreicht wurden. Fast die Hälfte des Stadtgebiets wird von Parks, Gärten und Wäldern eingenommen. Die größte Grünfläche ist der Wienerwald, als grüne Lunge und Naherholungsgebiet der Großstadt von immenser Bedeutung. Zwischen Donaukanal und Donau liegt der bekannte Vergnügungspark Prater; beliebt sind auch der Stadtpark, der Burggarten mit Palmenhaus und der Volksgarten.
Wahrzeichen Wiens ist der romanisch-gotische Stephansdom (13.–16. Jahrhundert; mit Grabstätten von Prinz Eugen und Kaiser Friedrich III.; 136 m hoher Chorturm) im Stadtkern. Älteste Kirche Wiens ist die romanische Ruprechtskirche (11.–15. Jahrhundert). Die meisten bedeutenden Bauten stammen aus dem Barock: zahlreiche Kirchen (Karls-, Peters-, Jesuitenkirche) und Adelspalais, wie die Anlagen für Prinz Eugen (Winterpalais und Belvedereschlösser), Palais Starhemberg, Schwarzenberg, Liechtenstein, Gardepalais und Schönbrunn (ehemalige Sommerresidenz der Habsburger) mit Parkanlagen, botanischem und zoologischem Garten. Die Hofburg besteht aus verschiedenen Bauteilen, die barocken sind die bedeutendsten (Hofbibliothek und Winterreitschule von J. B. Fischer von Erlach). Zu den modernen Bauwerken Wiens zählen die 1973–1979 errichtete UN-City am linken Donauufer, die Bauten von F. Hundertwasser (ab 1986), die Bürotürme Andromeda Tower (1998; 120 m hoch) und Millenium Tower (1999; 202 m hoch).
Wien ist ein bedeutendes mitteleuropäisches Bildungs- und Kulturzentrum mit Universität (1365), technischer Universität (1815), Wirtschaftsuniversität (1898), medizinischer Universität (2004), Universität für Bodenkultur (1872), veterinärmedizinischer Universität (1765), Universität für Musik und darstellende Kunst (1817), Universität für angewandte Kunst (1867), Akademie der Bildenden Künste (1692), Filmakademie und zahlreichen weiteren Hochschulen, Akademie der Wissenschaften, Sammlungen und Archiven (u. a. kunsthistorische Museen, grafische Sammlung Albertina, Österreichische Galerie im Schloss Belvedere, Wien-Museum, Mozarthaus, Völkerkundemuseum, naturhistorisches und technisches Museum, Museumsquartier, 2001 eröffnet, mit Museum moderner Kunst, Leopold-Museum und Kunsthalle Wien; Nationalbibliothek und Schatzkammer in der Hofburg, Staatsarchiv und Zentralarchiv des Deutschen Ordens; Europäische Stelle zur Beobachtung von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Wien ist führende Theaterstadt (Burgtheater, Theater in der Josefstadt, Akademietheater, Volkstheater). Die wichtigsten Musikhäuser sind Staatsoper, Volksoper und Wiener Konzerthaus; Wiener Symphoniker und Wiener Philharmoniker genießen Weltruf.
Als Sitz von Großbanken, Wirtschaftsverbänden und Versicherungen, Börse, Kongress- und Messestadt ist Wien das wichtigste Finanz- und Handelszentrum Österreichs. Zu den Zweigen des verarbeitenden Gewerbes gehören vor allem chemische, feinmechanische, elektrotechnische, elektronische Industrie, Erdöl-, Baustoff-, Stahl-, Maschinen-, Fahrzeug- und Nahrungsmittelindustrie, grafisches und Kunstgewerbe. Die Medienwirtschaft basiert auf der Filmbranche, dem Verlagswesen, Mode- und Werbeagenturen. Wien ist Sitz der öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalt ORF. Ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die Stadt ist der Tourismus.
Aus allen Richtungen laufen Autobahnen und Ausfallstraßen in Wien zusammen, ebenso wie die überregionalen Eisenbahnstrecken, die in die drei Kopfbahnhöfe münden. Südöstlich der Stadt liegt der internationale Flughafen Wien-Schwechat. Entlang der Donau, die in Wien von zwölf Brücken überspannt wird, wurden Hafenanlagen errichtet. Stadt-, Untergrund- (seit 1978) und Straßenbahn sowie die städtischen Autobusse bedienen den öffentlichen Nahverkehr.
Geschichte
Etwa 500 v. Chr. bewohnten Kelten die Gegend des heutigen Wien. Aus dem Namen der keltischen Siedlung Vêdunja („Waldbach“) leitet sich die heutige Namensform ab. Um 70 n. Chr. wurde ein römisches Hilfstruppenlager errichtet, um 100 entstand ein Legionslager mit Zivilsiedlung (Vindobona), das der Abwehr der germanischen Markomannen diente. Daraus entwickelte sich das mittelalterliche Wien, 881 als Wenia erwähnt.
Karl der Große zerstörte das seit dem 6. Jahrhundert dort entstandene Awarenreich und gründete die Ostmark, die 907 dem Ansturm der Ungarn erlag. Nach Ottos I. Sieg auf dem Lechfeld verlieh Otto II. die Markgrafschaft 976 an seinen Anhänger Leopold I. von Babenberg, dessen Nachfolger, seit 1156 Herzöge, ihre Residenz vom Leopoldsberg nach Wien verlegten. Leopold VI., Erbauer einer Burg am Platz der heutigen Hofburg, verlieh 1221 das Stadt- und Stapelrecht. Die Kreuzzüge begünstigten die Entwicklung bis zur vorübergehenden Reichsunmittelbarkeit 1237. In der Nachfolge der ausgestorbenen Babenberger gewann 1251 Ottokar II. von Böhmen Wien. Nach dem Sieg Rudolfs I. von Habsburg über den Böhmenkönig 1276 wurde die Stadt habsburgisch. Herzog Rudolf IV. gründete 1365 die Universität und ließ den Stephansdom ausbauen. 1469 wurde Wien zum Bistum erhoben. 1485–1490 war es vom Ungarnkönig Matthias Corvinus besetzt.
Seine wirtschaftliche Position im Fernhandel – durch die Hussitenkriege und das Vordringen der Türken geschwächt – verlor es an süddeutsche Kaufleute, und politisch wurde es entmachtet, als die Stadtordnung Ferdinands I. von 1526 mit dem weitgehenden Entzug der bürgerlichen Autonomie die Auseinandersetzungen zwischen Patriziat und Landesfürsten (1522 Blutgericht von Wiener Neustadt) beendete. Unter dem kaiserlichen Feldhauptmann Graf Niklas Salm widerstand Wien 1529 dem Angriff der Türken unter Süleiman II. dem Prächtigen. Im Dreißigjährigen Krieg wurde es 1619 von böhmischen Protestanten unter Graf M. von Thurn und 1645 vom Schwedengeneral L. Torstensson belagert. 1683 verteidigte Graf E. R. von Starhemberg die Stadt gegen das Türkenheer Mehmeds IV. unter Kara Mustafa bis zur Befreiung durch kaiserliche und polnische Truppen.
Unter der Regierung Karls VI. und der Kaiserin Maria Theresia wurde Wien gesellschaftlicher und politischer Mittelpunkt der Monarchie; im 18. und 19. Jahrhundert entfalteten sich Kunst und Kultur zu glanzvoller Höhe, hier wirkten C. W. Gluck, J. Haydn, W. A. Mozart, L. van Beethoven, F. Schubert, Johann Strauß, Josef Strauß, A. Bruckner, J. Brahms. 1804 wurde Wien Hauptstadt des Kaiserreichs Österreich, 1805/06 von Franzosen besetzt. 1806 verlor die Stadt ihre Funktion als Hauptstadt des Heiligen Römischen Reichs deutscher Nation, die sie seit dem Spätmittelalter hatte. Der Wiener Kongress 1814/15 bestimmte die Gestaltung des neuen Europa nach dem Sturz Napoleons. 1848 führten revolutionäre Unruhen zum Sturz Fürst von Metternichs. Die Aufstände wurden jedoch vom Fürsten von Windischgrätz niedergeschlagen. Unter Kaiser Franz Joseph I. erhielt Wien 1850 eine neue Gemeindeordnung, 1861 die kommunale Selbstverwaltung. Franz Joseph I. ließ die Befestigungsanlagen schleifen und die Ringstraße anlegen (1857–1865). Obwohl durch das Aufblühen Budapests nach dem österreichisch-ungarischen Ausgleich von 1867 beeinträchtigt, entwickelte sich Wien zur Weltstadt. Bis 1905 stieg durch die im Rahmen der Stadterweiterung erfolgte Eingemeindung von Vororten die Bevölkerungszahl auf 2 Millionen. Der Rückschlag kam durch den Zusammenbruch der habsburgischen Monarchie, der Wien von großen Teilen seines Hinterlands trennte. 1922 schied Wien aus dem Verband Niederösterreichs aus und wurde ein eigenes Bundesland, das unter ökonomischen und politischen Krisen zu leiden hatte (Arbeiterdemonstrationen und Brand des Justizpalastes 1927, Februarunruhen 1934). Nach dem „Anschluss“ Österreichs an Hitler-Deutschland 1938 entstand durch Eingemeindung der „Reichsgau Groß-Wien“. 1944/45 richteten Fliegerangriffe und Bodenkämpfe große Verwüstungen an. Im April 1945 wurde Wien von der Roten Armee eingenommen. 1945–1955 stand es unter Viermächteverwaltung. Die Einteilung in die heute bestehenden 23 Bezirke erfolgte 1954. Bürgermeister u. Landeshauptmann von Wien ist seit 1994 M. Häupl (SPÖ).
Wissenschaft
Die scheuen Giganten
Planeten ferner Sterne werden wahrscheinlich von riesigen Monden umkreist, die alle Trabanten im Sonnensystem weit in den Schatten stellen. von THORSTEN DAMBECK Entdeckungen sind das tägliche Geschäft der Astronomen. Größtenteils liegt das an immer leistungsfähigeren Instrumenten und ausgefeilteren Methoden, mit denen der Himmel...
Wissenschaft
Wasserstoff aus der Wüste
Der Bedarf an „grünem“ Wasserstoff wird deutlich wachsen. Doch woher soll er kommen? Im Fokus steht der Import aus sonnenreichen Regionen. von GÜVEN PURTUL Grüner Wasserstoff soll das „neue Erdöl“ werden. Doch dazu braucht es sehr viel von dem Gas. Bisher ist es freilich ein rares und daher teures Gut. Das zeigt sich etwa beim...
Mehr Artikel zu diesem Thema
Weitere Artikel aus dem Kalender
Weitere Artikel aus der Wissensbibliothek
Weitere Lexikon Artikel
Weitere Artikel aus dem Wahrig Fremdwörterlexikon
Weitere Artikel auf wissenschaft.de
Die Rolle der Faszien
Das Geheimnis der Gedächtniszellen
Reisen zu Dunklen Orten
Die arbeitende Atmosphäre
Projektifizierte Forschung
Der unruhige Rote Planet