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Das Meer – Ursprung allen Lebens

Die Erde ist ein Wasserplanet: Knapp drei Viertel der Oberfläche werden von den Weltmeeren bedeckt. Berücksichtigt man zusätzlich die enorme Tiefenausdehnung von der Hochwasserlinie bis in die Abgründe der dunklen Tiefsee, so sind die Ozeane nicht nur ein riesiges Wasserreservoir, sondern darüber hinaus das größte Ökosystem der Welt.

Das Meer ist der älteste Lebensraum. Hier nahm das Leben seinen Ursprung. In den ersten 3 Mrd. Jahren war es ausschließlich an das Wasser gebunden, ehe es sich auf dem Festland entwickeln konnte. Auf der anderen Seite liegt unter der Wasseroberfläche der jüngste Teil der Erde. Denn die Gesteine des Meeresbodens sind keine alten, unbeweglichen Fundamente, auf denen sich die Sedimente im Lauf der Erdgeschichte abgelagert haben. Die ozeanische Kruste besteht aus jungem Gestein – keines älter als 200 Mio. Jahre – das durch aufquellende Magmamassen aus den Vulkanen ständig neu gebildet wird. Dadurch dehnen sich die Ozeane aus und verschieben ganze Kontinente. So sind die marinen Unterwasserlandschaften mit den weiten Hochebenen, den höchsten Gebirgszügen und tiefsten Senken nur Momentaufnahmen. Berechnungen zufolge wird das Mittelmeer nach und nach verschwinden.

Wellen, Meeresströmungen, Gezeiten und Brandung zeugen von der enormen Energie und den gewaltigen Kräften, die in dem salzigen Nass wirken. Sie sorgen an den Küsten für permanente Veränderung. Gleichzeitig beeinflussen die Ozeane mit ihren warmen und kalten Wassermassen, die durch Strömungen über tausende von Kilometern transportiert werden, maßgeblich das Klima.

Doch noch ist der größte und älteste Lebensraum weit weniger ergründet, als die unsichtbare Seite des Mondes. Abgesehen von einigen wenigen Versuchen, das Verborgene zu ergründen, begann die systematische Erforschung der Meere erst im 19. Jahrhundert anlässlich der Verlegung eines Telegraphenkabels quer durch den Atlantischen Ozean. Seither haben Lotleine und Echolot, Satellitennavigation und modernste Datenverarbeitung den Ozeanen völlig unerwartete Konturen verliehen.

Weltmeere: Die Erde als Wasserplanet

Wie viele Ozeane gibt es?

Die zusammenhängende Wassermasse der Erdoberfläche wird in drei Ozeane gegliedert: den Atlantischen Ozean, den Indischen Ozean und den Pazifischen Ozean – auch Atlantik, Indik und Pazifik genannt.

Kontinente und vorgelagerte Inseln grenzen diese gegeneinander ab. Nur auf der Südhalbkugel, im Bereich des zirkumantarktischen Wasserringes, fehlt eine natürliche Abgrenzung. Hier werden die Ozeane durch die Längengrade begrenzt, die durch die Südspitzen der beiden Kontinente Südamerika und Australien verlaufen. Der Längengrad durch Kap Agullas bei 20 º östlicher Länge bildet die Grenze zwischen Atlantik und Indik, der vom Südkap Tasmaniens bei 147 º östlicher Länge die Grenze zwischen Indik und Pazifik. Die südliche Grenze zwischen Pazifik und Atlantik verläuft von Kap Hoorn entlang 68 º westlicher Länge; die Beringstraße bildet die nördliche Grenze.

Welches Meer ist das größte?

Der Pazifische oder Stille Ozean ist nicht nur das älteste, sondern auch das größte der drei Weltmeere. Mit über 20 000 km in Ost-West- und fast 15 000 km in Nord-Süd-Richtung erstreckt er sich zwischen Asien und Australien im Westen, dem antarktischen Festland im Süden und Amerika im Osten und bedeckt so mit 155,5 Mio. km² mehr als ein Drittel der Erdoberfläche. Sein Volumen beträgt 714,4 Mio. km³; die mittlere Tiefe 3940 m.

Der Pazifik ist ein unruhiges Meer. Durch Prozesse der Kontinentalverschiebung schrumpft er. Fast über seine gesamte Umrandung hinweg zieht sich eine Kette oft noch aktiver Vulkane. Auch aus den untermeerischen Rücken, Schwellen und den Tiefseebecken erheben sich zahlreiche Vulkane.

Welche künstliche Wasserstraße verbindet Atlantik und Pazifik?

Seit 1914 verbindet der Panamakanal den Atlantischen mit dem Pazifischen Ozean.

Der Atlantische Ozean, der die Alte von der Neuen Welt trennt, ist mit 106 Mio. km² das zweitgrößte Weltmeer. Als einziger Ozean dehnt sich der Atlantik auch heute noch aus. Wegen seiner geringeren mittleren Tiefe ist sein Wasservolumen noch nicht einmal halb so groß wie das des Pazifiks. Seine größten Tiefen liegen in der Milwaukeetiefe im Puerto-Rico-Graben mit 9219 m und der Meteortiefe im Südsandwichgraben mit 8264 m.

Welcher Ozean ist der jüngste?

Der zwischen Asien, Afrika, Australien und der Antarktis gelegene Indische Ozean ist der kleinste und gleichzeitig erdgeschichtlich jüngste Ozean. Seine Wasserfläche bedeckt 75,8 Mio. km². Er verfügt über ein Wasservolumen von 284,6 Mio. km³. Die durchschnittliche Tiefe beträgt rd. 3900 m; im Sundagraben erreicht er mit 7455 m seine größte Tiefe. Die allgemein nicht sehr beständigen Meeresströmungen werden nördlich des Äquators von den Monsunen beherrscht. Von erheblichem Einfluss sind die zahlreichen tropischen Wirbelstürme. Gefährdet sind die pazifischen Küsten auch durch Meereswellen (Tsunamis), ausgelöst durch Seebeben oder Vulkanausbrüche.

Was ist ein Nebenmeer?

Inselketten, untermeerische Rücken oder Schwellen trennen einzelne Meeresteile als Nebenmeere von den freien Ozeanen ab. Sind sie den Landmassen angelagert, spricht man von Randmeeren. So ist die Nordsee z. B. ein Randmeer des Atlantischen Ozeans. Randmeere sind auch das Beringmeer, der Sankt-Lorenz-Golf, die Irische See, der Golf von Kalifornien, das Japanische und das Ostchinesische Meer.

Ragen Randmeere tief in die Kontinente hinein und werden von größeren Festlandflächen umschlossen, so dass sie nur noch durch schmale Zugänge mit den Ozeanen verbunden sind, spricht man von Binnen- bzw. Mittelmeeren. Bei den Mittelmeeren wird zwischen den großen interkontinentalen und den kleineren intrakontinentalen Mittelmeeren unterschieden. Zu Ersteren zählen u. a. das Europäische und das Amerikanische Mittelmeer; zu Letzteren die Ostsee, die Hudsonbai, das Rote Meer und der Persische Golf.

Wie schnell tauscht sich das Mittelmeerwasser aus?

Recht langsam, denn das Europäische Mittelmeer, das mit dem Schwarzen Meer verbunden ist, hat über die Straße von Gibraltar nur eine schmale Verbindung mit dem Atlantik. Der Austausch der gesamten Wassermenge dauert etwa 80 bis 100 Jahre.

Seit 1869 besteht mit dem Suezkanal ein Durchstich vom Mittelmeer zum Roten Meer. Das Rote Meer ist wiederum über die Meerenge von Bab Al Mandab mit dem Indischen Ozean verbunden.

Übrigens: Das größte echte Binnenmeer ohne jeglichen Zugang zu den Weltmeeren ist das Kaspische Meer (auch Kaspisee genannt) östlich des Kaukasus mit einer Fläche von 371 000 km².

Was passiert im Sommer mit dem Polarmeer?

Im Sommer schrumpft der dichte Packeisgürtel des Südpolarmeers bis auf 4 Mio. km² zusammen. Von der rd. 32 Mio. km² großen Fläche des Meeresgebiets, das den antarktischen Kontinent (Antarktika) umgibt und bis etwa 55 º südliche Breite reicht (auch Südlicher Ozean genannt), sind im Südwinter 20 Mio. km² von Packeis bedeckt.

Das Nordpolarmeer – auch Arktischer Ozean genannt – ist ein Nebenmeer des Atlantischen Ozeans, umgeben von Sibirien, Alaska, dem nordkanadischen Inselarchipel, Grönland, Spitzbergen und Franz-Josef-Land. Durch die Framstraße ist es mit dem Europäischen Nordmeer und durch die Beringstraße mit dem Pazifischen Ozean verbunden.

Ist das Meer wirklich blau?

Erreicht das einfallende Sonnenlicht die Meeresoberfläche, wird das kurzwellige Licht des blauen Spektralbereiches gestreut, während das langwellige, gelbe bis rote Licht absorbiert wird. Die blauen Strahlen können bis zu mehreren hundert Metern in das Wasser eindringen und lassen das Meer blau erscheinen. Tiefblaues Meerwasser ist ein Anzeichen für besonders sauberes, aber auch nährstoffarmes Wasser.

Was bedeutet »Freiheit der Meere«?

Dieses Zitat des niederländischen Rechtsgelehrten Hugo Grotius (1583–1645) von 1609 bezog sich ursprünglich auf den Anspruch der Niederlande auf freien Handel mit Indien. Heute ist es ein völkerrechtlicher Grundsatz, nach dem die hohe See keiner staatlichen Hoheit unterliegt und ihre Nutzung allen Menschen und Staaten offensteht.

Seit der Seerechtskonvention von 1982 ist die Freiheit der Meere durch die Ausdehnung der Küstengewässer bis zu zwölf Seemeilen, die fast alle ans Meer grenzenden Staaten vollzogen haben, eingeschränkt. Das Küstengewässer wurde damit zu einem Hoheitsgewässer, in dem aber in Friedenszeiten allen Schiffen die Durchfahrt gestattet werden muss. Für Inseln, Buchten und Meerengen gibt es Sonderregelungen. Auch der Festlandsockel kann bis zu einer Entfernung von 350 Seemeilen von der Küste durch die angrenzenden Staaten wirtschaftlich ausgebeutet werden.

Wussten Sie, dass …

laut Theorie der Kontinentalverschiebung in urgeschichtlicher Zeit die Erde aus einer riesigen zusammenhängenden Landmasse bestand? Dieser Urkontinent (Pangäa) war von einem weltumspannenden Urozean (Panthalassa) umgeben.

Okeanos, in der griechischen Götterwelt einer der Titanen, den die Erde umfließenden Weltstrom personifiziert? Der Sohn von Gaia (Erde) und Uranos (Himmel) ist Vater der 3000 Okeaniden (Meernymphen) und aller Quellen und Flüsse.

der tiefste gemessene Punkt der Erde im Pazifik liegt? Es ist der 11 034 m tiefe Marianengraben.

Was sind die »sieben Meere«?

In der Zeit der Segelschifffahrt sprachen die Menschen – auf eine symbolkräftige Zahl zurückgreifend – von den sieben Weltmeeren. Gemeint waren der Nordatlantische, der Südatlantische, der Nordpazifische, der Südpazifische und der Indische Ozean sowie das Nord- und das Südpolarmeer. Ein echter Seemann war demnach nur der, der sie alle befahren hatte. Als Herren der sieben Meere wurden, auch in vielen Kinofilmen, die Piraten bezeichnet.

Woher hat das Rote Meer seinen Namen?

Das Rote Meer hat seinen Namen von dem Cyanobakterium Trichodesmium, dessen Farbpigmente eine Rotfärbung verursachen. Überhaupt spielen Farben bei der Benennung von Meeren eine Rolle: In das Gelbe Meer entlässt der Huang He seine ockergelbe Lössfracht. Das Schwarze Meer erschien den alten Griechen wegen der häufigen Bewölkung und Nebelbildung als düster und unwirtlich im Vergleich zur strahlend blauen Ägäis.

Wussten Sie, dass …

die Verteilung der Wassermassen auf der Erde recht unterschiedlich ist? Auf der Nordhalbkugel nimmt das Meer rd. 60 %, auf der Südhalbkugel hingegen über 80 % der Gesamtfläche ein.

noch im 16. Jahrhundert der große Kartograph Gerhard Mercator (1512–94) – ausgehend von antiken Harmonievorstellungen – von einem Gleichgewicht der Land- und Wasserfläche ausging? Erst die drei Weltumsegelungen des britischen Entdeckers James Cook (1728–79) zwischen 1768 und 1779 rückten die wahren Verhältnisse von Wasser und Landmassen zurecht.

Küsten: Berührung von Meer und Land

Gibt es eine klare Grenze zwischen Meer und Land?

Jeder würde denken, dass Meer und Land natürlich deutlich voneinander abgegrenzt werden können. Aber das ist nicht der Fall.

Den Grenzbereich zwischen Land und Meer bezeichnet man als Küste; doch ist es schwierig, hier eine eindeutige Berührungslinie festzulegen. Augenscheinlich ist es die Wasserstandslinie, die aber durch Wellenbewegungen und die Gezeiten ständigen Schwankungen unterworfen ist. So wurde eine theoretische Grenze, die Ufer- oder Strandlinie, definiert, die z. B. an Gezeitenküsten mit der Linie des mittleren Hochwasserstandes zusammenfällt. Die Uferlinie trennt die beiden Hauptzonen der Küste, die landeinwärts bis zur obersten Meereseinwirkung und seewärts bis zur Brandungseinwirkung am Meeresboden reicht. Dementsprechend ergeben sich große Unterschiede zwischen einer Flachküste mit ihren weiten Übergängen und den Steilküsten, wo das Festland an einer steilen Kliffwand direkt ins Meer übergeht.

Auf welche Weise verändert sich eine Küste?

Einige Küsten verlieren ständig Material an das Meer: Das heißt also, sie erodieren. An anderen Stellen wird dieses Material wieder angelagert. Augenfällig sind die täglichen und lokalen Veränderungen, die von Gezeiten, Wind und Wellen verursacht werden. Die zerstörerischen Kräfte des Meeres, Verwitterung und Abtragung, küstennahe Meeresströmungen, von Flüssen transportierte Sedimente oder Meeresspiegelschwankungen verändern ebenfalls den Küstenverlauf. Auch Korallenriffe können von der Küste aus ins Meer vordringen und somit die Küstenlinie umformen.

Welche Rolle spielen Klimaveränderungen?

Eine maßgebliche: In der Erdgeschichte kam es durch Klimaveränderungen immer wieder zu solchen sog. eustatischen Schwankungen des Meeresspiegels.

In Eiszeiten wurde Wasser in Form von Schnee, Firn oder Eis gebunden, was zur Senkung des Meeresspiegels und damit zum Rückzug des Meeres (Regression) führte. In Warmzeiten kommt es durch Eisschmelze und Wasserabfluss zu einem weltweiten Anstieg des Meeresspiegels und zur Überflutung von Küsten (Transgression). Das Meer dringt in Tallandschaften ein und schafft Riasküsten – »ertrunkene« Flusstäler alter Gebirgslandschaften wie in Nordwestspanien – oder überflutet von Gletschern geprägte Täler wie an den Fjordküsten Norwegens.

Was geschah am Ende der Eiszeit?

An den Stellen, wo das Festland stärker gehoben wurde als der Meeresspiegel durch die schmelzenden Eismassen anstieg, entstanden Regressionsküsten. Das ist z. B. in den ehemals von mächtigen Eispanzern bedeckten Gebieten wie Kanada oder Skandinavien der Fall. Abschmelzendes Eis und die damit einhergehende Druckminderung haben das Land örtlich sich mehrere hundert Meter heben lassen. Bis heute ist dieser isostatische Ausgleichsbewegung genannte Vorgang nicht abgeschlossen, und immer noch werden Strände und Kliffs langsam landeinwärts verlagert. Vom alten Küstenverlauf zeugen dann diese Strandwälle oder Kliffs, die sich schon lange nicht mehr an der Küste befinden.

Welche Kräfte formen eine Steilküste?

In erster Linie nagt das Meer an den Steilküsten. Brandungswellen prallen mit solcher Wucht auf das Hindernis, dass nicht einmal starker Fels diesen enormen Kräften auf Dauer standhalten kann. Die Wellen türmen sich auf, entreißen dem Kliff tonnenschwere Blöcke und schleudern ihm Brandungsgeröll entgegen. Hinzu kommt die zersetzende chemische Wirkung des Salzwassers, die Gesteine verwittern lässt. Den Fuß des Kliffs trifft es jedoch am härtesten. Hier bilden die Wellen im Lauf der Zeit eine sog. Hohlkehle, bis die überhängenden Schichten abstürzen. So wird die Steilküste mit der Zeit immer weiter landeinwärts verlagert. Vor dem Kliff bleibt eine leicht gegen das Meer geneigte, von Gesteinstrümmern übersäte Fläche zurück, die Abrasionsplatte oder Schorre.

Übrigens: Besonders schnell frisst sich das Meer ins weiche Kreidegestein hinein wie an der britischen Kanalküste oder auf Rügen – hier schwinden im Durchschnitt 25 cm im Jahr. An Küsten jedoch, wo der Fels besonders widerstandsfähig ist, bleiben einzelne Klippen als Wellenbrecher in der Brandungszone stehen.

Wo bilden sich Strände?

Bei besonders geringem Gefälle in der Küstenzone bildet sich eine Flachküste. Die Wellen laufen am Ufer aus und hinterlassen beim Rückfluss das aus dem Meer mitgeführte Material – Sand, Kies oder Geröll –, das den Strand bildet. Da sich die Wellen meist schräg auf die Küste zubewegen, das Wasser dem Gefälle folgend aber senkrecht ins Meer zurückfließt, werden die Gerölle abhängig von Windrichtung und Strömungsverhältnissen an der Küste entlang verlagert (sog. Strandversetzung).

Durch den so im Zickzack verlaufenden Materialtransport werden Meeresbuchten abgeschnürt, Nehrungen und Ausgleichsküsten gebildet. Treffen die Wellen senkrecht auf die Küste, staut sich das Meerwasser. Dadurch entstehen starke Unterströmungen, die erhebliche Sandmengen ins tiefere Meer zurückspülen können. Im äußersten Auslaufbereich der Brandungswellen bildet sich allmählich ein Strandwall, stark auflandiger Wind kann feinen Sand zu meterhohen Dünen auftürmen.

Woher kommt der Sand am Strand?

Flüsse sind die größten Sandtransporteure an den Meeresküsten. Bevor der Sand aus den Flussmündungen an die umliegenden Strände gespült wird, bildet sich an manchen Flachküsten ein Delta. Mündet das (fließende) Süßwasser in das (stehende) Meerwasser, endet die Transportkraft, und die Flussfracht lagert sich ab. Sand entsteht aber auch dort, wo Kliffe erodieren oder Korallenriffe und Muschelbänke von der Kraft des Wassers zerschmettert und zermahlen werden.

Unter welchen Bedingungen entsteht Watt?

Ein Watt kann sich nur unter bestimmten Konstellationen im Wirkungsbereich der Gezeiten an seichten Küstenregionen bilden. Die Gezeiten und ihre Strömungen sorgen dafür, dass zweimal innerhalb von 24 Stunden große Flächen überflutet werden und wieder trockenfallen. Diese speziellen Bedingungen finden sich nur entlang eines kleinen Teils der weltweit hunderttausende von Küstenkilometern.

Die mit einer Ausdehnung von über 9000 km² größte zusammenhängende Wattenlandschaft der Erde ist das Gebiet entlang der nordwesteuropäischen Festlandsküste. Als 500 km langer und 10 bis 30 km breiter Streifen zieht sie sich von Den Helder in den Niederlanden entlang der deutschen Küste bis nach Esbjerg in Dänemark. Vergleichbare Bedingungen finden sich aber auch in anderen Regionen, beispielsweise an der nordamerikanischen Ost- und Westküste oder der englischen und französischen Nordseeküste. Ein echtes Wattenmeer von knapp 3000 km² Ausdehnung gibt es an der Westküste Südkoreas.

Wo wachsen Mangroven?

In den Gezeitenbereichen tropischer Küsten findet man regelrechte Wälder von Mangroven, salztoleranten Pflanzen, mit ihrem dichten Geflecht von hohen Stelzwurzeln. Das Hochwasser erreicht normalerweise zumindest den unteren Kronenbereich, während bei Niedrigwasser der Boden unter den Mangroven und meist auch die vorgelagerten Bereiche trockenfallen. Weitere Voraussetzung für das Gedeihen der Mangroven ist der Schutz vor starken und kalten Strömungen, weshalb sie vorwiegend in Buchten, hinter vorgelagerten Korallenriffen und im Bereich von Flussmündungen wachsen.

In den Mündungsbereichen sedimenthaltiger Flüsse, die sich durch das mitgeführte Material immer weiter ins Meer vorschieben, kann die Mangrove große Ausmaße erreichen. Ins öffentliche Bewusstsein gerückt sind die Mangrovenwälder nach den großen Tsunami-Katastrophen der vergangenen Jahre im Indischen Ozean; einmal mehr haben sie ihre Bedeutung für den Küstenschutz herausgestellt. Denn der oft kilometerbreite Verhau von Baumkronen und Luftwurzeln zersiebt den zerstörerischen Schub der Riesenwelle.

Wie kann man Küsten sichern?

An Steilküsten sind die Schutzmaßnahmen schwierig, weil die Brandung unmittelbar auf das Kliff trifft. Deshalb versucht man, die Kraft der Brandung schon vorzeitig zu brechen. Schutzmauern und senkrecht zur Küstenlinie ins Meer geführte Steindämme, sog. Buhnen, stellen sich den Küstenströmungen in den Weg und verhindern den Abtransport der vom Kliff herabgestürzten Trümmer.

Am Strand, der nur gelegentlich vom Meer überflutet wird, haben sich vierfüßige Betonklötze, sog. Tetrapoden, mehr oder weniger bewährt. Durch ihr Gewicht und ihre Form bleiben sie an Ort und Stelle liegen und begünstigen Sandanlagerungen. Allerdings hat sich gezeigt, dass dann an anderen Stellen der Küste wegen der Strömungsveränderungen ein verstärkter Abbruch erfolgt. Eine andere Methode zum Schutz sandiger Küsten sind lockere Sandanhäufungen. Zwar werden sie innerhalb weniger Jahre wieder weggespült, lassen sich dann aber vom Seegrund erneut ergänzen.

Was schützt vor den Fluten des Meeres?

Um das Hinterland vor Hochwasser und Sturmfluten zu schützen, errichtet der Mensch bereits seit Jahrhunderten an besonders gefährdeten Küstenabschnitten Deiche und Schutzwälle. In den Niederlanden, wo immerhin 40 % des Landes unter dem Meeresspiegel liegen, wurden darüber hinaus durch Sperrwerke einige Mündungsarme von Flüssen vollkommen vom Meer abgeriegelt. In der Oosterschelde regelt z. B. ein Flutwehr mit über 60 Toren die Hochwasserstände. Ähnliche Bauwerke finden sich aber auch an der Themse, an der Eider oder an der Ems.

Was ist eigentlich ...

eine Schärenküste? Schären sind in den Eiszeiten entstandene Rundhöckerlandschaften, die heute als kleine Inseln aus dem Meer herausragen.

eine Boddenküste? Bodden sind seichte Buchten, die durch Eindringen des Meeres in junge Grundmoränenlandschaften kurz nach dem Ende der letzten Eiszeit entstanden.

eine Fördenküste? Eine Förde ist eine tief in das Festland einschneidende Meeresbucht, entstanden durch die Überflutung nacheiszeitlicher Schmelzwasserrinnen.

eine Cala- oder Canaleküste? Dabei handelt es sich um abgetauchte Flussmündungen und Täler in Kettengebirgen.

Wussten Sie, dass …

die Küstenlinie weltweit etwa 440 000 km misst? Mit den Ufern der zahlreichen Inseln sind es mehr als 1 Mio. km.

der Meeresspiegel in den letzten 18 000 Jahren um etwa 130 cm gestiegen ist? Die meisten Küsten der Erde sind deshalb noch sehr jung.

sich das Meeresniveau um jeweils 1 mm ändert, wenn die Lufttemperatur auf der Erde um 1 °C steigt oder fällt? Verändert sich dagegen die Wassertemperatur der Meere um nur 1 °C, steigt oder fällt der Meeresspiegel um 60 cm. Zurzeit steigt der Meeresspiegel um 2–3 mm pro Jahr.

Inseln: Allseits vom Meer umgeben

Ist Australien die größte Insel?

Nein, Australien ist ein Kontinent. Die Festlandsmassen einschließlich der ihnen vorgelagerten Inseln werden als Erdteile oder Kontinente bezeichnet. Eine Insel ist definiert als ein ringsum von Wasser umgebenes Stück Land. Demnach wäre Australien sowohl die größte Insel der Erde als auch der kleinste Kontinent. Allerdings trifft Ersteres nicht zu. Man hat nämlich bei der korrekten geografischen Definition des Begriffs »Insel« ausdrücklich alle Kontinente ausgeschlossen, denn letztlich sind alle Kontinente von Meerwasser umgeben. Die größte Insel der Erde ist Grönland mit einer Fläche von 2,2 Mio. km².

Haben alle Inseln den gleichen Ursprung?

Nein. Die kontinentalen Inseln, unabhängig von der tatsächlichen Höhenlage ihrer Gebirgsgipfel auch flache Inseln genannt, bestehen aus kontinentaler Kruste, wurden meist vom Festland abgetrennt und liegen im flachen Wasser des Kontinentalschelfs. Dagegen waren die ozeanischen Inseln weit draußen im Ozean nie mit dem Festland verbunden. Sie erheben sich als sog. hohe Inseln direkt über der ozeanischen Kruste aus großer Tiefe, sind als Vulkane vom Meeresgrund aufgestiegen und über die Meeresoberfläche hinausgewachsen.

Wie entstehen Inseln?

Dadurch, dass sich Erdkrustenplatten bewegen, können Teile eines großen Kontinents abgespalten werden, die anschließend abdriften und Inseln bilden. Steigender Meeresspiegel oder sinkende Kontinente haben bewirkt, dass Teile des Festlandes überflutet wurden, dies erklärt z. B. die Insellage von Großbritannien oder Madagaskar.

Übrigens: Die langen schmalen Inseln vor der ostadriatischen Küste sind die Gipfel überfluteter Gebirge, und die zahlreichen, flachbuckligen Schären vor der schwedischen Küste entstanden mit dem Anstieg des Meeresspiegels nach der letzten Eiszeit.

Was ist an Surtsey besonders?

1963 tauchte rund 30 km vor der Südwestküste Islands aus 130 m Meerestiefe eine Vulkaninsel auf, die sich auf über 200 m Höhe über den Meeresspiegel aufbaute und bei ihrer Entstehung etwa 2,8 km² groß war. Vulkanausbrüche im Meer können immer wieder zu überraschenden Inselneubildungen führen, wie das Beispiel von Surtsey zeigt.

Aber auch solche vulkanischen Inseln sind der Abtragung durch Wind und Wellen ausgesetzt. Die Insel Surtsey hat bereits die Hälfte ihrer Größe verloren.

Wie entsteht ein Atoll?

In warmen tropischen Gewässern haben besondere Umstände vulkanischen Inseln zu einer gewissen Dauerhaftigkeit verholfen – die Bildung von Korallenriffen. Wenn die Bautätigkeit der Riffkorallen mit der Senkung oder der Abtragung der Inseln Schritt halten kann, tritt das Riff als Atoll in Erscheinung, das quasi nur noch aus Küste besteht. Sinkt das Atoll schneller als die Korallen wachsen, geraten die Korallentiere in Wassertiefen, in denen sie nicht mehr überleben können. Das Riff stirbt ab, und das Atoll verschwindet in der Tiefe.

Wann bilden Inseln Ketten?

Vulkanische Inselketten entstehen, wenn eine ozeanische Platte unter eine andere abtaucht. Die Kette der Hawaii-Inseln etwa besteht aus über 100 Vulkanen. Hier bewegt sich über einem Wärmezentrum mit vulkanischer Aktivität in tieferen Zonen des Erdmantels die ozeanische Kruste durch die Ausdehnung des Meeresbodens nach Nordwesten hinweg. Mit der driftenden Platte entfernen sich die Vulkane vom sog. »Hot Spot«, und die vulkanische Aktivität erlischt. Über dem stationären »Hot Spot« bildet sich ein neuer Vulkan, so dass im Laufe der Zeit eine Kette erloschener Vulkane zurückbleibt.

Wussten Sie, dass …

das Wort »Insel« vom lateinischen insula stammt und übersetzt »die im Meer Gelegene« bedeutet?

die sagenhafte Insel Atlantis nach dem griechischen Philosoph Platon im (Atlantischen) Ozean lag und durch ein Erdbeben für immer im Meer versank?

die »Inseln der Seligen« (Elysium) in der griechischen Mythologie ein Ort im fernen Westen der Erde waren, wohin auserwählte Helden und die Söhne der Götter versetzt werden, um nach ihrem Tod ein glückliches Dasein zu führen?

Wie sind die friesischen Inseln entstanden?

Die west-, ost- und nordfriesischen Inseln sind erst im Zuge des Meeresspiegelanstiegs nach der letzten Eiszeit entstanden. Vor etwa 7500 Jahren öffnete sich der Ärmelkanal und schuf eine Verbindung zum Atlantik. Die von Westen einströmenden Wassermassen verdrifteten die Sande der Eiszeiten und Flusssedimente nach Osten. Es entstanden Sandriffe, die schließlich so groß wurden, dass sie auch bei Flut nicht mehr überspült wurden.

Korallenriffe: Farbenprächtige Unterwassergärten

Sind Korallen eigentlich Pflanzen oder Tiere?

Anders als ihr farbenprächtiges Aussehen vermuten lässt, handelt es sich bei Korallen nicht um Meerespflanzen, sondern um Tiere. Genau genommen gehören die etwa 6000 Arten zur Klasse der Blumentiere, einer Untergruppe der Nesseltiere.

Korallen sind nur wenige Zentimeter groß und von polypenartiger Gestalt mit einem sackartigen Rumpf und einer Mundöffnung, die von Tentakeln gesäumt wird.

Riffkorallen sondern ein napfförmiges Kalkskelett ab, das ihren Körper umschließt und in das sie sich bei Gefahr zurückziehen können. Auf den Resten abgestorbener Kolonien siedeln sich immer wieder neue Generationen von Korallenpolypen an. Zusammen mit den Absonderungen krustenbildender Kalkalgen bilden sie in einem lange währenden Prozess von Aufbau und Zerstörung das Gerüst von Korallenriffen, den größten Bauwerken der belebten Natur.

Wo überall findet man Korallenriffe?

Mit Ausnahme der durch die Steinkorallen der Gattung Lophohelia gebauten Riffe in lichtlosen Kaltwasserregionen vor Norwegen oder Schottland kommen die »typischen« Korallenriffe in der Regel nur in einem Gürtel zwischen den beiden Wendekreisen vor.

Aber auch dort findet man sie nur in seichten Meeresgebieten, in denen die Wassertemperatur im Jahresmittel bei 23,5 °C liegt und 20 °C nicht unterschreitet. Und das auch nur an den Ostküsten der großen Kontinente; an den Westküsten verhindern kalte Meeresströmungen wie der Benguela- oder Humboldtstrom, die bis weit in Äquatornähe gelangen, ihre Entstehung.

Übrigens: An den westlichen Rändern der Ozeane, z. B. bei den japanischen Ryukyu-Inseln, den Bermudas oder im Roten Meer, transportieren äquatoriale Meeresströmungen warmes Oberflächenwasser über den Wendekreis hinaus und begünstigen so das Korallenwachstum.

Was brauchen Korallen zum Wachsen?

Riffbildene Korallen benötigen nicht nur passend temperiertes, sondern auch lichtdurchflutetes Wasser. Das ist meist nur bis zu einer Tiefe von 40 m gewährleistet.

Das Licht ist vor allem für die einzelligen Algen von Bedeutung, die im Gewebe der Korallen leben. Durch die Photosynthese der Algen werden die Polypen mit Nährstoffen versorgt, was ihr Wachstum fördert und die Kalkausscheidung begünstigt. Nebenbei verhelfen die Algen den Korallen auch zu ihrer Farbenpracht. Wichtig für die Riffbildung ist außerdem die Beschaffenheit des Meeresbodens: Dieser muss fest sein, damit sich die Korallen daran fixieren können. Großen Einfluss hat auch der Salzgehalt des Wassers; das Optimum liegt bei 36 %. Daher gibt es dort, wo durch Flüsse viel Süßwasser ins Meer gelangt, keine Korallenriffe.

Welche unterschiedlichen Rifftypen gibt es?

Das Saumriff, die einfachste und am häufigsten vertretene Form, entsteht zunächst als schmaler Riffsaum parallel zur Küste und dehnt sich – abhängig vom Gefälle des Meeresgrundes – nach und nach in Richtung offenes Meer aus.

Barriereriffe folgen ebenfalls dem Verlauf der Küste, wachsen aber nicht vom Ufer seewärts, sondern entstehen entlang der Ränder der Kontinentalsockel. Bis zu mehreren Kilometer breite und 100 m tiefe Lagunen trennen die Barriereriffe vom Festland.

Das Atoll ist der vermutlich bekannteste Rifftyp. Seine Entwicklungsgeschichte beginnt als Saumriff um eine Vulkaninsel. Lässt die Vulkantätigkeit nach, versinkt der Inselkern nach und nach im Ozean – und mit ihm das Riff. Während die Korallen in lichtarmen Tiefen absterben, wachsen die Korallen in oberen Regionen dem Meeresspiegel entgegen. Ist die Insel vollständig versunken, bleibt nur noch der typische und gelegentlich von kleinen sandigen Koralleninseln gekrönte Riffring als Atoll zurück.

Übrigens: Gemeinsam ist den verschiedenen Typen die Bedrohung durch sich ändernde Umwelteinflüsse wie Wasserverschmutzung, Erwärmung des Wassers oder Ansteigen des Meeresspiegels.

Wussten Sie, dass …

das Große Barriereriff vor der australischen Ostküste etwa ein Drittel der Fläche aller Korallenriffe auf der Erde (rd. 600 000 km²) umfasst?

die ersten Riffe schon vor 2 Mrd. Jahren im Präkambrium entstanden? Damals waren Cyanobakterien die Baumeister der sog. Stromatolithenriffe. Die heute vorherrschenden scleractinen Korallen (Hartkorallen) erschienen erst vor etwa 190 Mio. Jahren.

der Naturforscher Charles Darwin einer der Ersten war, der sich mit der Entstehung von Korallenriffen beschäftigte? In dem Buch »Über den Bau und die Verbreitung der Korallenriffe« stellte er die Klassifikation auf, die bis heute weithin gebräuchlich ist.

Wie würde die Erde ohne Korallen aussehen?

Während die meisten bei der Beantwortung der Frage an die farbenprächtigen Unterwassergärten in tropischen Regionen denken, vergessen sie z. B. die Dolomiten in Südtirol. Sie sind ein großes fossiles Korallenriff, das bei der Entstehung der Kalkalpen emporgehoben wurde – ein Beleg für die Verbreitung des urzeitlichen Meeres. Ohne urzeitliche Korallen würde es heute also manche Gebirge nicht geben.

Meeresströmungen: Wasser in Bewegung

Wo fließen die größten Ströme der Erde?

Die gewaltigsten Ströme der Erde sind nicht etwa die Flüsse Nil oder Amazonas, sondern der antarktische Zirkumpolarstrom oder auch Westwinddrift. Diese Meeresströmung auf der Südhalbkugel treibt kaltes Wasser von Westen nach Osten rund um den gesamten Globus. Doch auch sonst ist das Wasser der Weltmeere ständig in Bewegung. Es fließt in riesigen Strömen mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten und wird dabei von zahlreichen Kräften beeinflusst und abgelenkt.

Wie entstehen Meeresströmungen?

Meeresströmungen werden durch mehrere physikalische Mechanismen erzeugt. Die Oberflächenströmung, die bis in eine Tiefe von 100 m, in den Tropen auch bis 200 m reicht, entsteht durch den Einfluss anhaltender Winde, vor allem durch Passate und Westwinde, aber auch tropische Monsune, die das Oberflächenwasser in Bewegung setzten. Oberflächenströmungen erreichen Durchschnittsgeschwindigkeiten von 20 cm/sec; die Spitzenwerte liegen jedoch bei über 200 cm/sec.

Doch auch in der Tiefe der Ozeane zirkulieren riesige Wassermassen. Diese Tiefenströmungen werden durch die Dichteunterschiede des Wassers angetrieben. Der dritte große Mechanismus ist die Anziehungskraft des Mondes, der die Gezeiten und damit vor allem viele Küstenströmungen erzeugt.

Folgen Meeresströme einem bestimmten Muster?

Ja, und das ist leicht zu erkennen, denn die Oberflächenströme bzw. Driftströme der Weltmeere decken sich mit den Windsystemen der Erde.

Auf beiden Seiten des Äquators zwingen die heftigen Passatwinde das oberflächennahe Meereswasser in westliche Richtung. Wären die Kontinente nicht im Wege, würden die Meeresströme endlos die Erde umkreisen. So prallen die Nord- bzw. Südäquatorialströme jedoch auf die Ostseiten der Kontinente und fächern sich auf. Ein Teil der riesigen Wassermassen fließt auf der Äquatorseite in die ostwärts gerichteten sog. äquatorialen Gegenströme, ein anderer Teil strömt polwärts weiter. Ab dem 40. Grad geografischer Breite werden diese Strahlströme von den dort vorherrschenden Westwinden angetrieben und nach Osten gelenkt. So entstehen große, kreisförmige Strombänder: zwei auf der Nordhalbkugel und drei auf der Südhalbkugel.

Übrigens: Mit der jahreszeitlichen Verlagerung der Windsysteme in Abhängigkeit vom Sonnenstand verschieben sich auch die Strömungskreise in Nord-Süd-Richtung.

Wo gibt es die meisten Fische?

Zu den produktivsten Meeresregionen gehören jene Gebiete, in denen warme und kalte Ströme zusammentreffen und einander verwirbeln. Dabei quillt nährstoffreiches Tiefenwassers auf, z. B. im Bereich der ozeanischen Polarfront vor Südostgrönland und Neufundland. Besonders fischreich sind auch die Kaltwasser-Auftriebszonen an den Westseiten der Kontinente, wo ablandige Passatwinde das Oberflächenwasser verdrängen und durch aufsteigendes nährstoffreiches Tiefenwasser ersetzen. Meeresströmungen mit ihren horizontalen und vertikalen Wasserbewegungen bestimmen also weitgehend die natürliche Fruchtbarkeit der Meere.

Welchen Einfluss haben die Meeresströmungen auf unser Klima?

Gäbe es die großen Meeresströme nicht, wäre das Temperaturgefälle der Erde vom Äquator bis zu den Polen erheblich extremer als es ist.

Dort, wo kalte Meeresströmungen wie der Benguela- oder der Humboldtstrom entlang der Westküsten der Kontinente von Süden nach Norden fließen, verschieben sich kühlere Klimazonen äquatorwärts. Dagegen transportieren Strömungen aus den tropischen Bereichen Wärme bis in hohe Breiten und sind hier für milde Klimaverhältnisse verantwortlich. Ein bekanntes Beispiel ist der Golfstrom.

Der Golfstrom bildet sich vor der Ostküste Nordamerikas beim Zusammenfließen des Antillenstroms mit dem Floridastrom. In der Nähe von Grönland teilt er sich in mehrere Zweige auf. Ein Großteil des Warmwassers kühlt ab, wird schwerer, sinkt schließlich ab und kehrt als kalte Ausgleichsströmung nach Süden zurück. Der Rest fließt als Nordatlantischer Strom bis in das Europäische Nordmeer und sorgt bei uns dafür, dass das Klima deutlich milder ist als in Gebieten, die auf dem gleichen Breitengrad liegen.

Wird die Wärmepumpe versiegen?

Möglicherweise, denn neueste Forschungen deuten auf eine eventuelle Abschwächung der Warmwasserströmung hin.

Die Ursachen für die dann folgende Abkühlung in Europa werden paradoxerweise in einer Klimaerwärmung gesehen: Durch den Temperaturanstieg würde sich das Oberflächenwasser nicht ausreichend abkühlen und daher nicht in die Tiefe sinken. Abschmelzendes Grönlandeis könnte außerdem die Salzkonzentration verringern und die sog. thermohaline Zirkulation stoppen. Dadurch würden die Durchschnittstemperaturen in Europa innerhalb weniger Jahrzehnte um 5–10 °C sinken – mit katastrophalen Folgen.

Wann kommt El Niño?

Das El-Niño-Phänomen (spanisch für »Christkind«) tritt etwa alle 4–30 Jahre ein. Dabei wird der kalte nährstoffreiche Humboldtstrom an der Westküste Ecuadors und Nordperus durch warmes nährstoffarmes Meereswasser überlagert, das aus dem tropischen Norden nach Süden vorstößt. Diese um die Weihnachtszeit auftretende Unregelmäßigkeit hat für das Klima großer Regionen Südamerikas und Südostasiens weitreichende Folgen: Die Erwärmung des Ostpazifiks bei einem El Niño führt zu höheren Niederschlägen und Flutkatastrophen in Südamerika, die Abkühlung im Westpazifik dagegen zu Trockenheiten in Asien und Afrika.

Wie funktioniert der »Salz-Motor«?

Als Antriebskraft der gewaltigen Tiefenströmungen wirkt der Dichteunterschied, hervorgerufen durch die unterschiedlichen Temperaturen (griechisch »thermos«) und den Salzgehalt (griechisch »hal«). Denn kühles, salzreiches Wasser ist von seinem spezifischen Gewicht her schwerer als warmes, salzarmes Wasser und sinkt daher stets nach unten.

Von großer Bedeutung für die thermohalinen Strömungen sind die Meeresregionen in den Polargebieten. Hier sinkt das Kaltwasser ab, fließt am Meeresgrund in Richtung Äquator und ersetzt als Auftriebswasser teilweise das Wasser, das durch Driftströmungen nach Norden bzw. Süden transportiert wird. Da die Tiefenströme nahezu die gesamte Wassersäule erfassen, bewirken sie langfristig eine weltweite Umwälzung der Wassermassen.

Wieso vermindern Meeresströmungen den Treibhauseffekt?

Ohne das Meer wäre der Treibhauseffekt weitaus größer, denn vom jährlichen Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid wird etwa die Hälfte von ihm aufgenommen. Dies geschieht vor allem in den oberen 50–100 m Wasser der Ozeane, da dort Wind und Wellen für eine gute Durchmischung und damit für die Aufnahme von Gasen sorgen. Ein Großteil wird mit dem Oberflächenwasser in die Tiefe transportiert. Größter Transporteur ist der Golfstrom, dessen größter Teil vor Grönland aufgrund von Dichteunterschieden zum Umgebungswasser in das 3500 m tiefe Nordatlantikbecken strömt. Dieser »Wasserfall« im Meer sorgt dafür, dass das kohlendioxidgesättigte Wasser vorerst in der Tiefe verschwindet und durch frisches, aufnahmefähiges Wasser ersetzt wird.

Wussten Sie, dass …

einmal in Bewegung gesetzt, die Wassermassen auf der Nordhalbkugel infolge der Erdrotation von der sog. Coriolis-Kraft nach rechts und auf der Südhalbkugel nach links abgelenkt werden? An den Polen ist die ablenkende Kraft am größten, am Äquator am geringsten.

die kalten Meeresströmungen, die sich entlang der Westküsten der Kontinente zum Äquator hin bewegen, langsamer fließen als die warmen polwärts gerichteten Meeresströmungen entlang der Ostküsten?

das enorme Energiepotenzial der Meeresströmungen mithilfe von Unterwasserturbinen zukünftig für die Stromerzeugung genutzt werden soll?

Wussten Sie, dass …

seit dem 19. Jahrhundert die Flaschenpost gezielt zur Messung von Meeresströmungen eingesetzt wurde? Zeit und Ort des Flaschenfundes ließen Rückschlüsse auf die Strömungsverhältnisse zu. Ähnlich funktionieren auch die modernen Driftbojen. Sie werden allerdings mithilfe der Satellitennavigation geortet.

sich der Norweger Fridtjof Nansen mit dem Forschungsschiff »Fram« 1893–96 im Nordpolarmeer vom Meereis einschließen ließ, um den Meeresströmungen der Arktis auf die Spur zu kommen?

Ökosystem Ozean: Wundersame Unterwasserwelt

Wie groß ist der Lebensraum Ozean?

Knapp drei Viertel der Erdoberfläche werden von den Weltmeeren bedeckt. Berücksichtigt man zusätzlich die enorme Tiefenausdehnung von der Hochwasserlinie bis in die Abgründe der dunklen Tiefsee, so entfallen mehr als 90 % der gesamten Biosphäre auf die Weltmeere.

Der riesige Lebensraum scheint durch wenige natürliche Grenzen gegliedert, doch ist er keineswegs einheitlich. Grundlegend unterscheidet man zwischen dem Benthal, der Region des Meeresbodens, und dem Pelagial, der Zone des freien Wassers.

Welche Faktoren bestimmen das Leben im Meer?

Zum einen die Dichte des Meerwassers, die durch den Salzgehalt und die Temperatur bestimmt wird, zum anderen die Tiefe. Nimmt sie zu, geht der Einfluss des Lichts zurück, während der Druck steigt. In etwa 1000 m Tiefe liegt er z. B. bei rd. 10 000 Kilopascal (kPa), das heißt, auf jedem cm² der Körperoberfläche lastet ein Druck von 100 kg. Alle weiteren 10 m steigt dieser um 1 kg pro cm² (101,3 kPa) an. Und auch die Temperatur liegt – abhängig von der Tiefe – dauerhaft unter 4 °C.

Wie unterscheidet man die Vielfalt der Meeresbewohner?

Generell unterteilt man die Meeresorganismen – sie bilden ein weites Spektrum vom kleinsten Einzeller bis zum großen Wal – in mehrere große Gruppen, die verschiedene Lebensräume innerhalb des Meeres bewohnen. Die Mikroorganismen, Algen und Tiere, die auf der Wasseroberfläche leben, werden als Pleuston bezeichnet. Neuston heißt die Gesamtheit der Organismen direkt in der dünnen Grenzschicht von Wasser und Luft. Bei den untergetauchten Lebewesen unterscheidet man die im Wasser treibenden als Plankton von den aktiven Schwimmern, dem Nekton. Dazu gehören u. a. die Fische, Kopffüßer, Meeressäugetiere wie Wale und Robben, aber auch Meeresschildkröten. Alles am oder unmittelbar über dem Meeresboden Lebende wie Schwämme, Korallen oder Seescheiden wird als Benthos bezeichnet.

Welche Rolle spielt das Plankton für die Meeresbewohner?

Wie alles Leben letztendlich von den Pflanzen abhängt, ist für die meisten Lebewesen des Meeres das pflanzliche Plankton, das Phytoplankton, unentbehrlich. Die Cyanobakterien, pflanzliche Einzeller und Kleinalgen, die im Wasser treiben und mithilfe der Sonnenenergie durch Photosynthese organische Substanz aufbauen, sind zwar winzig, aber unvorstellbar zahlreich. Von ihnen ernährt sich in erster Linie das aus Einzellern, Quallen, Kleinkrebsen und Larven aller Art bestehende räuberische Zooplankton. Zusammen bilden Phyto- und Zooplankton die Basis für das fein verzweigte Nahrungsgefüge im Meer.

Warum sind Küstengewässer so artenreich?

Weil sich in den flachen Meeresbereichen am Rand der Kontinente ein besonders reichhaltiges Nahrungsangebot finden lässt.

In diesen sog. Schelfmeeren, die kaum tiefer als 200 m sind, reicht das Sonnenlicht meist bis zum Grund und fördert zusammen mit den aufgewirbelten Nährstoffen ein reichhaltiges Planktonwachstum. Durch das Sonnenlicht können dort am Meeresboden auch Seegraswiesen und Tangwälder wachsen, die vielen Tieren Laichplätze und Schutz vor Fressfeinden bieten. Neben dem reichen Nahrungsangebot bieten die flachen Meere durch den Einfluss vieler Faktoren wie Temperatur, Wind und Wellen vielfältige Lebensräume, entsprechend hoch ist die Artenvielfalt.

Wo beginnt das offene Meer?

Einige zehn bis wenige hundert Kilometer vor den Meeresküsten endet das flache Wasser des Kontinentalschelfs, und der Ozeanboden fällt relativ abrupt in Tiefen von mehreren Kilometern ab – an dieser Stelle beginnt die Hochsee. Auch hier drängt sich das vielfältige Leben in den obersten 200 m, wo dank des Sonnenlichts ausreichend Plankton vorhanden ist.

Im offenen Meer leben einige der effizientesten Raubfische. Diese meist guten und schnellen Schwimmer sind mit einem stromlinienförmigen Körper und einer kräftigen Muskulatur ausgestattet.

Wie entkommt die Beute ihrem Räuber?

Da es im offenen Meer keine Versteckmöglichkeiten gibt, suchen manche Fische wie Heringe oder Makrelen den Schutz der großen Gruppe. Die meisten im sonnendurchfluteten Wasser lebenden Fische tarnen sich durch eine dunkle Ober- und eine hellere Unterseite. Dadurch verschwimmen ihre Konturen für die Jäger im Wasser. Fliegende Fische haben eine andere Schutzstrategie. Sie erheben sich auf der Flucht vor ihren Feinden zuweilen bis zu 8 m über die Wasseroberfläche.

Eine große Zahl von Tieren versucht ihren Räubern aus dem Weg zu gehen, indem sie selbst erst im Schutz der Dunkelheit in den oberen Wasserschichten auf Nahrungssuche geht. Tagsüber ziehen sie sich in die Restlichtzone (200–1000 m) zurück, um nicht entdeckt zu werden.

Lebewesen der Restlichtzone sind oft durchsichtig oder silbrig und so für ihre Jäger schwer auszumachen. Diese wiederum besitzen meist große Augen und ein ausgezeichnetes Sehvermögen, um ihre Beute aufzuspüren.

Warum sehen manche Tiefseebewohner wie kleine Ungeheuer aus?

Da das Nahrungsangebot vor allem in der Zone des ewigen Dunkels, die ab 1000 m beginnt, sehr begrenzt ist, haben viele Tiefseejäger riesige Mäuler mit nadelspitzen Zähnen, damit ihnen auch kein Fang entwischt. Manche besitzen dehnbare Mägen, um auch Beute, die größer ist als sie selbst, verschlingen zu können. Tiefsee-Anglerfische haben z. B. kleine Leuchtorgane, mit denen sie ihre Opfer anlocken. Laternenfische und Beilfische dagegen verwirren mit kleinen Lichtern ihre Räuber. Artspezifische Leuchtmuster dienen im Reich der Finsternis aber auch der Partnersuche.

Welches ist das größte Lebewesen im Meer?

Der Blauwal ist die größte lebende Tierart und – soweit bisher bekannt – auch die größte, die jemals auf der Erde gelebt hat.

Der Wal wird bis zu 28 m lang und wiegt 100–150 t. Etwa 8000 l Blut zirkuliert durch seinen Körper, das durch das 500 kg schwere Herz in Bewegung gehalten wird. Um den enormen Energiebedarf zu decken, muss dieser Meeressäuger täglich 3–4 t fressen. Die Nahrung besteht hauptsächlich aus Krill, planktonischen Kleinkrebsen. Blauwale leben überwiegend als Einzelgänger und sind in allen Ozeanen weltweit heimisch, allerdings halten sich drei Viertel der Giganten auf der Südhalbkugel auf.

Übrigens: Der größte lebende Fisch ist der Walhai mit einer maximalen Länge von 14 m. Ebenso wie der Blauwal ist er ein zahnloser Planktonfresser.

Warum wandern manche Tiere?

Viele Tierarten, darunter Fische und Meeressäuger, Meeresschildkröten und Seevögel, unternehmen Wanderungen, um z. B. ihre Fortpflanzungspartner zu treffen oder nahrungsreiche Gebiete für sich bzw. günstige Gewässer für das Aufwachsen ihres Nachwuchses aufzusuchen.

Manche ziehen in bestimmten Zyklen, manche nur einmal in ihrem Leben. Einige wandern dabei um den halben Erdball, andere nur relativ kurze Strecken. Problemlos überwinden Aale und Lachse auf den weiten Reisen zu ihren Laichgebieten die Grenzen zwischen Salz- und Süßwasser. Thunfische unternehmen nicht nur solche Laichwanderungen, sondern suchen und verfolgen ausdauernd Fischschwärme, was sie sogar über ganze Ozeane führt.

Wussten Sie, dass …

das Plankton so viel wie »das Umhergetriebene« heißt? Den Namen prägte der deutsche Meeresbiologe Victor Hensen (1835–1924).

die Biomasse in der Nahrungskette von Stufe zu Stufe abnimmt? 50 t Phytoplankton ergeben 10 t Zooplankton. Davon lebt beispielsweise 1 t Heringe und deren Energie reicht für etwa 100 kg Thunfisch.

Geht es unter Wasser auch ohne Licht?

Ja. Ende der 1970er Jahre stieß man in etwa 2600 m Tiefe auf eine besonders spezialisierte Lebensgemeinschaft in lichtloser Umgebung. Sie hat sich rund um Quellen entwickelt, den sog. Blacksmokers, aus denen bis zu 400 °C heißes, schwefelwasserstoffhaltiges Wasser austritt. Mithilfe dieses Wassers und der Chemosynthese können Bakterien die freigesetzte Energie für ihren eigenen Stoffwechsel nutzen. Sie ernähren wiederum andere Lebewesen, z. B. Röhrenwürmer. Auch Bakterien, die an kalten Quellen austretendes Methan zu Wasser und Kohlendioxid verbrennen, sind nicht auf die Sonne als Energielieferant angewiesen.

Wussten Sie, dass …

von den 33 Stämmen, in die die Tierwelt untergliedert ist, 32 im Meer zu finden sind? 15 Stämme leben ausschließlich dort.

von den über 20 000 im Meer vorkommenden Fischarten die meisten Knochenfische sind? Sie besitzen eine Schwimmblase, mit der sie ihr Gewicht auf bestimmte Wassertiefen einstellen können. Haie, Rochen und Seedrachen, deren Skelett aus Knorpelmasse besteht, haben keine Schwimmblasen. Sie müssen in dauernder Bewegung bleiben, um nicht abzusinken.

Haie ihre Beute mithilfe ihres Geruchssinns oder über elektromagnetische Schwingungen auf große Entfernungen aufspüren können? Wale und Delphine nutzen zur Jagd Ultraschall.

Schätze des Meeres: Gefährdeter Reichtum

Sind die Fischbestände unerschöpflich?

Auch wenn es vielen so scheint, sind die internationalen Fischgründe nicht unendlich mit Fischen bestückt.

Der Fischfang ist eine der wichtigsten Nutzungen des Meeres, und Fisch ist die größte und bedeutendste Eiweißquelle des Menschen. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts beschränkte sich die Seefischerei im Wesentlichen auf die Küstengewässer. Mit dem Rückgang der Fangmengen in den Küstenmeeren und der Entwicklung moderner Fangmethoden entstanden Flotten, die auch in weit entfernten Hochseegewässern Fischfang betreiben, vor allem im Nordatlantik und im Nordpazifik. Dabei konkurrieren immer besser ausgerüstete Fangschiffe um immer weniger Fisch, der zumeist nicht einmal mehr ausgewachsen ist.

Haben Speisefische noch eine Chance?

Leider nicht alle; für manche Arten wird es zu spät sein, aber die internationale Staatengemeinschaft lenkt zunehmend ein. Der Gesamtfischbestand hat sich nach globalen Schätzungen zwischen den 1970er und 1990er Jahren halbiert.

Der Weltbestand an großen Raubfischen wie Haie, Tunfische, Blauer Marlin oder Schwertfisch ging in den letzten 50 Jahren durch die industrielle Fischerei um rund 90 % zurück, und herkömmliche Fischarten wie der begehrte Kabeljau stehen sogar kurz vor der Ausrottung.

Dem Problem der Überfischung versucht man u. a. durch die Festsetzung von Fangquoten, Einführung von Schonfristen und Mindestmaschengrößen der Netze zu begegnen, damit zumindest die Jungfische hindurchschlüpfen können und die Möglichkeit haben, ihr laichfähiges Alter zu erreichen.

Können die Wale noch gerettet werden?

Tierschützer geben diese Hoffnung nicht auf. Aber die Ausweitung der Fanggründe und die Einführung industrieller Fangmethoden brachten die Wale im 20. Jahrhundert an den Rand der Ausrottung.

Zwar machten bereits in der Antike die Menschen in Küstennähe Jagd auf die großen Meeressäugetiere. Dabei stand aber stets die Versorgung mit Fleisch im Vordergrund. Erst ab dem 18. Jahrhundert entstand eine stetig größer werdende Walfangflotte um den wachsenden Bedarf an Walöl zu befriedigen. Bis 1965 wurden so über 95 % der weltweit lebenden Wale getötet. Die drastischen Rückgänge führten dazu, dass die Internationale Walfang-Kommission (IWC) ab 1986 jeglichen kommerziellen Walfang verbot. Das Verbot wird weitgehend eingehalten und verschiedene Walbestände zeigen erste Anzeichen der Erholung. Lediglich Norwegen, Japan und im geringen Umfang auch Island stellen, teils unter dem Deckmantel des »wissenschaftlichen Walfangs«, weiterhin den Meeressäugern nach.

Sind Aquakulturen Ersatz für überfischte Meere?

In manchen Bereichen scheint das der Fall zu sein, doch mit ihren Problemen sind Aquakulturen nicht der Weisheit letzter Schluss.

Da die natürlichen Fischbestände in den letzten Jahrzehnten immer weiter geschrumpft sind, wird neben der traditionellen Fischzucht in Süßwasserteichen in zunehmendem Maße auch die Zucht von Meeresfischen, Krebsen, Muscheln oder Algen betrieben – die sog. Aquakultur. Sie hat sich bereits für die Küstenbevölkerung einiger Länder zu einem einträglichen Wirtschaftszweig entwickelt. Bei den Fischen dominiert der heringsähnliche Milchfisch, der naturgemäß in den tropischen Küstengewässern im Stillen und Indischen Ozean verbreitet ist. In den Meeresfarmen vor Norwegen, Schottland und Chile werden jährlich hunderttausende Tonnen Lachs produziert; das ist etwa die Hälfte der heute weltweit konsumierten Lachse. Künstliche Miesmuschelbänke und Austernfarmen sind vor allem von der französischen Atlantikküste bekannt. Zuchtperlen aus Japan zählen zu den bekanntesten Produkten der Aquakultur. Insbesondere in Ostasien werden Algen für den menschlichen Verzehr und seit kurzem auch als Rohstoff für die Industrie produziert.

Die Intensivierung der Aquakulturen birgt auch Gefahren: So verschmutzt die Massenhaltung in erheblichem Maße die Umgebung und greift in das natürliche marine Gleichgewicht ein. Teilweise wird auch Fischmehl verfüttert, das aus konventionellen Fängen stammt. In den Tropen werden für Aquakulturen vielerorts die Mangrovenwälder der Küste, ein wichtiger Schutz vor Überschwemmungen, zerstört.

Kann man aus Salzwasser Süßwasser gewinnen?

In der Tat kann man aus dem salzigen Meerwasser Trinkwasser gewinnen. Dies ist bislang jedoch nur in den Ländern sinnvoll, die nicht nur wenig Süßwasservorräte haben, sondern sich auch die energieaufwändigen und somit teuren Verfahren der Meerwasserentsalzung leisten können, etwa Saudi-Arabien.

Das Prinzip hat man sich der Natur abgeschaut, und unter anderen Vorzeichen kommt es seit alters her bei der traditionellen Salzgewinnung aus Meerwasser zum Einsatz. Noch heute wird an vielen Küsten in warmen und trockenen Klimaregionen salziges Wasser in flache Becken geleitet. Sonne und Wind sorgen für die Verdunstung des Wassers, und zurück bleibt das Meersalz. Auch bei der Meerwasserentsalzung wird durch verschiedene verfahrenstechnische Prozesse das Salz aus dem Meerwasser isoliert, doch hier ist das Süßwasser das begehrte Endprodukt.

Wann begann die Erdölförderung im Meer?

1947 wurde 15 km vor der Küste von Louisiana im Golf von Mexiko die sog. Offshoretechnik zur Gewinnung von Erdöl und Erdgas aus dem Meeresboden zum ersten Mal eingesetzt. Damals galt diese Methode als Zusatzgeschäft, heute stammt etwa ein Drittel der Fördermengen aus Quellen vor der Küste. Doch längst beschränkt sich die Erdölförderung nicht mehr nur auf den Bereich der Schelfmeerküsten.

Inzwischen werden Bohrungen in Meerestiefen bis zu 2000 m vorgenommen. Dafür wuchsen die Plattformen zu wahren Giganten heran, die auch starken Strömungen und der rauen See widerstehen. Eine ähnliche Entwicklung ist für die Offshoreausbeutung der Erdgasvorkommen zu erwarten, zumal der weltweite Verbrauch an Erdgas im Vergleich zum Erdöl ansteigt.

Trotz moderner Technik ist die Erdölförderung ein gefährliches Unternehmen: nicht nur für die dort unter harten Bedingungen arbeitenden Menschen, sondern auch für das Ökosystem Meer. Immer wieder verunreinigt Rohöl von Bohrinseln oder den Transportschiffen das Wasser.

Sind Manganknollen eine zukunftsträchtige Rohstoffreserve?

Noch ist nicht klar, inwieweit die Vorkommen sinnvoll ausgebeutet werden können. Manganknollen liegen in riesigen Mengen und über weite Flächen in der Tiefsee, insbesondere im Pazifik, über den Meeresboden verstreut. Sie sind oxidische Erzablagerungen mit einem Durchmesser von bis zu 10 cm. Neben Mangan enthalten sie auch Eisen, Nickel, Kupfer, Cobalt und Titan. Menge und Qualität würde vermutlich ausreichen, um den weltweiten Bedarf für die nächsten 100 Jahre zu decken. Da die Manganknollen aber in einer Tiefe von bis zu 5000 m liegen und die technischen Mittel noch nicht ausgereift sind, ist es schwierig, sie zu finden, und bislang unrentabel, sie zu bergen.

Kann gefrorenes Gas neue Energie liefern?

Im Zeitalter, in dem das Ende der nutzbaren Reserven von Kohle, Erdöl und Erdgas abzusehen ist, gelten gefrorene Gasspeicher, sog. Methanhydrate, als gewaltiges Energiepotenzial.

Methanhydrate bilden sich unter hohem Druck und niedrigen Temperaturen und sind daher im Meer erst ab einer Tiefe von 500 m anzutreffen. Wissenschaftler vermuten, dass die Hydratvorkommen doppelt so viel Energie enthalten wie weltweit alle bekannten Ressourcen von Erdöl, Erdgas und Kohle zusammen. Aber bislang ist eine wirtschaftliche Erschließung der tief im Sedimentgestein befindlichen Lagerstätten noch nicht in Sicht.

Der Abbau birgt möglicherweise auch erhebliche Risiken. Es wird vermutet, dass durch den Zerfall aufgestauter Gashydrate riesige Unterwassermassen in Bewegung versetzt und so gewaltige Flutwellen erzeugt werden können. Zudem ist Methan ein wirkungsvolles Treibhausgas. Würde nur ein Bruchteil der vermuteten Mengen aus der Tiefsee in die Atmosphäre gelangen, käme die Erde gewaltig ins Schwitzen.

Kann man die Energie des Meeres nutzen?

In bescheidenem Umfang wird schon heute das unvorstellbare Energiepotenzial im Meer zur Stromgewinnung genutzt.

Seit Mitte der 1960er Jahre wird z. B. bei der bretonischen Stadt Saint-Malo (Frankreich) im Mündungsbereich der Rance durch die Gezeiten Elektrizität gewonnen. Bei einem Tidenhub von 14 m strömt das Wasser bei Ebbe und Flut durch ein Sperrwerk und treibt dabei Turbinen an, die über elektrische Generatoren Strom erzeugen. In einem Kraftwerk an der Küste des englischen Cornwall treibt die von den Gezeiten verursachte Meeresströmung Unterwasserrotoren an.

In den Anfängen stecken dagegen Wellen- oder Brandungskraftwerke. Weitere Möglichkeiten bieten Kraftwerke, die das Temperaturgefälle des Wassers zwischen der Meeresoberfläche und dem Meeresgrund zur Energiegewinnung nutzen.

Wussten Sie, dass …

bei der Schleppnetzfischerei jeder vierte Fisch als unerwünschter »Beifang« ins Netz gerät? Alles, was aufgrund der Art, des Alters oder der Größe nicht lukrativ erscheint, wird – meist tot oder halblebendig – wieder zurück ins Meer geworfen.

um das Überleben des Herings in der Nordsee zu sichern, 1976 ein Fangverbot ausgesprochen werden musste?

Treibnetze, die oft als kilometerlange Todesfallen im Meer herumtreiben, 1992 von den Vereinten Nationen für die Hochseefischerei verboten wurden? In der Europäischen Union gilt das Gesetz – mit Ausnahme der Ostsee – erst seit 2002.

Wussten Sie, dass …

etwa 75 % der auf die Erdoberfläche eingestrahlten Sonnenenergie von den Weltmeeren gespeichert wird?

vermutlich mehr als die Hälfte aller noch unentdeckten Reserven an Erdöl und Erdgas unter den Meeren liegen?

95 % der Erdölförderung der Anrainerstaaten der Nordsee auf die Offshoreförderung entfallen? Das asiatische Malaysia erreicht sogar 100 %.

Kann das Meer als Apotheke dienen?

Schon seit Jahrhunderten nutzt der Mensch die Meere, um Linderung von seinen Leiden zu erfahren: Baden in salzhaltigen Gewässern, Schlammpackungen gegen Rheuma oder Lebertran als Stärkungsmittel sind nichts Neues. Doch nun sucht die Pharmaforschung neue medizinische Substanzen und Rezepturen gegen Schmerzen, Krebs, Aids oder Malaria. Und sie ist bereits fündig geworden: Korallen liefern Entzündungshemmer oder Antikrebsmittel, die die Zellteilung verhindern, Kegelschnecken enthalten Schmerzmittel ohne Nebenwirkung, und Pilze bilden organische Verbindungen mit antibakteriellen Eigenschaften. Schwämme, Moos- und Manteltiere haben wirksame Gifte zur Abwehr von Fressfeinden und Schmarotzern entwickelt, die dem Menschen im Kampf gegen Krebs von Nutzen sein können.

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