Lexikon

Jersalem

hebräisch Yerushalayim; arabisch Al Quds
seit 1950 Hauptstadt und größte Stadt von Israel, das Zentrum jüdischen Glaubens und geistigen Lebens; in einer wasserarmen passartigen Mulde des judäischen Berglands, 744 m ü. M., 729 100 Einwohner, davon rund 248 000 Nichtjuden.
Jerusalem ist die heilige Stadt auch der Christen und Muslime. Sie wird in der Bibel etwa 800-mal erwähnt, im Koran dagegen nicht. Erst Kalif Al Welid (705715) erhob Al Quds zur drittheiligsten Stadt des Islam, um den Pilgerstrom über Jerusalem zu leiten und wirtschaftlich zu nutzen.
Die Altstadt, die im Osten vom Ölberg (828 m) und im Nordosten vom Skopus mit der ersten hebräischen Universität (gegründet 1918) überragt wird, gliedert sich seit dem Mittelalter in ein christliches Viertel im Nordwesten (mit Grabeskirche, heutige Bausubstanz überwiegend 12. Jahrhundert und Via Dolorosa), ein islamisches Viertel im Osten (Tempelberg mit Felsendom oder Omarmoschee, 691 n. Chr., Al-Aqsa-Moschee, heutige Bausubstanz überwiegend aus der Kreuzfahrerzeit, Anfang 13. Jahrhundert, und die rund 400 m lange West- oder Klagemauer), ein armenisches Viertel im Südwesten (mit Zitadelle und Davidsturm, Reste des Herodespalastes) und ein jüdisches Viertel, das 1948 fast völlig zerstört und seit 1967 wieder aufgebaut wurde. Die Mauern der Altstadt werden von acht Toren durchbrochen: im Westen das Jaffator, im Norden das Neue Tor (1889), das Damaskus- und das Herodestor, im Osten das Löwen- oder Stephanustor und das verschlossene Goldene Tor und im Süden das Mist- und das Zionstor. Außer den bereits genannten heiligen Stätten befinden sich in der Altstadt und ihrer näheren Umgebung: Annenkirche, Bethesdateiche, die z. T. legendären Gräber Absaloms, Davids, Marias, der Garten Gethsemane mit der Kirche der Nationen, der russischen Maria-Magdalena-Kirche und der Kirche Dominus Flevit, der Zionsberg mit der Dormitionsabtei und Bethanien, ferner zahlreiche andere Kirchen und Synagogen.
Jerusalem: Klagemauer
Jerusalem: Klagemauer
Die Klagemauer im jüdischen Viertel Jerusalems ist Klagestätte für den Verlust des Tempels, den jüdische wie islamische Tradition gleichermaßen für sich beanspruchen, und wird von den Gläubigen zum Gebet aufgesucht. Das
Westlich der Altstadt erstreckt sich die Neustadt mit der Residenz des Präsidenten, der Knesset (Parlament; 1966), den meisten Ministerien u. a. politischen und religiösen Institutionen (u. a. Oberrabbinat), der Yeshurum Synagoge, dem Grab von T. Herzl, der neuen Universität, der Gedenkstätte Yad Vashem (für die Opfer des Nationalsozialismus), dem Hadassah-Krankenhaus (Universitätsklinik), dem Israel-Museum (1965) mit dem „Schrein des Buches“ (Rollen von Qumran) u. a.
Knesset (Außenansicht)
Knesset
Die Goldene Kuppel von Al Aqsa Moschee, Jerusalem.
Jerusalem besitzt neben der Universität weitere höhere Bildungseinrichtungen (Akademie der Wissenschaften, Kunst- und Musikhochschule), Bibliotheken, Museen (u. a. Rockefeller-Museum in der arabischen Neustadt, Museum für Islamische Kunst, Herzl-Museum, Stadtmuseum), mehrere Theater und einen „Biblischen Zoo“.
Als Industriestandort hat Jerusalem geringere Bedeutung, da Verwaltungs-, Dienstleistungs- und Handelsfunktionen überwiegen. Es gibt eine vielseitige Verbrauchsgüterindustrie (Herstellung von Elektrogeräten, Textilien, Schuhen, Medikamenten u. a.), ferner Diamantschleifereien, Druckereien und Verlage.
Sehr umfangreich ist der Tourismus (auch Wallfahrten) mit einer wachsenden Zahl moderner Hotels. Der Flughafen im Norden hat nur für den Inlandsverkehr Bedeutung. Eisenbahn und Autobahn verbinden Jerusalem mit Tel Aviv, Letztere auch mit dem internationalen Flughafen in Lod.

Geschichte

Das Gebiet der heutigen Stadt ist seit der frühen Bronzezeit (3. Jahrtausend v. Chr.) besiedelt. Die älteste schriftliche Erwähnung stammt aus den ägyptischen Amarna-Texten (14. Jahrhundert v. Chr.). Im 2. Jahrtausend v. Chr. war Jerusalem Stadtstaat der Jebusiter unter ägyptischem Einfluss. Nach der Eroberung durch König David um 1000 v. Chr. wurde Jerusalem zum politischen und kultischen Mittelpunkt seines Reichs. König Salomo baute den Tempel, der bei der Niederschlagung eines jüdischen Aufstands in der schon 597 v. Chr. durch Nebukadnezar eroberten Stadt 587 v. Chr. zerstört wurde.
Nach der Rückkehr der Juden aus der babylonischen Gefangenschaft wurde der 2. Tempel (520516 v. Chr.) gebaut;
Kyros II. lässt den Tempel aufbauen
Kyros II. lässt den Tempel aufbauen
Beim Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem beriefen sich die Juden gegenüber König Dareios I. auf ein Edikt Kyros' II. von 538 v. Chr. (Buch Esra des Alten Testaments 6,1 ff.):

Protokoll: Im Jahr I des Königs Kyros hat König Kyros folgenden Erlass gegeben: In Sachen Gotteshaus in Jerusalem. Das Haus soll dort gebaut werden, wo man die Schlachtopfer schlachtet. Und seine Bauanweisung soll man mitnehmen; seine Höhe 30, seine Länge 60, seine Breite 20 Ellen; Schichten von Quadersteinen drei und eine Schicht Holz; die Kosten sollen durch den königlichen Fiskus bestritten werden. Außerdem: Man soll die goldenen und silbernen Geräte des Gotteshauses, die Nebukadnezar aus dem Tempel von Jerusalem geraubt und nach Babel gebracht hat, zurückgeben; und (zwar) möge kommen in den Tempel von Jerusalem an seinen Ort (was dort früher war ) oder man soll es niederlegen im Gotteshause.

Jerusalem wurde der geistige Mittelpunkt der Judenschaft innerhalb und außerhalb Palästinas. Im letzten Jahrhundert v. Chr. erlebte Jerusalem eine Glanzzeit als hellenistische Stadt unter Herodes dem Großen. Jüdische Aufstände führten 70 n. Chr. zur Zerstörung Jerusalems durch den römischen Kaiser Titus.
Unter Konstantin dem Großen wurde Jerusalem für 300 Jahre eine christliche Stadt (Grabeskirche). 638 wurde es von den islamischen Arabern erobert (um 700 Felsendom), denen es die Kreuzfahrer 1099 entrissen (Königreich Jerusalem), doch wurde es 1187 durch Saladin wieder islamisch, 1517 osmanisch; Sultan Süleiman der Prächtige ließ die Stadtmauern errichten, die erhalten sind. Mitte des 19. Jahrhunderts hatte Jerusalem bereits eine jüdische Bevölkerungsmehrheit, die die ersten Wohnviertel außerhalb der Mauern anlegte. 19201948 war Jerusalem Sitz der britischen Mandatsregierung. Im israelischen Unabhängigkeitskrieg 1948/49 war Jerusalem hart umkämpft. Die Altstadt wurde von der Arabischen Legion erobert, ihre jüdischen Bewohner vertrieben. 1950 annektierte Jordanien Ostjerusalem mit der Altstadt. Der westliche Teil blieb israelisch und wurde 1950 zur Hauptstadt Israels erklärt. Im Sechstagekrieg 1967 besetzte Israel Ostjerusalem, vereinigte es mit Westjerusalem und gliederte es dem Staat Israel ein, was durch das Jerusalem-Gesetz 1980 zementiert wurde. Demnach ist Jerusalem die „ewige und unteilbare Hauptstadt Israels“. Der politische Streit um Jerusalem nimmt einen wichtigen Platz im Nahostkonflikt ein. Jerusalem ist seit frühchristlicher Zeit Sitz eines katholischen Bischofs, seit dem 5. Jahrhundert Patriarchat, seit dem 14. Jahrhundert armenisches und seit dem 19. Jahrhundert auch griechisch-katholisches Patriarchat.
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