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Jimi Hendrix - der Ikarus der Rockmusik (Podcast 95)

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Er war unverwechselbar, er war innovativ, und er benötigte bloß drei Alben, um sich in die  Musikgeschichte einzuschreiben – James Marshall "Jimi" Hendrix, der mit seinen Ideen das Spiel auf der E-Gitarre revolutionierte. Weltberühmt nicht zuletzt dank spektakulärer Auftritte auf den Bühnen von Monterey und Woodstock, starb Hendrix vor vierzig Jahren in einem Londoner Hotel.

 

Jimi Hendrix wird am 27. November 1942 in Seattle geboren, der größten Stadt im Nordwesten der Vereinigten Staaten und der späteren Geburtsstätte des Grunge. Sein Vater, der Afroamerikaner James Allen Hendrix, ist zu diesem Zeitpunkt gerade bei der US-Armee stationiert und lässt den Namen "John Allen Hendrix“, wie der Sohn zunächst heißt, 1946 in "James Marshall Hendrix“ umändern. Damit erinnert er an seinen Bruder, dessen zweiter Name ebenfalls "Marshall“ war. Da die Ehe mit Lucille Jeter, die halbindianischer Abstammung ist, 1950 geschieden wird und die alkoholkranke Mutter 1958 stirbt, wächst der Junge bei seinem Vater auf.

Hendrix beginnt schon früh, sich für Musik zu begeistern, und besucht Konzerte von Elvis Presley und Little Richard. Als wegweisend erweist sich die akustische Gitarre, die er um das Jahr 1958 von seinem Vater bekommt und mit der er sich selbst das Spielen beibringt. Erste Banderfahrungen schließen sich an, und Hendrix merkt schnell, dass die E-Gitarre das passende Instrument für ihn ist.

Nach Abschluss der Mittelschule besucht Hendrix die High School, doch schlechte Noten sorgen 1959 für ein Ende seiner Schulzeit. Als er wegen des Fahrens gestohlener Autos mit dem Gesetz in Konflikt gerät, verpflichtet er sich auf drei Jahre beim Militär, um dem Gefängnis zu entgehen. Da ihm die Gitarre wichtiger ist als ein Leben als Soldat. fällt er jedoch in erster Line durch Aufsässigkeit und Desinteresse auf. Nach gut einem Jahr wird er vorzeitig entlassen.

 

Aufstieg und Erfolg

Ab Mitte 1962 sammelt Jimi Hendrix Erfahrungen bei verschiedenen Bandprojekten. Als er im Januar 1964 nach Harlem zieht, gewinnt er kurz darauf einen Amateurwettbewerb des renommierten Apollo Theaters, einem der bekanntesten Aufführungsorte für afroamerikanische Musik. Er tourt mit den Isley Brothers und spielt mit Little Richard und King Curtis. Noch wichtiger aber ist The Blue Flame, eine Band, in der Hendrix unter dem Namen "Jimmy James“ als Frontmann und Sänger auftritt. Die Flames spielen oft im Café "Wha?“ in Greenwich Village, einem Künstler- und Szeneviertel mit vielen Clubs, Bars und Restaurants. Dort wird der Linkshänder Hendrix, der die Saiten seiner Gitarre in umgekehrter Reihenfolge aufgezogen hat, am 3. August 1966 vom ehemaligen Animals-Bassisten Bryan "Chas“ Chandler angesprochen. Er schlägt Hendrix vor, in London eine eigene Band aufzubauen, und hat kurz darauf auch mit dem Bassisten Noel Redding und dem Schlagzeuger Mitch Mitchell jene Musiker zur Hand, die mit dem Gitarristen zusammen die erste Formation der Jimi Hendrix Experience bilden werden.

Im September kommt Hendrix nach London, und im Oktober gibt es bereits Clubauftritte. Im Dezember erscheint die erste Single – Hey Joe, die sich u. a. durch massiven Einsatz bei Piratensendern wie Radio Caroline zum europäischen Hit mausert. Die Jimi Hendrix Experience beginnt vielversprechend, und einige Monate später erscheint mit Are You Experienced? das erste Album der Gruppe, das auch gleich bis auf Platz 2 der britischen Hitparade vordringt und damit direkt hinter Sgt. Pepper von den Beatles liegt. Und tatsächlich kann auch Hendrix mit einem Meilenstein aufwarten, der sehr souverän Blues, Rock und Jazz mit psychedelischen Passagen kombiniert. Dazu kommen die Eigenheiten seines Spiels, das akustische Verzerrungen und Verfremdungseffekte einbindet.

Doch auch wenn Publikum und Kritik enthusiastisch auf das Album reagieren, der Bekanntheitsgrad der Experience lässt noch zu wünschen übrig. Dies ändert sich schlagartig mit dem Monterey Pop Festival, als Hendrix am 18. Juni 1967 seine Gitarre in Brand setzt – und sich damit in die Annalen der Rockmusik einbrennt. Wie für Janis Joplin bedeutet Monterey, das erste und wegweisende Festival seiner Art, auch für Hendrix den Durchbruch.

 

Höhenflug und Schlingerkurs

1967 veröffentlichen The Jimi Hendrix Experience noch ein zweites Album, das dem Debüt in nichts nachsteht: Axis: Bold As Love – der Titel spielt auf die Erdachse an und hat eine astrologische Bedeutung. Im Frühjahr 1968 tourte die Band durch die Vereinigten Staaten, um im Herbst Electric Ladyland zu veröffentlichen, eine Doppel-LP, auf denen sich Voodoo Child (Slight Return) und All Along the Watchtower finden. Letzteres stammte aus der Feder von Bob Dylan und wurde erst kurz zuvor von ihm veröffentlicht; doch er soll Hendrix’ Version für besser als seine eigene halten. Der Weg dahin war allerdings weit, denn Hendrix ergeht sich in Perfektionismus und lässt die Songs für dieses Album immer und immer wieder einspielen, bis er mit ihnen zufrieden ist. Auch wird der zuvor recht disziplinierte Musiker immer sprunghafter, weshalb die Aufnahmesessions nur unregelmäßig stattfinden. "Chas“ Chandler, der Hendrix bis dahin produziert hatte, trennt sich daraufhin von ihm. Als Album ist Electric Ladyland trotzdem ein Triumph und wohl Hendrix’ stärkste Leistung – man fragt sich, was als nächstes gekommen wäre. Zur Zeit von Electric Ladyland war Hendrix beiderseits des Atlantiks bereits das Idol der aufmüpfigen Jugend, die in ihm nicht nur den revolutionären Musiker, sondern auch den Rebellen für eine freiere Gesellschaft und nicht zuletzt das Sexsymbol der Hippiegeneration sah. Hendrix selbst störte dieser Glorifizierung, er entwickelte eine wahre Unlust gegen den Presserummel um einen Popstar, der ausschließlich als ernsthafter Musiker wahrgenommen werden wollte.

Das Jahr 1969 bringt in erster Linie Verwirrung. Im Mai wird bei Hendrix auf dem Flughafen Toronto Haschisch und Heroin gefunden, im Juni treten The Jimi Hendrix Experience zum letzten Mal auf. Doch dann kommt Woodstock. Für das Festival hat Hendrix extra eine Formation zusammengestellt, die sich Gypsy Sun & Rainbows nennt, und tatsächlich sitzt Mitch Mitchell wieder am Schlagzeug. Der Auftritt wird denkwürdig, obwohl er erst in den Morgenstunden des 18. August stattfinden kann. Hendrix spielt The Star Spangled Banner, die US-amerikanische Nationalhymne, und verfremdet sie dabei so, dass die Distanz seiner Generation gegenüber dem Staat zum Ausdruck kommt. Wieder hat er ein Zeichen gesetzt.

Nachdem Hendrix ein später auch veröffentlichtes Konzert mit der nur für diesen Zweck zusammengestellten Band of Gypsis gespielt hat, kommt es im Frühjahr 1970 zu einer Neuformation der Jimi Hendrix Experience. Mitch Mitchell ist wieder dabei, des weiteren Billy Cox, der bereits bei Woodstock mitspielte. Man probt und spielt Songs für ein Album namens First Rays of the New Rising Sun ein, wobei ein eigenes Aufnahmestudio genutzt werden kann. Schließlich kommt es zu einer Tournee in den USA und Europa. Am 6. September gibt Hendrix sein letztes Konzert auf der Ostseeinsel Fehmarn. Doch das Love-And-Peace-Festival steht unter einem schlechten Stern: Dauerregen, Schlägerattacken und finanzielle Probleme setzen der Organisation zu. Hendrix’ Drogenkonsum hatte außerdem rapide zugenommen, was sich bei Konzerten kaum noch kaschieren ließ. Der Auftritt gilt als Desaster, und der Musiker flog reichlich angeschlagen nach London zurück.

 

Früher Tod und Nachleben

Am 17. September 1970 tritt Jimi Hendrix noch einmal bei einem Konzert von Eric Burdon & War auf. Am Morgen des folgenden Tages wird er tot in einem Hotelzimmer gefunden, in dem er die Nacht zusammen mit seiner deutschen Freundin Monika Dannemann verbracht hat. Der Gitarist hatte Alkohol und Schlaftabletten genommen und war laut Autopsie an seinem Erbrochenen erstickt. Wie vor ihm Brian Jones und nach ihm Janis Joplin, Jim Morrison sowie sehr viel später Kurt Cobain wird er nur 27 Jahre alt. Auch um seinen Tod ranken sich zahlreiche Legenden. Tatsache aber ist, dass Hendrix extreme Lebensweise wohl kaum ein langes Leben zuließ. Er liegt in Seattle begraben.

Hendrix wird posthum mit zahlreichen Ehrungen versehen, so erhält er einen Grammy für sein Lebenswerk, ist Mitglied der Rock’n’Roll Hall of Fame und hat seinen eigenen Stern am Hollywood Walk of Fame. Das schönste Kompliment dürfte aber für ihn selbst sein, das seine Musik noch immer gefragt ist. Neben den zu Lebzeiten eingespielten Alben, die bis heute aufgelegt werden, existieren Dutzende von nachträglich edierten Aufnahmen, Livemitschnitten und Demos. Für Millionen von Hörern ist Jimi Hendrix immer noch am Leben – und weiterhin ein Pionier an der Gitarre und der Ikarus des Rock.

 

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