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Bären: Schwarz, weiß oder braun

Wandeln Bären auf leisen Sohlen?

Ja, Bären sind – zumindest, was die Hinterbeine angeht – Sohlengänger; die Zehen allein könnten das Gewicht der ein bis drei Meter langen und 27 bis etwa 800 Kilogramm schweren Tiere wohl nicht tragen. An jedem der fünf Zehen sitzt eine nicht einziehbare, gebogene Kralle, mit deren Hilfe sie Höhlen in die Erde oder den Schnee scharren, auf Bäume klettern und gefährliche Hiebe austeilen können.

Gibt die Größe und Statur des Braunbären Auskunft über seine Herkunft?

Ja, denn abgesehen davon, dass die Männchen – wie bei allen Großbären – erheblich größer und schwerer werden als die Weibchen, gibt es auch starke regionale Unterschiede: Am eindrucksvollsten ist der Kodiakbär (Ursus arctos middendorffi), der eine Schulterhöhe von 1,2 Metern und eine Länge von drei Metern erreicht. In Europa werden die Braunbären von Südwesten nach Osten immer größer. In den Alpen wiegen sie nur 70 Kilogramm, in Skandinavien und Westrussland bis ungefähr 300 Kilogramm. Noch weiter im Osten, auf der Kamtschatka-Halbinsel, erreichen sie schon fast die Rekordmaße ihrer Kollegen jenseits der Beringstraße, auf der Insel Kodiak.

Stehen Bären wirklich auf Honig?

Ja, auf Honig sind sie so versessen, dass sie dafür viele Bienenstiche in Kauf nehmen. Und auch sonst ernähren sich Bären durchaus anders, als landläufig vermutet wird. Die Ernährungsgewohnheiten sind mitunter sogar regional verschieden: Mancherorts sind Braunbären fast reine Vegetarier, die Beeren, Pilze, Eicheln, Bucheckern, Nüsse und Früchte fressen und – wenn man sie lässt – auch Mais, Kartoffeln, Rüben und Weintrauben. Als Fleischbeilagen reichen ihnen Insekten, Schnecken, Frösche und Kleinsäuger. In manchen Regionen reißen sie Wild oder Vieh oder mästen sich an flussaufwärts wandernden Lachsen.

Verschlafen Bären die Hälfte ihres Lebens?

Das kann man so nicht sagen. Bären halten keinen Winterschlaf, sondern Winterruhe, das heißt, ihre Atmung und ihr Puls verlangsamen sich, aber die Körpertemperatur sinkt nicht stark ab. So können sie, wenn sie gestört werden, sofort reagieren und in ein anderes Winterquartier wechseln. Während der Winterruhe – Ende Dezember oder Anfang Januar – kommen sogar ein bis vier Junge zur Welt, die in der Paarungszeit, Ende April bis Juni, gezeugt wurden. Wenn die Bärin im Frühjahr abgemagert die Höhle oder den Unterschlupf verlässt, sind die Kleinen aufgrund der nahrhaften Milch schon so stark, dass sie zeitweise mit ihrer Mutter umherstreifen können. Die Mutter verteidigt sie mutig gegen alle Feinde und scheucht sie nach Möglichkeit auf einen Baum, wenn sie allein auf Nahrungssuche geht. Mindestens den nächsten, manchmal auch einen zweiten Winter verbringt sie mit ihrem Nachwuchs gemeinsam.

Übernachten Bären auch auf Bäumen?

Ja, obwohl viele in Höhlen oder auf dem Boden schlafen. Zu den Bären, die es vorziehen, in luftigen Höhen zu nächtigen, zählt beispielsweise der kleinste Großbär und zugleich der einzige Vertreter der Bären in Südamerika, der Brillen- oder Andenbär (Tremarctos ornatus). Diese geschickten Kletterer, die als Bewohner der Hochgebirge von Venezuela bis Chile noch in 2000 Metern Höhe anzutreffen sind, übernachten auf Bäumen in selbst gebauten Schlafnestern.

Übrigens: Die Männchen der Brillenbären werden bei einer Schulterhöhe von etwa 80 Zentimetern rund 1,40 Meter lang und bis zu 130 Kilogramm schwer; Weibchen bleiben erheblich kleiner. Charakteristisch ist die Gesichtszeichnung: ein gelblich weißes Band, das um die Augen und über die Nase verläuft und keilförmig auf der Brust endet.

Greifen Schwarzbären häufiger an als andere Bären?

Nein, denn Schwarzbären, die normalerweise nur etwa 1,90 Meter lang werden und friedlicher als Braunbären sind, greifen nur an, wenn sie sich in die Enge getrieben fühlen, angeschossen oder verletzt sind. Dann können sie jedoch mühelos Wölfe, Jagdhunde und natürlich auch Menschen töten.

In den gut besuchten nordamerikanischen Nationalparks haben sich die Schwarzbären inzwischen sogar darauf eingestellt, dass die Touristen sie mit Futter versorgen. Vor allem die Bärenmütter und ihre niedlichen Kleinen haben sich aufs Betteln verlegt – was nicht ungefährlich ist, wenn man unvorsichtigerweise sein Auto verlässt, um die Bären zu füttern. Solche Tiere werden aus Sicherheitsgründen oft getötet.

Welcher Großbär kommt am häufigsten vor?

Der Baribal oder Amerikanische Schwarzbär (Ursus americanus) ist mit schätzungsweise 800 000 Exemplaren der häufigste Großbär. Zwischen dem Nördlichen Polarkreis und dem Wendekreis des Krebses bewohnt er alle möglichen Lebensräume, von dichten Feucht- oder Trockenwäldern über Buschland bis hin zur Tundra. Im Süden halten nur die trächtigen Weibchen Winterruhe; alle anderen Schwarzbären finden zu jeder Jahreszeit genug Nahrung, um aktiv zu bleiben. Von den Grislibären lassen sie sich am sichersten durch den fehlenden Schulterhöcker unterscheiden; auf die Farbe ist indes kein Verlass: Dem Namen zum Trotz kann ihr Fell ebenfalls braun sein. Nach der Färbung unterscheidet man mehrere Unterarten, so den rötlichen Zimtbären (Ursus americanus cinnamomum) und den relativ seltenen weißen Ursus americanus luteolus.

Übrigens: »Schwarzbären« gibt es auch in Asien. Der Kragenbär (Ursus thibetanus) wird nämlich auch als Asiatischer Schwarzbär bezeichnet, weil er nicht nur ungefähr so groß ist wie sein amerikanischer Vetter, sondern sich auch ähnlich ernährt und verhält; so sind beide Arten geschickte Kletterer, die bis in die Baumwipfel vordringen, um Eicheln oder Früchte zu pflücken. Man erkennt den Kragenbär an der verlängerten Behaarung am Hals und auf den Schultern, die wie ein Kragen wirkt, und an der V- oder Y-förmigen weißen Zeichnung auf der Brust. Sein Verbreitungsgebiet erstreckt sich von Iran bis Südostasien, Taiwan, Nordchina, Ostsibirien und Japan.

Sind Schwarzbären Rabenmütter?

Nein, eigentlich nicht, obwohl man beobachtet hat, dass Weibchen, die nur ein einziges Jungtier haben, dieses im Stich lassen und kurz darauf wieder in Hitze geraten. Evolutionär ist dies ein effektives Verhalten, denn die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass der nächste Wurf aus zwei oder drei Jungen besteht. Schwarzbärinnen haben sechs Zitzen und können, wenn sie sehr stark sind und die Ernährungslage es zulässt, bis zu sechs Junge großziehen. Mit drei bis vier Jahren werden Schwarzbären, die bis 35 Jahre alt werden können, geschlechtsreif.

Wie fängt ein Eisbär Robben?

Er jagt sie, wobei Eisbären (Ursus maritimus) für die Robbenjagd verschiedene Techniken entwickelt haben: Entweder pirschen sie sich auf dem Bauch an schlafende Robben an oder lauern ihnen an ihren Atemlöchern auf. Eisbären haben außerdem einen so guten Geruchssinn, dass sie auch die Wurfhöhlen der Robben unter dem Schnee wittern und von oben in diese einbrechen. Liegen die Robben zum Ausruhen auf einer Eisscholle, schwimmen sie einfach von unten an sie heran.

Die Hauptnahrungsquelle der Eisbären sind junge Ringelrobben (Phoca hispida), manchmal auch Bartrobben (Erignathus barbatus); daneben verzehren die Räuber auch kleine Wale, Fische, Lemminge, Polarvögel und Eisfüchse, im kurzen Polarsommer verschmähen sie aber auch Beeren, Gräser und Moos nicht. Stärker als alle anderen Bären hat sich der Eisbär also auf fleischliche Kost spezialisiert.

An großen Walkadavern, die manchmal angeschwemmt werden, treffen sich oft etliche Eisbären. An solch üppigen Nahrungsquellen koexistieren sie friedlich nebeneinander, sonst sind sie aber strikte Einzelgänger.

Wie wachsen junge Eisbären auf?

Ein Eisbärenleben beginnt mitten in der unwirtlichen und dunklen Jahreszeit. Schon im Herbst graben die trächtigen Weibchen auf den hügeligen arktischen Inseln Wurfhöhlen in Schneewehen, in denen im Winter die blinden und tauben Jungen zur Welt kommen – meist zwei an der Zahl.

Bis zum Frühjahr nimmt die Mutter keine Nahrung zu sich, sondern zehrt ihren Winterspeck auf. Im März oder April, wenn die Familie das Lager verlässt, sind die Kleinen schon so weit entwickelt, dass sie ihrer Mutter folgen können. In den ersten Monaten meidet die Familie sowohl das Wasser als auch das Festland, um sich keinen Gefahren auszusetzen. Sobald es im Frühjahr junge Robben gibt, lernt der Nachwuchs von der jagenden Mutter das Anschleichen, auch wenn er bis zum Alter von über einem Jahr noch gesäugt wird.

Nach dem Haarwechsel der Jungrobben im Hochsommer ziehen sich die Eisbären auf das Land zurück, weichen auf andere Beutetiere und Pflanzenkost aus oder fasten. Im Herbst, wenn das Eis sich wieder ausgedehnt hat, fressen sie sich dann den nötigen Winterspeck an.

Was eint Teddybären, Gummibären und Balu?

Sie traten im 20. Jahrhundert ihren Siegeszug in der Konsum- und Kulturindustrie an.

Teddybären sind beliebte Kuscheltiere, seit der amerikanische Präsident Theodore (»Teddy«) Roosevelt sich 1902 weigerte, bei einer Jagd auf einen hilflosen kleinen Bären zu schießen, und die Karikaturisten und Stofftierfabrikanten anschließend das Tier als Sympathieträger entdeckten. Aber Bären sind nicht nur beliebte Kuscheltiere. Viele haben sie »zum Fressen gern«, seit Hans Riegel in Bonn 1922 die ersten Gummibärchen herstellte, die damals noch etwas größer waren, echtes Gummiarabicum enthielten, per Hand gegossen wurden und »Tanzbären« hießen.

Einer der beliebtesten Bären ist Balu, die Disney-Trickfilmfigur, die seit 1967 mit dem Lied »Probier's mal mit Gemütlichkeit« durch den Dschungel groovt. In Rudyard Kiplings »Dschungelbuch« (1894) war Balu dem naiven Mowgli hingegen noch ein recht strenger Lehrer.

Wussten Sie, dass …

der Kodiakbär (Ursus arctos middendorffi) mit einer Gesamtlänge von drei Metern und einem Gewicht von 800 Kilogramm das größte Landraubtier ist?

jagende Grislibären (Ursus arctos horribilis) auf kurzen Strecken (bis 100 Meter) so schnell werden wie ein Pferd?

Grislibären so stark sind, dass sie mit einem einzigen Prankenhieb selbst einen großen Schwarzbären töten können?

Welche Bären gibt es am Himmel?

Bei klarem Wetter können wir Ursa minor, den Kleinen Bären, und Ursa maior, den Großen Bären, am Sternenhimmel sehen. Dieses drittgrößte Sternbild ist die bekannteste Formation am Nordhimmel; seine sieben hellsten Sterne bilden den Großen Wagen.

Übrigens: Die wörtliche Übersetzung der lateinischen Sternbildnamen müsste richtig »Große Bärin« bzw. »Kleine Bärin« lauten.

Wussten Sie, dass …

Sibirische Eisbären (Ursus maritimus) kurz vor Antritt der Winterruhe bis zu einer Tonne wiegen können?

trächtige und stillende Eisbärenweibchen bis zu acht Monaten fasten können?

die Galle des Kragenbären seit mehr als 3000 Jahren in der chinesischen Medizin als Heilmittel gilt?

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