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Konstantin der Große: Kaiser des Christentums

War Konstantins christliche Bekehrung echt?

Darüber streiten sich die Gelehrten. Angeblich hatte Konstantin in der Nacht vor der Entscheidungsschlacht am 27. Oktober 312 einen Traum: Darin sieht er ein Lichtkreuz, darunter die Worte »In diesem Zeichen wirst du siegen!«. In aller Eile lässt er das Christusmonogramm auf den Schilden seiner Soldaten anbringen, zieht in die Schlacht – und siegt!

Kaum je ist ein Traum in der Geschichte so heftig diskutiert worden, hat vergleichbare Konsequenzen für die Entwicklung des gesamten Abendlands gezeitigt. Hatte Konstantin tatsächlich eine christliche Vision? War es vielleicht Einbildung, verständlich in einer derart angespannten Situation? Oder hatte gar der orientalische Sonnengott Mithras dem Schlafenden sein strahlendes Symbol gesandt?

Belegt ist, dass sich Konstantin damals noch nicht zum Christentum bekannte, ihm dessen tiefere Inhalte wohl auch nicht vertraut waren. Andererseits weiß man, dass er wie sein Vater keinerlei Animositäten gegen die junge Religion hegte. Ob er schon damals den innenpolitischen Nutzen einer ausgezeichnet organisierten, stark hierarchisch gegliederten Gemeinschaft erkannt hatte?

Wo verbrachte Konstantin seine politischen Lehrjahre?

Am Hof Diokletians, wo er wichtige Anregungen für seine eigene spätere Regentschaft erhielt.

Konstantin, der als Flavius Valerius Constantinus nach 280 im heutigen Nis in Serbien geboren wurde, wurde von seinem Vater, Constantius Chlorus, zur Ausbildung ins kleinasiatische Nikomedien (heute Izmit) an den Hof Diokletians geschickt. Dort erlebte der junge Konstantin die furchtbaren Christenverfolgungen (303/04), aber auch das verwaltungstechnische Genie dieses bedeutenden Kaisers, von dessen Reformen und Ideen er später viele in sein eigenes Regierungsprogramm übernehmen sollte. Nach Diokletians Erkenntnis ließ sich das Riesenreich nicht mehr von einem Einzelnen regieren, weshalb es in einen Ost- und einen Westteil (Ost- und Westrom) geteilt wurde, dessen Spitze jeweils ein Augustus mit einem Stellvertreter, einem Cäsar, bildete. Wie die Geschichte zeigt, lehnte der junge Konstantin diese Konstruktion einer Viererherrschaft (Tetrarchie) für sich ab und bewies noch einmal, dass ein umsichtiger Monarch mit großen Visionen es auch mit einem Riesenreich aufnehmen kann …

Wie gelang Konstantin der Aufstieg zum Kaiser?

Konstantins Vater Constantius wurde Schwiegersohn des Kaisers Maximian und rückte im Rahmen der Tetrarchie 305 selbst zum Augustus auf. Nach dem Tod des Vaters im Jahr darauf riefen dessen Truppen den ungemein populären jungen Mann zum Kaiser aus – doch sollte es bis zur Alleinherrschaft noch fast zwei Jahrzehnte dauern. Zunächst musste er ein paar Konkurrenten und Mitregenten loswerden, vor allem seinen Rivalen in Italien, Maxentius, den Sohn Maximians. In der eingangs erwähnten Schlacht an der Milvischen Brücke gelang ihm dies schließlich. Von nun an zeigte Konstantin seine Hinwendung zum Christentum deutlich. Zusammen mit Maximians Nachfolger Licinius beschloss er 313 das Mailänder Toleranzedikt, das den Christen die ungehinderte Ausübung ihrer Religion garantierte.

Warum wandte Konstantin Rom den Rücken zu?

Nach dem Sieg über Licinius 324 war Konstantin Alleinherrscher. Er wandte sich nun von Rom ab, das ihm als heidnisch galt: Residenz wurde das alte Byzantium. Die 330 eingeweihte neue christliche Kapitale erhielt den Namen Konstantinopolis, »Stadt Konstantins«.

Übrigens: Zum ersten Mal in der Geschichte sah sich ein Kaiser als absoluter Monarch und zugleich als Regent im Namen Christi und als dessen Stellvertreter. Folglich bildete er die oberste Autorität des Staates wie auch der Kirche. Da sein Bestreben aus religiösen, aber auch handfesten innenpolitischen Motiven einer geeinten christlichen Kirche galt, nahm er starken Einfluss bei innerkirchlichen Konflikten, etwa der Reinheit der Lehre. 325 berief er das Konzil von Nicäa ein, um die Frage des Verhältnisses von Gottvater zu Gottsohn zu klären. Im Mai des Jahres 337 starb Konstantin.

Wussten Sie, dass …

Konstantin angeblich erst auf dem Totenbett die Taufe empfangen hat?

er es mit der christlichen Kardinaltugend der Nächstenliebe nicht so genau nahm? Seinen Gegner Licinius ließ er hinrichten, obwohl er geschworen hatte, ihn zu schonen.

er dennoch in der orthodoxen Kirche als Heiliger verehrt wird? Im katholischen Heiligenkalender wird er nicht geführt – wohl weil er den Hauptstadtsitz von Rom nach Konstantinopel verlegt hat.

Was steckt hinter der Konstantinischen Schenkung?

Eine Fälschung. Weil er ihn von der Lepra geheilt und zum Christentum bekehrt hatte, soll Kaiser Konstantin Papst Sylvester I. nicht nur den späteren Kirchenstaat mit Lateran, Rom und Umgebung geschenkt, sondern ihm auch den Vorrang der West- gegenüber der Ostkirche und zusätzlich die Überlegenheit der geistlichen über die weltlichen Würdenträger bestätigt haben. Auf wundersame Weise erschien um 850 ein entsprechendes Dekret, wurde von da an weiter überliefert und wichtig für das Verhältnis von Staat und Kirche. Erst 1440 konnte die Donatio Constantini endgültig als Fälschung entlarvt werden. Ein rabenschwarzer Tag für die katholische Kirche!

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