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Echte Rinder: In freier Wildbahn selten geworden

Was kennzeichnet den Bison?

Den Bison (Bison bison), ein stattliches Säugetier, zeichnet vorderhand ein eindrucksvoller Kopf aus: Sein Schädel mit der gewölbten »Rammsnase« ist breit und ebenso wie Hals, Schulterpartie und Vorderbeine mit langem Zottelfell behangen. Im Vergleich zu seinem Verwandten, dem europäischen Wisent (Bison bonasus), ist der Brustkorb größer, das Becken hingegen kleiner. Dornfortsätze auf den ersten zehn Brustwirbeln heben den Widerrist stark hervor: Beim Männchen bildet sich ein regelrechter Schulterbuckel. Die hintere Körperhälfte ist spärlich behaart, manchmal sogar kahl. Die Bullen werden bis zu einer Tonne schwer und 3,50 Meter lang und sind damit die größten Säugetiere der Neuen Welt. Die Kühe bleiben bis zu einem Drittel kleiner.

Übrigens: Obgleich der Bison – irreführend – amerikanischer Büffel oder Indianerbüffel genannt wird, ist er biologisch weder mit den asiatischen noch mit den afrikanischen Büffeln verwandt.

Warum mussten die Bisons sterben?

Mit der Ausrottung der Bisons, von denen viele Indianderstämme Nordamerikas existenziell abhängig waren, sollte deren Widerstand gegen die europäische Besiedlung des Westens gebrochen werden.

Einst zogen bis zu 90 Millionen Bisons über die Great Plains. Viele Indianerstämme bejagten die Tiere, die sie mit Frischfleisch, Leder und Fellen versorgten. Diese Abhängigkeit war den europäischen Siedlern nicht entgangen. Ab etwa 1830 führten sie einen politisch motivierten Ausrottungsfeldzug gegen die Tiere. 1865 setzte mit dem Bau der Union-Pacific-Bahnstrecke die letzte Phase der Vernichtung ein: Allein zwischen 1872 und 1874 wurden drei Millionen Tiere erschossen. Die Eisenbahngesellschaften boten »Vergnügungsfahrten« an, bei denen man die – mangels natürlicher Feinde völlig arglosen – Bisons vom Zugfenster aus abschießen konnte. Bedarf an derart großen Fleischmengen hatte niemand und so schnitt man den Tieren nur die Zungen heraus, die als Delikatesse galten, und ließ die Kadaver in der Prärie verrotten. Durch die Bahnstrecke wurde der Bestand in eine Nord- und eine Südherde zerrissen, beide bis 1884 ausgerottet.

1889 lebten schätzungsweise nur noch 835 Bisons. Endlich setzten Rettungsbemühungen ein: 1905 wurde die Amerikanische Bison-Gesellschaft gegründet, die sich für die Nachzucht in Zoos und die Wiederansiedlung in Schutzgebieten einsetzte. Bis 1967 wurde die einzige freie Präriebison-Herde im Yellowstone-Park noch wie eine Viehherde gehegt und überwacht, anschließend überließ man sie den Selbstregulationskräften der Natur. Heute, 40 Jahre später, leben wieder 2000 bis 2500 Tiere in dem Park.

Wann wurde das Rind zum Haustier?

Das Wildrind wurde vermutlich im späten 8. Jahrtausend v. Chr. im Vorderen Orient domestiziert und – wie Knochenfunde und Dokumente zeigen – zunächst vorrangig als Opfertier gehalten. Man verglich die sichelförmigen Hörner mit dem Mond, dessen Zyklus wiederum mit Fruchtbarkeit in Verbindung gebracht wurde. In profaner Hinsicht dürfte zunächst die Fleischproduktion im Vordergrund gestanden haben. Bereits im 5. Jahrtausend v. Chr. waren Hausrinder auch in Europa verbreitet.

Übrigens: Die formenreichste Gattung der Unterfamilie bilden die Eigentlichen Rinder (Bos). Ihr gehört – neben unseren heutigen Hausrindern, dem riesigen indischen Gaur und seiner Haustierform, dem Gayal, sowie dem herrlich gefärbten südostasiatischen Banteng und dessen domestizierter Form, dem Balirind – der ausgestorbene Auerochse oder Ur (Bos primigenius) an.

Gibt es bei Wasserbüffeln ein Leittier?

In bestimmten Situationen wohl schon. Die Herden der Wasserbüffel bestehen aus 10 bis 20, manchmal auch aus über 100 Tieren und haben offenbar keine strenge Rangordnung. Dennoch gibt es meist einen alten Bullen, der sich etwas abseits hält und von allen als Autorität geachtet wird. Auf der Flucht vor Feinden sorgt er für den Zusammenhalt, indem er ausscherende Tiere mit den Hörnern in die Gruppe zurückdirigiert. Bei Wanderungen übernehmen hingegen ältere Kühe die Führung; die Kälber laufen stets in der Mitte der Herde.

Welche Rangordnung herrscht zwischen den indischen Großsäugern?

Unter den Tieren des Subkontinents stehen die Arnis oder Wasserbüffel (Bubalus arnee arnee) ganz oben: Den launischen einzelgängerischen Bullen gehen sogar Elefanten am liebsten aus dem Weg. Mit den Panzernashörnern sind Wasserbüffel gleichauf; sie suhlen und äsen Seite an Seite. Tiger sind die gefährlichsten Feinde der Wasserbüffel, wagen sich aber nur an Büffelkälber heran und haben schon manches Mal mit dem Leben dafür bezahlt. Ständige Begleiter der Büffel sind Reiher und andere Vögel. Sie fressen die Kleintiere, welche die Herde aufscheucht, und säubern die empfindliche Haut der Büffel von Parasiten. Auch die beliebten Schlammbäder dienen dem Schutz der Haut. Außerdem verdunstet das im Schlamm gebundene Wasser so langsam, dass es viel Wärme abführt – ein Kühlungsmechanismus, der die geringere Schweißdrüsendichte – im Vergleich zu den Eigentlichen Rindern – kompensiert.

Wie orientieren sich Kaffernbüffel?

Die Herden folgen jeweils dem Tier, das sich in der Gegend am besten auskennt. Die Jungbullen neigen allerdings dazu, sich von ihrer Herde abzusondern und allein ein festes Territorium zu besetzen. Da die Herden der Weibchen und Jungtiere diese Gebiete regelmäßig durchqueren, behalten sie dennoch Kontakt zum anderen Geschlecht. Zu Beginn der Brunft suchen die Bullen wieder Anschluss. Nebenbuhler versuchen sie zunächst durch Imponiergehabe wie Umherstolzieren mit erhobenem Haupt, Hufestampfen und Schnauben auf die Plätze zu verweisen und notfalls durch Frontalangriffe in die Flucht zu schlagen.

In der Steppe entfernen sich Kaffernbüffel (Syncerus caffer) nie weiter als 15 Kilometer von der nächsten Wasserstelle, da sie regelmäßig trinken und sich suhlen müssen. Ansonsten sind sie sehr flexibel, was den Lebensraum betrifft: Sie erklimmen beispielsweise Höhen bis über 3000 Meter. Man hat sogar in 5300 Metern Höhe, auf einem Nebengipfel des Kilimandscharo, ein Büffelskelett gefunden. Die nachtaktiven Gras- und Kräuterfresser verbringen den Tag im Dickicht und kommen erst in der Dämmerung zum Vorschein, um dann die Nacht über, hinter ihrem aktuellen »Pfadfinder« weidend, durch offeneres Gelände zu ziehen.

Wie nutzen Hausyaks dem Menschen?

Die klettersicheren Hausyaks (Bos grunniens), deren Vorfahren die heute im zentralasiatischen Hochland beheimateten Yaks (Bos mutus) sind, liefern Wolle, Fleisch, Milch und Mist, der auf den baum- und strauchlosen Bergsteppen praktisch das einzige Brennmaterial darstellt. Außerdem dienen sie als Zug-, Reit- und Lasttiere. Mühelos tragen sie bis zu 150 Kilogramm über schmale und steile Gebirgspfade empor.

Übrigens: Hausyaks unterscheiden sich vor allem durch ihre kleinere Gestalt von den selten gewordenen Yaks sowie durch die häufigeren Lautäußerungen, die ihnen auch den Namen Grunzochsen eintrugen. In freier Wildbahn lebt der Yak in bis zu 1000 Exemplare zählenden Herden, die ihm im Falle von Bedrohungen – so werden den Kälbern vor allem Wölfe gefährlich – Schutz bieten können. Er kann bis zu 25 Jahre alt werden.

Ist das Rind ein Wirtschaftsfaktor?

Ja, das Rind ist sogar ein globaler Wirtschaftsfaktor – wie die statistischen Zahlen belegen: 2005 lag der Rinderbestand weltweit bei über 1,3 Milliarden Tieren, in Deutschland waren es 12,8 Millionen Exemplare. Außerdem nahm das Rind im Jahr 2000 als Fleischlieferant mit 60 Millionen Tonnen hinter Schweinen und Geflügel den dritten Platz ein. Die Milchproduktion lag bei rund 485 Millionen Tonnen.

Diese Leistungen sind erst durch Hochzuchtrassen möglich geworden, die seit dem 18. Jahrhundert planmäßig entwickelt wurden und werden. Zu den wichtigsten Milchrindrassen zählen u. a. das Holstein-Friesian-Rind, das mit durchschnittlich 7890 Kilogramm pro Jahr die meiste Milch gibt, sowie Ayrshire- und Jerseyrind. Rinderrassen wie Hereford, Charolais und Angus wurden dagegen ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Fleischgewinnung gezüchtet. Die Deutsche Schwarzbunte – die im Übrigen häufigste Rinderrasse weltweit –, die Deutsche Rotbunte oder das vor allem im Alpenraum häufige Braunvieh werden als sog. Zweinutzungsrassen sowohl für die Milch- als auch für die Fleischproduktion gehalten. Doch das Rind liefert noch viel mehr als nur Milch und Fleisch: Die Palette der Produkte umfasst u.  a. Leder, Filz, Knöpfe, Öl, Seife und Hornmehl, ein stickstoffhaltiges Düngemittel.

Wussten Sie, dass...

Wasserbüffel mit einer Schulterhöhe von 1,80 Metern in etwa so groß werden wie die ausgestorbenen Auerochsen? Wildyaks werden mit bis zu zwei Metern sogar noch etwas größer.

die schwersten Hausrinder »nur« 900 Kilogramm wiegen? Ein männlicher Wasserbüffel bringt dagegen bis zu 1,2 Tonnen auf die Waage.

das rötlich-braune Saola- oder Vu-Quang-Rind das kleinste Rind ist und nur 100 Kilogramm wiegt? Es wurde 1992 in Südostasien entdeckt, hat dunkelbraune Streifen, weiße Flecken im Gesicht und trägt gerade, nach hinten gerichtete Hörner.

Bisons kurzfristig bis zu 60 Stundenkilometer schnell werden? Über längere Distanzen halten sie immerhin eine Geschwindigkeit von 55 Stundenkilometern durch.

Wasserbüffel regelmäßig Körperpflege betreiben? Sie suhlen sich gerne in Wasserlöchern und werden außerdem häufig von Madenhackern oder Reihern begleitet, die ihre Haut von Zecken und anderem Ungeziefer befreien.

Tragen Kaffernbüffel einen Helm?

Ja, die Stelle auf der gewölbten Stirn des Kaffernbüffelmännchens, an der die dicken Hornbasen zusammenstoßen, wird Helm genannt. Die Spannweite dieser im Querschnitt halbrunden bis dreieckigen, erst abwärts und dann wieder aufwärts gebogenen Hörner kann bei alten Tieren über einen Meter betragen. Der Afrikanische Büffel oder Kaffernbüffel (Syncerus caffer) ist Afrikas einziger echter Vertreter der Rinder.

Warum ist Hindus das Buckelrind heilig?

Diese Tradition geht auf die Schriften der vedischen Religion zurück. Ursprünglich dürfte es sich um einen Fruchtbarkeitskult gehandelt haben, und noch heute wird die Kuh als »Mutter Indiens« verehrt, die nicht getötet werden darf. Nur wenige Volksgruppen verspeisen das Fleisch natürlich verendeter Exemplare. Der rationale Kern dürfte in der größeren Nützlichkeit des lebenden Tieres als Milchspender und Arbeitskraft zu suchen sein; außerdem könnte sich hinter dem Schlachtungsverbot eine Disziplinierung der ursprünglich vielleicht Rindfleisch verzehrenden Priesterkaste verbergen. Erst später wurden der Verehrung hinduistische Erklärungen übergestülpt: Krishna wuchs der Sage zufolge bei einer Hirtenfamilie auf und wurde von Kühen ernährt und Shiva reitet auf dem Stier Nandi.

Wussten Sie, dass...

die mittlere Milchleistung hochgezüchteter Milchkühe in Deutschland bei 6300 Litern pro Jahr liegt? Einzelne Kühe schaffen sogar bis zu 13 000 Litern jährlich.

der Gämsbüffel oder Anoa von vielen Fachleuten als das ursprünglichste Rind angesehen wird? Er sieht aus wie eine Miniaturausgabe des Wasserbüffels, hat aber eine eher an Antilopen oder Gämsen erinnernde Behornung.

von den über 400 000 europäischen Wasserbüffeln etwa 150 000 in Italien leben? Aus ihrer sehr fettreichen und gesunden Milch wird der berühmte Mozzarella herstellt.

Noch kein lebensfreundlicher Ort: Die junge Erde war einem enormen Bombardement aus dem All ausgesetzt. Kometen- und Planetoiden-Einschläge lieferten wertvolle Rohstoffe – darunter organische Moleküle und Wasser, die Grundlagen für die spätere Entstehung des Lebens.
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