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Jackson Pollocks Alchimia: Abstraktion und Aktion
Für welche Vorstellung von Kunst steht der Name Jackson Pollock?
Jackson Pollock vertrat die Idee von einem internationalen Konzept und einer allgemein gültigen Bedeutung von Kunst – und erteilte damit als einer der ersten Künstler der bis dahin gültigen Vorstellung von »Kunst-Landschaften« und »Kunst-Nationen« eine klare Absage. Er ging stattdessen von einem– heute wieder sehr aktuellen – globalen Anspruch der Kunst aus. Berühmt geworden ist Pollock durch seine drippings und all over paintings wie »Alchimia«: großformatige Arbeiten, in denen er Rationales und Unterbewusstes, Subjektives und Objektives verschmilzt und als Ausschnitt eines größeren Ganzen erfahrbar werden lässt.
Gab es für Pollock eine amerikanische Kunst?
Pollock schien diese Vorstellung befremdlich. Ein Journalist fragte den Künstler 1943: »Herr Pollock, glauben Sie, dass es eine rein amerikanische Kunst geben kann?« – Pollocks Antwort: »Die Idee einer isolierten amerikanischen Malerei scheint mir ebenso absurd wie die Idee einer rein amerikanischen Mathematik oder Physik. Und in gewissem Sinne stellt sich dieses Problem gar nicht; oder wenn, erledigt es sich von selbst: Ein Amerikaner ist ein Amerikaner und dies wird sich natürlich in seiner Malerei niederschlagen, ob er will oder nicht. Doch die Grundprobleme der zeitgenössischen Malerei sind nicht nationenspezifisch.« Pollock stand auch unter dem Eindruck des Zweiten Weltkrieges, während in New York seine erste Einzelausstellung in der Art of this Century Gallery stattfand, in der während des Krieges zahlreiche europäische Surrealisten ausgestellt wurden.
Aus welchen Quellen schöpfte Pollock?
Für seine Zeit sehr ungewöhnlich, verwies der Künstler auf den Vorbildcharakter der Kunst der vor allem in Mexiko lebenden Indianer, denn »die Indianer zeigen echtes malerisches Gespür in der Treffsicherheit ihrer Bildsprache und in ihrer Auffassung von malerischen Sujets. Ihre Koloristik ist urwestlich, ihre Vision hat die elementare Universalität aller wahren Kunst. Manche Betrachter finden in meinen Bildern Anklänge an indianische Kunst und Kalligrafie.« Bereits 1936 hatte Pollock Spritztechniken und die Verwendung synthetischer Materialien im Experimental Workshop am Union Square in New York erlernt, angeregt durch die großformatigen Wandmalereien mexikanischer Revolutionskünstler wie Siqueiros, Orozco und Rivera.
Ist »Alchimia« ein typisches Pollock-Bild?
In »Alchimia« (1947) entwirft der Künstler ebenso formal durchdachte wie zufällig erscheinende, offensichtlich schnell realisierte Kompositionen. Die für ihn typische Technik des Tropfens (dripping) und des Farbschleuderns (pouring) hatte Pollock seit 1946 entwickelt. Die Gemälde entwerfen ihren Bildraum über die Staffelung der Malschichten in der Ebene, das Einzelwerk scheint ein Ausschnitt aus einem größeren Ganzen, es gibt weder oben noch unten, weder rechts noch links.
»Alchimia« stammt aus der für Jackson Pollock »legendären« Werkphase der späten 1940er und 1950er Jahre, in denen die unverwechselbaren drippings entstehen – Freunde geben Pollock den Spitznamen »Jack the Dripper« –, gefolgt von den all over paintings der späteren Jahre. »Im Bild sein«, so hat der Künstler den kraftvollen Malvorgang beschrieben. Gemeint ist die Symbiose von Mensch und Bild im und über den Prozess des Malens. Rationales und Unterbewusstes, Verstand und Gefühl, objektive Wahrnehmung und subjektiver Ausdruck verschmelzen zu großen, breitformatigen Leinwänden.
Wie veränderte sich der Stil des Malers nach »Alchimia«?
Zu Beginn der 1950er Jahre beginnt sich Pollocks Stil zu wandeln. Große, in Schwarz Weiß gehaltene Kompositionen mit kreuz und quer gemalten Farblinien bestimmen nun das Werk des Künstlers. Die Entwicklung der Abstraktion gipfelt im Jahre 1951, in dem Pollock ausschließlich schwarz-weiße Bilder anfertigt, etwa »Number 14«. Der Betrachter kann hier nur schwer zwischen »traditioneller« Malerei, Tropf- und Schleudertechnik unterscheiden und vermutet ebenso eine rein abstrakte Komposition wie einzelne Gegenstände. Pollock beschrieb diese Phase seines Schaffens selbst: »Meine Malerei kommt nicht von der Staffelei her. Selten spanne ich die Leinwand vor dem Malen auf. Ich befestige sie lieber an der …Wand oder auf dem Boden. Ich fühle mich dem Bild näher, mehr als ein Teil von ihm, denn so kann ich mich um das Bild herum bewegen, von allen vier Seiten her arbeiten und buchstäblich im Bild sein.«
Der action painter Jackson Pollock – gestorben 1956 bei einem Autounfall – gilt Experten heute als wichtigster Vertreter des abstrakten Expressionismus der USA.
Wussten Sie, dass …
2005 in einem Lagerhaus in New York 32 bis dahin unbekannte Bilder von Jackson Pollock gefunden worden sein sollen?
der Filmregisseur Ed Harris 2000 einen Kinofilm über den Maler drehte? Die Schauspielerin Marcia Gay Harden erhielt für ihre Rolle als Pollocks Frau den Oscar. Den Künstler spielte übrigens der Regisseur selbst.
Pollocks Bild Nr. 12 von 1949 im Jahr 2004 auf einer Auktion für 15 Millionen Franken versteigert wurde?
Welche Bedeutung hatte der Prozess des Malens für Jackson Pollock?
Wie für viele Künstler des Actionpainting hatte auch für Jackson Pollock der Entstehungsprozess des Kunstwerkes mindestens dieselbe Bedeutung wie das fertige Bild selbst. Die dynamische Bewegung des Malers beim Malen bildete sich nämlich im fertigen Werk ab.
Geboren wurde Jackson Pollock am 28. Januar 1912 in Cody (Wyoming), er starb mit nicht einmal 44 Jahren bei einer Trunkenheitsfahrt mit dem Auto am 11. August 1956. Seine Ausbildung erhielt er an Kunstschulen in Los Angeles und New York. 1943 schloss Pollock mit der Galeristin Peggy Guggenheim einen Vertrag über die Ausstellung seiner Arbeiten. 1945 heiratete er seine Künstlerkollegin Lee Krasner.
Jackson Pollocks aktive Schaffensperiode währte nur kurz, aber in den Jahren zwischen 1946 und 1951 schuf er ein kongruentes und in hohem Maß innovatives Werk, das ihm einen festen Platz in der Kunstgeschichte sichert.
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