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Lilien und Iris: Zeitlose Schönheiten

Weshalb tragen Irisblüten Streifen?

Um den bestäubenden Insekten den Weg in das Innere zu weisen. Das auffällige Muster, das von den Botanikern als »Saftmal« bezeichnet wird, führt Hummeln und andere Bestäuber zu den Nektarvorräten der Pflanze. Um ihn zu erreichen, müssen sie tief in die Blüte hineinkriechen. Auf ihrem Weg dorthin streifen sie die Narbe und laden dabei Pollen ab, den sie an den Staubbeuteln einer anderen Irispflanze aufgenommen haben.

Nicht nur die Musterung, sondern die ganze Blüte der Iris ist auffällig und ungewöhnlich. Jede Blüte besteht aus drei äußeren, großen Blütenhüllblättern, die bei manchen Arten aufrecht stehen, bei anderen weit nach hinten umgeschlagen sind. Bei den Bartiris-Arten sind diese Blütenblätter mit kleinen Haaren versehen, eben dem »Bart«. Die inneren Blütenblätter sind schmaler und kürzer als die äußeren, stehen aufrecht und umschließen einen Innenraum, den sog. Dom. Am Grund der äußeren Blütenhüllblätter sind die drei Staubblätter befestigt. In der Blütenmitte sitzen drei blütenhüllblattähnlich ausgebildete Griffeläste (Stylodien) mit der Narbe auf der Unterseite. Jeder dieser Griffeläste liegt dachartig über einem äußeren Blütenhüllblatt.

Welche Lilien duften nach Veilchen?

Vor allem die Deutsche Schwertlilie (Iris germanica). Da ihre getrockneten Wurzelsprosse einen Veilchenduft verströmen, nennt man sie auch Veilchenwurzel. Für den Duft sorgt ein ätherisches Öl, das man in der Antike zum Würzen von Wein, aber auch gegen Mundgeruch verwendete. Im Rhizom, dem Wurzelstock, stecken außerdem Flavonoide, Zucker, Stärke, Schleim, Harz und Gerbstoffe. Die Volksmedizin empfiehlt die Wurzel bei Erkältungskrankheiten, da die Wirksamkeit jedoch nicht bewiesen ist, findet man sie heute hauptsächlich noch in Teemischungen zur Verbesserung des Aromas vor. Früher wurde die Wurzel auch zahnenden Kindern zum Kauen gegeben, wovon aus hygienischen Gründen aber abzuraten ist. Heute nutzt sie die Kosmetik- und Lebensmittelindustrie vor allem als »Irisbutter« zur Aromatisierung.

Nach Veilchen duften auch die Rhizome von Iris germanica »Florantina«, einer weiß blühenden Sorte der Deutschen Schwertlilie, sowie die der Dalmatinischen Iris (Iris pallida). Letztere wächst wild in den Südalpen und in Teilen Kroatiens. Sie ist mit ihrem über einen Meter hohen Stängel und den lavendelblauen, gelbbärtigen Blüten eine prächtige Erscheinung.

Woher stammen Lilien?

Aus Asien oder Europa – das kommt auf die Art an. Einige der schönsten Lilien (Gattung Lilium) sind im asiatischen Raum zu Hause. Sie erregten bei ihrer Einführung in Europa großes Aufsehen – z. B. die kirschrote, gesprenkelte Prachtlilie (Lilium speciosum rubrum), die der Japanforscher und Pflanzenliebhaber Philipp Siebold (1796–1866) 1830 aus Japan mitbrachte. Begeisterung lösten auch die großblütige Goldbandlilie (Lilium auratum) und vor allem die Königslilie (Lilium regale) aus, deren betörend duftende Trichterblüten außen rosa Streifen tragen und innen zartgelb gefärbt sind. Sie kommt ursprünglich aus China, ist aber inzwischen in unseren Gärten fest eingebürgert. In Europa heimisch sind etwa die Türkenbundlilie (Lilium martagon) und die Feuerlilie (Lilium bulbiferum). Erstere wartet mit turbanartig geformten, nickenden Blüten auf. Ihre purpurrosafarbenen Blütenblätter sind weit nach hinten gebogen und mit dunklen Flecken versehen. Die bis zu einem Meter hohe Schönheit wächst in lichten Laub- und Mischwäldern bis in 2000 Meter Höhe. Bergwiesen und Waldsäume als Lebensraum bevorzugt dagegen die Feuerlilie, deren große, leuchtend rote, schwarz gepunktete Blüten kaum zu übersehen sind.

Übrigens: Wenngleich man Lilien auf der gesamten Nordhalbkugel antreffen kann, sind sie doch schwerpunktmäßig in den trockeneren, kühleren Regionen Eurasiens verbreitet.

Welche Lilie gilt als Symbol der Reinheit?

Die Weiße Lilie oder Madonnenlilie (Lilium candidum). Ihre edlen weißen Blüten, die einen betörenden Duft verströmen, bestimmten die Madonnenlilie nachgerade dazu, ein Sinnbild für makellose, überirdische Schönheit zu werden. Im Christentum avancierte die Blume zum Symbol der Reinheit und Keuschheit schlechthin. Zahlreiche Künstler haben die Lilie in ihren Tafelgemälden und Bildwerken als Attribut der jungfräulichen Gottesmutter Maria verewigt. Und auch in alten Darstellungen der »Verkündigung«, bei der Maria von der bevorstehenden Geburt des Gottessohnes durch den Erzengel Gabriel erfährt, trägt dieser häufig eine Madonnenlilie in seinen Händen. Aber die Verehrung der Pflanze reicht sehr viel weiter zurück. Bereits in der Antike verglich man die Blüten mit dem kostbarsten Marmor; bei den Griechen war die Weiße Lilie der Aphrodite und bei den Römern Diana, der Venus und Juno geweiht.

Wussten Sie, dass …

es essbare Lilienzwiebeln gibt? In China werden sie beispielsweise gedünstet und zusammen mit Cashewnusskernen serviert.

die Iris nach einer griechischen Göttin benannt ist? Sie war eine Götterbotin, welche die Seelen der Sterblichen auf einem Regenbogen in die Unterwelt geleitete.

die Iris auch Schwertlilie genannt wird? Diesen Namen verdankt sie ihren Blättern, deren Form an ein Schwert erinnert.

Wer trägt eine Schwertlilie im Wappen?

Unter anderem die französischen Könige und die Stadt Florenz. Ab dem 12. Jahrhundert führten die Bourbonen die Schwertlilie (Iris) in ihrem Wappen – fälschlich als Bourbonen-Lilie bezeichnet. Bei der im Stadtwappen von Florenz dargestellten Blüte handelt es sich ebenfalls eindeutig um eine Iris, wahrscheinlich sogar um die weiße Irissorte »Florentina«, die früher im Arnotal großflächig angepflanzt wurde. Ursprünglich zeigte das Banner eine weiße Lilie auf rotem Grund. Erst nach der Vertreibung der Ghibellinen, der kaisertreuen Anhänger, im Jahre 1266 vertauschten die Guelfen, die Anhänger des Papsttums, die Farben und machten daraus kurzerhand eine rote Iris auf weißem Grund.

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