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Revolution: In Russland gesiegt, in Deutschland gescheitert

Warum kam es 1905 in Russland zu den ersten Aufständen?

Die Menschen lehnten sich gegen das Elend auf. Ende des 19. Jahrhunderts lebte ein Großteil der russischen Bevölkerung in Armut und Unterdrückung. Zar Nikolaus II. wollte trotz wachsender Unzufriedenheit nicht von der autokratischen Herrschaft abrücken.

Am 22. Januar 1905 kam es unter Führung von Sozialistengruppen in St. Petersburg zu einer Demonstration für Reformen, die von der Armee niedergeschlagen wurde (»Blutsonntag«). Als Folge hielten während des Jahres 1905 Streiks und Aufstände in den Industriegebieten Russlands an. Im Oktober bildete sich in St. Petersburg ein Rat aus Arbeitern (Sowjet), der einen Generalstreik anführen sollte, später jedoch verhaftet wurde.

Wie verlief die russische Revolution?

Während des Ersten Weltkriegs, der die Lage der Bevölkerung noch weiter verschlechterte, kam es dann 1917 zur so genannten Februarrevolution. In St. Petersburg wurde der Generalstreik ausgerufen, dann wurden für die Hauptstadt Arbeiter- und Soldatenräte, die Sowjets, gewählt, es wurde eine gemäßigte »Provisorische Regierung« gebildet, und der Zar musste abdanken. Zwischen Regierung und Sowjets kam es jedoch bald zu Meinungsverschiedenheiten.

In dieser Situation trat Wladimir I. Lenin auf den Plan, der aus dem westeuropäischen Exil die Bolschewiki, eine Abspaltung der russischen Sozialdemokraten, führte. Nachdem Lenin mit deutscher Hilfe in einem versiegelten Zug nach Russland zurückgekehrt war, übernahmen am 7./8. November (nach dem damals in Russland gültigen Julianischen Kalender am 15./26. Oktober, daher der Name Oktoberrevolution) die Bolschewiki die Macht. Die Provisorische Regierung wurde abgesetzt und eine »Arbeiter- und Bauernregierung« unter Führung Lenins gebildet, die zunächst provisorischen Charakter besaß. Zu den ersten Beschlüssen der neuen Regierung gehörte die Enteignung der Landbesitzer sowie die Beendigung des Kriegs.

Konnten die Bolschewiki ihre Macht erhalten?

Ja. Nachdem 1918 schließlich die Bolschewiki alle nichtbolschewistischen Kräfte ausgeschaltet hatten, wurde am 10. Juli 1918 mit der Verkündung der Verfassung die Russische Sozialistische Föderative Sowjetrepublik gegründet. Die Bolschewiki übernahmen, jetzt als Kommunistische Partei Russlands, die Diktatur des Proletariats, das heißt, von nun an sollte die Partei die führende und alleinige Macht im Staat innehaben, auch wenn die Bolschewiki mit ihrer Roten Armee noch für einige Jahre in einen Bürgerkrieg mit konservativen Kräften verwickelt wurden.

Am 30. Dezember 1922 entstand durch Zusammenschluss der Russischen Sowjetrepublik mit der Ukraine, Weißrussland und der Transkaukasischen Föderation die Sowjetunion.

Wie begann die deutsche Revolution?

Die revolutionären Aufstände in Deutschland begannen am 29. Oktober 1918 in Kiel und Wilhelmshaven mit einem Matrosenaufstand. Der Aufstand erreichte am 9. November Berlin, Kaiser Wilhelm II. dankte ab, Reichskanzler Prinz Max von Baden übertrug dem Parteichef der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Friedrich Ebert, die Regierungsgeschäfte. In zahlreichen Städten bildeten sich Arbeiter- und Soldatenräte. Um einer revolutionären Entwicklung wie der in Russland zuvorzukommen, rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann mittags am 9. November vom Reichstag aus die Republik aus.

Siegte in Deutschland die Revolution?

Nein. Zwar proklamierte der zum kommunistischen Spartakusbund gehörende Karl Liebknecht am 9. November nachmittags die Freie Sozialistische Republik und wollte eine Räterepublik errichten. Aber gemäßigte sozialdemokratische Kräfte bildeten am 10. November mit dem »Rat der Volksbeauftragten« eine Regierung, die von der Armee unterstützt wurde und in Straßenkämpfen gegen revolutionäre Kräfte vorging. Im Januar 1919 rief u. a. Karl Liebknecht dazu auf, die Regierung zu stürzen. Es kam zu Aufständen, doch Anfang Februar konnte sich in Weimar eine deutsche Nationalversammlung konstituieren.

Was waren die wichtigen Stationen im Leben Wladimir Iljitsch Lenins?

Der am 22.4.1870 in Simbirsk als Wladimir Iljitsch Uljanow geborene Lenin gründete 1895 den Kampfbund zur Befreiung der Arbeiterklasse. 1897 wurde er für drei Jahre nach Sibirien verbannt. Danach emigrierte er nach Westeuropa, mit Stationen u. a. in London und München. In der Schrift »Was tun?« (1902) propagierte er die Führung der Arbeiterklasse durch die Partei. 1903 spaltete sich die russische Sozialdemokratie auf Lenins Bestreben hin in die Bolschewiki, die späteren Kommunisten, und die gemäßigten Menschewiki. 1905 nahm er an der ersten russischen Revolution teil, ging anschließend jedoch wieder in die Emigration. An der Februar- und Oktoberrevolution 1917 in Russland war Lenin maßgeblich beteiligt. Er wurde Vorsitzender des Rats der Volkskommissare und setzte mit der Parteiherrschaft die Diktatur des Proletariats durch. Lenin starb am 21.1.1924 in Gorki bei Moskau.

Wussten Sie, dass …

die russischen Bauern, also 80 % der Bevölkerung, bis 1861 Leibeigene waren?

Zar Nikolaus II. 1905 zwar zustimmte, ein Parlament (Duma) zu gründen, es aber wenig Befugnisse erhielt und jederzeit von ihm aufgelöst werden konnte?

Sergej Eisenstein die revolutionären Ereignisse 1905 in »Panzerkreuzer Potemkin« filmisch verarbeitete?

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