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Tschingis Chan: Eroberer eines Weltreiches

War Tschingis Chan nur ein brutaler Krieger?

Nein. Tschingis Chan, als Held verehrt, als unerschrockener Krieger gefürchtet, war nicht nur der mordende Barbar des Mongolenreichs, sondern auch ein erfolgreicher Eroberer, wie es ihn bis zu diesem Zeitpunkt in der Weltgeschichte noch nicht gegeben hatte und in der Folge auch nicht mehr geben sollte. Er schaffte es, erbittertsten Feinden unter den Nomadenvölkern zu trotzen, die Mongolenstämme zu einen und in kürzester Zeit eine Weltherrschaft aufzubauen.

Verschiedene Zeichen deuteten bereits bei seiner Geburt auf seine besondere Rolle hin. Als er zwischen 1155 und 1167 das Licht der Welt erblickte, nicht weit südlich vom heutigen sibirischen Baikalsee entfernt, soll ein Adler am Himmel über dem elterlichen Zelt seine Kreise gezogen haben. Der Junge, so heißt es, habe einen Klumpen geronnenen Blutes, rot wie Rubin, in den Händen gehalten. Die Schamanen deuteten das als gutes Omen, sahen ihn schon als den großen Krieger. Womit sie Recht behalten sollten. Der Neugeborene erhielt den Namen Temudschin (Schmied). Altem Brauch zufolge wurden die Kinder nach dem wichtigsten Ereignis zum Zeitpunkt ihrer Geburt benannt. Und der Vater hatte gerade erfolgreich Temudschin, den Anführer der verhassten Tataren, geschlagen.

Wann zeigten sich Temudschins besondere Fähigkeiten?

Es wurde schon recht früh deutlich, wie hart Temudschin sein konnte. Jung war er zum Halbwaisen geworden, er musste seiner Mutter und den Geschwistern das Überleben sichern und sie vor Übergriffen schützen. Seinen älteren Halbbruder soll er ermordet haben, weil dieser die Sicherheit der kleinen Sippe bedrohte. Schon früh fand er Freunde und Gefolgsleute, denen er ein Leben lang außerordentlich loyal zur Seite stand und die ihn nicht zuletzt deswegen tief verehrten. Temudschin stammte aus einem wenig bedeutenden Adelsgeschlecht, aber er war der erste Führer, für den Tugend und Leistung, nicht Herkunft zählten. Auch teilte er, im Gegensatz zu anderen Stammesfürsten, Kriegsbeute gerecht auf.

Wie einte der Stammesfürst die Mongolen?

Als Führerpersönlichkeit gelang es ihm, mit politischem Gespür und Härte die Mongolenstämme unter seiner Führung zu einen. Die Mongolen zur Zeit Tschingis Chans waren kriegerische Reitervölker, die selbst im wilden Galopp noch mit Pfeil und Bogen umgehen konnten. Lange galt das Gebot der Ausgeglichenheit der Kräfte unter den einzelnen Stämmen. Mithilfe tollkühner militärischer Übergriffe und kluger politischer Schachzüge entkräftete Tschingis Chan die gegnerischen Machtpositionen und nutzte auch geschickt Auseinandersetzungen verfeindeter Clans für seine Zwecke.

Bis Anfang des 13. Jahrhunderts war es ihm gelungen, die mongolischen Stämme in Zentralasien zu einen. Der Kurultai, der oberste Rat aller Steppenvölker, wählte Temudschin schließlich zu ihrem Herrscher, zu ihrem Khan. Immer mehr Stämme und Krieger schlossen sich ihm an, seine Zeltstädte wurden immer größer.

Wie eroberte der Mongolenführer ein Weltreich?

Mit Organisationstalent, kriegerischem Geschick und nicht zuletzt Grausamkeit. Tschingis Chan verband Traditionelles mit Neuerungen, etwa einer verbindlichen Gesetzgebung. Es gelang ihm, die angestammten Clanstrukturen aufzuweichen, die so unterschiedlichen Stämme neu zu organisieren und vor allem deren Krieger zu einem einzigen, rund zwei Millionen Mann starken Heer zusammenzuführen.

Zum ersten Mal in der Geschichte dieser Nomadenvölker ließ Tschingis Chan ein organisiertes Heer entstehen, das in Tausendschaften gegliedert war. Bis dahin nicht gekanntes strategisches Vorgehen statt bloßer Waghalsigkeit, Ausspionieren der gegnerischen militärischen Verhältnisse, aber auch Angst und Schrecken verbreitende Grausamkeiten machten seine Beutezüge erfolgreich. Nach allen Himmelsrichtungen und immer weiter drangen Tschingis Chans Reiterhorden vor. Als der »ozeangleiche Herrscher« im Jahr 1227 starb, übernahm Ögödei, einer seiner Söhne, ein riesiges Imperium, das vom nordöstlichen China bis weit nach Russland, bis zum Dnjepr, vom Persischen Golf fast bis zum Nordmeer reichte.

Wie leben die Mongolen heute?

Das Leben in der Mongolei ist heute noch hart. Wilde Wald- und karge Steppengegenden wechseln mit Wüstengebieten ab, die Nächte sind oft schon am Ende des Sommers eiskalt. In den strengen Wintern kann die Temperatur 50 Minusgrade ereichen.

Das Überleben ist schwierig. Die Völker dort sind zäh, genügsam und flexibel. Anders als etwa die chinesischen Stämme wandern sie ständig weiter, sie haben keine Steinhäuser, sondern leichte Zelte, mit denen sie weiterziehen können. Das Zelt, die Jurte oder mongolisch Ger, wird immer von Süden, vom begehrten und sagenumwobenen Land der Chinesen her betreten. In der Mitte eines Zeltdorfs steht stets das Zelt des Bagatur, des Clanführers, die anderen Unterkünfte gruppieren sich darum herum.

In der Mitte der runden weißen Filzjurten ist immer eine Feuerstelle mit einem Abzug durchs Dach. Eingeheizt wird meist mit Viehdung. Trockenes Fleisch, zum Beispiel von Schafen, Ziegen oder auch Murmeltieren, gehört zur Vorratshaltung, aber auch steinharte Käsestücke. Getrunken wird vor allem Stutenmilch oder auch Kumyss, das ist abgeschlagene, vergorene, die Sinne berauschende Pferdemilch.

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