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Darmflora: Wie unsere Mikroben uns manipulieren
Billionen winziger Mitesser bewohnen unseren Verdauungstrakt: die Bakterien unserer Darmflora. Von ihnen tragen wir sogar mehr in uns, als unser Körper Zellen besitzt. Ihre Gegenwart jedoch fällt uns normalerweise nicht auf. Erst wenn das sensible Gleichgewicht im Darm aus dem Lot gerät, merken wir, dass etwas nicht stimmt. So kann beispielsweise ungesunde Ernährung, eine Infektion oder ein Antibiotikum die "Wohngemeinschaft" des Darms durcheinanderbringen.
Aber wer glaubt, die Mikroben unseres Verdauungstrakts sind nur passive Mitbewohner, der irrt. Denn dieses unsichtbare Heer von Bakterien hat einen enormen Einfluss auf unsere Gesundheit, auf unseren Appetit und sogar unser Fühlen und Denken. Mehr und mehr stellen Forscher fest: Wir werden zu einem nicht geringen Teil von unserer Darmflora geprägt und manipuliert.
Manipulierter Appetit
Ein Beispiel: Unsere mikrobiellen Mitbewohner wollen vor allem eines: reichlich Futter. Das bekommen sie aber nur dann, wenn wir essen – und zwar das, was die für sie passenden Nährstoffe enthält. Damit das klappt, übt die Darmflora einen subtilen Einfluss auf unseren Appetit und unsere Stimmung aus: Die Bakterien produzieren Moleküle, die unseren körpereigenen Sattheits- oder Hunger-Botenstoffen sehr ähnlich sind.
Damit aber beeinflussen sie auch unser Hungergefühl. Typischerweise bekommen wir ungefähr 20 Minuten nach Beginn einer Mahlzeit das Gefühl, satt zu sein. Dieses Signal aber stammt nicht nur von unserem Magen oder Gehirn, wie vor Kurzem eine Studie belegte. Stattdessen mischen die Pseudo-Botenstoffe von Bakterien wie dem Darmkeim Escherichia coli mit und machen uns zusätzlich satt – oder aber hungrig.